Staffel 1, Folge 1–6

Staffel 1 von „Rabiat“ startete am 30.04.2018 in Das Erste.
  • Staffel 1, Folge 1
    Es ist kurz vor Mitternacht, Hendrik zieht die erste Line Speed. Auf dem Wohnzimmertisch stehen ein paar Flaschen Bier, der Aschenbecher qualmt. Daneben ein Tütchen mit bunten Pillen und zwei weitere mit kristallinem Pulver. Speed, MDMA, Ecstasy – das gehört für Hendrik und seine Freunde zu einer guten Partynacht dazu. Und die startet gewöhnlich zu Hause. Vier Stunden später werden sie im Club die erste Pille teilen. „Jetzt gleich Augen zu und tanzen“ – Urlaub im Kopf. „Das macht einen oberglücklich, es ist alles so schön und man mag alle umarmen.“ Hendrik ist Mitte 30, Akademiker.
    Er ist reflektiert, steht mitten im Leben – und nimmt gern chemische Drogen. Alle ein, zwei Monate tanzt er in einem Berliner Elektroclub mit seinen Freunden bis zum nächsten Mittag. Dass er kein Einzelfall ist, zeigen die Ergebnisse der Global Drug Survey, der weltgrößten Drogenumfrage, bei der auch 2017 wieder über ein Drittel der Teilnehmer angab: „Ja, ich nehme Drogen.“ Mehr als die Hälfte der Konsumenten hatte im vergangenen Jahr gekifft, jeder vierte schluckte Ecstasy oder schnupfte MDMA, zwölf Prozent koksten.
    Dennoch gelten gerade chemische Drogen weiterhin als Teufelszeug. Einmal genommen, schon in der Abwärtsspirale. Wer Drogen nimmt wird abgestempelt, denn Drogen haben ein hohes Suchtpotential. Aber wird jeder, der Drogen nimmt, auch süchtig? „Man kann Drogen auch verantwortungsvoll nehmen“, sagt Hendrik. Stimmt das? „Rabiat“-Reporterin Anne Thiele hat Menschen wie Hendrik für die Radio Bremen-Reportage „Drogenrepublik Deutschland“ kennengelernt und sie durch die Nacht begleitet.
    Sie ist dabei, wenn Dealer Toni per Taxi Drogen zu seinen Kunden kutschiert. Mehr als 200 Kunden verkauft er seinen Koks. Von der Putzfrau über den Studenten bis hin zum Anwalt oder der Ärztin. Velcro ist 21, Youtuber, er spricht auf einem eigenen Kanal über seine Drogenerfahrungen und hat damit ein Millionenpublikum erreicht. Seitdem er 17 Jahre alt ist, probiert er sich munter durch psychoaktive Substanzen. Er war fasziniert davon, wie man mit den Drogen, die er einfach im Internet bestellte, sein Bewusstsein erweitern kann. Doch sein Bewusstsein hat das viele Experimentieren nicht gut verkraftet.
    „Danach, als ich das abgesetzt hatte, gab’s auch schon – weil ich so hohe Mengen konsumiert hatte – da gab’s Entzugserscheinungen. Starke Depressionen, die schlimm waren, ekelhafte. Dann kam so ’ne Woche mit: O.k., kann sein, dass ich mich jetzt umbringe.“ Auch Kelvin hat schon einige Substanzen ausprobiert. Zur Selbsttherapie. Der 33-Jährige leidet an Depressionen und bisher hat kein Medikament richtig gewirkt. Ohne Cannabis oder andere illegale Substanzen wäre sein Leben oftmals die Hölle, sagt er.
