2020, Folge 311–326

  • Folge 311 (45 Min.)
    Deutsche TV-PremiereMo 06.01.2020NDR
    • Alternativtitel: Der rote Riese zockt ab: Wie Sparkassen bei den Zinsen tricksen
    Folge 312 (45 Min.)
    Seit der Bankenkrise 2009 gelten sie als besonders seriös. Sparkassen und Volksbanken haben deshalb inzwischen mehr Umsatz als Deutsche Bank und Commerzbank zusammen. Doch die Kundenklagen häufen sich. Und mehr noch: Es gibt zahlreiche Geschädigte, die systematisch abgezockt worden sind. Experten beziffern die Schadensumme auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr. Was ist da auf den Konten los? Der niedersächsische Landwirt Johann G. ist einer der Geschädigten der Sparkasse. Er ist um über 200.000 Euro geprellt worden.
    Ein Oberlandesgericht hat ihm Recht gegeben und Rückzahlung verordnet. Der Trick der Sparkasse ist simpel: Zinsveränderungen werden nicht sofort an den Kreditnehmer weitergegeben, so wie es der Gesetzgeber vorschreibt. Es kann jeden treffen, beim Dispokredit etwa, bei Konsumkrediten und sogar beim Sparkonto. Besonders oft passiert das bei kurzfristigen Überziehungskrediten, dem Standardgeschäft von Mittelständlern. Die eine Rechnung, die noch schnell beglichen werden muss, und ein Kunde hat noch immer nicht gezahlt, schon ist das Konto überzogen.
    Klingt nach einer Petitesse, ergibt aber einen Riesenschaden: Denn auf jeden Zinsbetrag im Minus zahlt man Zinseszins. „Der Volkswirtschaft können durch Falschberechnungen der Sparkassen jährlich mehrere Milliarden Euro an Schaden entstehen“, sagt Hans-Peter Schwintowski, Professor für Bankrecht an der Humboldt-Universität Berlin. Kreditsachverständiger Hans Peter Eibl stimmt zu. Er beschäftigt sich mit Zinsbetrug durch Sparkassen und Volksbanken, rechnet seit 1988 Konten nach.
    „Ich habe Konten für rund 1.000 Klienten geprüft. Und kann sagen: Bei den Sparkassen beträgt der Schaden im Durchschnitt pro Fall 170.000 Euro. Das ist Wahnsinn, das kann Unternehmen vernichten.“ Die verklagten Banken bestreiten systematische Tricksereien. Es handele sich um Einzelfälle. Zusammen mit Hans Peter Eibl trifft das Filmteam vom Nord-Ostsee-Kanal bis nach Karlsruhe auf Kunden, die ihre Sparkasse verklagen. Die fassungslos darüber sind, wie die öffentlich-rechtliche Bank mit ihnen umgesprungen ist: Reinhard und Thomas K., die eine familiengeführte Werkstatt besitzen, klagen auf 235.000 Euro Schadenersatz.
    Alexander G., der einen Pflegedienst betreibt, reklamiert 25.000 Euro an Schadenersatz. Und Gerhard S., ehemaliger Geschäftsführer eines Betriebes mit 90 Arbeitsplätzen: Sein Schaden durch diverse Banken belaufe sich auf eine Million Euro, sagt er. Mit fatalen Folgen: Die Firma musste Insolvenz anmelden, die Arbeitsplätze sind weg.
    „Das ist leider normal“, sagt Eibl. „Ich habe in 30 Jahren nur ein einziges Konto erlebt, bei dem Zins und Zinseszins korrekt berechnet wurden. „Laut BGH und laut der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen sind verspätete Zinsanpassungen nicht erlaubt“, sagt Prof. Schwintowski. Dennoch gibt es bundesweit Sparkassen, die so weitermachen. Und manche offensichtlich häufiger als andere. Wie kann das sein? Ein Film über wütende und enttäuschte Kunden. Und über Banken, die eigentlich für sie da sein müssten, aber genau das Gegenteil tun. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 13.01.2020NDR
  • Folge 313 (45 Min.)
