2018, Folge 289–307

  • Folge 289 (30 Min.)
    Direkt an der Elbe bei Dresden, begrenzt von Weinbergen und Wäldern, liegen Schloss und Park Pillnitz. Das einstige Lustschloss von August dem Starken ist eine bezaubernde Verbindung aus barocker Baukunst und der damals in Europa angesagten Chinamode. Hier feierte der sächsische Hof seine Feste, suchte Abkühlung in den heißen Sommermonaten. Die heutige Schlossherrin Sybille Gräfe schwärmt von der Einmaligkeit dieser 28 Hektar großen Anlage. Sie zeigt ihre Lieblingsecken im Park, öffnet die verschlossenen Sommerpavillons und führt die Filmcrew aufs Schlossdach. Der Blick bis weit in die Sächsisch-Böhmische Schweiz ist großartig.
    Weniger gern spricht sie über die Hochwasser 2002 und 2013. Hilflos musste sie damals zusehen, wie die Elbe Pillnitz in Besitz nahm. Dass man oft Baugerüste am Schloss entdeckt, hat aber nichts mit dem Hochwasser zu tun. „Ganz fertig wird Pillnitz nie sein. Es ist faktisch so, wenn man einmal rum ist, kann man wieder von vorn beginnen“, sagt Dr. Ulf Nickol vom Sächsischen Immobilien- und Baumanagement. Die alten Handwerkstechniken beherrschen nur noch Spezialisten. Ein solcher ist auch Gartenmeister Thomas Riedel. Die Filmemacher begleiten ihn ins Winterquartier der exotischen Pflanzen in der Orangerie und beobachten die Einhausung der ältesten Kamelie Europas.
    Für Diskussionen sorgten immer mal wieder das Eintrittsgeld, geschlossene Parktore und die geringe Nutzung. Dr. Christian Striefler, Geschäftsführer Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten kritisiert, dass viele Pillnitz als kostenlosen Vorgarten von Dresden sehen. Für die Pillnitzer sind Schloss und Park aber ein Stück Heimat. Beeindruckende Bilder zeigen die europaweit einzigartige Schlossanlage zu allen Jahreszeiten. „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ schaut auch hinter die Kulissen und liefert bisher wenig bekannte Informationen über diesen Edelstein sächsischer Kulturgeschichte. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 31.07.2018 MDR
  • Folge 290 (30 Min.)
    Reinigungsmilch aus Honig und Orangen, Wangenrot, Lindenblütencreme und handgesiebtes Blütenstaubpuder. Mit dieser Produktpalette ging sie auf den Markt – die junge Dresdnerin Charlotte Meentzen. Selbstbewusst gab sie ihrer Firma ihren eigenen Namen. Das war 1930. „Sie war schon eine taffe, schicke, spannende und mutige Frau“, sagt Alexandra-Kathrin Stanislaw-Kemenah. Die Historikerin forscht über die Pionierin der Naturkosmetik. Sie erklärt aber auch: „Wer Charlotte sagt, meint auch ihre Schwester Gertrude. Ohne sie hätte das Unternehmen Charlotte Meentzen Heilkräuter Kosmetik nicht funktioniert.
    Charlotte war die Visionärin und Gertrude die Kauffrau.“ Klaus Vogel, Direktor des Deutschen Hygienemuseums, über die Zeit der Gründung: „Dresden war damals eine boomende Stadt. Da war was los, die Prager Straße ein Welttreffpunkt, das Hygienemuseum gerade eröffnet. Hier war der Platz für Neues und eben auch für Charlotte. Was mich begeistert ist, dass sie in einer Zeit, in der Hochindustrialisierung herrschte, sich ganz bewusst der Natur zugewendet hat.“ An diesem Konzept hat sich bis heute nichts geändert.
    Inzwischen führt die nächste Generation die Geschäfte von Charlotte und Gertrude fort. Tagtäglich werden in Radeberg bei Dresden 25.000 Produkte in Manufakturarbeit hergestellt. 5.000 Kosmetikinstitute arbeiten mit Cremes, Gesichtswasser und Kräutermischungen aus Sachsen, so auch die Enkeltochter selbst: „Ich bin froh, dass ich ihren Namen trage. Ich hätte gerne meine Großmutter kennengelernt, sie starb ja viel zu früh.“ Chyi Jian Huang vertritt die Firma in Asien. Der Erfolg liege auch am Namen, meint sie: „Charlotte Meentzen Kräutervital Kosmetik.
    In Asien sind alle verrückt nach Kräutern und Made in Germany.“ Und dann noch diese Firmen-Geschichte. Klassiker wie Gurkenreinigungsmilch und Lindenblütencreme gab es auch zu DDR-Zeiten. Trotz der Verstaatlichung der Firma 1972 blieb der Name ein Begriff. Geschäftsführer Robert Gey bringt es auf den Punkt: „Die DNA von Charlotte Meentzen ist das A und O für uns. Wir verwenden 400 Rohstoffe aus der Natur, wir haben ein eigenes Forschungslabor und entwickeln die Produkte weiter. Charlotte hätte das nicht nur gefallen, sie hätte genau das auch von uns verlangt.“. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 07.08.2018 MDR
  • Folge 291 (30 Min.)
    Film von Anja Schlender und André Strobel Mit ihren 84 Jahren dreht Schwester Renate regelmäßig ihre Runden im hauseigenen Schwimmbecken – unten im Keller, direkt unter dem Kirchsaal. Eine architektonische Besonderheit des Diakonissen-Mutterhauses „Neuvandsburg“ in Elbingerode. „Ich finde das sehr schön, dass ich in meinem Alter im Wasser meine Glieder bewegen kann“, sagt die Diakonisse, eine von 150, die heute noch hier leben. Einst waren es 600. Gebaut wurde ihr zeitloses Zuhause in den 1930er-Jahren vom Bauhaus-Architekten Godehard Schwethelm ganz nach den Wünschen der Schwesternschaft.
