2015, Folge 171–189

  • Folge 171 (30 Min.)
    Anspannung im Burgenlandkreis: Seit vielen Jahren kämpfen die Menschen hier für die Aufnahme ihrer Region in die UNESCO-Welterbe-Liste als „hochmittelalterliche Herrschaftslandschaft“. Anfang Juli soll nun endlich die Entscheidung fallen. Ein negatives Gutachten hat diesen Weg in den vergangenen Wochen allerdings steiniger gemacht. Aufgeben will dennoch niemand. Durchhaltevermögen musste man schließlich in der Vergangenheit an Saale und Unstrut schon öfter beweisen. Ob Naumburger Dom, das Schloss Neuenburg, das Kloster Zscheiplitz oder die Rudelsburg – die Region ist einmalig wegen ihrer vielen historischen Baudenkmäler.
    Dazu ziehen die malerischen Weinberge in der sogenannten „Toskana des Nordens“ Besucher in ihren Bann. Dass man sich hier einmal selbstbewusst um den UNESCO-Titel bewerben würde, daran hat zu DDR-Zeiten niemand gedacht, waren die meisten Burgen doch in einem desolaten Zustand und dem Verfall preisgegeben. Das Geld fehlte einfach. Dass die Region schön war, als „Naherholungsgebiet“ für die Chemiearbeiter, davon zeugen alte Filmaufnahmen.
    Dass Burgen und Kirchen nicht verfielen, ist privatem Engagement zu verdanken. Enthusiasten wie Wolf-Dieter Seidel hatten sich der Klosterkirche Zscheiplitz verschrieben. Ihm hatte einst ein Verantwortlicher gesagt: „Am besten, Ihr stupst die Kirche den Berg runter …. Zu DDR-Zeiten eine Kirche retten, da musste man sich schon was einfallen lassen.“ Kristine Glatzel erzwang gemeinsam mit anderen Freyburgern den Zutritt zur majestätischen Neuenburg, die fast zwei Jahrzehnte lang verriegelt war. Als sie das erste Mal das altehrwürdige Gemäuer betritt, wird ihr sofort klar: die Burg ist ihre große Liebe, um die es sich zu kämpfen lohnt.
    Die Reportage aus der Reihe „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ erzählt die Geschichte der Saale-Unstrut-Region, von mutigen und engagierten Menschen, die sich unermüdlich über Jahrzehnte für ihre Region eingesetzt haben und von ihrer Hoffnung, im Sommer 2015 dafür mit dem Welterbe-Titel belohnt zu werden. Sollte der Antrag abgelehnt werden, dann hat sich zumindest die Bewerbung gelohnt, davon ist man im Burgenland überzeugt. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 07.07.2015 MDR
  • Folge 172 (30 Min.)
    Benzingeruch, schnittige Rennwagen, schnelle Motorräder, Zehntausende Zuschauer – und das alles in der Sächsischen Schweiz? Am Rande des heutigen Nationalparks gab es das wirklich. Vor 90 Jahren schlug hier das Herz des sächsischen Motorrennsports. 1926 sausten aus dem Polenztal Motorräder den Berg hinauf – die zehn kühnen Serpentinen nahe Hohnstein waren berühmt bei den ganz Großen des Motorsports. Stars wie Rudolf Caracciola, Ernst von Delius oder Robert Kohlrausch wurden von bis zu 50.000 Zuschauern bejubelt. Ab 1933 wurde die Strecke dann zum zehn Kilometer langen Ring ausgebaut.
    1939, nur fünf Monate vor Kriegsbeginn, wurde der „Großdeutschlandring“ eingeweiht und sollte den Nürburgring in seiner Bedeutung ablösen. Doch nur noch ein einziges Rennen wurde hier ausgetragen – und das auch erst lange nach dem Krieg. Dann nie wieder. Weil es Todesopfer gab? Stimmt es, dass KZ-Häftlinge daran mitgebaut haben? Was passierte mit der „modernsten Rennsportanlage Deutschlands“? „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ sucht in den Archiven des Freistaates nach alten Dokumenten und Bauplänen und an den Straßen rund um das Städtchen Hohnstein nach Hinweisen auf das Renngeschehen.
    Im Gasthaus „Einkehr zur Rennstrecke“ treffen die Fernsehmacher einen Österreicher, der alles sammelt, was er zum „Großdeutschlandring“ finden kann. Und sie testen das Rennfeeling: Frieder Bach aus Chemnitz nimmt das Kamerateam mit in seinem historischen DKW-Rennwagen und lässt die 29 PS mal richtig raus. Außerdem testet Rudolf Preuß aus Wehlen mit seinem Hanomag von 1924, wie schnell er noch ist, auf dem fast vergessenen Rundkurs bei Hohnstein. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 14.07.2015 MDR
  • Folge 173 (30 Min.)