    Die Liebe der Deutschen zu ihren Kaminöfen ist ungebrochen. 11,7 Millionen sogenannter Einzelraumfeuerungsanlagen stehen in den Wohnzimmern Deutschlands, Öfen, die zwar eine andere Heizungsart ergänzen, aber in erster Linie dem Komfort dienen. Die heimelige Wärme, die zart züngelnden Flammen und das Image von Holz als CO2-neutrale und damit umweltfreundliche Energiequelle machen sie zum beliebten Wohnaccessoire. Gleichzeitig sind die Kaminöfen zu einer der größten Feinstaubquellen im Land geworden. „45 Min“ fragt: Wie schädlich sind die Öfen, die mit Holz heizen? Der Feinstaub aus der Holzverbrennung ist, anders als lange vermutet, nicht weniger schädlich als der Feinstaub aus Diesel- oder Benzinverbrennung.
    Umfangreiche Untersuchungen der Universität Rostock und des Helmholtz Zentrums München belegen: In der Holzverbrennung entstehen ultrafeine Partikel, die tief in die Lunge eindringen und schwere Krankheiten auslösen können. Und: Je länger sie in der Atmosphäre unterwegs sind, desto schädlicher werden sie. Warum viele Öfen eigentlich nicht mehr betrieben werden dürften, wird beim Blick auf die Emissionen schnell klar: Die Kaminöfen in Deutschland stoßen genauso viel Feinstaub aus wie der gesamte Straßenverkehr, Pkw und Lkw zusammen, aus Verbrennung sowie aus Brems- und Reifenabrieb.
    Der Feinstaub aus den Öfen wirkt dabei nicht nur in den besonders stark betroffenen Wohnvierteln, in denen die Konzentrationen während der Heizperiode an manchen Abenden besonders stark ansteigen. Er verteilt sich über städtische und ländliche Gegenden und steht flächendeckend für zehn bis 20 Prozent der Feinstaubbelastung. Bleibt die Frage nach dem Holz, das in den Öfen verbrannt wird. Viele Ofenbesitzer holen sich ihr Holz aus heimischen Wäldern, die nachhaltig bewirtschaftet werden.
    Doch der Hunger nach Brennholz wird längst nicht mehr nur mit hiesigem Holz befriedigt. „45 Min“ hat deshalb etliche Säcke Brennholz aus Baumärkten analysieren lassen, teilweise mit erstaunlichem Ergebnis: In fast der Hälfte der Produkte waren die Angaben zu Holzart oder -herkunft fehlerhaft oder unvollständig. Nicht immer ist daher auszuschließen, dass das Holz aus illegalem Einschlag in Hochrisikoländern in Osteuropa stammt. Die „45 Min“-Autoren Nils Casjens und Lucas Stratmann machen sich auf in die Ukraine und recherchieren dort die Folgen des illegalen Holzeinschlags für Menschen und Natur. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 20.01.2020NDR
  • Folge 314 (45 Min.)
    In Norddeutschland treiben dubiose Pferdehändler ihr Unwesen. Leidtragende sind zahlreiche Pferdebesitzer, die unter den Machenschaften leiden und viel Geld verloren haben. So versprach ein Pärchen zahlreichen Pferdebesitzern einen schönen Ruhestand für ihre Tiere auf einem Pferdehof. Angeblich würden die Pferde ihren Lebensabend auf „Deichwiesen“ genießen können. Dazu übernahm das Pärchen die Pferde für einen symbolischen Euro mit einem sogenannten Schutzvertrag. Doch dann kam alles anders: In mindestens 60 Fällen wurden die so billig erworbenen Tiere einfach weiterverkauft und zu Geld gemacht.
    Einige als Reitponys, obwohl sie krank und eigentlich nicht mehr reitbar waren, andere landeten im Schlachthof. „Das haben wir so nicht gewollt und so nicht vereinbart“, meint Beate Landwehr. Sie hat viele Betroffene dieses Betrugs recherchiert und Strafanzeige erstattet. Auch mehrere Zivilklagen an norddeutschen Gerichten sind deshalb anhängig. In einem anderen Fall verkauft ein Händler in Südniedersachsen minderwertige Tiere als angebliche Sportpferde.
    Zahlreiche Opfer des Händlers haben sich bereits im Raum Bad Bentheim zu einer Interessens- und Schicksalsgemeinschaft zusammengeschlossen. Sandra und Johann Redenius aus der Nähe von Leer kauften für 1.200 Euro einen Schimmel bei dem Händler. Sie freuten sich über das tolle Geschäft. Doch schon nach wenigen Tagen stellte sich heraus: Das Pferd war eigentlich todkrank. Sie gaben mehrere Tausend Euro für Arzt- und Klinikbehandlungen aus, vergebens. Nach wenigen Wochen mussten sie ihr neu erworbenes Pferd einschläfern lassen.
