MPU – miese Geschäfte mit dem Führerschein
Folge 477 (45 Min.)Um die medizinisch-psychologische Untersuchung, flapsig „Idiotentest“ genannt, hat sich in Deutschland ein lukratives Geschäftsfeld gebildet: Pro Jahr wird rund 90.000 mal eine MPU angeordnet für Leute, denen der Führerschein wegen Alkohols, Drogen oder anderer Straffälligkeiten entzogen wurde. Rund 40 Prozent rasseln durch die Prüfung. Sogenannte „Berater“ nutzen die Not dieser Menschen aus. Einige Firmen versprechen schnelle, jedoch unseriöse Hilfe zurück zum Führerschein. Dabei geraten Betroffene häufig an Psycholog:innen, die keine sind oder an Leute, die manipulierte Abstinenznachweise, gefälschte MPU-Gutachten oder Führerscheindokumente verkaufen. Manche Firmen versprechen, man könne die MPU mit Führerscheinen aus dem Ausland umgehen. Ein Irrtum, den Kund:innen teuer bezahlen.?
Pro Jahr werden rund 90.000 MPUs in Deutschland angeordnet. Für Leute, denen der Führerschein wegen Alkohols, Drogen oder anderer Straffälligkeiten entzogen wurde. Rund 40 Prozent rasseln durch die Prüfung. Sogenannte „Berater“ nutzen die Not dieser Menschen aus. Der MPU-Markt ist staatlich nicht reguliert: Es gibt weder Kostenkontrolle noch Qualitätsstandards oder Gütesiegel. Betroffene, die auf die Maschen diese „Berater“ hereingefallen sind, berichten. (Text: tagesschau24)Deutsche TV-Premiere Mo. 16.06.2025 NDR Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 23.06.2025Gefährlichste Kreuzung – Lindenteller Lübeck
Folge 478 (45 Min.)Der Lindenteller von oben.Bild: NDRDie gefährlichste Straßenkreuzung Deutschlands liegt im Norden. Nicht in Berlin, Frankfurt oder München kracht es häufiger, sondern mitten in Lübeck auf dem Lindenplatz. Eigentlich ist es ein Kreisverkehr (Lindenteller genannt), aber der Lindenplatz belegte in den vergangenen Jahren Platz 1 in der Statistik der gefährlichsten Kreuzungen Deutschlands, noch vor allen Großstädten des Landes. Er befindet sich zwischen Busbahnhof, Autobahn und der historischen Altstadt. Einer, der fast jeden Tag hier ist, ist Nikar Jasim. Der Besitzer des Imbisses Fisch Konzept hat einen direkten Blick auf das Verkehrsgeschehen.
„Unser Tag ist einfach wie im Kino. Du siehst hier alles, bekommst alles mit“, sagt er. „Die Radfahrer, ich glaube, die leben hier am gefährlichsten im Kreisverkehr.“ Jeden Tag passiere etwas am Lindenplatz. Trotz verschiedener Maßnahmen der Stadt bleibt der Kreisverkehr gefährlich. Auch deswegen gibt es dort verstärkt Polizeikontrollen. In nur wenigen Stunden stellen die Beamtinnen und Beamten oft Dutzende Verstöße fest. „Ist natürlich auch ein extremer Knotenpunkt hier in Lübeck. Also es heißt, hier fließt immer Verkehr“, so ein Polizist während der Kontrolle.
Mit seinen Problemen ist dieser Schauplatz im Norden keine Ausnahme. In jeder Großstadt gibt es viele Orte, an denen sich zur Rushhour die Fahrzeuge stauen. Es gibt inzwischen schlicht zu viele Autos und zunehmend Radverkehr und Elektroscooter. Die Straßen sind häufig nicht auf diesen Andrang und die diversen Verkehrsmittel ausgelegt. Ein häufiges Ergebnis: Chaos und Unfälle, in Lübeck besonders stark. Für Radfahrerinnen und Radfahrer ist der Lindenplatz durch die unübersichtliche Lage offenbar besonders problematisch, obwohl Kreisverkehre allgemein als sichere Knotenpunkte gelten.
