Staffel 2, Folge 1–3

Staffel 2 von „Rabiat“ startete am 12.05.2019 bei YouTube und am 13.05.2019 in Das Erste.
  • Staffel 2, Folge 1
    Die „Rabiat“-Reportage „Arsch hoch, Deutschland!“ zeigt ein Sittengemälde der Abgehängten und Unzufriedenen in Zeiten der Vollbeschäftigung. Egal, ob in Ost oder West, sieht das Bild ähnlich aus: Die Armut nimmt zu, trotz sinkender Arbeitslosigkeit. Wer arm ist, ergibt sich, in manchen Familien über Generationen hinweg. Warum eigentlich, fragt „Rabiat“-Autorin Anne Thiele sich, die Protagonisten und die Zuschauer. Berlin Marzahn, 5:30 Uhr am Neujahrsmorgen. Kerstin Brandt sammelt das, was vom Rausch der Nacht liegen geblieben ist.
    „Hier, 15 Cent!“ Drei Stunden später hat die 30-jährige Berlinerin eine Ausbeute von vier Euro Pfand. „Das Geld liegt auf der Straße!“ Kerstin ist Mutter von zwei Kindern, sie geht sechs Stunden am Tag arbeiten, fünf Tage die Woche. Dennoch muss sie mit Hartz IV aufstocken. Als arm empfindet sich Kerstin trotzdem nicht. Auch wenn sie es per Definition ist. Kerstin schöpft alle Möglichkeiten aus, die der Staat ihr bietet. „Was mir zusteht, krieg ich. Man muss nur wissen, wie.
    Viele wissen das nicht.“ Durch ihren Job hat Kerstin 200 Euro mehr raus, als durch den Hartz-IV-Satz von aktuell 423 Euro. „Ein Anreiz, Arbeiten zu gehen, ist das eigentlich nicht. Aber ohne fällt mir die Decke auf den Kopf.“ Aktuell sind ca. 1,2 Mio. Erwerbstätige wie Kerstin zusätzlich zu ihrem Einkommen auf Hartz IV angewiesen. Ca. weitere zwei Millionen haben Anspruch darauf, ohne es zu beziehen. Jeder Sechste lebt in Deutschland in relativer Armut. Andere haben Angst vorm Abstieg oder leben seit Jahren in prekären Verhältnissen.
    Trotz Sozialstaat und Vollbeschäftigung. In einem Land, das seit Jahren wirtschaftlich boomt und zu den reichsten Ländern Europas gehört. Selbst dran schuld? Wer nur richtig will, der kriegt einen Job? Jürgen Weber kann bei der Frage, warum er jahrelang keinen Job gefunden hat, nur noch müde lächeln. „Irgendwas war immer: Alter, Gesundheitszustand, überqualifiziert, unterqualifiziert, Nase nicht gepasst.“ Faul sei er in der Zeit nicht gewesen. „Ich war arbeitssuchend, nicht arbeitslos.“ Der Lebenslauf des 59-Jährigen ist fünf Seiten lang.
    Von einer Maßnahme in die nächste. Umschulung hier, Ein-Euro-Job da. Bis vor einem Jahr. Da konnte sich Weber eine Weiterbildung erstreiten. Über 30 Mal hat er schon gegen das Amt geklagt. Ob gegen Sanktionen oder für mehr Geld. Heute hat er einen Security-Job, bewacht im nächtlichen Schichtdienst das Potsdamer Schloss. Der Traumjob sei das nicht. Eher die Einsicht in die Notwendigkeit. Dann seien zumindest noch ein paar Euro mehr Rente drin und endlich wieder ein Sozialleben.
    „Man vereinsamt ja zu Hause. Wo soll man auch hin ohne Geld? Mein letzter Kinobesuch, da ist die Titanic gesunken.“ Lasse Petersdotter könnte es ähnlich gehen. Seine Mutter ist eine alleinerziehende Altenpflegerin mit drei Kindern, der Vater Hartz-IV-Empfänger. Doch der 29-Jährige ist heute Abgeordneter im Schleswig-Holsteinischen Landtag. Wie er es geschafft hat? „In der siebten Klasse sagte eine Lehrerin zu mir: ‚Lasse, Du wirst später hier die Fenster putzen.‘ Ich dachte nur: Jetzt erst recht! Dir zeig‘ ich’s. Ich war respektlos und zornig.“ Thomas Kornetzki hat eine kleine Baufirma in der Nähe von Hamburg und sucht händeringend Personal und Nachwuchs.
    2013 hat er den letzten Auszubildenden eingestellt. Seitdem bewerben sich jedes Jahr gerade mal eine Handvoll Schulabgänger auf seinen ausgeschriebenen Ausbildungsplatz. „Zu meiner Zeit hatten wir zwei 30er Klassen im Handwerk. Jetzt sind es gerade mal fünf Leute im ganzen Landkreis.“ Woran das liegt? Zu wenig Gehalt, zu viel Arbeit.