    „Es war viel älter, als in den Papieren angeben: Statt 14 Jahren war es laut ärztlichem Gutachten mindestens 20 Jahre alt“, berichtet Johann Redenius. Sein Geld bekam er bis heute nicht zurück. Kein Einzelfall. Viele Tiere des Händlers überlebten nur wenige Wochen oder Monate. Wer die Tierpässe, die in diesen Fällen meist aus dem europäischen Ausland kamen, manipuliert hat, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt seit einigen Wochen umfangreich wegen Betruges. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 03.02.2020NDR
  • Folge 315 (45 Min.)
    Deutsche TV-PremiereMo 10.02.2020NDR
  • Folge 316 (45 Min.)
    Der Mangel an Medikamenten weitet sich aus. Inzwischen sind fast alle Produktgruppen von Lieferengpässen betroffen: von Schmerzmitteln und Blutdrucksenkern bis hin zu Antidepressiva, Krebsmedikamenten und Infusionen für Intensivpatienten. Allein seit Jahresbeginn wurden mehr als 50 neue Lieferengpässe bei Medikamenten von Pharmaunternehmen an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gemeldet. Zusätzlich zu den vielen, die schon vorher bestanden haben. Der Deutsche Bundestag hat Änderungen im Arzneimittelgesetz beschlossen.
    Aber können die Maßnahmen die Situation wirklich verbessern? Die Spurensuche von „45 Min“ in Norddeutschland zeigt: Der Mangel an Arzneimitteln ist für Apotheken und Krankenhäuser längst mehr als ein Ärgernis, sie fürchten um die Sicherheit vieler Patienten. An manchen Tagen fehlt Apothekerin Magdalene Linz in Hannover jedes fünfte Medikament. „Ich arbeite seit 43 Jahren in der Apotheke. So etwas hat es niemals zuvor in dieser Dramatik gegeben.
    Wir können unseren Versorgungsauftrag nicht mehr erfüllen!“, erklärt Magdalene Linz. Einen Großteil ihrer Zeit verbringt sie inzwischen damit, für die Kundinnen und Kunden ihrer Apotheke in Hannover Medikamente zu beschaffen, die eigentlich nicht verfügbar sind. Viele ihrer Patientinnen und Patienten hangeln sich seit Monaten von Rezept zu Rezept und müssen immer wieder auf neue Medikamente umgestellt werden, kämpfen mit Nebenwirkungen und Absetzungserscheinungen. Auch in Norddeutschlands Krankenhäusern werden Medikamente knapp.
    Und die Sorge steigt, dass der Ausbruch des Coronavirus die Situation weiter verschärfen könnte. Denn aus Kostengründen werden viele Wirkstoffe inzwischen in China produziert. Gerät die Produktion bei einem Zulieferer ins Stocken, können Engpässe entstehen, die noch lange nachwirken. Dabei ist die Situation bereits jetzt sehr angespannt. Dr. Christina König, Intensivstation-Apothekerin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf erklärt: „Viele Medikamente sind betroffen.
    Wir müssen gucken, wie wir uns so aufstellen, dass wir die Versorgung der Patienten adäquat gewährleisten können.“ Es fehlen vor allem die Medikamente, die seit Jahrzehnten zur Grundausstattung gehören, weil sie hochwirksam, gut verträglich und lange erprobt sind. Weil der Patentschutz erloschen ist, können Pharmahersteller von ihnen keine großen Gewinne mehr erwarten. Viele konzentrieren sich daher auf lukrative Neuentwicklungen. So werden bewährte Medikamente knapp, obwohl die Nachfrage groß ist.
    Während Krankenkassen, Pharmaindustrie, Großhändler und Politik sich gegenseitig Versagen vorwerfen und um neue Maßnahmen ringen, die die Entwicklung einfangen sollen, brauchen Ärzte und Apotheker schnelle Lösungen, um ihre Patienten zu versorgen. Filmemacherin Sara Rainer-Esderts besucht Krankenhäuser, die noch den letzten Tropfen Infusionsflüssigkeit auffangen, Apotheker, die lebensnotwendige Medikamente aus dem Ausland besorgen, und Patienten, die auf der Suche nach ihrem Medikament quer durch Norddeutschland fahren. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 09.03.2020NDR
    ursprünglich für den 09.03.2020 angekündigt
  • Folge 317 (45 Min.)