    Er steht mit seinem Konsum immer auch mit einem Bein im Knast. Deshalb wünscht er sich eine andere Drogenpolitik. Eine Entkriminalisierung der Konsumenten sei längst überfällig. In der „Rabiat“-Reportage „Drogenrepublik Deutschland“ geht Anne Thiele der Frage nach, warum Menschen Drogen nehmen. Ist der chemische Rausch immer nur schlecht? Können Drogen gar verantwortungsvoll genommen werden, vielleicht sogar bereichernd sein? Wie gefährlich sind Drogen und welche Folgen hat der Drogenkonsum? Eine Produktion der Sendefähig GmbH im Auftrag von Radio Bremen 2018 (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 30.04.2018Das Erste
  • Staffel 1, Folge 2
    Auf dem Fußboden ihres Schlafzimmers liegt eine junge Frau, ihr Spitzname ist Pumuckl. Über ihr steht ihr Freund Niko. Er trägt eine NVA-Uniform, schwere Stiefel und schwarze Lederhandschuhe. „Zu faul?“, fragt er sie ernst. Dann greift Niko mit seiner Hand feste ihren Hals und verpasst der Akademikerin und selbsternannten Feministin mit seiner anderen eine heftige Ohrfeige, noch bevor sie hätte antworten können. Dann noch eine. Und eine weitere. Das Unwohlsein alleine beim Zuschauen sieht man dem „Rabiat“-Reporter Manuel Möglich deutlich an.
    Obwohl er weiß, dass das Paar einvernehmlich handelt und bei diesem Spiel nicht nur Spaß hat, sondern auch Lust empfindet, ändert es wenig an der bedrückenden Situation. Am Ende vergewissern beide sich gegenseitig ihrer Liebe, sitzen innig beisammen, streicheln sich zärtlich. Die junge Frau aus der hessischen Provinz strahlt jetzt vor Glück. Kennengelernt hat Möglich das Paar und nahezu alle anderen Protagonisten der „Rabiat“-Reportage „Netzwerk Pervers“ über FetLife – ein soziales Netzwerk aus Kanada, das wie Facebook funktioniert.
    Dabei sind die Inhalte maximal explizit. Die Betreiber sehen ihre Seite als das Facebook für Perverse. FetLife hat in Deutschland mehr als 90.000 Mitglieder, Tendenz steigend. Es versteht sich als Plattform für die BDSM-Szene, eine sexy Gemeinschaft und Menschen, die ihren Fetisch oder ihre Sado-Maso-Neigung leben. Dem „Rabiat“-Reporter dient FetLife wie ein Kompass, es lotst ihn nach Berlin, dort erfährt er von einer 21 Jahre alten Studentin am eigenen Leib, wie sich Bondage anfühlt. In Hamburg besucht Manuel Möglich seine erste SM-Party, in der Stadt hat er außerdem eine Verabredung mit einem reflektierten Softwareprogrammierer – als Pet-Player liebt es Klaus, sich als Zebra zu verkleiden und die Kontrolle abzugeben.
    Wenn eine Fantasy real wird, kann das so aussehen: Klaus zieht als Zebra den „Rabiat“-Reporter auf einer Kutsche durch Altona, die Umwelt staunt, lacht oder ignoriert das Treiben. „Netzwerk Pervers“ von Manuel Möglich ist eine „Rabiat“-Reportage, die mit den gängigen Klischees bricht und den Zuschauer fordert. Wie tolerant sind wir? Was heißt eigentlich normal? Wie fühlen sich diejenigen, die offen zu ihrem von der Mainstream-Norm abweichendem Sexualleben stehen? Wenn laut Studien fast jeder Zweite Fantasien hat, die BDSM-Praktiken entsprechen, und jeder Dritte solche bereits ausprobierte, dürften die ehrlichen Antworten spannend sein.
    Ob es verwerflich ist, wenn eine junge Frau wie Pumuckl auf Verhörspiele mit Angst und Schrecken steht und Uniformen extrem stimulierend findet? Die Mutter der Master-Studentin, die Manuel Möglich auch kennenlernt, hat ihr Urteil gefällt: „Wenn du damit glücklich wirst, Kind, dann mach das.“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 07.05.2018Das Erste
  • Staffel 1, Folge 3
    Bonita und Wolfgang jun. Grupp zum ersten Mal im deutschen Fernsehen über Verantwortung, Herausforderung und die Trigema- Nachfolge: Wenn Familie Grupp mittags beim Müsli sitzt, wird die Milch vom Butler serviert – in weißem Anzug, mit weißen Handschuhen. Die Unternehmerfamilie ist mit Textilien der Firma Trigema reich geworden und residiert in einer reetgedeckten Villa auf der Schwäbischen Alb. Auch die beiden Kinder Bonita und Wolfgang, 28 und 27 Jahre alt, leben mit auf dem Anwesen der Eltern.