    Die evangelischen Diakonissen haben ihr Leben dem Dienst an anderen Menschen und dem Glauben verschrieben. So war Schwester Renate lange Zeit Stationsschwester auf der inneren Abteilung im benachbarten Diakonissen-Krankenhaus. Das Haus genoss zu DDR-Zeiten einen hervorragenden Ruf, wie so viele kirchliche Krankenhäuser. „Wir kriegten dankenswerterweise viele Geräte, die damals in den 80er-Jahren der Staat nicht aufweisen konnte. Zum Beispiel wenn ich an den Sonografen denke, an die Endoskopiegeräte denke – wir sind da reich bestückt gewesen“, erinnert sich Schwester Renate an die überdurchschnittliche technische Ausstattung, über die das Krankenhaus dank der Unterstützung seitens der Diakonie im Westen Deutschlands verfügte.
    Zudem waren die christlichen Krankenhäuser bekannt für einen anderen Geist der Pflege. Gerade in der Suchttherapie war Elbingerode ein Begriff. Aufgebaut hat sie der Psychiater Klaus-Herbert Richter, der besonders die enge Beziehung der Suchtkranken an die Diakonissen hervorhebt: „Es war eine erstaunliche Erfahrung, dass Patienten, egal wie sie vorgeprägt sind, auch glaubensmäßig, ein großes Urvertrauen den Schwestern entgegenbringen.
    Das war ein großes Geschenk in meinem Leben.“ Das heutige Diakonie-Krankenhaus, nur 100 Meter vom Mutterhaus entfernt in einem in den 90er-Jahren entstandenen Neubau, hat die Suchttherapie fortgesetzt und zu einer modernen Rehaklinik ausgeweitet. Was Patienten und Besucher ins Staunen brachte und bringt ist auch die außergewöhnliche, ideenreiche Bauhaus-Architektur des Diakonissen-Mutterhauses. Der Hausvater und Pfarrer Reinhard Holmer schwärmt: „Was mich damals fasziniert hat, war, dass es so gut erhalten war. Im Gesamtkontext der DDR fiel das natürlich besonders auf. Es war einfach noch mal eine Klasse besser, als das, was man normalerweise in der DDR erlebte und kannte, weil es eben auch so gut von den Schwestern gepflegt wurde.“ Der Altersdurchschnitt der Diakonissen liegt heute bei 79 Jahren, in wenigen Jahrzehnten wird es keine mehr geben.
    Bis dahin will Reinhard Holmer das Mutterhaus fit machen für die Zukunft und als einen Ort der Nächstenliebe und Hilfe erhalten. Der Film entführt den Zuschauer an einen verborgenen Ort voller Schönheit und Geschichte und eine Lebensgemeinschaft, die vielleicht aus der Zeit gefallen scheint und über Jahrzehnte vielen Menschen Halt, Hoffnung und Zuversicht gegeben hat. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 14.08.2018 MDR
  • Folge 292 (30 Min.)
    Ein Landschaft stiller Abgeschiedenheit, die so nur noch selten zu finden ist, das ist der Kleine Thüringer Wald. Er erstreckt sich zwischen Suhl und Schleusingen auf nur ein paar Quadratkilometern. Seine Südgrenze bildet das hier sehr liebliche Werratal. Donnersberg, Schneeberg, Kesselberg, Eichenberg, Galgenberg, Todtenlache – schon die Namen im Kleinen Thüringer Wald verweisen auf eine uralte Besiedlung, und zu ihren Füßen liegen Dörfer, die meist tausend Jahre auf dem Buckel haben. Dementsprechend reich sind sie an Geschichte und Tradition – in Gethles zum Beispiel liegt der Ursprung der Herrschekloase – der prägenden Weihnachtsrituale im Süden Thüringens.
    Mitten durch den Kleinen Thüringer Wald verliefen historische Grenzen, bei denen sogar Preußen ins Spiel kommt. Meyers Universum beschrieb das so: Die Grenzpfähle stünden hier so eng, das die Leute immer befürchten, mit einem kräftigen Schritt einem „difficilen“ Nachbarn ins Gesicht zu stolpern. Wer den Kleinen Thüringer Wald besucht, wird herausfinden, dass der Name irreführend ist, denn das meiste davon ist fruchtbarer Boden, auf dem schon immer Ackerbau und Viehzucht betrieben wurden und heute noch prägend sind. Eine Entdeckungsreise zu geologischen Wundern, Naturschätzen und den hier tief verwurzelten Menschen in einer kaum bekannten kleinen Region. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 21.08.2018 MDR
  • Folge 293 (30 Min.)
    Einmal im Jahr am ersten Wochenende im September dreht sich in Havelberg alles um Pferde. Seit über 250 Jahren schon findet dann der große Pferdemarkt in der Domstadt im nördlichen Sachsen-Anhalt statt. Das Besondere, jeder Kauf wird hier noch ganz traditionell mit Handschlag besiegelt. Es gibt weder Notar noch Kaufvertrag. Pferdehändler wie Hansi Kramer lieben genau das am Havelberger Markt. Er und seine Tochter Julia gehören zu den größten Ausstellern auf dem Handelsplatz. Feilschen und verhandeln, für jedes Geschäft nehmen sie sich viel Zeit, denn der Verkauf eines Pferds kann Stunden dauern.
    Seine Blütezeit hatte der Havelberger Markt in den 1970er und 80er Jahren. Damals konnte man neben Kaltblütern, Sätteln, Trensen und echten Rassepferden alles auf dem Markt finden, was es normalerweise im Arbeiter- und Bauernstaat nicht gab. Schnell entwickelte sich hier der größte Schwarzmarkt der DDR. Eine, die den Markt von klein auf kennt, ist Sigrid Wiedenhöft – die Pferdelady, wie sie von vielen Händlern liebevoll genannt wird. Schon als kleines Mädchen begleitete sie ihren Vater nach Havelberg. Damals fand das Markttreiben mit Rummel und Tanz noch mitten in der Altstadt statt.
    1963 musste der Markt aus Platzgründen dann auf die große Freifläche vor der Stadt ziehen. Dort ist er bis heute. Seit 1991 ist Sigrid Wiedenhöft die Platzchefin. Zu Beginn ihrer Amtszeit hatte sie es nicht leicht: Pferde wollte damals keiner mehr. Und auch der Reiz der Mangelware war weg. Doch die Pferdelady hat es geschafft, den traditionsreichen Markt neu zu beleben. Inzwischen ist er aus Havelberg nicht mehr weg zu denken. Der Film nimmt uns mit in die Welt der Händler und Pferdeliebhaber. Und: er zeigt einen außergewöhnlichen Markt im Wandel der Zeiten. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 28.08.2018 MDR
  • Folge 294 (30 Min.)