    Westlich von Rügen in der Ostsee liegt eine kleine Insel, auf der das Leben noch immer etwas anders tickt: Hiddensee. Entdecken darf man sie nur zu Fuß, langsam und behutsam. Über Jahrhunderte wurde sie von Fischern und deren Familien bewohnt. Ab 1800 kommen dann Fremde auf die Insel, die nach jener Abgeschiedenheit suchen, die für die Einheimischen auch heute noch das Leben bestimmt. Hiddensee wird zum Sehnsuchtsort. Wer dem Alltag entfliehen will, kommt auf die Insel. Das kleine Eiland ist nicht nur ein Refugium für Künstler, sondern auch eine Nische für Andersdenkende und Aussteiger. Schriftsteller wie Gerhard Hauptmann, der Filmstar Asta Nielsen, später Albert Einstein, Gustav Gründgens, Joachim Ringelnatz machen die Insel berühmt.
    Hiddensee bleibt von da an ein Ort, zu dem man flüchtet, von dem aus – vor allem zu DDR Zeiten – auch immer wieder abenteuerliche Fluchtversuche unternommen worden sind. Und an dem Flucht verhindert wurde. In einer neuen Folge „Der Osten – Entdecke wo Du lebst“ begegnet Axel Bulthaupt Menschen, deren Lebensgeschichten spektakulär und dramatisch mit der Insel verbunden sind. Klaus Müller gelang 1988 mit einem Segelboot von Hiddensee aus die Flucht nach Dänemark. Er wollte nur mal die Welt sehen und dann wieder zurück nach Hause kommen.
    So hatte er es geplant – und den DDR-Behörden sogar vor seiner Reise mitgeteilt. Axel Bulthaupt entdeckt die Geschichte Sabine Reichweins, deren Familie eines der ältesten Häuser der Insel besitzt das „Hexenhaus“ in Vitte. Ihr Vater gehörte zum Widerstand gegen Adolf Hitler und wurde 1944 hingerichtet. Auf Hiddensee brachte sich die Familie damals vor dem Bombenterror in Sicherheit. Heute steht das Haus unter Denkmalschutz und nach der Rückübertragung wird es wieder von Sabine Reichwein bewohnt. Der Film begibt sich auf Spurensuche an einem Ort, dessen Magie bis heute verzaubert, betört und einlädt zum Innehalten – der Fluchtort Hiddensee. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 21.07.2015 MDR
  • Folge 174 (30 Min.)
    Weiße Wolken liegen in der Morgensonne über dem fränkischen Fichtelgebirge. Der Gipfel des großen Waldstein schaut hervor. Dort unten liegt die Quelle der Saale. Um solche faszinierenden Einstellungen zu bekommen, waren die Filmemacher viele Tage und Flugstunden mit einem Hubschrauber unterwegs, vom Ursprung der Saale bis zu ihrer Mündung in die Elbe bei Magdeburg. Dabei hatten sie nicht nur eines der modernsten Kamerasysteme, sondern auch einen der renommiertesten Luftbild-Kameraleute an Bord. Für seine Arbeiten hat der Engländer Simon Werry bereits mehrere internationale Preise bekommen.
    Mit beeindruckenden Bildern erzählt der Film die Geschichte der Saale und überraschende Geschichten von Menschen, die aufs innigste mit „ihrer Saale“ verbunden sind. Ein Besuch bei den letzten verbliebenen „Saale-Flößern“ in Uhlstädt erinnert daran, dass der Fluss einmal das Haupttransportmittel für Holz war. Bei Weißenfels war die Saale für ihren Fischreichtum berühmt. Karpfen, Lachse und Aale, 35 Arten sollen es gewesen sein, die die Fischer am Fluss ernährten.
    Doch die Wasserverschmutzung ließ zuerst die Fische und dann auch die Fischer verschwinden. Heute gibt es noch Hubert Reichardt, den letzten Fischer an der Saale. Er hält mit vier Zuchtteichen und 30 Hälterungsbecken, gespeist durch das Wasser des Flusses, die Fischerei an der Saale am Leben. Und in der einzig verbliebenen Schiffswerft entlang der Saale, in Mukrena, hofft man darauf, dass die Saale auch weiter Schifffahrtsweg bleibt und die Zukunft des Familienbetriebes sichert.
    Diese und andere Geschichten zeigen, wie wichtig es ist, die empfindliche Balance zwischen Natur und Nutzung der Saale zu wahren. „Die Saale von oben“ zeichnet ein neues, faszinierendes Bild von einem der geschichtsträchtigsten Flüsse Deutschlands. An keinem anderen Fluss erheben sich so viele Burgen und Schlösser. In der Reihe „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ geht Axel Bulthaupt auf eine ganz besondere filmische Entdeckungsreise, mit opulenten Bildern aus der Luft entlang einer abwechslungsreichen Flusslandschaft mitten in Deutschland. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 28.07.2015 MDR
  • Folge 175 (30 Min.)
    An keinem anderen Fluss erheben sich so viele Burgen und Schlösser wie an der Saale. Mit Luftaufnahmen erzählt der Film die Geschichte der Saale und Geschichten von Menschen, die aufs innigste mit „ihrer Saale“ verbunden sind. Die Filmemacher waren viele Tage und Flugstunden mit einem Hubschrauber unterwegs, vom Ursprung der Saale bis zu ihrer Mündung in die Elbe bei Magdeburg. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 04.08.2015 MDR
  • Folge 176 (30 Min.)