    „Wir vergasen dich wie die Antifa“. „Linke Schweine wie dich werden wir vorher entsorgen“. Immer mehr Bürgermeisterinnen und Bürgermeister bekommen solche Drohmails und Kommentare in den sozialen Netzwerken zu lesen. Auf öffentlichen Veranstaltungen werden sie angefeindet, viele fühlen sich zu Hause nicht mehr sicher. Insgesamt 40 Prozent aller Verwaltungen in Deutschland haben in einer repräsentativen Umfrage angegeben, dass sie in den vergangenen Jahren Anfeindungen erlebt haben. Schockierender Höhepunkt dieser Entwicklung: die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni 2019. Beleidigungen, Diffamierungen und Drohungen kommen längst nicht immer von rechts.
    Oft sind es vermeintlich banale, alltägliche Entscheidungen, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und andere Kommunalpolitiker zur Zielscheibe des Zorns ihrer Wählerinnen und Wähler werden lassen. Und nicht nur sie selbst sind betroffen. Manche Drohungen beziehen auch Familienangehörige und Kinder mit ein.
    Und das hat Folgen: Mehrere Bürgermeister sind seit Anfang des Jahres wegen solcher Anfeindungen zurückgetreten oder haben angekündigt, sich zur nächsten Wahl zurückzuziehen, auch in Norddeutschland. Regiert in Städten und Gemeinden jetzt die Angst? Ist die politische Diskussionskultur in Städten und Gemeinden in Gefahr? „45 Min“ hat mit betroffenen Bürgermeistern und Kommunalpolitikern gesprochen und fragt: Wie kann man die Täter stoppen und Amtsträger vor Hass- und Hetzkampagnen wirkungsvoll schützen? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 16.03.2020NDR
  • Folge 318 (45 Min.)
    „Ich habe oft richtig Angst davor ins Bett zu gehen“, verrät Felicitas aus Wismar. Aber das soll sich nun ändern. Die junge Mutter will nach vorn blicken.
    Fast jeder Mensch quält sich schon mal schlaflos durch die Nacht. Dann kommen sie, die plagenden Gedanken und Sorgen. Mehr als 30 Millionen Deutsche haben Probleme beim Ein- und Durchschlafen, so aktuelle Gesundheitsstudien. Die Nacht als Stellvertreter für gesellschaftliche Herausforderungen: befristete Verträge, Arbeitsgleitzeiten, ungeklärte Rollenmuster in der Familie, ständige Erreichbarkeit. Der steigende Druck belastet den Schlaf vieler Menschen. Gleichzeitig ist schlafen mittlerweile en vogue und gilt als Statussymbol. Der Film zeigt, wie ganz neue Ansätze aus der Forschung die Schlafmedizin revolutionieren könnten und macht durch eindrückliche Bilder die schlaflose Republik förmlich spürbar.
    Felicitas leidet seit knapp einem Jahr unter starken Schlafproblemen und hat schon sämtliche Medikamente ausprobiert. Ihr Leben hat sich völlig verändert. Aber die 36-Jährige hat einen Beschluss gefasst: Sie will nach vorne gucken und die Probleme hinter sich lassen. Das will auch Gabriela, die seit ihrem Schichtdienst im Hotel vor 15 Jahren mit Schlafstörungen kämpft. Dass schlafen heutzutage in ist, weiß er: der deutsche Schlafguru Markus Kamps. Der 46-Jährige hat Schlaf zu seinem Beruf gemacht und tourt mit seiner Mission durchs Land.
    Er berät Schichtarbeiter in großen Unternehmen, hält Vorträge in Bettenhäusern und trifft den Schlafcoach von Christiano Ronaldo, der ihm verrät, welchen immensen Einfluss Licht auf den Schlaf und die Gesundheit hat. Die Filmemacherinnen Stefanie Gromes und Marie Teresa Lasserre zeigen mit ihrer Dokumentation, welchen Stellenwert das Schlafen in der Gesellschaft heute hat. Sie begleiten Betroffene auf ihrer Suche nach Lösungen und vermitteln über Gespräche mit Experten wertvolle Tipps und Hinweise, wie der Schlaf zu retten ist. „45 Min“ über die schlaflose Republik und wie man wieder lernen kann, zu schlafen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 23.03.2020NDR
  • Folge 319 (45 Min.)