    Gut gesichert und mit mächtigen Ankern in Form gehalten – so steht sie im Tal der Weißen Elster, die hochromanische Ruine des einstigen Prämonstratenserklosters Mildenfurth. Es war das Hauskloster und die Grablege der mächtigen Weidaer Vögte, die Wiege des Vogtlandes. Eine späte Gründung des Ordens, die fast 400 Jahre lang bis zur Reformation bestand. Mit der Säkularisierung wurde das Kloster nicht mehr gebraucht, es entstand ein Rittergut mit Schloss. Die Kirche wurde dem Verfall preisgegeben, überbaut, verstümmelt.
    Schon im 19. Jahrhundert begann die wissenschaftliche Erforschung des Klosters, doch erst in jüngsten Jahren wird die ganze Anlage einbezogen. Sie gibt immer neue Geheimnisse preis und ist eine Fundgrube der Baustile: Späte Romanik, Gotik und Renaissance sind vereint. Die wichtigsten Forschungsergebnisse stammen vom Greizer Denkmalpfleger und Architekten Dr. Herbert Eichhorn. Er hatte das Kloster in den 90er Jahren baugeschichtlich erforscht und eine Dissertation an der Bauhaus-Universität Weimar geschrieben.
    Wie Mildenfurth wirklich aussah – das kann nur rekonstruiert, oft nur erahnt werden. Im Film wird die Anlage in einer aufwendigen Animation wieder erstehen. Dann ist da noch der „Hausmeister von Mildenfurth“, wie er sich selbst bezeichnet: Volkmar Kühn, einer der bedeutendsten zeitgenössischen Bildhauer des Landes. Vor 50 Jahren zog er nach Mildenfurth. Mit seiner Frau Maritta Kühn-Leihbecher, ebenfalls eine Künstlerin, hat er die Klosterkirchenruine, den Schlossgarten und manchen Innenraum in ein ständiges Ausstellungsgelände verwandelt, die Fortschritte miterlebt und leidenschaftlich dafür gekämpft, dass neben der Kirchenruine auch das Schloss ins Blickfeld der Denkmalpfleger rückte.
    Seine charakteristischen Figuren mit den langen Fingern und spitzen Nasen sind so angeordnet, dass sie Bezug zum historischen Gemäuer nehmen. Ein ganz besonderes, fast magisches Ensemble ist entstanden, das die Besitzerin der Anlage, die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, auch künftig so erhalten will. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 04.09.2018 MDR
  • Folge 295 (30 Min.)
    „Das war so ein anderes Licht dort, heller. Das war kein DDR-Licht!“, erinnert sich Gudrun Sötter noch heute. Immer wieder fuhr sie mit dem Trabi zur Intershop-Kaufhalle auf den Rasthof Börde. Dieser lag auf der berühmten Transitstrecke zwischen BRD und Westberlin. Die Sachen aus der bunten Welt des Intershops hat sie noch heute. Anfang der 80er-Jahre entstehen in der DDR Intershop-Kaufhallen. Auch der Rasthof Börde ist eine dieser exklusiven Geld-Quellen. Es ist die größte Bauphase dort seit der Nazizeit.
    1938 eröffnete auf der neuen Reichsautobahn Hannover-Berlin der erste deutsche Autobahn-Rasthof mit Hotel. Die idyllische Anlage ist der Prototyp weiterer geplanter Rasthöfe, ein Versprechen auf Modernität und Freiheit. Der 84-Jährige Erhard Beulecke erlebte den Bau als Kind mit. Er erinnert sich, dass der Rasthof Börde mit seinem großen Hotel, Gaststätten, Parkplätzen „und sogar Frisör“. Sehnsuchtsort für die Anwohner des nahen Dorfes Hohenwarsleben war: „Hier war alles frei, man konnte bis zur Reichsautobahn schauen und natürlich direkt auf den schönen neuen Rasthof.“ Nach dem Krieg und der dann folgenden deutschen Teilung liegt der Rasthof Börde an der Transitstrecke und wird zu einer der ergiebigsten D-Mark-Quellen in der DDR.
    Zwei Restaurants und drei Intershops sorgen mit ihren gezielt kalkulierten Preisen für Kauflust bei den westlichen Besuchern. Die meisten DDR-Bürger dagegen dürfen dort nicht einkaufen, nur den Duft unerreichbarer Westwaren schnuppern. „Selbst wir Verkäuferinnen aus der Intershop-Kaufhalle mussten mit unseren Forumschecks nach Magdeburg in den Intershop fahren“, erzählt Else Reinecke bei der Spurensuche auf der Gelände des einstigen Rasthofes.
    Sie war Herrin über die Kassen im 1.000 qm großen Intershop. Der Rasthof nahe der Grenze ist Treffpunkt zwischen West und Ost. Hier begegnen sich zerrissene Familien, tauschen heimlich Zeitungen und Waren. Hier suchen Ausreisewillige die Bekanntschaft von LKW-Fahrern oder klettern im Dunkeln unter die Planen der Anhänger.
    Alles unter den Augen eines Stasi-Trupps, der vor Ort residiert und den Rasthof mit zahlreichen Kameras überwacht. 1990 wird weiter kräftig investiert und renoviert, noch einmal liegt Aufbruchsstimmung in der Luft. Aber dann soll die Autobahn erweitert werden, die alten Gebäude müssen weichen. Überraschend – und für viele noch heute unverständlich – endet die Geschichte des Rasthofs unter grauem Asphalt. „Der Osten – Entdecke wo Du lebst“ offenbart die überraschende Geschichte des ersten deutschen Autobahn-Rasthofs. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 11.09.2018 MDR
  • Folge 296 (30 Min.)
    Auf halber Strecke zwischen Erfurt und Halle hat sich auf wundersame Weise ein Wald erhalten, wie er ohne Zivilisation überall wachsen würde – der typisch deutsche Wald, mit riesigen, uralten Buchen. Die ältesten Exemplare gehören zu den gewaltigsten Bäumen Deutschlands und wuchsen schon, als Goethe nach Weimar kam. Mit ihren ausladenden Kronen würden sie 7.000 Fußballfelder beschirmen. Die Hohe Schrecke ist eine Welt, die es in Deutschland kaum noch gibt. Ein Wald, der in Würde alt werden darf – mit Bäumen, die in Freiheit sterben und nicht im Sägewerk.
