Viren gelten als Auslöser von Krankheiten und Pandemien. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Seit Urzeiten wirken sie als Motor der Evolution, indem sie genetisches Material zwischen Organismen übertragen. Rund acht Prozent des menschlichen Erbguts stammen von uralten Retroviren und beeinflussen, wer wir sind. Sie formen unsere Gene, bestimmen unsere Gesundheit und prägen sogar die Zukunft der Medizin – und das, obwohl sie nicht als Lebewesen gelten. Jeder Mensch trägt unzählige Viren in sich – das sogenannte Virom. Dieses unsichtbare Ökosystem reguliert die Bakteriengemeinschaft im Darm, hält schädliche Keime in Schach und
unterstützt das Immunsystem. In der modernen Medizin gelten bestimmte Viren inzwischen als Hoffnungsträger: sie sind Grundlage für Impfstoffe, dienen als Transportmittel für Medikamente und heilende Gene und könnten künftig gezielt Krebszellen zerstören. Sogenannte Phagen – Viren, die Bakterien befallen – werden als Alternative zu Antibiotika erforscht. Die Hoffnung: mit ihrer Hilfe multiresistente Erreger effektiv bekämpfen zu können. Selbst in der Landwirtschaft werden Phagen gegen bakterielle Pflanzenkrankheiten erprobt – als natürliche, nachhaltige Helfer – ganz ohne Chemie und Nebenwirkungen. (Text: hr-fernsehen)