    Kopfschmerz ist eine unterschätzte Volkskrankheit. Jeder zweite Deutsche leidet regelmäßig oder sporadisch unter Kopfschmerzen. Besonders bei Kindern und jungen Erwachsenen steigt die Zahl der Betroffenen. Ein Alltag mit Kopfschmerzen kann zur Qual werden. Doch die meisten Hausärzte kennen sich mit Diagnostik und Behandlung der vielen verschiedenen Kopfschmerzarten nicht aus. Zudem lohnt sich die Behandlung für sie wirtschaftlich nicht. Kopfschmerzen gelten nicht als ernst zu nehmende Krankheit. Das alles führt dazu, dass Menschen mit Kopfschmerzen sich selbst behandeln.
    Frei verkäufliche Schmerzmittel gehören zu den am meisten verkauften Medikamenten in den Apotheken. Doch was viele nicht wissen: Viele Schmerzmittel schaden nicht nur Nieren und Leber, sondern können regelmäßig angewandt zu chronischen Kopfschmerzen führen. Auch Janna Tilly kam in den Teufelskreis aus Schmerzen, Medikamenten und Übergebrauchskopfschmerz. Die 37-Jährige leidet unter einer schweren Migräne und sucht Hilfe in der bei Professor Hartmut Göbel in der Schmerzklinik Kiel.
    Wie die meisten Patienten hier muss sie zuerst auf Entzug gehen und lernen, ohne Medikamente und mit Entspannungstechniken ihre Kopfschmerzen auszuhalten. Auf den Verpackungen sollte es einen roten Aufdruck geben, nur zehn Tage im Monat benutzen, so die Forderung des Schmerztherapeuten Hartmut Göbel. Migräniker sind durch ihre Krankheit im Alltag besonders eingeschränkt. Unter dieser genetischen Veranlagung leiden rund 21 Millionen Menschen in Deutschland. In den letzten Jahrzehnten wurden viele wirksame Akutmedikamente gegen Migräne entwickelt.
    Doch viele Betroffene, ob bei Migräne oder Spannungskopfschmerz, behandeln sich selbst und gelangen so unbemerkt in eine Medikamentenabhängigkeit. Wer an mehr als zehn Tagen im Monat Kopfschmerzmittel einnimmt, riskiert, davon einen chronischen sogenannten Medikamenten-Übergebrauchs-Kopfschmerz zu bekommen. Bei Kindern und jungen Erwachsenen ist nach einer Untersuchung die Anzahl der Kopfschmerzdiagnosen um 42 Prozent gestiegen. Fast die Hälfte von ihnen bekämpft die Schmerzen mit einer Tablette.
    In der 7. Klasse der Heinrich-Heine-Schule in Büdelsdorf steht das Thema Kopfschmerz auf dem Stundenplan. Fast alle Schüler melden sich, als der Lehrer fragt, wer ab und zu Kopfschmerzen hat. Das Problem ist, dass schon die Kinder lernen, Kopfschmerzen mit einer Tablette zu bekämpfen, sagt Karin Frisch. Sie leitet ein bundesweites Präventionsprogramm an Schulen und Universitäten. Dabei wird Wissen über Kopfschmerzen vermittelt, um die Attacken zu reduzieren und Alternativen zu Medikamenten finden. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 06.04.2020NDR
    Erstausstrahlung ursprünglich für den 20.04.2020 angekündigt
  • Folge 320 (45 Min.)
    Obst, Gemüse und Vollkornprodukte: auf welchen wissenschaftlichen Grundlagen beruhen die gegenwärtigen Ernährungsempfehlungen? Zahlreiche Forschende sagen: auf keiner. In der Sendung werden Ernährungs- und Gesundheitsexperten zur wissenschaftlichen Überprüfung moderner Ernährungsregeln befragt. Die Ergebnisse sind erstaunlich. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 20.04.2020NDR
    ursprünglich für den 27.04.2020 angekündigt
  • Folge 321 (45 Min.)
    Landwirte und Bauern in Deutschland sind wütend. Zu Tausenden sind sie auf die Straßen geströmt, organisierten Trecker-Proteste und blockierten zentrale Straßen in Großstädten wie Hannover, Bremen, Hamburg und Berlin. Die anfangs kleine Facebook-Gruppe Land schafft Verbindung entwickelt sich zu einem mächtigen Sprachrohr der Landwirte. Ihre Kritik richtet sich gegen Politiker, Verbraucher, Medien. „45 Min“ fragt: Worum geht es beim Aufstand der Bauern? Die Landwirte fordern lautstark Gehör: Sie fühlen sich von der Politik verraten und von der Gesellschaft zu Unrecht verunglimpft als Tierquäler und Umweltsünder.