    Pressetext siehe Teil 1, 28.07.2015, 20:45 Uhr. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 11.08.2015 MDR
  • Folge 177
    Sie war eine Baustelle der Superlative und die größte Investition, die der DDR-Außenhandel jemals vergeben hatte. Im Buna-Komplex nahe Schkopau entstand von 1976 bis 1980 das größte und modernste PVC-Werk Europas. Sage und schreibe 1,3 Milliarden D-Mark betrug der Kredit, den die DDR dafür vom Westen bekam. Gebaut wurde mitten auf der grünen Wiese – komplett und schlüsselfertig von der Uhde GmbH aus Dortmund, einer Tochter der Hoechst AG aus der Bundesrepublik. Der Industrieanlagenbauer war damals einer der Besten der Welt. Der Deal: Die Westdeutschen bauen die Anlage – die DDR zahlt ihre Schulden in Form von PVC-Lieferungen ab.
    Ein Geschäft, das beiden Seiten zugute kam. Denn die ostdeutsche Chemieindustrie war technologisch und herstellungstechnisch an ihre Leistungsgrenze gekommen. Dabei stieg die Nachfrage nach PVC – dem Rohstoff für Plaste – ständig an. Die wenigsten DDR-Bürger wussten von dem gigantischen Ost-West-Bauprojekt. Der regionalen Parteizeitung „Freiheit“ war es nur eine kleine Meldung wert. Dabei waren rund 100 Westfirmen an dem Bau beteiligt. Fast ein Drittel der 9.000 Bauarbeiter, Monteure und Ingenieure kam aus der Bundesrepublik.
    Die Männer pendelten jede Woche ins Chemiedreieck, manche nahmen sogar ihre Familien mit in den Osten, wie Hans-Thilo Kempen. Gerade wieder Vater geworden, zog der junge Bankkaufmann mit Frau und zwei Kindern in den Osten – in die Plattenbausiedlung Halle Süd. „Für mich war das ein großes Abenteuer. Zum Einkaufen sind wir immer nach Westberlin gefahren“, so Hannelore Kempen. Zu Wort kommen die Macher von damals, wie der Bauingenieur Theo Wacker, für den die PVC-Anlage das Projekt seines Lebens war.
    Barbara und Manfred Dittmar betrieben damals einen kleinen Lebensmittelladen in Halle Süd. Sie sagen über die Bauzeit: „Das war unsere beste Zeit, die kommt nie wieder!“ Sie verkauften damals viel an westdeutsche Arbeiter und legten auch mal Bückware für sie zurück. Ihr kaufmännisches Geschick und ihre Findigkeit waren der Grundstein für ihr heutiges kleines Hotel „Guldenhof“ an selber Stelle. Das Ost-West-Projekt PVC-Werk Buna ging auf. 1980 wurde das Werk feierlich eröffnet, schon acht Jahre später waren die Kredite abbezahlt. Und es überlebte auch die Wende. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 18.08.2015 MDR
  • Folge 178 (30 Min.)
    Es war die Perle der DDR-Wirtschaft, aber auch seine größte Dreckschleuder. Zehntausende Tonnen Staub, Rauchgas und Teer spuckte Schwarze Pumpe jährlich aus, aber auch eine Milliarde Mark Gewinn. Vor genau 60 Jahren wurde am 31. August 1955 der Grundstein gelegt. Junge Leute aus allen Teilen der Republik zogen in die Lausitz. Hier gab es Neubauwohnungen, Kindergartenplätze und 200 Mark mehr für den gleichen Job als anderswo. Bis zur Wende 1989 gehört das Kombinat zu den erfolgreichsten Wirtschaftsunternehmen in Ostdeutschland. Nach der Wiedervereinigung ist es das Superbeispiel für die Abwicklung der DDR-Industrie. Innerhalb weniger Jahre wird der Energieriese platt gemacht.
    Anlagen und Patente werden zu Schleuderpreisen verkauft. Heute sind sie wieder weltweit gefragt und ein internationales Milliardengeschäft. In Schwarze Pumpe beginnt 1997 an alter Stelle eine neue Ära. Mit dem Bau eines hochmodernen Kraftwerkes mit einer Leistung von 1.600 Megawatt wird der historische Industriestandort wiederbelebt. 4.500 Menschen sind heute hier beschäftigt, zu DDR-Zeiten waren es über 20.000. Die Umweltbelastung durch Staub und Teer ist mittlerweile vollständig verschwunden. Davon profitieren nicht nur die Menschen, sondern vor allem die Natur. Einer der schmutzigsten Orte Deutschlands hat sich so zu einer faszinierenden Wildnis mit über 450 Tier- und Pflanzenarten gemausert.
    Raritäten wie Wiedehopfe, Kraniche oder Seeadler sind in ihre verloren geglaubte Heimat zurückgekehrt. Die alten Kohlegruben um Schwarze Pumpe bilden heute die größte künstliche Seenlandschaft Mitteleuropas. Anhand historischer Filmaufnahmen und Zeitzeugen, die den Weg der Kohle, der Menschen und der Region von Anfang an begleitet haben, geht der Film auf eine beeindruckende Entdeckungsreise durch eine Landschaft, wo Schönheit und Zerstörung so dicht beieinander liegen wie sonst kaum irgendwo in Deutschland. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 01.09.2015 MDR
  • Folge 179 (30 Min.)
