40 Jahre Sat.1: Von herunterfallenden Bällen und früher „Raumschiff Enterprise“-Faszination

Erinnerungen zum runden Geburtstag des Senders

Jan Noyer – 21.01.2024, 10:00 Uhr

Die herunterfallende Bälle und die Gorn-Episode von „Raumschiff Enterprise“ – Bild: Sat.1/Screenshot/ViacomCBS/TMDb.org
Die herunterfallende Bälle und die Gorn-Episode von „Raumschiff Enterprise“

Vor 40 Jahren, am 1. Januar 1984, ging der erste deutsche Privatsender an den Start: Sat.1, der im ersten Sendejahr noch unter dem Namen PKS firmierte. Das runde Jubiläum nimmt die Redaktion von fernsehserien.de zum Anlass, um dem Sender mit dem bunten Ball zu gratulieren: In den kommenden Wochen teilen Redakteure und Mitarbeiter der unterschiedlichsten Generationen persönlichen Gedanken rund um Sat.1. Heute berichtet Serienredakteur Jan Noyer über seine Erinnerungen an herunterfallende Bälle und die Faszination für „Raumschiff Enterprise“, die bei ihm früh geweckt wurde.

Neulich habe ich mit meiner Familie „Kevin – Allein zu Haus“ gesehen. Es war schön zu sehen, dass der Film für mein siebenjähriges Kind exakt so funktioniert hat, wie es Regisseur und Drehbuchautor intendiert haben – Gelächter an den entsprechenden Stellen, Spannung da, wo sie vonnöten ist, die Eskalation des Einbruchs schraubt sich immer weiter hoch. Was das angeht, ist dem Film wirklich eine geradezu chirurgische Präzession zu attestieren. Nur eines hat mich irritiert: in der Szene, in der Kevin nach seinem Einkauf im Supermarkt nach Hause geht und die Tüten reißen, fielen gar keine bunten Sat.1-Bälle von oben ins Bild, um einen Werbeblock anzukündigen. Dann fiel es mir wieder ein: wir schauten den Film ja im Stream bei einem großen Anbieter und nicht von der VHS mit der TV-Aufnahme, die ich als Kind kannte.

Das Logo des Senders, das vervielfältigt ins Bild rieselt, um die Werbung anzumoderieren, war eigentlich etwas sehr Nerviges, ließ es sich doch so gut wie nie sauber herausschneiden, wenn man einen Film oder eine Serienepisode in Sat.1 aufnehmen wollte – ein First-World-Problem, das für jüngere Generationen inzwischen wie „Opa erzählt von früher“ wirken muss. Ansonsten war es eine tolle Parodievorlage: Ich erinnere mich an einen stoisch hereinblickenden, Sat.1-Moderator mimenden Mann, der von oben mit bunten Wasserbällen beworfen wurde. Ein Brüller Anfang der Neunziger.

Zwei Dinge sind für mich auf ewig mit Sat.1 verbunden: nachmittags nach der Schule und den Hausaufgaben gab es eine halbe Stunde, die Zeichentrickserien wie „Alf im Märchenland“, „The Real Ghostbusters“ oder der „Police Academy“-Serie vorbehalten war – ein Muss für Freunde dieser Kunstform im frühen Grundschulalter.

Und dann kam natürlich das, für das der Sender lange Jahre die deutsche Heimat sein sollte: Star Trek! Nicht nur, dass eine meiner frühesten Fernseherinnerungen mit „Raumschiff Enterprise“ zu tun hat (die Gorn-Episode, die kurz vor Weihnachten 1987 in Sat.1 ihre deutsche Erstausstrahlung erfuhr und einen damals Dreieinhalbjährigen maßgeblich beeindruckte), auch die Cartoons nach dem Unterricht der ersten Klasse wurden noch im Laufe der Grundschule durch „Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert“ ersetzt.

Was konnte man dort alles erleben: Kristallwesen, die ganze Planeten verwüsteten. Ein Androide, der menschlich werden möchte. Maschinenwesen, die die Erde einnehmen wollen. Und natürlich diese verdammte Folge „In den Subraum entführt“, die mich am Nachmittag so sehr gruselte, als hätte ich viel zu jung heimlich „Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ angeschaut. „Das nächste Jahrhundert“ war eine gesetzte Größe am Nachmittag, ein Fenster in eine aufregende, aber nie bedrohliche (trotz Horrorepisoden wie die eben erwähnte) Welt, in der alles möglich schien. Sat.1 machte es möglich.

„Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert“ Paramount

Und natürlich konnte ich auch die anderen Serien dort erleben. Die Anfänge mit Spock, Kirk und Pille. Die düsteren, damals für mich nicht ganz verständlichen Abenteuer der Crew von „Deep Space Nine“. Die oftmals gepflegte Langeweile von „Voyager“. Und den Pilotfilm von „Enterprise“, nachdem ich „dank“ sich verändernder Prioritäten (und einer nicht von der Hand zu weisenden Übersättigung) in der Pubertät für einige Zeit aus dem „Star Trek“-Kosmos ausstieg (nie ganz, aber erst mal distanzierter). Die Erinnerung an Sat.1, „den Star Trek-Sender“, blieb, ebenso wie solche an die Eigenwerbung für die Serien. Wenn jemand den Spot findet, in der per Song die Voyager mit den Lyrics „Das ist das Schiff und das ist die Crew /​ Das ist der Captain, ’ne Frau noch dazu“ beworben wurde – bitte, bitte irgendwo hochladen.

Mit meinem temporären „Star Trek“-Ausstieg verschwand auch Sat.1 immer weiter von meinem Radar. Heute schaue ich ihn, ähnlich wie RTL, so gut wie gar nicht mehr. Auch der Gradmesser, wann offiziell Sommer ist, mit den alljährlichen Wiederholungen der „Asterix“- und eben auch der „Star Trek“-Filme samstags zur besten Sendezeit wird nicht mehr benötigt. Aber all die gemeinsamen Stunden in den Tiefen des Weltraums kann uns keiner nehmen. Auch ein Wert an sich. So, wie in der „langen Kulmbacher Filmnacht“ von Thomas Gottschalk „Predator“ anmoderiert zu bekommen. Irgendwo regnen bestimmt auch gerade wieder bunte Bälle nieder.

Über den Autor

Jan Noyer wuchs als 1984er-Jahrgang mit dem „Disney Club“, Cartoons am Wochenend-Vormittag und der „Sesamstraße“, „Die Sendung mit der Maus“ und „Hallo Spencer“ um 18 Uhr in N3 auf. Später kamen Nachmittags-Endlos-Wiederholungen von „Star Trek“ und „MacGyver“ dazu und noch später wurde in den Ferien mit „Cheers“, „Frasier“ und „Chaos City“ die Nacht zum Tag gemacht. Heute schaut er noch lieber Filme (alles von Trash bis Arthouse) als Serien, auch weil er mit vielen sogenannten „Quality-TV“-Formaten wenig anfangen kann, da sie seiner Meinung nach viel Zeit mit erschreckend wenig Inhalt füllen (fragt ihn nicht nach „The Walking Dead“, „Westworld“ oder den allermeisten Netflix-Serien). Positiven Serienbeispielen wie „The Knick“, „Jordskott“ oder „The Marvelous Mrs. Maisel“ ist er aber dennoch gegenüber aufgeschlossen. Sprich: eigentlich glotzt er genauso viel wie alle anderen in der Redaktion, der er seit Mitte 2014 angehört.

Lieblingsserien: Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert, DuckTales, Real Humans – Echte Menschen

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Leider ist von dem einstigen erfolgreichen Sender SAT1 nicht mehr viel übrig. In dem Moment, als die Kirch-Gruppe aufgrund einer geheimen Abmachung zwischen dem Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und Breuer (Deutsche Bank), die Kreditwürdigkeit aberkannt und damit in die Insolvenz getrieben wurde, ging das Film- und Serienarchiv verloren. Seitdem taumelt der Sender zwischen Dokusoap- und Realitymüll. Das Niveau ist alles andere als beständig und kann mit echten Film- und Serienproduktionen anderer Networks und Streamingdienste nicht mithalten. Echt traurig, denn die heutige Jugend kann sich gar nicht vorstellen, wie toll das frei empfangbare Privatfernsehen zwischen 1987 und 1993 gewesen ist. Für mich ist und war Gerhard Schröder der Sargnagel der deutschen TV-Programmunterhaltung. Aber was anderes konnte man von Gas-Gerd auch nicht erwarten, denn Kirch war ja der beste Freund von Ex-Kanzler Kohl und SAT1 eben dadurch etwas CDU-lastig. Den Rest kann sich jeder denken.
    • (geb. 1979) am

      Frasier und MacGyver gibt es zum Glück auch wieder zur sehen. Und zwar gibt es beide Serien bei Pluto TV mit je einem eigenen 24 Stunden zur sehen.

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