    Denn die Liste der Umweltprobleme ist lang: nitratverseuchtes Grundwasser, Insektensterben, hohe Co2-Emmissionen durch Massentierhaltung stehen dabei ganz oben. Für viele ist die Landwirtschaft Verursacher. Verbraucher, Wissenschaftler und Politiker fordern eine Agrarwende. Doch wie soll das gehen? Und was bedeutet das für die Landwirte? „45 Min“ begleitet norddeutsche Bauern bei ihrem Kampf um den richtigen Weg in die Zukunft der Landwirtschaft. Was wollen Biobauern, was brauchen konventionell arbeitende Massentierhaltungsbetriebe? Können sie im globalisierten Wettbewerb mithalten und gleichzeitig die hohen Tierschutz- und Umweltstandards in Deutschland einhalten? Das Autorenteam Gesine Enwaldt und Eberhard Rühle liefert in der Dokumentation tiefe Einblicke in die Existenzsorgen der Landwirte, die schon lange unter Preisdruck, Bürokratie und fragwürdiger Förderpolitik leiden.
    Die Dokumentation zeigt die Argumente und Beweggründe aller Seiten und liefert Analysen für die aktuelle Debatte um die Bauernproteste. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 27.04.2020NDR
  • Folge 322 (45 Min.)
    Die 15-jährige Janna aus Hamburg begeistert sich für Vögel. Sie weiß, dass Vögel ein wichtiger Teil des funktionierenden Ökosystems sind, das die Menschen mit Luft, Wasser und Nahrung versorgt. Norddeutschlands Äcker und Weiden waren einst ein Paradies für viele Vogelarten. Kiebitze und Lerchen lieferten den „Soundtrack“ für die Bauern bei der Feldarbeit. Doch immer mehr Arten verschwinden. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 04.05.2020NDR
  • Folge 323 (45 Min.)
    Gewalt in Partnerschaften, besonders gegen Frauen, ist nach wie vor Alltag in Deutschland. Mehr als 114.000 weibliche Opfer von Partnerschaftsgewalt sind in der polizeilichen Kriminalstatistik 2018 erfasst. Jeden dritten Tag wird eine Frau oder Exfrau von ihrem Mann umgebracht, oft deswegen, weil sie ihn verlassen will oder bereits verlassen hatte. Und die Dunkelziffer ist um ein Vielfaches höher, so Experten. Ein Großteil der Gewaltübergriffe in den Partnerschaften kommt nie ans Tageslicht: aus Scham, aus Angst, wegen der Kinder und auch, weil die Unterstützung von außen fehlt.
    Wegen der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind jetzt Frauen zu Hause noch mehr in Gefahr, häuslicher Gewalt ausgesetzt zu werden. Frauenrechtsorganisationen in Deutschland schlagen deshalb Alarm: ständige Nähe in der Wohnung, Homeoffice, Kinderbetreuung zu Hause und Existenzängste führen zu hohen Belastungen in Familien. Fehlende soziale Kontrolle und der Mangel an Möglichkeiten, sich Gewaltsituationen zu entziehen, verschärfen die Situation für viele gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder.
    Daher haben viele Beratungsstellen und Frauenhäuser ihre Arbeitsweise der neuen Situation angepasst und sichern weiterhin Beratung und Schutzunterkünfte für Frauen und Kinder, die von Gewalt betroffen sind. Petra hielt es 14 Jahre lang bei ihrem prügelnden Ehemann aus, aus Angst um die Kinder, bis sie es endlich schaffte, ins Frauenhaus zu fliehen. Ihre letzte Rettung. In Deutschland gibt es 350 Frauenhäuser mit 6.700 Plätzen für Frauen und ihre Kinder, tatsächlich wären aber mindestens doppelt so viele nötig, sagen Wissenschaftler und Frauenhilfsorganisationen.
    Daniela hat es große Überwindung gekostet, sich Hilfe zu holen und ihren Expartner anzuzeigen. Ihr Expartner hatte sie immer wieder geschlagen, gewürgt und beleidigt. „Der Gang zur Polizei und dann zum Gericht waren die schwierigsten Hürden. Denn, wird man mir glauben?“, so Daniela. Ihre Aussagen wurden zusätzlich durch Fotos unterstützt, die sie von ihren Verletzungen gemacht hat. Im Gegensatz zu vielen anderen Schlägern in Partnerschaften wurde Danielas Expartner verurteilt wegen gefährlicher Körperverletzung: auf Bewährung.
