„St. Denis Medical“ – funktioniert Mockumentary im Krankenhaus? – Review

US-Erfolgsserie startet am 31. März in Deutschland

R.L. Bonin
Rezension von R.L. Bonin – 31.03.2025, 09:00 Uhr

„St. Denis Medical“ ist eine Workplace Comedy im Mockumentary-Stil. – Bild: NBC
„St. Denis Medical“ ist eine Workplace Comedy im Mockumentary-Stil.

Eine Workplace Comedy im Krankenhaus-Setting? Dieser Mix trifft nicht unbedingt jeden Geschmack. Erfolgsserien wie „Scrubs“ zeigen jedoch, dass es nicht unmöglich ist. Nun versucht sich ein neues Format an der riskanten Mischung: Mit „St. Denis Medical“ startet am 31. März 2025 in Deutschland die neue NBC-Komödie im Mockumentary-Stil. Geht das Konzept auf?

Unterfinanziert, unterbesetzt und trotzdem unverzichtbar: Binnen den ersten Minuten stellt „St. Denis Medical“ direkt klare Regeln auf. Dies mag zwar eine Comedy-Serie sein, aber sie orientiert sich durchaus an den realen Problemen in der Pflege und medizinischen Versorgung. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Was treibt das Personal bei so vielen strukturellen Hürden und der permanenten Konfrontation mit Kranken und Sterbenden an, weiterzumachen? Was macht die Arbeit in so einem Umfeld aus? Hier bietet sich der Mockumentary-Stil als perfektes Mittel an, um in den ganz normalen Alltag eines ganz normalen Krankenhauses zu tauchen.

In „St. Denis Medical“ steht das Personal des gleichnamigen, fiktionalen Krankenhauses im Mittelpunkt. Da wäre die Oberschwester Alex (Allison Tolman), die das Team zusammenhält; ihre Kollegin, Freundin und Sprücheklopferin Serena (Kahyun Kim); der blutige Anfänger Matt (Mekki Leeper); sein Gegenstück, der „alte Hase“ Dr. Ron (David Alan Grier); sowie der selbsternannte Star-Chirurg Bruce (Josh Lawson) und die übereifrige Direktorin und Ärztin Joyce (Wendi McLendon-Covey). Letztere hegt große Pläne für das Krankenhaus, das sich in fünf bis zehn Jahren international einen Namen machen soll. Währenddessen navigiert ihr Team den verrückten Alltag im Krankenhaus und versucht, trotz Zankereien und Eigenheiten in den entscheidenden Momenten zusammenzuhalten.

Oberschwester Alex (Allison Tolman) trägt die Verantwortung für das Team. Warner Bros. Discovery

Wie in vergleichbaren Mockumentary-Serien („The Office“, „Modern Family“) kommt ein Großteil der Comedy weniger durch das Setting, sondern viel mehr über die Charaktere zustande. Einerseits müssen sie einzigartig genug sein; andererseits auch auf bekannte Klischees zurückgreifen, um mit diesen humorvoll zu spielen. „St. Denis Medical“ gelingt mit der ausgewählten Figurenkonstellation eine gute Mischung aus beidem: Joyce erinnert zwar zu Beginn noch stark an Chef-Figuren wie Michael Scott, erweist sich jedoch schnell als deutlich weniger dümmlich und egoistisch. Alex hat durch ihr Verantwortungsbewusstsein einen sanften, mütterlichen Touch – ist jedoch nicht zu unterschätzen, wie schon die Einstiegsszene unter Beweis stellt. Darin trickst sie auf clevere Art und Weise einen Drogensüchtigen aus, um ihn zum Entzug zu bewegen. An ihrem Beispiel wird so deutlich, dass in den Figuren deutlich mehr Tiefe steckt, als es zu Beginn den Anschein macht.

Tatsächlich ist Alex auch diejenige, die im Piloten die Frage nach dem Warum durch die Folge trägt: Warum tut sie sich das Gezanke mit ihren Kollegen an? Wieso bleibt sie länger am Arbeitsplatz, obwohl ihre Kinder einen großen Schulauftritt haben? Was bringt sie dazu, auf dem Parkplatz zu zögern, wenn sie doch endlich zu ihrer Familie könnte? Die Auflösung kommt überraschend emotional daher, als ein wildfremder Mann sie in die Arme schließt, weil durch ihre Hilfe das Leben seiner Frau gerettet wurde. Es ist keine „laughing out loud“-Szene, sondern ein stiller und dafür umso berührender Moment – und hebt „St. Denis Medical“ somit schon nach einer Folge von anderen Mockumentarys ab.