    Über Jahrhunderte schwer zugänglich, jahrzehntelang militärisch genutzt, entwickelte sich der Wald zur Terra incognita. Erst seit wenigen Jahren erkundet ihn die Wissenschaft und stößt immer wieder auf Sensationen – längst verschollen geglaubte Urwald-Reliktarten, extrem seltene Tier, die nur dort überlebt haben, wo es seit der letzten Eiszeit immer Wald gab und sich jahrtausendealte Biotopzustände erhalten haben. „Wir haben bis jetzt elf Urwald-Reliktarten in der Hohen Schrecke nachgewiesen, das ist damit das Top-Gebiet in Thüringen.
    Da kommt selbst der Nationalpark Hainich mit seinen fünf Arten nicht mit“, sagt Käferkundler Andreas Weigel. Um dieses europaweit bedeutsame Waldgebiet dauerhaft zu bewahren, startete 2009 das Naturschutzgroßprojekt „Hohe Schrecke“. Damit wollen die angrenzenden Gemeinden gemeinsam mit dem BUND Thüringen und der Naturschutzstiftung David den einzigartigen Schatz vor der Haustür sichern. Auf einem Viertel ihrer Fläche soll die Hohe Schrecke ein nutzungsfreier Urwald bleiben, in den restlichen Bereichen soll der Wald nur extrem schonend bewirtschaftet und touristisch erschlossen werden.
    Seit 2015 führen mehrere Themenwege in einer Länge von etwa 180 Kilometern durch das bisher nahezu undurchdringliche Waldgebiet. Ein Ort der totalen Entschleunigung in atemberaubender Einsamkeit. „Das sind schon richtige Canyons wenn man hier in den Tälern steht. Die Brennnessel wachsen mannshoch. Da denkt man, dort ist noch nie ein Mensch gewesen. Entsprechend ist auch die Tierwelt. Also hier kann ich den ganzen Tag wandern und treffe nicht einen einzigen Menschen. Doch dieser Massentourismus wird sich hier sicherlich nicht entwickeln.
    Doch die Wanderer kommen immer mehr, weil sie ungestört sind und es sicherlich eine einmalige Natur ist. Also ca. 7.000 Hektar Buchenwald – das hat man in Deutschland nicht mehr so oft“, schwärmt der Erste Wegewart Dieter Krüger. Über ein Jahr waren die Naturfilmer Peter und Stefan Simank in der Waldwildnis der Hohen Schrecke unterwegs, beobachteten die Besonderheiten der Tierwelt, sprachen mit Naturschützern, Anwohnern und Wissenschaftlern und gingen den Geheimnissen des uralten Buchenwaldes nach – von der Krone bis in die Wurzeln. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 18.09.2018 MDR
  • Folge 297 (30 Min.)
    In der Mitte Sachsen-Anhalts, im sanften Elbtal, liegt Deutschlands Amazonas. Ein magischer Ort, an dem noch heute allein das Wasser den Rhythmus des Lebens bestimmt – für Mensch und Natur gleichzeitig – und in dem Extreme so dicht beieinander liegen, wie sonst nirgendwo in Deutschland. Die Launen der Elbe, ihr Wechsel zwischen Hoch- und Niedrigwasser, bestimmen hier eine ganz besondere wilde Welt. An den Ufern des gewaltigen Stromes erstrecken sich die größten zusammenhängenden Wasserwälder Mitteleuropas. Es sind die Regenwälder unseres Kontinents – archaische Natur, die seit Jahrtausenden von der Elbe lebt.
    Die größten Bäume sind 35 Meter hoch und über 500 Jahre alt. Hunderte solcher Giganten säumen noch heute die Ufer der Mittelelbe. Früher gehörten sie zu jedem Fluss dazu. Mittlerweile zählen Wasserwälder zu den gefährdetsten Waldgesellschaften und sind europaweit von Vernichtung bedroht. Über 80 Prozent ihrer Bestände entlang der Flussauen gingen in den letzten 150 Jahren verloren, vor allem durch die Eindeichung der Flüsse. Damit schnitt der Mensch den Wäldern ihr Lebenselixier ab: das Wasser.
    Dass in Sachsen-Anhalt die Wasserwälder überlebt haben, war Zufall. „Die DDR wollte seinerzeit auch einmal ein Großschutzgebiet haben. Und die UNESCO hatte 1979 erstmals das Programm der weltweiten Biosphärenreservate ausgerufen. Nicht einmal die Bundesrepublik hatte ein solches Reservat. So war es ein Anspruch der DDR einmal schneller zu sein als der Westen“, sagt Guido Puhlmann, Leiter des Biosphärenreservates Mittelelbe. „So sind dann das Vessertal in Thüringen und der Steckby-Lödderitzer-Forst die ersten deutschen UNESCO-Biosphärenreservate geworden.
    Interessant ist: Diese Schutzgebiete sind seitdem gewachsen. Das Land oder den Staat, die diese ausgewiesen haben, gibt es nicht mehr.“ Etwa 6.000 Hektar Wasserwald blieben so in Sachsen-Anhalt erhalten. Sie erstrecken sich auf einer Länge von 80 Kilometern entlang der Elbe – vom Gartenreich Dessau-Wörlitz bis vor die Tore Magdeburgs. Aufgrund ihres Nährstoffreichtums zählen sie zu den artenreichsten Lebensräumen der Erde. Mehr als die Hälfte aller Tierarten Deutschlands leben in den Auen-Gebieten.
    Besucher schwärmen: „Der Reiz der Wasserwälder ist einfach der, dass hier noch Natur herrscht, also Natur pur. Eine unverbaute Natur, die man so einfach vor der Haustür findet. Deshalb muss ich auch nicht nach Afrika fahren. Dort ist dasselbe, nur in einer anderen Art und Weise und einer anderen Vielfalt. Aber hier spielt das Leben“, so Thomas Hinsche, Ornithologe und Tierfotograf. Mittlerweile erfährt der alte Wald auch in anderer Funktion eine Renaissance: als natürlicher Hochwasserschutz.