    Bald wird er oder sie den Betrieb mit 1.200 Mitarbeitern übernehmen. Aber eben nur einer von beiden. Der vom Vater vorgegebene Wettbewerb zwischen den Erben – für beide kein Grund, sich aufzuregen. „Es ist doch richtig, dass am Ende der- oder diejenige das Unternehmen führt, der oder die am besten geeignet ist“, sagt Wolfgang Grupp junior. Das Wohl der Firma und der Arbeitsplätze steht über allem. Ein anderes Leben kann sich keins der beiden Kinder vorstellen. „Wir kennen es ja auch nicht anders“, sagt Bonita Grupp: „Die Firma war schon immer ein wichtiger Teil unseres Lebens.“ In der Radio-Bremen-Reportage „Geld.
    Macht. Glück.“ von Steffen Hudemann geht es um Menschen, die jung sind, aber schon millionenschwer – und die unterschiedlicher nicht sein könnten. Einer protzt mit Privatjet und Pariser Champagnersausen auf Instagram, Start-Up-Millionäre dagegen wollen an ihrem Studentenleben eigentlich nicht viel ändern. Und die Sprösslinge einer Unternehmerdynastie denken vor allem nach über die Bürde, die Vermögen für sie bedeutet.
    „Rabiat“-Reporter Steffen Hudemann lernt junge Reiche kennen, so alt wie er selbst, und fragt: Was macht sehr viel Geld mit Menschen unter 40, die mehr haben, als sie je brauchen werden? In Sankt Moritz feiert die bessere Gesellschaft sich selbst – beim exklusiven Snow Polo Turnier mit Champagner, Pelz und Kaviar. Statussymbole, von denen die Berliner Start-Up-Unternehmer Tobias Johann und Philipp Hartmann nicht viel halten.
    Sie kleiden sich trotz Millionenvermögens eher wie Studenten. Die Mitbegründer des Online- Lieferdienstes Lieferando investieren ihr Geld in Kunst und urbane Kultur. „Es geht nicht nur immer um höher, schneller, weiter“, sagt Philipp Hartmann: „Es gibt schöne Dinge im Leben und es ist schön, wenn man sich die leisten kann.“ Instagramer Bayo Surakatu inszeniert sich und seinen Lebensstil im Netz. Von Bescheidenheit hält er nichts. Er ist stolz darauf, was er sich erarbeitet hat und zeigt es gern.
    Eine Armbanduhr kaufen im Wert einer Eigentumswohnung? Deswegen hat er kein schlechtes Gewissen: „Ich habe mir alles selbst erarbeitet“, sagt er. Dem offiziellen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zufolge besitzen die oberen zehn Prozent in Deutschland mehr als die Hälfte des Vermögens. Vermutlich ist die Konzentration noch deutlich höher. Laut einer Oxfam-Studie strich das reichste Prozent im vergangenen Jahr 82 Prozent des Vermögenswachstums ein. Mit Reichen über ihr Geld ins Gespräch zu kommen, ist nicht immer leicht.
    Steffen Hudemann hat sich für das Radio Bremen-Reportageformat „Rabiat“ trotzdem auf die Suche gemacht nach jungen Menschen mit Geld. Entstanden ist ein Film über das Tabuthema Reichtum: Was treibt Deutschlands Vermögende an? Wie denken sie über Ungleichheit in unserer Gesellschaft? Und was ist eigentlich Luxus, wenn man alles hat? Rabiat – neues junges Reportageformat von Radio Bremen Radio Bremen wird rabiat. Der Sender bringt ein Reportageformat ins Erste, das jungen Reporterinnen und Reportern die Möglichkeit gibt, ihre Geschichte für ein großes Fernsehpublikum zu erzählen.
    Die Autorinnen und Autoren sind preisgekrönt, nominiert, mindestens aber auffällig. Journalistinnen und Journalisten mit Haltung und Tiefgang im On, die auch mal voll in die Kamera sprechen. Öffentlich-rechtliche Werte hat das Team verinnerlicht, doch die Schmerzgrenze liegt woanders. Der Fokus richtet sich auf die teilnehmende Beobachtung, das Kennenlernen, das Erleben.