Die Ärzte im Kernteam von „St. Denis Medical“: Dr. Bruce (l.) und Dr. Ron (r.). Warner Bros. Discovery

Als Workplace Comedy spielt sich die gesamte Serie natürlich im entsprechenden Arbeitsumfeld ab, das die Notaufnahme des Krankenhauses ist. Dazu gehören aber beispielsweise die Station, Patienten- und Schwesternzimmer, der Empfang und auch das Büro der Direktorin. Trotzdem wirkt „St. Denis Medical“ alles andere als eine typische Krankenhausserie à la „Grey’s Anatomy“ oder „The Good Doctor“. Dass die Figuren von kranken Menschen, Schicksalsschlägen und letztlich auch dem Tod umgeben sind – alles ernstzunehmende, schwere Themen -, tritt kaum bis gar nicht zum Vorschein. Und das ist auch gut so: Makabre Witze und schwarzer Humor würden nicht in diesen Rahmen passen. Dafür haben sich die kreativen Köpfe hinter „St. Denis Medical“, die nicht ohne Zufall auch hinter Serien wie „The Office“ und „Superstore“ stehen, einen anderen Kniff überlegt: Die Handlungsstränge weisen einen universellen Charakter auf.

Matt ist „der Neue“ – und hat ganz schön mit seinen Aufgaben zu kämpfen. Warner Bros. Discovery

Im Piloten liegt der Fokus zwar noch auf dem Setting, doch das übergreifende Thema, Arbeitsmotivation, lässt sich im Grunde genommen auf alle Branchen übertragen. Auch in Folge zwei geht es mit der Herausforderung, Berufs- und Privatleben voneinander zu trennen, weiter – ein besonders aktuelles Thema. Die dritte Episode widmet sich wiederum dem Glauben, von kleinen abergläubischen Ritualen bis zu Religion.

Durch diese Bandbreite an Themen spricht „St. Denis Medical“ ein ebenso breitgefächertes Publikum an, das nicht zwangsläufig ein Faible für Krankenhausserien haben muss. Dadurch wird auch ein interessanter Doppeleffekt erzielt: Einerseits wird der Berufsalltag in der Pflege und Medizin als nahezu „gewöhnlich“ dargestellt – statt actionreich und überfordernd wie in manch anderer Krankenhausserie. Andererseits zeigen die kleinen, emotionalen Momente, wie besonders und wichtig diese Arbeit ist und stärkt in gewisser Weise eine Branche, die nicht nur hierzulande in der Krise steckt. Das stützt auch den Mockumentary-Charakter der Serie und schließt somit den Kreis, wieso es sich lohnt, in diesem Umfeld zu arbeiten.

Alex (l.) und Serena (r.) versuchen, das Chaos der anderen wieder geradezubiegen. Warner Bros. Discovery

Bodenständig und dadurch gerade außergewöhnlich: „St. Denis Medical“ übt sich in Balance. Wer Skurrilität à la „The Office“ sucht, ist bei diesem Mockumentary wohl eher fehl am Platz. Der Humor schwingt oft unterschwellig mit und zaubert mehr ein Schmunzeln als ein Grinsen auf das Gesicht. An der einen oder anderen Stelle könnte es noch mehr Raum für richtige Lacher geben. Dennoch behält die NBC-Serie, die im Übrigen als eine der erfolgreichsten der US-TV-Saison 24/​25 gilt, einen unverwechselbaren Charme, für den sich manche vielleicht erst nach ein paar Folgen erwärmen können. Somit ist „St. Denis Medical“ wohl das einzige Krankenhaus, das man nur ungern wieder verlässt – zum Glück nur im übertragenen Sinne.

Dieser Text basiert auf die Sichtung der ersten drei Episoden von „St. Denis Medical“ in Originalversion.

Meine Wertung: 4/​5

Die Workplace Comedy-Serie „St. Denis Medical“ wird seit am 12. November 2024 in den USA erstausgestrahlt. Ab dem 31. März 2025 ist das neue Mockumentary-Format auch in Deutschland bei Warner TV Comedy zu sehen. Die erste Staffel umfasst 18 Episoden – eine weitere Staffel wurde bereits vom Sender NBC bestätigt und bestellt. Ins Leben gerufen wurde „St. Denis Medical“ von Justin Spitzer und Eric Ledgin, die unter anderem an Serien wie „The Office“ und „Superstore“ geschrieben haben.

Über die Autorin

Originalität – das macht für R.L. Bonin eine Serie zu einem unvergesslichen Erlebnis. Schon als Kind entdeckte die Autorin ihre Leidenschaft für das Fernsehen. Über die Jahre eroberten unzählige Serien unterschiedlichster Genres Folge für Folge, Staffel für Staffel ihr Herz. Sie würde keine Sekunde zögern, mit Dr. Dr. Sheldon Cooper über den besten Superhelden im MCU zu diskutieren, an der Seite von Barry Allen um die Welt zu rennen oder in Hawkins Monster zu bekämpfen. Das inspirierte sie wohl auch, beruflich den Weg in Richtung Drehbuch und Text einzuschlagen. Seit 2023 unterstützt sie die Redaktion mit der Erstellung von Serienkritiken. Besonders Wert legt sie auf ausgeklügelte Dialoge, zeitgemäße Diversity und unvorhersehbare Charaktere.

Lieblingsserien: Lost in Space, Supergirl, Moon Knight

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1959) am

    So ein Format gefällt mir ganz gut, bin mal gespannt wie es sich entwickelt

    weitere Meldungen

    Hol dir jetzt die fernsehserien.de App