    Deshalb soll in den kommenden Jahren noch mehr Wasser in die Auen fließen, weitere Deiche sollen abgetragen und zusätzliche Waldinseln an die Flussdynamik der Elbe angeschlossen werden. Mitteleuropas größte Wasserwälder an Deutschlands großem Strom werden so zukünftig noch weiter wachsen. Über ein Jahr waren die Naturfilmer Peter und Stefan Simank in den Wasserwäldern der Mittelelbe unterwegs, beobachteten die Besonderheiten der Tierwelt, sprachen mit Naturschützern, Anwohnern und Wissenschaftlern und gingen den Geheimnissen von Mitteleuropas Regenwäldern auf die Spur. (Text: MDR)
    Deutsche TV-Premiere Di. 25.09.2018 MDR
  • Folge 298 (30 Min.)
    Sie reichen bis zum Horizont und sind die Holzkammern Deutschlands – die Kiefernwälder der Muskauer Heide. Kiefern sind die Brotbäume der Lausitz. Ihr schneller Wuchs bringt schnelle Erträge. Mit keinem anderen Baum wäre das hier möglich. „Die Kiefer kann sich als eine der wenigen Arten an diese nährstoffarmen Verhältnisse anpassen. Vom Ahorn könnte ich das nicht verlangen. Der würde ganz einfach mit dem wenigen Wasser hier nicht zurechtkommen.“ Rüdiger Preißner ist seit mehr als 30 Jahren Revierförster im Bundesforstbetrieb Lausitz Kiefernwälder sind Wirtschaftswälder, wo der Mensch den Takt der Natur bestimmt.
    In der Muskauer Heide beschränkt sich das nicht nur auf die Forstwirtschaft. Seit über 70 Jahren gibt das Militär hier maßgeblich den Ton an. In den 1960er-Jahren werden dafür sogar das Heidedorf Tränke geräumt und deren Bewohner umgesiedelt. Danach nutzt die DEFA den verlassenen Ort als Spielfilmkulisse für den bekanntesten Antikriegsfilm der DDR: „Die Abenteuer des Werner Holt“. Große, offene Heideflächen bestimmen bis heute das Bild der Muskauer Heide, wo noch immer scharf geschossen wird.
    Mit 175 km² ist der Truppenübungsplatz Oberlausitz das fünftgrößte Militärgebiet deutschlandweit. Trotzdem beherbergt die Landschaft eine atemberaubende Naturvielfalt. Neben den Seeadlern gehören seit 2001 auch Wölfe wieder dazu. Wilde Tiere, intensive Forstwirtschaft und Truppenübungsplatz – die Muskauer Heide ist ein Ort der scheinbar scharfen Gegensätze. Über ein Jahr waren die Naturfilmer Peter und Stefan Simank hier unterwegs, beobachteten die Tiere, begleiteten Waldarbeiter und Förster, sprachen mit Anwohnern und beleuchteten das Leben in einem der größten Kiefernwälder Deutschlands. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 02.10.2018 MDR
  • Folge 299 (30 Min.)
    Roßlau liegt fast 300 Kilometer vom Meer entfernt und trotzdem hat die Stadt in Sachsen-Anhalt eine bewegte 150-jährige maritime Geschichte. 3.500 Schiffe liefen in Roßlau vom Stapel, knapp 1.000 davon allein während der DDR-Zeit. 1866 wird aus der Dampfmaschinenfabrik der Gebrüder Sachsenberg die Schiffswerft Roßlau. Die Pioniere der Industrialisierung an der Elbe revolutionieren zunächst die Dampfschifffahrt und den Stahlschiffbau. Sie erobern dabei mit ihren Dampf- und Kettenschleppern, Raddampfern, Tank- und Seeschiffen erst Elbe, Saale, Rhein und Main, den Bodensee und später die Nord- und Ostsee und sogar die Weltmeere.
    Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Roßlauer Werft schon die größte Binnenwerft Europas. Auf ihrem Erfolgsweg geraten die Unternehmer in alle politischen Strudel ihrer Zeit. Sie verlieren während der Weltwirtschaftskrise ihre Werft, kaufen sie fünf Jahre später wieder zurück, um nach dem 2. Weltkrieg erneut alles zu verlieren. Dann geht es für die Roßlauer Schiffswerft erst richtig los.
    Als Teil des Kombinates Schiffbau wird sie zur wichtigsten Binnenwerft der DDR. Die Rosslauer trotzen allen Hindernissen, manövrieren ihre immer größer werdenden Schiffe auf 300 Elbe-Kilometern bis zum Meer. Dieter Herrmann ist einer der 20-köpfigen Überführungscrew, der durch den Westen die Schiffe bis nach Hamburg bringen durfte. Er erinnert sich, dass manche mit Pontons erleichtert werden mussten, um nicht auf Grund zu laufen. „Nicht selten gerieten wir auch zwischen die politischen Fronten, als wir mit der DDR-Flagge an Hamburg vorbeifuhren, hat uns die Wasserschutzpolizei aufgebracht.“ erzählt er.
    Im geeinten Deutschland steht die Werft erneut vor dem Aus und wieder gibt es eine Rettung in buchstäblich letzter Minute – kurz vor der endgültigen Liquidation durch die Treuhand. Schiffbauer und Montagearbeiter, Seeleute, Liebhaber der Roßlauer Dampfschiffe, Ingenieure und Unternehmer, der Enkel eines Zwangsarbeiters – sie alle erzählen aus ihrem Leben und sind die Dokumentaristen der bewegten Geschichte ihrer Roßlauer Schiffswerft. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 09.10.2018 MDR
  • Folge 300 (30 Min.)
    Die weltweit ergiebigste Quelle für Ursaurier liegt in Thüringen. Nirgendwo auf der Welt kann man so viele und so gut erhaltene Saurier-Fossilien finden wie am „Bromacker“ bei Tambach-Dietharz. Den ersten Knochen entdeckte der Geologe Dr. Thomas Martens vor 45 Jahren in einem alten Steinbruch. 1978 konnte er endlich mit wissenschaftlichen Grabungen beginnen, die sein Lebenswerk wurden. Fast jeder Skelettfund wurde zu einer Weltsensation. Neben etlichen Insekten- und Pflanzenversteinerungen wurden 40 Skelette von zwölf verschiedenen Ursaurierarten geborgen. Der „erste aufrecht gehende Thüringer“ – eine 26 Zentimeter lange Echse – sieht aus wie eine Miniaturausgabe des bekannten Dinosauriers Tyrannosaurus rex.