    Keiner wolle mehr körperlich arbeiten, bei Wind und Wetter. „Wenn ich heute meinen Kindern erzähle, sie sollen mal draußen spielen, nimmt mein Sohn seinen Laptop mit auf die Terrasse.“ Abi machen und studieren gehen – das würde heute von den jungen Leuten erwartet. Und: Geld fließe in die Industrie, nicht in mittelständische Unternehmen. „Was die Politik nicht auf dem Zettel hat: Wir kriegen immer mehr Häuptlinge und keiner Indianer mehr.“ „Rabiat“-Reporterin Anne Thiele begibt sich auf eine Reise durch Deutschland, die sie auch zu den Menschen in die Plattenbauten von Jena und Umgebung führt – zurück an den Ort, an dem die Autorin aufwuchs.
    Sie trifft Lasse Petersdotter in seiner Heimatstadt Kiel und im Berliner Bundestag, sammelt mit Kerstin Brandt am Neujahrsmorgen Flaschen und besucht Jürgen Weber in seiner Potsdamer Plattenbauwohnung, in der er seit 43 Jahren zur Miete wohnt. Die „Rabiat“-Reportage „Arsch hoch, Deutschland!“ geht auf Reisen zu denen, die übersehen werden, die sich abgehängt fühlen, wütend sind oder resignieren. Sie sucht nach Menschen, die nicht arbeiten wollen, und denen, die keinen Job finden. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 13.05.2019Das ErsteDeutsche Online-PremiereSo 12.05.2019YouTube
    deutsche Erstausstrahlung ursprünglich für den 20.05.2019 angekündigt
  • Staffel 2, Folge 2
    Deutschland schwankt zwischen „Merkel muss weg“ und „Wir sind mehr“. Wer ist Nazi? Wer ist Wutbürger? Wer ist bloß konservativ? Was macht die Mehrheit, die Mitte? Wie wappnet sich der Republikaner gegen die Feinde der Demokratie? Verblasst der Entwurf einer modernen und weltoffenen Gesellschaft? Das fragt sich „Rabiat“-Autorin Gülseren Ölcüm seit einigen Monaten. Für „Rabiat: Deutschland den Deutschen?“ reist sie, die selbst zwei Pässe hat, durch die Republik, um herauszufinden, wie Deutschland derzeit tickt und wie sie selbst zu Deutschland steht.
    Dabei begegnet Gülseren Ölcüm Heike Arnold. Sie möchte, dass ihre Enkel genauso frei und demokratisch aufwachsen, wie sie es konnte. Sie will keinen Rechtsruck im Land und keine autokratische Partei. Deswegen engagiert sie sich bei der Initiative „OMAS GEGEN RECHTS“. Zusammen gehen sie auf Demos oder organisieren andere Projekte. Rechts fängt für Heike Arnold und ihre Mit-Omas sehr früh an: jeder, der nach Herkunft, Ethnie und Religion differenziert und vor allem ausgrenzt.
    Stimmt die Definition? Weiß der Jurist und Fernsehmoderator Michel Friedman Antworten darauf, wie man streitet und ob man sich auf jede Diskussion einlassen sollte? Er diskutiert ausnahmslos mit jedem, sagt er. Aber auch für ihn gibt es Grenzen: „Wenn jemand den Holocaust leugnet, habe ich keine Gesprächsgrundlage mehr.“ Fast 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland haben rechtspopulistische Denkmuster, sagt Prof. Wilhelm Heitmeyer, Soziologe. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Rechtsextremismus, Gewalt, soziale Desintegrationsprozesse und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.
    Von ihm will Gülseren Ölcüm wissen, was gerade los ist, wann sich das alles angebahnt hat und wie er selbst mit der Situation umgeht. Auf ihrer Suche wagt die „Rabiat“-Reporterin schließlich selbst den Versuch und redet mit Rechtspopulisten. Sie trifft in Zwickau Frauke Petry, Ex-AfD-Vorsitzende. Für Gülseren Ölcüm hat Frauke Petry die Stimmung in Deutschland in den letzten Jahren stark beeinflusst.