    In den sechs Reportagen der Staffel, die ab dem 30. April 2018 immer montags um 22:45 Uhr im Ersten laufen, sind sie ganz nah dran; ob bei einem Koks-Deal, als Zielscheibe eines Shitstorms im Netz oder bei einer Partynacht im SM-Club. Die Macherinnen und Macher werden mit ihrer subjektiven Erzählweise Zuschauerinnen und Zuschauern auch mal vor den Kopf stoßen. Sie bauen Klischees in den Filmen auf, um sie postwendend zu brechen. Neue Sichtweisen sollen sich eröffnen. Die Filme wollen, sollen, ja sie müssen polarisieren, denn das macht gute Geschichten aus. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 14.05.2018Das Erste
  • Staffel 1, Folge 4
    Mitte Mai katapultierte ein Treffen der deutschen Fußball- Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan die Frage in die Schlagzeilen der deutschen Medien: Wo stehen die Deutsch-Türken, wenn es um ein Bekenntnis zu Deutschland und der Türkei geht? Wie sehen ihre Standpunkte und Werte aus? Rabiat-Reporterin Gülseren Ölcüm nimmt die Zuschauerinnen und Zuschauer in der Radio Bremen-Reportage „Türken, entscheidet Euch!“ mit in die Welt von viereinhalb Millionen Deutsch-Türken.
    Eine zerrissene Welt voller Verunsicherung, seit die Türkei sich mehr und mehr von demokratischen Werten und von Europa entfernt. Welche Rolle Erdogan spielt? Eine sehr große. Es gibt einen Bekenntniszwang: Deutsche Verfassung oder Erdogan? Türkischer Pass oder der deutsche? Der 37-jährige Profi-Boxer, Europameister im Weltergewicht, und Erdogan-Gegner Ünsal Arik hat zu dem Treffen eine klare Meinung: „Diese beiden Fußballer haben sich bewusst für Deutschland entschieden, weil sie gewusst haben, sie können hier mehr Geld verdienen.
    Hätte Yogi Löw Eier bewiesen, hätte er gesagt: Wisst ihr was, Leute, das war falsch, ihr habt euch mit einem Diktator getroffen. Yogi Löw hätte lieber zwei Spieler mitnehmen sollen, die zu Deutschland stehen und das verdient hätten!“ Arik zieht mit seiner Kritik an Erdogan den Hass von Landsleuten auf sich. So gab es Zeiten, in denen er über Personenschutz nachdachte und ihm sein Box-Sponsor jegliche Unterstützung kündigte. Trotzdem boxt er weiter – inzwischen für die Türkei. In den Reihen der Erdogan-Gegner finden sich wegen Ünsal Ariks unbequemer Ansichten ebenfalls viele Feinde.
    Aber was ist, wenn man sich nicht entscheiden kann oder will? Und was ist, wenn man beides mag? Deutschland und die Türkei? Gülseren Ölcüm ist das beste Beispiel. Sie hat die doppelte Staatsbürgerschaft und könnte sich für keine entscheiden. Eigentlich stellt sich für sie die Frage nach dem Bekenntnis und der Loyalität gar nicht. Aber überall wird sie auf das Thema angesprochen. Ihr reicht’s. Sie will wissen, was eigentlich los ist mit ihr und mit den Deutsch-Türken hierzulande.
    Eine sehr persönliche Reise zwischen Erkenntnisgewinn und Zweifel. Esma Akkus beispielsweise wurde entlassen. Weil sie in ihrem YouTube- Kanal mit Pro-Erdogan-Parolen provoziert. Ihr Arbeitgeber, die örtliche Sparkasse, fand das nicht so witzig. Esma findet das ungerecht. Warum interessieren sich Deutsche plötzlich für türkische Innenpolitik? Warum darf man in einem Land mit Meinungsfreiheit seine Meinung dann nicht sagen, wenn sie nicht mehrheitsfähig ist? „Noch vor einem Jahr hätte ich nie darüber nachgedacht“, sagt die gebürtige Kölnerin, „aber jetzt wandere ich wohl aus in die Türkei.“ Nihan ist YouTuberin und macht Videos zu Beauty, Fashion und Lifestyle.