    Karl May und Radebeul. Der große Autor sowie die sächsische Stadt zwischen Dresden und Meißen sind untrennbar miteinander verbunden. Radebeul war und ist Anlaufpunkt für Karl-May-Anhänger aus aller Welt. Als Karl May im Dezember 1895 in Radebeul eine prächtige weiße Villa kaufte, stand er auf dem Höhepunkt seines Ruhms. Seine Abenteuerromane fanden reißenden Absatz. Damit kein Zweifel daran aufkam, dass er all seine Abenteuer auch wirklich selbst erlebt hat, ließ der 53-jährige Karl May in goldenen Lettern gleich den Namen seines Alter Egos an der Hausfront anbringen: Old Shatterhand! Tatsächlich reiste Karl May erst mit 66 Jahren zum ersten Mal nach Nordamerika.
    Heute ist in diesem Haus das Karl-May-Museum. Zu DDR-Zeiten verzeichnete das Wohn- und Sterbehaus Karl Mays mit der „Villa Bärenfett“, der „Villa Shatterhand“, dem „Karl-May-Hain“ und der exquisiten Bibliothek sechsstellige Besucherzahlen. Das Interesse für Karl May hatte in der DDR zu einem regelrechten Indianer-Kult geführt, der nicht zuletzt durch Schauspieler wie Gojko Mitic lebendig gehalten wurde.
    Noch heute gibt es in Radebeul die „Old Manitou“, einen Indianer-Club, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1928 zurückreichen. In „Stetson-City““, einer Wildwest-Stadt am Rande Radebeuls, treffen sich auch heute noch Indianer und Cowboys. In einer neuen Folge „Der Osten – Entdecke wo Du lebst“ entdeckt Axel Bulthaupt gemeinsam mit den Zuschauern den von Abenteuergeschichten umwobenen Ort Radebeul. Er begegnet dabei u.a. Gojko Mitic, Hobby-Indianern und Karl-May-Experten. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 08.09.2015 MDR
  • Folge 180 (30 Min.)
    Er verdiente sein Geld mit Tabak, doch seine Leidenschaft waren Bäume und Sträucher. Diese Passion brauchte Platz, und so erwarb der Tabakfabrikant Carl Kneiff 1874 ein Grundstück im Grünen nahe Nordhausen. Dann wurde gebaut und gepflanzt, was das Zeug hielt – eine Villa, ein Kutscherhaus und ein Pavillon, entworfen vom Architekten Ludwig Bohnstedt, der gerade den 1. Preis für den Entwurf des Reichstagsgebäudes bekommen hatte. Ebenso angesagt war damals der Gartenkünstler Heinrich Siesmayer, der die zehn Hektar Landschaftspark mit vielen seltenen Arten gestaltete.
    Daraus wurde ein Juwel, das unter Thüringens vielen Parks und Residenzen eine Rarität ist. Verfallen und verkommen nach der Wende, blieb es trotzdem fast unverändert erhalten. Und da kommen sie ins Spiel – die rüstigen Retter von Hohenrode. Altersbeschwerden kennen sie nicht: Jeden Morgen 9 Uhr kommen rund 30 Senioren – fast alle so um die 70 – freiwillig zur Arbeit, schnappen sich Bagger, Kelle, Trennschleifer oder Gartengeräte und legen los. Sie wollen das denkmalgeschützte Ensemble, das Juwel retten. Es stand nach der Wende 20 Jahre leer, die große Villa ist mit Schwamm, der Park mit Riesenbärenklau verseucht.
    Geld für die Rettung gibt es zunächst nicht. Stadt und Land wollen nicht helfen, denn das Anwesen ist Privateigentum. Die hartnäckigen Senioren starten durch: 2005 wird der Bärenklau gerodet, mit Hilfe der Schulen. Sie gründen eine Bürgerstiftung, verkaufen Hohenrode-Aktien und gewinnen Sponsoren. 2010 können sie Hohenrode kaufen. Und seither haben sie viel geschafft: Der Park ist gepflegt, der Bärenklau fast verschwunden, die Villa wird saniert.
    In der Bürgerstiftung Hohenrode engagieren sich inzwischen mehr als 400 Menschen. 2017 will Stiftungschefin Gisela Hartmann der Gemeinschaft eine fertige Villa übergeben. Die 75-Jährige, einst Bürgerrechtlerin, ist treibende Kraft der Hohenröder „Giganten“, wie sie ihre Senioren-Partner nennt. Das Herzensanliegen – die Rettung des Juwels – ist nun in greifbarer Nähe. Dafür rackern sie weiterhin täglich auf der Baustelle und sind ein unglaublicher Beweis dafür, dass man mit 70 immer noch tolle Träume wahrmachen kann. Autorin Ria Weber hat sie ein Jahr lang begleitet. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 15.09.2015 MDR
  • Folge 181 (30 Min.)
    Axel Bulthaupt entdeckt den Rennsteig. 40 Jahre lang durchteilte die innerdeutsche Grenze den knapp 170 Kilometer langen Wanderweg. Auf seiner Reise trifft Bulthaupt auf Wanderer, Zeitzeugen der Grenzöffnung, Naturschützer und Sportler. Menschen, die eng mit dem Rennsteig verbunden sind und die alle eins gemeinsam haben: Sie wollen diesen einmaligen Wanderweg und die schützenswerte Natur erhalten. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 22.09.2015 MDR
  • Folge 182 (30 Min.)