    Ein Schmuckstück sind zwei nebeneinander liegende Amphibien der Gattung Seymouria, die als „Tambacher Liebespaar“ bezeichnet werden. Sie alle stammen aus dem Unteren Perm, einem Erdzeitalter vor rund 290 Millionen Jahren. Verwandte wurden in Texas, Utah und New Mexico in den USA gefunden. Fast 20 Jahre kamen deshalb amerikanische Kollegen jeden Sommer zu Grabungen nach Thüringen. Gemeinsam lieferten die Paläontologen einen weiteren Beweis, dass alle heutigen Kontinente damals zusammenhingen und den Urkontinent Pangäa bildeten.
    Die Wissenschaftler stehen in einer großen Thüringer Tradition der Saurierforschung. Der weltweit erste, beschriebene Saurier wurde in Thüringen gefunden, genauso wie die ersten Saurierfährtenplatten der Welt. Das alles wird in Schleusingen im Naturhistorischen Museum auf der Bertholdsburg erzählt. Direktor Dr. Ralf Werneburg ist Spezialist für frühe Amphibien und auf internationalen Grabungen gefragt. Derzeit gräbt er mit einem kleinen Team und dem Geologen des Nationalen Geoparks Inselsberg-Drei Gleichen in Bad Tabarz nach fossilen Spuren einer Fluss- und Seenlandschaft vor 295 Millionen Jahren.
    Tatsächlich fanden sie einen Schädel, der zu einer neuen Art gehören könnte und jede Menge kleiner Branchiosaurier – Amphibien dicht an dicht „wie in einer Sardinenbüchse“. Der Steinbruch in Bad Tabarz bietet Forscherarbeit für Jahrzehnte und auch der Bromacker, nur ein paar Kilometer entfernt, hat längst nicht alle Geheimnisse preisgegeben. Schritt für Schritt übergibt Dr. Thomas Martens daher sein Vermächtnis an Dr. Tom Hübner, seinem Nachfolger im Gothaer Schloss Friedensstein. Dort werden die weltbedeutenden Funde in einem Depot aufbewahrt – für die Forschung und für eine Ausstellung, die es irgendwann geben soll. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 23.10.2018 MDR
  • Folge 301 (30 Min.)
    An kaum einer anderen Gegend in Deutschland sind bis heute die Ernteerträge so hoch wie in der Magdeburger Börde. „Zu DDR-Zeiten haben wir hier sechs bis sieben Tonnen Getreide pro Hektar gewonnen. Unser Volksgut war der erfolgreichste Landwirtschaftsbetrieb der DDR“, berichtet stolz Landwirt Dr. Herbert Otto Braune aus Schwaneberg. Prächtige, schwarze Erde überzieht das Land und verspricht den Bauern seit Jahrhunderten reichhaltiges goldenes Korn und kräftige Rüben. 1934 legten Wissenschaftler deshalb hier den Bodenwert 100 fest.
    Höchstnote! Und Maßstab für alle anderen Regionen in Deutschland. Dr. Herbert Otto Braune hütet diesen Bodenschatz seit acht Generationen. Seine Vorfahren haben Höhen und Tiefen miterlebt. Jahre des Reichtums, Kriege, Zeiten der technischen Revolution und Zwangsverstaatlichung. „Das große Bauernsterben in den 50er Jahren war tragisch. Viele sind damals in den Westen gegangen. Andere mussten ins Gefängnis, weil sie ihr Land nicht hergeben wollten“, sagt Braune. Die Braunes sind geblieben. Sie wohnen noch heute im sogenannten Rübenpalast und regieren über 800 Hektar edle Erde.
    Rüben, Getreide, Gewürze, aber auch Saatgut und Hühnereier sind ihr tägliches Geschäft. Zu DDR-Zeiten revolutionierte Dr. Herbert Otto Braune im erfolgreichsten Landwirtschaftsbetrieb des Landes die Getreideproduktion. Gemeinsam mit dem Agrarexperten Dr. Max Exner gewann er unschlagbar viel Korn pro Hektar. Das erregte Aufsehen weit über die Landesgrenzen hinaus. „Alle waren erpicht darauf, unsere Geheimrezepte zu erfahren. Aber die haben wir natürlich nicht preisgegeben.“ Heute spricht der Landwirt darüber.
    Der Film zeigt, wie und mit welchen Raffinessen die Bauern es damals geschafft haben, die Ernteerträge derart in die Höhe schießen zu lassen. Autorin Linda Süß begleitet die traditionsbewusste Familie Braune, die aktuell alles auf Öko umstellt und besucht außerdem einen Großbetrieb. Und sie fährt an den Ort, an dem einst die erste supersüße Zuckerrübe gezüchtet wurde. Aus dem kleinen Labor ist ein Weltkonzern entstanden, der heute an 70 Standorten weltweit Saatgut züchtet. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 30.10.2018 MDR
  • Folge 302 (30 Min.)
    Glashütte feiert in diesem Jahr ein ganz besonderes Jubiläum: 100 Jahre Gründung der Deutschen Präzisionsuhrenfabrik Glashütte! Schon seit 1893 werden in Glashütte Uhren hergestellt, die die Stadt über das Osterzgebirge hinaus in aller Welt bekannt gemacht haben. Ob NOMOS, Lange & Söhne, Glashütte Original oder die Firma Mühle – sie alle stellen Luxusuhren mit allen Finessen der Uhrmacherkunst her. Was ist das Geheimrezept für diesen unglaublichen Erfolg? Warum kann sich ein kleines Städtchen mit knapp 7.000 Einwohnern zu einer „Uhrenstadt“ entwickeln, die sich über alle Tiefschläge hinweg erfolgreich behauptet? Vielleicht gibt es das wirklich: Das sogenannte „Uhren-Gen“.
    So manchem Glashütter wird es quasi in die Wiege gelegt. Uwe Bahr erzählt, wie er in Glashütte aufgewachsen ist und für ihn von Anfang an klar war, dass er einmal Uhrmacher wird. Später bildete er dann selbst Lehrlinge aus. Zwar wurden in der DDR in Glashütte auch Millionen von preisgünstigen Quarzuhren gefertigt, aber die Tradition mechanischer Uhren hatte man niemals aufgegeben. Der ehemalige Bürgermeister Frank Reichel kann sich noch gut an die Wendezeit erinnern, wo alle Glashütter Uhren von Massenware auf Exklusivität „umgestellt“ wurden.