    Unter ihrem Vorsitz fielen rechtspopulistische und teilweise extreme Äußerungen. Für sie gehört Polarisierung und Emotionalisierung zum Politik-Business. „Vielleicht schießt man da manchmal über das Ziel hinaus“, so Frauke Petry, aber das gehört nun mal dazu. Quer durch Deutschland führt „Rabiat: Deutschland den Deutschen?“ und trifft Menschen, die sich für Toleranz und Vielfalt engagieren, und andere, die den Populismus vorangetrieben haben. Dabei geht es immer auch um die eigene Einstellung: Muss man nicht mehr die Diskussion suchen? Tut man manchen Menschen unrecht? (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 20.05.2019Das ErsteDeutsche Online-PremiereSo 19.05.2019YouTube
    deutsche Erstausstrahlung ursprünglich für den 27.05.2019 angekündigt
  • Staffel 2, Folge 3
    Freund und Helfer oder wütige Ordnungskraft – das Bild von Polizistinnen und Polizisten in Deutschland ist so gespalten wie lange nicht mehr oder vielleicht noch nie. Es muss und soll sich etwas ändern, sind sich die Verantwortlichen sicher, aber wie und vor allem mit welchem Personal, scheint offen. Wie steht es um den Job im Dienst der Gesellschaft vorm Fußballstadion und beim Weltkongress, aber auch beim täglichen Einsatz? „Rabiat“-Reporter Manuel Möglich ist auf Spurensuche in einer Großorganisation im Wandel. Ihn interessieren die Menschen, die Polizisten sind oder es noch werden wollen.
    Wachwechsel bei der Polizei. Nach 20 Jahren Sparkurs, nach Revierschließungen, überfüllten Überstunden-Konten und Beförderungsstau investieren Bund und Länder wieder. Vielmehr sie müssen investieren: Die Babyboomer gehen in Pension, die Lage im Land verändert sich, besonders an den Rändern. Der Respekt zerbröselt, Clankriminalität, Wirtschaftsverbrechen, Terror, Radikalismus, Cybercrime. Innere Sicherheit ist „das Thema“. Erneuern und verstärken, das sind die Chancen.
    Innerhalb nur eines Jahres (2017) kam es zu einem Personalanstieg um ca. 6.100 Beschäftigte. Das ist der größte Zuwachs seit über 20 Jahren. Mehr Frauen, mehr Beamte mit Migrationshintergrund, mehr bunte Republik. Gleichzeitig ist die Polizei unter Druck. Das Gebot der Zukunft: Transparenz und Verhältnismäßigkeit auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Leichter gesagt als getan. G20, Hambacher Forst, NSU 2.0 werfen lange Schatten. Immerhin: Laut Forsa-Umfrage (2019) haben 78 Prozent der Deutschen Vertrauen in die Polizei.
    In Bremen begleitet die „Rabiat“-Reportage „Scheißjob Bulle?“ eine Hundertschaft zu einem Bundesligaspiel. Tags drauf trainiert „Rabiat“-Reporter Manuel Möglich mit einem anderen Zug, lernt den MES (im Volksmund Gummiknüppel) und Abwehrtechniken am eigenen Leib kennen. Trainingspartner Jesper macht keinen Hehl daraus, dass manche Einsätze der Bereitschaftspolizei einiges von ihm und seinen Kollegen abverlangen: „Man wünscht sich manchmal, dass das Gegenüber auch den Menschen unter der Uniform sieht, der Familie hat und nach dem Dienst einfach nach Hause gehen will.
    Und das am besten gesund. Wenn man bespuckt wird oder von Clownsarmen mit Urin bespritzt wird, da fragt man sich schon: Ist das der richtige Job?“ Verdecktes Interview, irgendwo in Deutschland: Der Mann arbeitet als Polizeitrainer und geht seine Behörde in der „Rabiat“-Reportage deutlich an: „Entgegen der landläufigen Meinung sind Polizisten kein Querschnitt der Gesellschaft. Schon auf der Suche wird sehr deutlich nach einem bestimmten Persönlichkeitsprofil gefiltert.
    Deswegen findet man bei der Polizei tendenziell eher konservative Menschen mit einer ‘Law & Order‘-Mentalität und eben deutlich mehr Mitte-rechts-lastig politisch Eingestellte als Mitte-links.“ Die, die noch ganz am Anfang ihrer Polizeilaufbahn stehen, besucht Möglich auf seiner Reise zur Polizeiakademie Nienburg (Weser): Jasmina, Jonas und Jan sind Anfang 20, seit wenigen Monaten erst in der Ausbildung und noch Beamte auf Widerruf. Sie schießen an diesem Tag zum ersten Mal im Training mit der Maschinenpistole MP5.
    Einige Wochen später werden sie mit 1.600 anderen Anwärtern in Hannover bei der bis dato größten Vereidigung Niedersachsens von Boris Pistorius, Minister für Inneres und Sport, vereidigt. Wie sollte die Polizei in der Zukunft aussehen? Sind die Reformen der Polizeigesetze der richtige Weg? Welche Chancen liegen in der nächsten Generation, welche Risiken birgt der Umbruch? Und was tun, wenn die Polizei versagt? Braucht es vielleicht eine unabhängige Behörde, die fehlerhafte Polizeiarbeit aufklärt? Die „Rabiat“-Reportage „Scheißjob Bulle?“ geht diesen und anderen Fragen auf den Grund. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 27.05.2019Das ErsteDeutsche Online-PremiereSo 26.05.2019YouTube
    deutsche Erstausstrahlung ursprünglich für den 13.05.2019 angekündigt

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