Jeden Monat macht deshalb die örtliche Gruppe der Critical Mass-Bewegung auf die Situation aufmerksam. Sie treffen sich am Lindenplatz und fahren von dort aus durch die Lübecker Innenstadt. Erstaunlich ist, noch ein weiterer Kreisverkehr in Lübeck ist unter den Top 5 der gefährlichsten Kreuzungen Deutschlands: der Berliner Platz. Lübeck sticht damit in der bundesweiten Statistik hervor. Aber warum ist es in Lübeck besonders auffällig? Und wie können Städte den Verkehr zähmen und die Menschen schützen? (Text: NDR)Deutsche TV-Premiere Mo. 23.06.2025 NDR Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 16.06.2025LNG-Terminals an unserer Küste – nötig oder nutzlos?
Folge 479 (45 Min.)Deutschland wollte mit schwimmenden LNG-Terminals unabhängiger von russischem Gas werden – etwa mit den beiden Terminals im niedersächsischen Hooksiel.Bild: NDR/Mats EnderleDeutschland wollte mit schwimmenden LNG-Terminals unabhängiger von russischem Gas werden. Zahlt sich die milliardenschwere Investition für die Energiesicherheit aus? Oder sind die Flüssiggasterminals umweltschädliche Geldverschwendung? Die norddeutsche Küste ist seit einer Weile um eine Attraktion reicher: In der Nähe der beliebten Strandorte Binz auf Rügen oder dem niedersächsischen Hooksiel ankern derzeit riesige LNG-Schiffe, die Flüssiggas in das deutsche Gasnetz einspeisen. Ihre Mission: die deutsche Energieversorgung nach dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu sichern – und unabhängiger von russischem Gas zu werden.
Im Eiltempo hatte die frühere Bundesregierung den Bau und die Inbetriebnahme von Terminals vorangetrieben, an denen flüssiges Erdgas vom Schiff entladen wird. Im Dezember 2022 eröffneten der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der damalige Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) das erste deutsche schwimmende LNG-Terminal in Hooksiel bei Wilhelmshaven.
Kurz darauf folgten weitere Terminals. Aber der schnelle Vorstoß trifft auf vehementen Protest: Auf Rügen fürchtet man das Ende der idyllischen Strandbesuche im Seebad Binz, seitdem unweit im Hafen von Mukran das 283 Meter lange Regasifizierungsschiff „Neptune“ ankert. Thomas Kunstmann leistet mit seiner Bürgerinitiative Widerstand auf der Ostseeinsel. „Wir brauchen das Terminal nicht“, sagt er, denn im Winter kamen nur eine Handvoll LNG-Schiffe an. Der private Betreiber des Terminals, die Deutsche ReGas, sieht nach dem Ausbleiben der Gaslieferungen aus Russland die Chance, Deutschlands Energieversorgung zu stabilisieren.
Die Kapazitäten für LNG-Schiffe seien laut Deutsche ReGas für dieses Jahr vollständig verkauft. Doch dem Unternehmen schlägt bei einem Bürgerdialog in Sassnitz vor allem Frust von aufgebrachten Anwohnerinnen und Anwohnern entgegen. Die Debatte um Flüssiggas dreht sich dabei nicht nur um das eigene Idyll: Wie ist der Import des fossilen Energieträgers, zu dem auch Fracking-Gas aus den USA zählt, in Einklang mit den eigenen Klimazielen zu bringen? Warum leitet das LNG-Terminal in Wilhelmshaven, am UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer gelegen, Chlor in die Nordsee ein? Wie können sich die Terminals rechnen, wenn sie über Monate nur wenig ausgelastet sind? Auf einer Reise entlang der norddeutschen Küste stellt NDR Reporter Philipp Nöhr die Frage, welchen Nutzen die Terminals im Spannungsfeld zwischen Energiesicherheit und hohen Kosten heute bringen – und wie Geopolitik plötzlich das norddeutsche Idyll aufzuwühlen scheint. (Text: NDR)Deutsche TV-Premiere Mo. 30.06.2025 NDR