    Mit viel Herzblut und Liebe werden bis heute diese besonderen Uhren hergestellt. Von Menschen wie Simone Rauchfuß, die winzige Unruhkloben graviert, oder Konstrukteur Theodor Prenzel, der ein ganz besonderes Uhrwerk austüftelt. Der Film „Mythos Glashütte – Die Uhrenstadt in Sachsen“ taucht ein in die wechselvolle Erfolgsgeschichte dieses Ortes. Ob prominente Uhrenliebhaber wie Gunther Emmerlich oder die Mitarbeiter der Uhrenmanufakturen, ob der ehemalige Bürgermeister oder der Chef des Uhrenmuseums, sie alle erzählen sehr persönliche Geschichten über ihre „Uhrenstadt“. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 06.11.2018 MDR
  • Folge 303 (30 Min.)
    Reinhardsbrunn nicht weit von Gotha entfernt, ist nicht weniger als der Geburtsort Thüringens. Das Jagdschloss des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha, das eng verflochten ist mit dem englischen Königshaus, ist aber auch ein heiliger Ort des deutschen Mittelalters, ein Fluchtort der Nazis, ein nobles Devisenhotel der DDR und ein trauriges Treuhandkapitel. Kurzum, es ist ein deutsches Lesebuch, ein Schloss voller Geister der Vergangenheit, verlassen und trotzdem wunderschön. 2018 wird der Eigentümer dieses denkmalgeschützten Schlosses, eine Firma aus Russland, durch den Freistaat Thüringen enteignet; nach 20 Jahren des Verfalls.
    Es ist das erste Mal, dass eine solche völlig legale und trotzdem umstrittene Entscheidung in Deutschland tatsächlich durchgesetzt wird. Warum sind die Thüringer Reinhardsbrunn so verfallen? Warum ist ihnen dieser Ort so wichtig, dass sie nichts unversucht lassen wollten, um ihn wieder für sich zu gewinnen? Und warum kann, wer einmal hier gelebt und gearbeitet hat, nicht mehr loslassen? Wir begleiten Christoph von Berg durch das völlig verfallene Schloss am Fuß des Thüringer Waldes, balancieren über fast 200 Jahre alte Balken. Wir tasten uns durch die verfallenen Räume im Herrenhaus, mit seinem wunderschönen Erker.
    Der heutige Fördervereinsvorsitzende war der letzte Bewohner von Reinhardsbrunn. Anfang der 1990er wird der westdeutsche Manager nach Thüringen geschickt, um von dort aus für den Tchibo-Konzern den Osten zu erobern: „Wenn ich schon im Osten leben musste, dann sollte es schon ein Schloss sein …“ Mit Elisabeth Hügel stehen wir im Entree des Schlosses und reisen mit ihr zurück in die 1980er, als sie hier am Empfang des Interhotels Reinhardsbrunn Gäste aus aller Welt begrüßte – Westkunden mit Westmark, Ostkunden mit Charme.
    1993 schließt das Hotel, wegen geplanter Sanierungsarbeiten. Doch seither verfällt dieser einmalige neogotische Bau, umgeben von einer der immer noch schönsten Parkanlagen Ostdeutschlands – einem Kleinod der Gartenkunst. Filmteams wissen diesen verwunschenen Ort zu schätzen, als ideale Kulisse für Rapunzel und Luthers Ehefrau Katharina oder gar einen Film über das Bernsteinzimmer. Wir sinnieren mit Prinz Andreas von Sachsen-Coburg und Gotha über seinen berühmten Großvater Carl Eduard, der noch in England geboren wurde – und später als strammer Nazi seinem Führer Adolf Hitler das Schloss Reinhardsbrunn als Fluchtort versprach. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 13.11.2018 MDR
  • Folge 304 (30 Min.)
    Ach, Sie meinen „das Schocken“? Bis heute kennen die Chemnitzer unter diesem Namen das geschwungene Gebäude mit den langen Fensterreihen in der Brückenstraße. Ein Haus mit einer Geschichte, welche von Erfolg, Niedergang und Neuanfang geprägt ist. Die Brüder Simon und Salman Schocken beauftragen 1927 den Star-Architekten Erich Mendelsohn mit dem Entwurf einer weiteren Filiale ihrer Warenhauskette in Chemnitz. Die Handschrift Mendelsohns: schnörkellos, klar und geradlinig. Das Bauwerk wird zu einer Sensation, gilt als Ikone der Moderne und bringt einen Hauch von Weltstadt nach Chemnitz.
    Im Mai 1930 öffnet das Schocken seine Türen. Ein modernes Kaufhaus, in dem Waren angeboten werden, die sich jeder leisten kann. Eine deutsch-jüdische Erfolgsgeschichte! Doch mit der Machtergreifung der Nazis kommt der Niedergang. An den 9. November 1938 kann sich der heute 91-jährige Chemnitzer Justin Sonder noch erinnern wie heute. Der damals 13-Jährige wohnt mit seinen Eltern genau gegenüber vom Kaufhaus Schocken.
    „Ich bin wach geworden vom Radau, ich hatte Angst, wusste nicht was da los war. Es hat geklirrt und gekracht. Habe aus dem Fenster geguckt und sah, wie SS und SA-Leute und viele Männer in zivil mit Steinen bewaffnet die großen Schaufensterscheiben vom Schocken eingeschlagen haben.“ Auch Siegmund Rotstein, heute 93, erinnert sich an die Reichspogromnacht. „Das kann man einfach nicht vergessen!“ Von nun an firmiert das Chemnitzer Schocken als Merkur Verkaufsstätte, nach 1945 als HO und später als Centrum Warenhaus.
    Nach 1991 übernimmt Kaufhof das legendäre Haus. Zehn Jahre später wird es geschlossen. Doch ab 2014 kommt neues Leben in das alte „Schocken“. Nach umfangreicher Sanierung öffnet 2014 das SMAC, das staatliche Museum für Archäologie in Chemnitz, im „Schocken“ seine Pforten. In einer neuen Folge von „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ erinnern sich Zeitzeugen an die wechselvolle Geschichte dieses beeindruckenden Hauses, das von vielen Chemnitzern immer noch „das Schocken“ genannt wird. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 20.11.2018 MDR
  • Folge 305 (30 Min.)