    Häufig aber steht Aussage gegen Aussage. Und die Chancen, mit einer Strafanzeige Erfolg zu haben, sind gering. Gewaltopferambulanzen, in der Verletzungen gerichtssicher dokumentiert werden, sind in Deutschland rar und unterfinanziert. Auch Therapieprogramme für gewalttätige Männer in Partnerschaften gibt es zu wenige. Zwei betroffene Frauen klagen an: die Täter, den Staat, aber auch die Gesellschaft. Was muss sich überall ändern, um Gewalt gegen Frauen in Partnerschaften effektiver zu bekämpfen? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 11.05.2020NDR
  • Folge 324 (45 Min.)
    In den letzten Jahren ist die Zahl derer, die ihre Freizeit in den Bergen verbringen, immer weiter gestiegen. An einem schönen Sommertag können schon mal 300 Wanderer den Watzmann erklimmen. Ein Trend, der in allen Alpenländern zu beobachten ist. Zu Fuß, mit dem E-Mountainbike auf den Gipfel oder im Klettersteig mit teils sehr hohen Schwierigkeitsstufen, die Bergsportarten werden immer vielfältiger und locken neues Publikum. Dazu gehören mittlerweile auch die Digital Natives, die gerne mit Selfies und Videos ihre Abenteuer am Berg dokumentieren.
    Hinzu kommt eine gewisse „Servicementalität“, ganz nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr kann, geht es mit dem Hubschrauber heim. Doch auch die ältere Generation, die eigentlich eher das Wandern genießen will, wählt oftmals anspruchsvolle Routen, wobei es bei der Einschätzung der eigenen Fitness zuweilen hapert. Ein knappes Drittel wählt den Notruf nicht wegen einer Verletzung, sondern wegen Überforderung, die Folge von Selbstüberschätzung. Die meisten der Todesopfer bei den Verunglückten sind zwischen 50 und 70 Jahre alt.
    Während in Österreich die professionelle Flugrettung einen Großteil der Rettungseinsätze übernimmt, leisten dies in Bayern ausschließlich Ehrenamtliche. Sie sind bereit, ihr Leben zu riskieren, unentgeltlich und in ihrer Freizeit. Doch die Anforderungen werden immer größer. Umso schwieriger wird es, geeigneten Nachwuchs zu finden. Autorin Kathrin Denk und Autor Michael Düchs sind bei Rettungseinsätzen am Watzmann und zwischen Großglockner und Großvenediger mit dabei und sprechen mit Ausbildern, Rettern und Bergsportexperten. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 18.05.2020NDR
  • Folge 325 (45 Min.)
    Die Zeiten sind vorbei, in denen artgerechte Tierhaltung bedeuten konnte, ein paar Schlingpflanzen an die Tapete im Affenkäfig zu pinseln, als Walrosse Mundharmonika spielten und Besucherinnen und Besucher der Tiergärten auf Elefanten durch die Anlage ritten. Die Zoos in Deutschland befinden sich im Wandel: Sie wollen Arche sein, Bewahrer gefährdeter Tierarten, deren natürlicher Lebensraum schwindet. Dabei müssen sie sich neuen ethischen Fragen stellen: Welche Bedürfnisse und Rechte haben die tierischen Publikumsmagneten wie Elefanten, Eisbären oder Menschenaffen? Welchen Beitrag zum Artenschutz leisten die Zuchtprogramme? Und was passiert mit Jungtieren, für die darin kein Platz ist? „45 Min“ fragt: Haben Zoos noch eine Zukunft? Und wie sieht sie aus? Der Film verfolgt die Entwicklung in mehreren großen Zoos in Deutschland und im Nachbarland Dänemark.
    Er zeigt die Anstrengungen, die unternommen werden, um eine bessere Tierhaltung zu ermöglichen und wo die Tierparks an rechtliche oder ethische Grauzonen stoßen. Ein Film für alle, die sich bei einem Zoobesuch schon einmal gefragt haben, nach welchen Regeln die opulente Kunstwelt funktioniert und ob das richtig ist. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 25.05.2020NDR
  • Folge 326 (45 Min.)
    Eine informative Dokumentation über die Frühjahrsdürre in Norddeutschland. Sie offenbart, wie sehr sich das Wetter durch den Klimawandel verändert und zeigt, welche Folgen diese Extremwetterlagen für alle haben. „Die Lage ist verzweifelt“, sagt Nico Nommsen, Milchbauer auf der Nordseeinsel Pellworm. Seine einzige Hoffnung: Regen. Danach sehnen sich in diesem Frühjahr sämtliche Land- und Forstwirte im Norden. Die Böden von Feldern, Weiden und Wäldern sind größtenteils ausgetrocknet. Zwar gab es im Februar teilweise starke Niederschläge, doch der April war der trockenste seit Beginn der Aufzeichnungen 1881. „Extreme Dürre“ zeigt der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für zahlreiche Regionen in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern an.