    Elf Punkte und ein nackter Po – Die grünen Flügel mit den elf weißen Punkten sind das Markenzeichen der berühmten Engel aus Grünhainichen. Die kunsthandwerkliche Fertigung der heute weltweit bekannten Wendt & Kühn-Figurenwelt beruht auf einem reichen Musterschatz aus über 2.500 Skizzen, Farbentwürfen und Maßzeichnungen der Gründerinnen Grete Wendt (1887–1979) und Grete Kühn (1888–1977) sowie von Weggefährtin Olly Wendt (1896–1991). Im erzgebirgischen Grünhainichen gründen Grete Wendt und ihre Studienfreundin Grete Kühn 1915 die gemeinsame Firma „Wendt & Kühn“. Die beiden Frauen haben Anfang des 20. Jahrhunderts an der Kunstgewerbeakademie in Dresden studiert.
    Ihren ersten Weihnachtsengel entwirft Grete Wendt 1914 für ihren Bruder Johannes, Soldat im Ersten Weltkrieg als Zeichen der Hoffnung. 1937 gewinnt der Engelberg mit Madonna eine Goldmedaille auf der Pariser Weltausstellung – der internationale Durchbruch für „Wendt & Kühn“. Beim Entwurf der Engelmusikanten beschreitet Grete Wendt neue gestalterische Wege. Im Kontrast zur traditionellen Erzgebirgskunst, die oftmals eher starr wirkte, verleiht sie ihren Entwürfen eine schwungvolle Dynamik. „Meine Großtante hauchte ihren Geschöpfen Leben ein und gab ihnen kreative Eigenständigkeit“, erklärt Claudia Baer, geborene Wendt, die heute in dritter Generation das Unternehmen leitet.
    Nach dem Zweiten Weltkrieg wird der Betrieb zu 50 Prozent enteignet. Mit Hilfe ihrer Mitarbeiter kann Grete Wendt die verlorenen Anteile zurückkaufen. 1954 wird sie in der DDR als Kunstschaffende anerkannt. Doch der Handwerksbetrieb muss sich den DDR-Wirtschaftsplänen unterordnen: Über 90 Prozent der Produktion gehen in den Export. Im Jahre 1972 wird der Betrieb verstaatlicht und in VEB Werk-Kunst umbenannt. Grete Wendts himmlische Geschöpfe sprechen damals wie heute Liebhaber und Sammler aus aller Welt an.
    Zu den prominentesten aus jener Zeit zählen der Humanist und Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer, der in seiner Klinik im afrikanischen Lambarene einen Engelberg besaß, oder Helene Weigel, Intendantin des Berliner Ensembles und große Brechtdarstellerin, die oft nach Grünhainichen kam, um Kunsthandwerk aus der Manufaktur zu erwerben. Die Figuren von „Wendt & Kühn“ sind noch immer die gleichen, nur die Präsentation ist aufwendiger geworden. Auch der Markt hat sich erweitert. Die Produkte werden heute in die ganze Welt exportiert und sind besonders in Schweden, Japan und den USA beliebt. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 06.10.2015 MDR
  • Folge 183 (30 Min.)
    „Jacobs-Kaffee ist die Krönung, Kaffee-Mix ist der Gipfel.“ Diese scherzhafte Redewendung hatte zu DDR-Zeiten durchaus ihre Berechtigung – denn geschmeckt hat diese Mischung aus 51 Prozent Kaffee, Getreide und Zichorie nicht. Es hagelte Eingaben und Proteste. Denn auch im Arbeiter- und Bauernstaat war Kaffee äußerst beliebt. Die DDR-Bürger gaben in den 70er-Jahren 3,3 Milliarden Mark pro Jahr für die teuren Bohnen aus, fast ebenso viel wie für Möbel und nahezu doppelt so viel wie für Schuhe. Richtiger Kaffee war teuer und musste für Devisen aus Lateinamerika importiert werden.
    Gerhard Jarczewski kann sich noch gut daran erinnern. Er war seinerzeit stellvertretender Direktor im VEB Kaffee Halle, dem größten Kaffeeproduzenten im östlichen Wirtschaftsraum, dem RGW. „Wir mussten an Kaffee ran. Und da war uns jedes Mittel recht“, erinnert sich Jarczewski. Die DDR suchte deshalb nach preiswerteren Kaffeeproduzenten. Das befreundete Vietnam erschien wegen seines tropischen Klimas vielversprechend. Die DDR schloss daraufhin 1980 ein Regierungsabkommen mit dem südostasiatischen Land über den Bau von 10.000 Hektar Kaffeeplantagen.
    „Ich wusste nicht, was da auf mich zukommt, aber im Nachhinein bin ich dankbar für diese Mammut-Aufgabe“, sagt Siegfried Kaulfuß. Er hat ab 1981 die Umsetzung des Regierungsabkommens im Auftrag des DDR-Ministeriums für Lebensmittelindustrie geleitet. Für die neu anzulegenden Plantagen wurde Wildnis gerodet, mussten Maschinen geliefert, Straßen, Siedlungen, Schulen gebaut und Arbeitskräfte gewonnen werden. Das Projekt wurde für das kriegsgeschundene Vietnam zu enormer Entwicklungshilfe. Der DDR nützte es allerdings nichts mehr. Die war als der erste Kaffee geerntet wurde Geschichte.