    Im September 2017 interviewte sie Martin Schulz – damals noch Kanzlerkandidat der SPD. Jahr für Jahr dekoriert sie ihre Wohnung weihnachtlich, Jahr für Jahr bekommt sie dafür einen Shitstorm. Denn: Türken und Muslime machen das ja nicht. Eigentlich will sich Nihan gar nicht politisch äußern, aber das ist heutzutage gar nicht mehr so einfach: „Die Leute akzeptieren nicht, wenn ich einfach sage, ich bin ein Mensch.“ Ismail Küpeli ist Politikwissenschaftler und seit den 90er Jahren in Deutschland.
    Seine Eltern sind damals aus der Türkei geflohen. Zur Türkei hat er ein gespaltenes Verhältnis. „Ich glaube, diese Orientierung auf die Türkei ist inzwischen zu einem großen Problem geworden“, sagt Ismail. Sich aber nicht dazu äußern, das kann er sich nicht leisten. Zu hoch der Erwartungsdruck. Und wenn er sich äußert, dann muss er aufpassen, dass er nicht von einer politischen Seite instrumentalisiert wird.
    Esma, Ünsal, Nihan, Ismail und Gülseren sind Deutsch-Türken, Deutsche mit türkischem Migrationshintergrund oder einfach nur Deutsche. Es wäre schön, schnell das passende Label zu finden. Aber so einfach ist das leider nicht – schon gar nicht heutzutage. Ja, Gülseren isst kein Schweinefleisch und mit Alkohol hat sie es auch nicht so. Zum Türken geht sie in Deutschland nur selten, aber ihr Hochzeitskleid kauft sie in der Türkei – weil Mama da besser handeln kann. Und für alles und jedes muss sie sich mittlerweile verantworten, muss erklären – manchmal auch wildfremden Menschen.
    Eigentlich müssten Menschen wie sie doch längst darüber hinaus sein. Aufgewachsen mit zwei Sprachen, zwei Kulturen. Trotzdem wird ihr von der deutschen Mehrheitsgesellschaft, aber auch von der deutsch-türkischen Community ein Bekenntniszwang aufgedrängt: Wie stehst du zu Erdogan? Warum trinkst du keinen Alkohol? Wie, du heiratest einen Deutschen? Und so ist Gülseren Ölcüms Rabiat-Reportage „Türken, entscheidet Euch!“ ein ganz persönlicher Blick auf die eigene Identität in der Krise. Eine Krise, die womöglich vielen Deutsch-Türken vertraut sein dürfte. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 28.05.2018Das Erste
  • Staffel 1, Folge 5
    „Geh ins Gas“ oder „Bist du überhaupt ein Mensch, falls ja bitte nicht fortpflanzen“. Tausende Kommentare dieser Art liest Rainer Winkler jeden Tag. Im Internet wird der junge Mann aus Altschauerberg gehasst, weil er anders ist, und das in seinen Videos im Internet zeigt. Seit fünf Jahren geht das so und daraus ist eine Art Spiel geworden. Die sogenannten Hater lassen sich immer neue Tabubrüche einfallen, um den Youtuber fertig zu machen. In seinem Namen wurden Chemikalien zum Bau von Bomben bestellt, ein Großalarm der Feuerwehr ausgelöst, er wird Zuhause belästigt und bis zur Weißglut gereizt.
    Wie kommt man auf die Idee, einzelne Menschen im Internet lächerlich zu machen? Warum werden hunderte, tausende Kommentare geschrieben, Videos produziert, ganze Computerspiele entworfen, um die Existenz eines Menschen zu zerstören? Woher kommt die Lust am Cybermobbing? „Dorian der Übermensch“ ist ein Star der sogenannten Hater-Szene. „Amüsant“, findet er sein Treiben: „Da find ich jetzt auch nichts Verwerfliches dran.“ In der Radio-Bremen-Reportage „Hass ist ihr Hobby“ taucht „Rabiat“-Reporter Dennis Leiffels tief ein in die bizarre Welt des Cybermobbing: Er spricht mit Tätern und Opfern, macht sich selbst zur Zielscheibe des Hasses.