    Für einige Regionen, vor allem im Osten, trifft bereits die höchste Stufe zu: „Außergewöhnliche Dürre“. Bauern und Förster sind alarmiert. Nach dem extrem trockenen Sommer 2018 und dem Hitzerekordjahr 2019 fürchten sie ein neues Jahr der Extreme: mit fatalen Folgen für Land- und Forstwirtschaft.
    Eigentlich sollten Nico Nommsens Milchkühe längst auf der Weide grasen, stattdessen stehen sie unruhig im Stall. Das Gras wächst zu spärlich. „Der erste Wiesenschnitt ist komplett ausgefallen“, sagt Nommsen. Weil das Futter knapp wird, hat er die ersten Mastbullen schon vor der Schlachtreife verkauft. Der Landwirt steckt in Schwierigkeiten wie schon im Sommer 2018, als draußen alles vertrocknet war. Damals wusste er nicht, wie er die Tiere über den Winter bringen soll, jetzt weiß er nicht, ob sie den Sommer überhaupt erleben.
    Auch die Wiesen und Felder von Stefan Puls, Biolandwirt im Kreis Mecklenburgische Seenplatte, leiden unter der Trockenheit. Auf 400 Hektar Land baut Puls Winter- und Sommerroggen, Ackerkleegras, Braugerste und Hafer an. 600 Hektar sind Weideland für seine Rinder. Die sandigen, leichten Böden speichern kaum Wasser. Bisher wächst kein Gras, das die Rinder fressen könnten. Und das angebaute Kleegras ist bereits vertrocknet.
    Beregnen, erklärt Puls, sei keine Option. Der Grundwasserstand liegt zu tief. Und aus den Naturseen darf kein Wasser entnommen werden. Im vergangenen Jahr habe er schon einen Totalausfall der Ernte wegen Trockenheit gehabt. Die Aussichten für dieses Jahr? Laut Puls düster. „Selbst wenn es demnächst regnet, sind meine Erträge halbiert.“ Noch schlimmer als der Landwirtschaft setzen die Folgen des Klimawandels, Hitzerekorde, schwere Stürme und lange Trockenperioden, den Wäldern zu.
    Die Waldbrandgefahr im Harz, in der Heide und den lauenburgischen Wäldern steigt. Und nicht nur den Fichten, denen der Borkenkäfer den Garaus macht, geht es schlecht. Der Waldzustandsbericht des Thünen-Instituts von 2019 zeigt: Auch Eichen und Buchen leiden dramatisch unter dem Wassermangel. Insgesamt haben 36 Prozent der Laub- und Nadelbäume keine dichte Krone mehr. Das ist der schlechteste Wert seit Beginn der Erhebungen vor 35 Jahren. 180.000 Hektar Wald sind bereits abgestorben. Ein Prozess, der sich auch in diesem Jahr fortsetzen wird, ganz gleich, ob es noch viel regnet oder nicht.
    Die Trockenschäden zeigen sich verzögert und sind in wenigen Monaten nicht zu beheben. Wassermangel und milde Winter wie in diesem Jahr führen zudem dazu, dass sich Schädlinge stark vermehren. Gesunde Bäume wehren sich gegen Pilze und andere Feinde, indem sie Harz ausbilden. „Aber durch die Trockenheit ist die Verharzung nicht möglich, sodass sich dann die Schädlinge richtig ausbreiten können“, sagt Dr. Andreas Marx, Leiter des Klimabüros am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung.
    In der Klimainitiative des Instituts arbeiten Wissenschaftler an einem Konzept, wie Emissionen beschränkt werden können, die den Klimawandel befeuern, und entwickeln Anpassungsstrategien für Land- und Forstwirtschaft. Wie stellen sich Landwirte, Förster, die Menschen im Norden auf wiederkehrende Dürren und lange Hitzeperioden ein? Was bedeuten die extremen Wetterlagen für alle? Die NDR Reporter Ute Jurkovics und Matthias Sdun zeigen, wie Norddeutschland sich infolge der Klimakrise jetzt schon wandelt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 08.06.2020NDR

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