    Gemeinsam mit einem Kamerateam des MDR-FERNSEHENS reist der 86-jährige Siegfried Kaulfuß noch einmal ins vietnamesische Hochland, um zu sehen, was aus seiner Aufbauarbeit geworden ist. Warum Vietnam heute einer der größten Kaffeeproduzenten der Welt ist und welches Schicksal die Kaffeefabrik Halle ereilte – das erzählen Zeitzeugen in der Reportage „Die DDR-Kaffee-Offensive – Bückware ade“. Dazu gibt es in der neuen Folge aus der Reihe „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ erstmals umfangreiches historisches Bildmaterial über dieses spannende Kapitel DDR-Wirtschaft zu sehen. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 20.10.2015 MDR
  • Folge 184 (30 Min.)
    Ob im Mittelalter oder in der Kaiserzeit, während der NS-Herrschaft oder in der DDR, kaum ein Ort in Deutschland ist von den Herrschenden stärker vereinnahmt worden als dieses kleine Gebirge im Norden Thüringens – das Kyffhäusergebirge, im Volksmund schlicht „Der Kyffhäuser“. Wer hier Spuren hinterließ, hatte Großes vor. Bekannt und beliebt ist es bei Touristen vor allem durch die Sage um Kaiser Barbarossa und das dem Kaiser Wilhelm I. gewidmete Denkmal. Es zählt zu den bekanntesten Deutschlands. Das größte Geheimnis dieses Ortes allerdings ist nicht das weithin sichtbare Wahrzeichen, sondern das, was der Kyffhäuser in seinem Innersten verborgen hält – sagenumwoben, geheimnisvoll und düster: seine Höhlen.
    Ob als Versteck für einen Prinzenraub oder als Unterschlupf einer legendären Diebesbande, interessant sind sie bis heute nicht nur für Geologen und passionierte Höhlenforscher. Wie und warum diese Höhlen jedoch im 20. Jahrhundert ins Blickfeld der Mächtigen und ihrer Geheimdienste geraten, das erkundet Axel Bulthaupt in einer neuen Folge „Der Osten – Entdecke wo du lebst“. Entlang der Geschichte eines westdeutschen Geologen, der sich in Zeiten des Kalten Krieges aufmachte, den Kyffhäuser zu erforschen, entdeckt der Film einen Ort, den jeder zu kennen glaubt. Und so führt Axel Bulthaupt auf die geheimnisvollen Spuren des Kyffhäusers, hinauf zum Denkmal, aber auch hinab in die Unterwelt der verborgenen Höhlen. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 03.11.2015 MDR
  • Folge 185 (30 Min.)
    Wie werden aus 150.000 DM hundert Millionen Dollar? Wie wird aus einer Rasierklingenfabrik im Süden Thüringens ein Global Player? Wie aus einem einstigen VEB ein amerikanisches Startup-Unternehmen? Die Dokumentation erzählt von der bewegten Geschichte der Ritzmawerke Eisfeld und von einer Unternehmerfamilie, die durch die totalitären Systeme des Jahrhunderts geprägt ist. Im Februar 2014 schreckt ein Artikel im Magazin „Spiegel“ den 80-jährigen Hanns H. Neumaier auf. Die Feintechnik GmbH, bis 1990 VEB Feintechnik und Hersteller von Rasierklingen und Nassrasierern, wird für 100 Millionen Dollar an zwei US-Investoren verkauft.
    Andy Meyer-Katz und Jeff Raider wollen mit der Eisfelder Fabrik den Kampf gegen die Markt-Giganten aufnehmen. Denn die Feintechnik GmbH in Eisfeld ist einer der wenigen Hersteller, die unabhängig von den Weltmarktführern produzieren. Unter dem neuen Markennamen „Harry’s“ werden Produkte aus Eisfeld zunächst per Internet auf dem US-Markt vertrieben. Der Löwenanteil geht an große Handelsketten, die sie unter eignen Labels vertreiben.
    Der Verkauf der Fabrik an die US-Amerikaner ist das letzte Kapitel im Kampf von Hanns H. Neumaier, Enkel des Firmengründers, um das Erbe seines Großvaters Albin Ritzmann. Der war Gründer der Ritzmawerke in Eisfeld, ein kreativer Ingenieur und Unternehmer. Er wurde nach Kriegsende als angeblicher Nazi verhaftet und starb 1947 im Speziallager Buchenwald. 1948 wurde aus den Ritzma-Werken der VEB Feintechnik, einziger Rasierklingenhersteller in der DDR. Marken wie „FTE Start“ oder „Croma“ werden Exportschlager nach Afrika und Asien.