    Ist das Internet tatsächlich ein rechtsfreier Raum? Nein, sagt Oberstaatsanwalt Thomas Goger von der Bamberger Zentralstelle für Cybercrime: „So anonym, wie viele Leute glauben, ist das Internet ja nicht. Jeder Täter hinterlässt irgendwelche Spuren.“ Tatsächlich? Gibt es wirklich Schutz vor Mobbingattacken? Tausende sogenannter Hater vergnügen sich dabei, aus der eigenen Anonymität heraus oft zufällige Opfer zu piesacken.
    „Meistens sind das normale Menschen“, sagt Luca Hammer, der die Hater-Szene seit Jahren beobachtet. Was treibt diese „normalen Menschen“ um? Und wie leben die Opfer? Katrina Reichert setzt sich für die Rechte Transsexueller ein. „Man sollte Dich vergasen“ – solche Kommentare sind schon fast Alltag für sie. Aber seit ihre Adresse veröffentlicht wurde, schläft sie nur noch mit einer Waffe unterm Kopfkissen. „Einige der Morddrohungen nehme ich ernst.“ Im beschaulichen Altschauerberg in der Nähe von Nürnberg erleben die gut 40 Bewohner Tag für Tag schieren Psychoterror.
    Inmitten des Dorfes lebt Rainer Winkler, im Internet nennt er sich „Drachenlord“. Für die Hater ist er ein perfektes Opfer. Und mit ihm alle Dorfbewohner. Täglich pilgern Hater nach Altschauerberg, fahren oft Stunden, um zu provozieren, Häuserwände zu beschmieren, Böller zu zünden, was dann wieder neue „humoristische“ Videos hervorbringt. Die Nachbarn werden in das „Drachengame“ gezogen – und sind verzweifelt. „Man geht einfach in einer Wut da raus, will es beenden, kann aber nichts erreichen.“ Thomas Schweighöfer hat seine Stellung verloren und ist in therapeutischer Behandlung, der Betreiber eines örtlichen Restaurants hat Nervenzusammenbrüche hinter sich.
    Ob die Opfer von Cybermobbing tatsächlich alleine gelassen werden, überprüft Dennis Leiffels am eigenen Leib. Eine Äußerung auf Twitter genügt, um 1.500 Reaktionen aus der Hater-Szene zu provozieren: Beleidigungen, Verunglimpfungen, massive Versuche, sein Leben zu zerstören. Die zuständige Staatsanwaltschaft rät zur Anzeige. Nach wenigen Wochen bekommt er schon Post: „Die Ermittlungen sind eingestellt.“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 04.06.2018Das Erste
  • Staffel 1, Folge 6
    Rund 250.000 Männer in Deutschland sind pädophil, so die Weltgesundheitsorganisation. Sie stuft Pädophilie als Störung der Sexualpräferenz ein. Andere Stimmen sprechen von einer sexuellen Neigung. Auf jeden Fall ist es ein Thema, das extrem emotional ist. Und es ist ein Tabu, bei dem schnelle Antworten Konjunktur haben. „Rabiat“-Autor Manuel Möglich stellt die Frage, wie kann, soll, muss die Gesellschaft mit Pädophilen umgehen, und macht sich in der Reportage „Unter Pädophilen“ auf eine herausfordernde Reise, um herauszufinden, wie Pädophile denken, fühlen.
    Dabei lernen die Zuschauerinnen und Zuschauer den 60-jährigen Georg kennen. Er bekennt sich zu seiner Pädophilie, will sich nicht länger verstecken, denn er will etwas gegen die Stigmatisierung von Pädophilen unternehmen, dem Diskurs ein Gesicht geben und aufklären. Nicht jeder Pädophile wird zwangsläufig zum „Kinderschänder“, so Georg. Dabei waren seine Handlungen nicht immer frei von Schuld: Vor etlichen Jahren wurde Georg wegen des Besitzes von Kinderpornographie zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung und zu einer Geldstrafe verurteilt.
    Es war ein Urteil, das heftig wehtat, sagt Georg. Doch in Anbetracht der Bilder, die er auf seinem Rechner hatte, sei seine Strafe zu milde gewesen. Er weiß heute: Er war Täter. Er weiß heute: Der Konsum von Missbrauchsabbildungen ist Missbrauch. Und er weiß auch: Er ist kein Opfer, Georg sucht nicht nach Mitleid. Pädophile sind per se keine Kindesmissbraucher – zu dem Ergebnis kommt die Psychologin Dr. Janina Neutze von der Abteilung für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Regensburg.