    Der Siedlertreck aus dem Fränkischen wäre vielleicht verhungert, wenn nicht ganz in der Nähe des neu gegründeten Dorfes ein Gesteinsbrocken im Sonnenlicht geglänzt hätte: Silber! 1168 folgten Tausende dem Lockruf des Silbers nach Christiansdorf, der Keimzelle des heutigen Freiberg. Wer hier schürfte – im Dunkelwald, den sie bald das Erzgebirge nannten – musste den Zehnt, den zehnten Teil an den Markgrafen Otto in Meißen abgeben. Ansonsten war der Gewinn, war das Leben frei. Der Berg machte in der Ära von Leibeigenschaft und Frondiensten frei – Freiberg eben. Schnell wuchs eine 7.000-Einwohner-Metropole heran. Im Mittelalter eine Großstadt und für Jahrhunderte eine sprudelnde Wirtschaftsquelle.
    Der Film folgt den Spuren des ersten Berggeschreys und seinem architektonischen Nachhall durch die malerischen Gassen von Freiberg zwischen Dom, Ober- und Untermarkt und den historischen Gruben „Alte Elisabeth“ und „Reiche Zeche“. Der Zuschauer wird dabei kundig geführt von Bestseller-Autorin Sabine Ebert. Sie machte aus dem Stoff um Silber und Siedler einen Welterfolg: „Das Geheimnis der Hebamme“. Mit ihr folgen die Fernsehmacher den Spuren jener Tage am Schloss Freudenstein, der einstigen Münzstätte. Und Sabine Ebert kostet von der Freiberger Eierschecke, die ohne Quark auskommt – übrigens auch eine Folge der ergiebigen Silberfunde.
    Das Reporterteam begleitet zudem die Landesarchäologen, die in die ganz frühen Bergwerke des Erzgebirges unter Lebensgefahr einsteigen und diese mit 3D-Lasern scannen, um sie so für die Nachwelt virtuell zu erhalten, bevor die Bergsicherung die historischen Gruben mit Beton verfüllt. Spannende Funde und Erkenntnisse wurden bisher ans Tageslicht gebracht: 800 Jahre alte Förderkörbe oder die Reste einer Seilwinde aus dem ganz frühen Silberbergbau. Dabei taucht auch die Frage auf, ob Freiberg tatsächlich der Anfang von allem war oder ob es zeitnah Konkurrenz gab, etwa in Dippoldiswalde? Müssen die Montan-Archäologen die Geschichte neu schreiben? (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 27.11.2018 MDR
  • Folge 306 (30 Min.)
    Nirgendwo sonst soll die Weihnachtszeit schöner und gemütlicher sein als in Seiffen, finden viele Menschen. Bis zu 15.000 Touristen pro Tag strömen in der Adventszeit in das kleine Dorf am äußersten Rand des Erzgebirges, um die Vorweihnachtszeit zu feiern und sich mit all den großen und kleinen Dingen einzudecken, die seit Jahrhunderten die Herzen der Menschen erfreuen: Nussknacker, Räuchermännchen, Weihnachtspyramiden, Schwibbögen oder Engel und Bergmann. Rund 130 Handwerksbetriebe sind das ganze Jahr über damit beschäftigt, wunderbares Holzspielzeug und weihnachtliches Kunsthandwerk herzustellen. Nirgendwo sonst in Deutschland gibt es so viele Familienbetriebe eines Gewerks wie in Seiffen.
    Die meisten Spielzeugmacher-Manufakturen sind seit Generationen in Familienhand. Christian Werner ist Reifendreher und hat sich zu DDR-Zeiten selbständig gemacht. Sein Bruder Wolfgang Werner hat für sein mechanisches Spielzeug zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Der Jüngste im Bunde, Siegfried Werner, hat seine historische Spielzeugmacher-Manufaktur vom verstorbenen Vater übernommen: Walter Werner erhielt 2001 für sein Werk sogar das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Doch leicht hatten es die Spielzeugmacher in Seiffen nie. Heute stehen sogar viele Werkstätten leer, weil es schwer ist, Nachwuchs zu finden.
    Noch bis in die 1930er Jahre in bitterer Armut lebend, mussten sich die selbständigen Handwerker zu DDR-Zeiten gegen die Vereinnahmung durch den Staat zur Wehr setzen. Heute sind nicht nur herausragende handwerkliche Kenntnisse, sondern auch Unternehmer-Persönlichkeiten gefragt, um sich gegen die harte Konkurrenz – auch aus Fernost – zu behaupten. Wie haben es die selbständigen Seiffener Handwerksbetriebe trotzdem geschafft, sich gegen alle Widrigkeiten über die Jahrhunderte zu behaupten? Dieser Frage geht der Film „Seiffen – das kleine Weihnachtsparadies im Erzgebirge“ nach. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 04.12.2018 MDR
  • Folge 307 (30 Min.)
    „Die Dunkelgräfin von Hildburghausen“ war eines der größten Rätsel der Thüringer Geschichte. Es schien mit dem Film- und Wissenschaftsprojekt des MDR-Landesfunkhauses von 2014 gelöst. Im Grab der Dunkelgräfin von Hildburghausen lag nicht die französische Prinzessin Marie Therese – genannt „Madame Royal“, die einzige Überlebende der französischen Königsfamilie nach der Revolution. Das Ergebnis sorgte damals in Hildburghausen für schlechte Laune: Der Mythos von Madame Royal war erledigt, die Identität der Dame aus dem Grab am Schulersberg blieb ungeklärt. Zweifel rumorten. Lagen im Grab womöglich verstauschte Knochen? Ist das Grab überhaupt das Richtige oder hat der Dunkelgraf die Prinzessin womöglich an einem anderen Ort bestattet? Die Zweifel führten zu einer chemischen Nachuntersuchung der Knochenreste an der Universität für Bodenkultur Wien.
    Das Ergebnis wird überraschen. Auch der Interessenkreis „Dunkelgräfin“ war seither nicht untätig. Unter anderem gaben sie sprachwissenschaftliche Analysen von Dokumenten in Auftrag. Auch diese Ergebnisse sind für eine Überraschung gut und werfen ein neues Licht auf den ungelösten Fall von Hildburghausen. Der Film wird dem Mythos wieder Leben einhauchen. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 11.12.2018 MDR

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