    Gleich 1990 hatte Hanns H. Neumaier die Rückgabe des großväterlichen Vermögens gefordert. Doch der Einigungsvertrag sieht für Betriebe, die von den Sowjets zwischen 1945 und 1949 enteignet und verstaatlicht wurden, keine Rückübertragung vor. Als seine Rückgabeforderungen scheitern, will er den Betrieb von der Treuhand zurückkaufen. Doch den Zuschlag bekommt ein italienischer Klingenproduzent für 150.000 DM. Im Gegensatz zu Hanns H. Neumaier kann er die geforderte Beschäftigungsgarantie für 110 Mitarbeiter zusichern.
    Die Klingen aus Eisfeld behaupten sich gegen Gillette und Wilkinson, die mehr als 80 Prozent des Weltmarktes beherrschen. Und das ruft dann 2014 die Amerikaner auf dem Plan. Heute ist Hanns H. Neumaier nach langem Kampf um das Erbe seines Großvaters des Streitens müde. Doch Zeichen der Versöhnung und des Trosts wäre für ihn, wenn eine Straße der Stadt den Namen von Albin Ritzmann tragen würde. „Auf der Rasierklinge …“ – tragische Familiensaga, Wirtschaftskrimi und märchenhafte Geschichte zugleich. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 10.11.2015 MDR
  • Folge 186 (30 Min.)
    Sie hat 17 Kurven, 15 Prozent Gefälle und ist eine der anspruchsvollsten Bahnen der Welt – die Rennschlitten- und Bobbahn Altenberg. Seit 1987 ist die 1.413 Meter lange Eisröhre im Kohlgrund zwischen Oberbärenburg und Hirschsprung Wettkampf- und Trainingsstätte der Kufensportler. 13 Weltmeisterschaften im Bob, Rennrodel und Skeleton fanden bisher hier statt. Der Eiskanal blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Und er hat ein gut gehütetes Geheimnis: Er wurde gebaut, teilweise gesprengt und wieder gebaut. Die Kosten dafür kennt niemand so ganz genau. Von bis zu 250 Millionen DDR-Mark ist die Rede.
    Ihre Entstehung verdankt die Betonröhre angeblich einer Rivalität zwischen dem damaligen Armeegeneral Heinz Hoffmann und dem Chef des Ministeriums für Staatssicherheit, Erich Mielke. Ob diese Gerüchte stimmen? Der Film geht dieser Frage nach. Und er erzählt auch über das zu DDR-Zeiten streng abgeschirmte Trainingszentrum am Rande der Bahn. Wolfgang Hoppe, sechsmaliger Weltmeister und zweifacher Olympiasieger, kommt ebenso zu Wort wie der Eismeister Ralf Mende. Er ist die Seele der Anlage und seit 32 Jahren dabei. Auch wenn die Eisschicht nur zwei bis drei Zentimeter stark ist, dauert es mehrere Tage, bis sie perfekt und sicher ist für Wettkämpfe und Training.
    Geschildert wird der Überlebenskampf der Bahn nach der Wende. Mit welchen Problemen, Hürden, Hindernissen hatte man in Altenberg zu kämpfen? Konnte sich ein so kleiner Ort eine solch teure Bahn überhaupt leisten, fragte sich manch Altenberger. Anekdoten rund um die Bob-WM 1991 erzählen vom schwierigen Neuanfang nach der Wende Der Film schaut hinter die Kulissen und unter die Eisbahn, zeigt was man auch im Sommer auf einer Bob- und Rodelbahn so alles machen kann und gibt einen Ausblick in die Zukunft. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 24.11.2015 MDR
  • Folge 187 (30 Min.)
    Es ist ein ganz besonderer Tag, wenn in Weimar die große Tanne auf dem Markt feierlich aufgestellt wird. Der Christbaum für alle! Der Traum vom Weihnachtsbaum für alle wurde in Weimar zum ersten Mal in Deutschland verwirklicht. Ein freundlicher Buchhändler namens Johann Wilhelm Hoffmann stellte am Vorweihnachtsabend 1815 vor seinem Laden einen Christbaum auf, den ersten öffentlichen Weihnachtsbaum für arme Kinder in einer deutschen Stadt. Vor dem Cranachhaus, auf dem Weimarer Marktplatz. Dieses Zeichen der Nächstenliebe ging hinaus in die Welt, auf die Plätze und Märkte, in die Wohnzimmer, die Kriegslazarette, die Hospize. Daraus erwuchs auch der Gedanke der Nächstenliebe und der sozialen Fürsorge auf besondere Art.
    Denn der Dichter von „O Du Fröhliche“, Johannes Daniel Falk, trug mit seiner „Gesellschaft der Freunde in der Not“ die Botschaft von der Fürsorge für die Bedürftigen in das Land hinein. Und der Weimarer Innenstadtverein und die Händler nehmen alljährlich die Spur wieder auf, die einst der Weimarer Pfarrer Alexander Wessel legte. Im Jahre 1924 verteilte er auf den Treppen des Landesmuseums, unter einem leuchtenden Weihnachtsbaum, Spenden von begüterten Weimarern. Erst von den Nazis wurde diese wohltätige Aktion verboten und Pfarrer Wessel kam ins KZ Buchenwald. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 01.12.2015 MDR
  • Folge 188 (30 Min.)