    Sie leitet die MIKADO-Studie (Missbrauch von Kindern: Aetiologie, Dunkelfeld, Opfer) und weiß, dass zwar in der Wahrnehmung der meisten Menschen die Begriffe Pädophilie und Kindesmissbrauch unmittelbar verknüpft sind, doch faktisch betrachtet handelt es sich um zwei unterschiedliche Phänomene. „In den MIKADO-Studien haben wir bestätigen können, dass ungefähr die Hälfte derer, die Kindesmissbrauch begehen, keine Fantasien mit Kindern haben. Umgekehrt haben viele von denen, die Fantasien haben, noch lange keinen Kindesmissbrauch begangen.“ Nicht die Neigung, sondern das Verhalten kann verurteilt werden.
    Dennoch: Männer, die ausschließlich Fantasien mit Kindern haben, sind deutlich risikobehafteter, ihre Fantasien tatsächlich umzusetzen. An der Berliner Charité kann beim Präventionsprojekt „Kein Täter werden“ niemand verbindlich Antwort geben, ob Pädophilie angeboren, vererbbar ist oder ob sie aus Erfahrungen in der Kindheit der Betroffenen herrührt. Seit der Gründung des Präventionsprojektes im Jahr 2005 haben sich ca. 9.500 Menschen aus dem Bundesgebiet an das Netzwerk gewandt; 3.000 Menschen haben diagnostische Gespräche geführt und sich auf Pädophilie untersuchen lassen.
    Auch „Rabiat“-Reporter Manuel Möglich macht bei Hannes Gieseler von der Charité den Test und bekommt einen Einblick, welchen Fragen sich Männer bei dem Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ stellen. Max, für den das Charité-Angebot für Jugendliche „Du träumst von ihnen“ eine essenzielle Hilfe darstellt, um den Alltag zu ordnen, hätte ohne Therapie vermutlich nur schwer Klarheit über seine Sexualität und Lebensrealität bekommen.
    Die Diagnose Pädophil wird jungen Menschen frühestens im Alter von 16 Jahren erteilt. Die Behörden wurden auf den damals 13-Jährigen aufmerksam, weil er sich Missbrauchsabbildungen im Internet heruntergeladen hatte. Max und sein Vater, der als erstes verdächtigt wurde, erzählen, was es mit einer Familie macht, wenn sich ein Teenager von deutlich jüngeren Kindern sexuell erregt fühlt. „So wie die Präferenz nicht heilbar ist“, sagt Max „ist auch das Risiko nicht völlig ausschließbar. Das weiß ich, aber ich gebe mir Mühe, dass es dazu nicht kommt.“ Chris, Anfang 30, ist sich seiner pädophilen Neigung bewusst, steht Therapieangeboten allerdings kritisch gegenüber.
    Er wisse sich so zu verhalten, wie es die Gesellschaft verlange: „Wer sich nicht benehmen kann und nicht vernünftig im Kopf ist, der wird – auch wenn er heterosexuell ist – Mist bauen und Menschen Schaden zufügen. Ich bin kein Arschloch!“ Ein Sex-Angebot mit einem Kind in Deutschland, das ihm einst unterbreitet wurde, lehnte er vehement ab. Seine Fantasie muss ihm genügen, er sei sich dessen auch ohne eine einzige Therapiestunde äußerst bewusst, er lebe mit sich und seiner Neigung im Reinen.
    „Unter Pädophilen“ ist eine 45-minütige Begegnung mit Pädophilen und Experten. Kann man so ein Thema differenzieren, mehr Nuancen als weiß und schwarz ausmachen? Ob nun Störung oder Neigung, keiner der drei betroffenen Protagonisten in der Reportage hat sich bewusst dafür entschieden, pädophil zu werden. Die letzte Folge der ersten „Rabiat“-Staffel ist eine Reportage, in der das eigene Unvermögen des Autors Manuel Möglich im Umgang mit diesem Thema spürbar ist. Die Frage, die am Ende offen bleibt: Wie soll eine Gesellschaft mit Pädophilen umgehen? (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 11.06.2018Das Erste

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