    Das Weihnachtsfest 1915 war in dem kleinen Heidedorf Zschornewitz bei Gräfenhainichen besonders. Die Glocken der kleinen Dorfkirche läuteten und mit dem pfeifenden Ton einer Werkssirene hallte erstmals ein neues Geräusch durch die Heilige Nacht, das den Alltag des Dorfes fast 90 Jahre prägen sollte. In nur einem halben Jahr war in Zschornewitz ein riesiges Kohlekraftwerk entstanden. Im Ersten Weltkrieg lieferte es Strom für die kriegswichtige Stickstoffproduktion. In den Goldenen Zwanzigern sorgte Strom aus Zschornewitz dafür, dass die Reklamen auf dem Berliner Ku’damm hell leuchteten. Auch die Berliner S-Bahn ratterte nur durch die Nacht, weil über 100 Kilometer entfernt im Kraftwerk genügend Feuer in den Kesseln war.
    Mit 16 Schornsteinen, die weit in das Land ragen, ist Zschornewitz seinerzeit das größte Braunkohlekraftwerk der Welt. Drumherum entstand eine ganze Werkssiedlung. Bis zum Ende der DDR lieferte Zschornewitz zuverlässig Strom. „Das Kraftwerk hat den Rhythmus des ganzen Dorfes bestimmt“, erinnert sich heute Bürgermeisterin Martina Schön. Wie viele Zschornewitzer hat auch sie früher im Kraftwerk gearbeitet. Im Sommer 1992 wird es geschlossen, das monotone Brummen der Turbinen und die Werkssirene verstummen endgültig. Heute ist das Kraftwerk ein Industriedenkmal. Und die ehemaligen Kollegen treffen sich dort noch immer jeden Mittwoch, um die Überbleibsel ihres Kraftwerkes zu pflegen. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 08.12.2015 MDR
  • Folge 189
    Eisenhüttenstadt liegt weit im Osten Deutschlands. Mit etwas über 27.000 Einwohnern wohnen dort nur drei Generationen – Gründerväter, Kinder der Stadt und die Nach-Wende-Generation. Mehr sind es nicht, denn der Ort wurde erst Anfang der 50er-Jahre aus dem Boden gestampft. Das riesige Stahlwerk gleich nebenan benötigte schließlich Wohnungen für seine Arbeiter. Wie lebt es sich heute in diesem „Experiment“ Eisenhüttenstadt? Axel Bulthaupt geht dieser spannenden Frage nach, zusammen mit Stahlwerkern, Bewohnern und Stadtgründern.
    Eberhard Harz kam einst als Stahlwerker nach Eisenhüttenstadt. Nach der Wende leitet er die umfangreichen Sanierungen denkmalgeschützter Wohnhäuser. Inzwischen sind Stadtführungen seine Profession. 2011 führte er zum ersten Mal den amerikanischen Schauspieler Tom Hanks durch Eisenhüttenstadt. Der war so begeistert, dass er die Stadt als „Iron Hut City“ in den USA bekannt machte. Karl Döring aus Hohenstein-Ernstthal ist Eisenhüttenstadt seit den 60er-Jahren verbunden. Er brachte es bis 1985 zum Generaldirektor des Bandstahlkombinats.
    Heute ist er ein gefragter Berater in der Stahlbranche – natürlich auch in Eisenhüttenstadt. Am 18. August 1950 startet südlich von Frankfurt an der Oder dieses ehrgeizige Projekt der jungen DDR, unter dem Motto: Stahl, Brot und Frieden. Eine komplette Stadt vom Reißbrett für 50.000 Menschen entsteht. Alle geplanten Vorzüge der sozialistischen Gesellschaft sollen hier zum Tragen kommen: Wohnkomfort, Kultur, Kinderbetreuung und ausgezeichnete Gesundheitsversorgung. Am 7. Mai 1953 erhält die Stadt den Namen Stalinstadt.
    Sämtliche Bewohner sind Zuzügler. Ein großer Teil kommt aus Mitteldeutschland, viele aus Sachsen. Andere stammen aus Gebieten jenseits der Oder, sind Flüchtlinge und Umsiedler. Sie alle prägten über Jahrzehnte die Stadt. Ein Schmelztiegel ohne Vorbild. Ein großer Teil der ehrgeizigen Pläne bleibt jedoch auf der Strecke. 1961 mutiert Stalinstadt zu Eisenhüttenstadt und Plattenbauten dominieren nun die neuen Stadtteile. Für ein richtiges Stadtzentrum hat es nie gereicht. Doch die Menschen richten sich ein in dem DDR-Vorzeigeort.
    Nach 1990 geht es noch fünf Jahre gut mit der Stahlproduktion, dann verliert die Stadt nach und nach fast die Hälfte ihrer Einwohner. Heute ist das Stahlwerk noch immer Mittelpunkt, aber von ehemals 18.000 Beschäftigten sind nur noch 2.500 Stahlwerker übrig geblieben und Eisenhüttenstadt sucht noch immer seine Identität. Für die einen ist die Stadt ein Ort voller Nostalgie und Tristesse, für andere ein Geheimtipp, weil es kaum in Deutschland eine vergleichbare Stadt gibt und steigende Besucherzahlen scheinen diese Annahme zu bestätigen. (Text: mdr)
    Deutsche TV-Premiere Di. 15.12.2015 MDR

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