2015, Folge 151–170

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  • Folge 151 (30 Min.)
    Harzer Böller, Prachtfontänen, Taifun-Raketen und die legendären PFAU-Knaller wecken bei den Ostdeutschen noch heute Silvestererinnerungen. Die Böller- und Bombenfabrik Uftrungen im Südharz existierte 140 Jahre, überstand zwei Weltkriege und 40 sozialistische Silvester. Enorm schnell, präzise und mit Fingerspitzengefühl haben die fast immer weiblichen Brigaden Feuerwerk und Munition für den Ostblock, aber auch für das westliche Ausland produziert. Nach der Wende kam das Aus, die „Knallerfrauen“ wurden arbeitslos, nicht zuletzt wegen der „hohen Qualität“ ihrer Produkte. Denn der „Zonenknall“ lag weit über Weltniveau.
    Mehr als 115 Dezibel waren zu hoch für die bundesdeutschen Industrienormen. Den beliebten Knallern und Silvesterraketen „Made in GDR“ wurde die bundesdeutsche Zulassung verweigert – das Ende einer einzigartigen Ära im sogenannten „pyrotechnischen Dreieck Deutschlands“: Uftrungen, Rottleberode und Silberhütte. Dabei war dort in den 1930er-Jahren das erste pulverbetriebene Auto der Welt entwickelt worden. Bestückt mit 36 Pulverraketen, schossen die Prototypen der Raketenwagen RAK-I und RAK-II durch die Täler des Harzes. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde die PFAU (Pyrotechnische Fabrik Apel Uftrungen) aus Sicherheitsgründen stillgelegt.
    Doch schon zur Gründungsfeier der DDR im Oktober 1949 leuchteten am Abendhimmel über Berlin wieder die Feuerwerksraketen aus Uftrungen. Nach der deutschen Wiedervereinigung gab es verschiedene Versuche, an die Traditionen der pyrotechnischen Produktion anzuknüpfen, doch die meisten scheiterten. Auch aktuell versucht eine Firma, hier wieder Feuerwerk zu produzieren, darunter auch DDR-Silvesterartikel. Die Reportage beleuchtet mit Zeitzeugen und historischem Filmmaterial die Geschichte der „Himmelszauber-Fabrik“ und geht der Frage nach, welche Chancen der Betrieb heute wieder haben könnte. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 06.01.2015MDR
  • Folge 152 (30 Min.)
    Häfen haben ihre eigene Welt von Abenteuer, Ankommen und Abschied – nicht nur für Schiffer. Sie sind immer auch Tummelplatz für zwielichtige Gestalten, wie Schmuggler, Spione oder „leichte Mädchen“. Auch davon kann der Magdeburger Hafen erzählen. Er gehört zu den größten Binnenhäfen Europas. Knapp zehn Kilometer die Elbe entlang geballte Wirtschaftskraft, kombiniert mit Hightech und umgeben von ausgetüftelten Schleusenwerken. Von hier aus sind über das Magdeburger Wasserstraßenkreuz alle wichtigen Metropolen des Kontinents per Schiff zu erreichen.
    Unter dem Label „Wissenschaftshafen“ etablieren sich heute auch Forschungsinstitute und Start-up-Unternehmen an den Kaimauern. Bis vor 25 Jahren sah das anders aus. Da war der Hafen Hochsicherheitsareal. Für Unbefugte verboten! Eine abgeschlossene Welt, in der der Geheimdienst das Sagen hatte. Die Anfänge des Hafenbetriebes in Magdeburg reichen bis 1815 zurück. In steter Konkurrenz mit Hamburg wurden hier Agrarprodukte aus der Magdeburger Börde umgeschlagen: Zucker, Salz, Holz, Futter. Doch ein Tag änderte alles! Der 16. Januar 1945. Unter dem Beschuss von hunderten Bombern der Royal Air Force versank Magdeburg in Schutt und Asche.
    Nach der deutschen Teilung entwickelt sich der Hafen zur hochsensiblen Transitzone mit einer hohen Mauer darum. Und dahinter? Ehemalige Schiffer aus dem Westen erzählen heute davon, wie sie drangsaliert wurden. Hinter dem Rücken der Stasi geht es im Hafen aber auch recht locker zu. Damen von zweifelhaftem Ruf finden sich immer wieder in der Nähe der Schiffe. Es wird geschmuggelt, gestohlen und getauscht – Kohlen aus der DDR-Staatsreserve für den heimischen Ofen, tschechisches Bier gegen dringend benötigte Ersatzteile für die Kräne.
    Mit der Mauer um die DDR fällt auch die Mauer um die abgeschottete Welt des Magdeburger Hafens. Doch die Binnenschifffahrt hat nun keine große Bedeutung mehr. Erst seit der Jahrtausendwende gibt es wieder einen Aufschwung. Zeichen dafür sind der neue Hansehafen und der Wissenschaftshafen mit seiner „Denkfabrik“. Axel Bulthaupt präsentiert in einer neuen Folge von „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ diesen jahrzehntelang abgeschotteten Ort und er trifft Menschen, deren ganz persönliches Schicksal eng mit dem Hafen verbunden ist. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 13.01.2015MDR
  • Folge 153 (30 Min.)
    Einmal im Jahr feiert Mitteldeutschland seinen größten Ball – den Semperopernball in Dresden. Auch zum zehnjährigen Jubiläum im Januar 2015 gibt es ein gigantisches Spektakel, mit 13.000 tanzenden Dresdnern auf dem Vorplatz der Semperoper und 2.300 Gästen im prachtvollen Saal. Ein rauschendes Fest, pompös und elegant. Die Damen in teuren Roben, die Herren im Smoking zelebrieren ein altes Ritual barocker Tanzkultur. Der erste Ball in Dresden fand 1925 statt. Damals war es die Sehnsucht der Bürger, große Feste zu zelebrieren. Ein Zauber, der bis heute nichts von seiner Besonderheit verloren hat.
    Eine der wichtigsten Zutaten allerdings: Glanz und Glamour. Ob ihre Königliche Hoheit Silvia von Schweden, der EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Schauspieler Roger Moore oder Til Schweiger, die Sänger Udo Jürgens, Bob Geldof, Helene Fischer, die Schauspielerinnen Catherine Deneuve, Ornella Muti, Spitzenpolitiker Hans-Dietrich Genscher oder Präsident Vladimir Putin, dem Ruf des Semperopernballs nach Dresden sind sie alle gefolgt. Doch wie gelingt es eigentlich, im Terminkalender einer königlichen Hoheit den Semperopernball zu platzieren oder einen Mächtigen wie Putin, vom Vorteil des Tragens eines Smokings zu überzeugen? Wie inszeniert man den Zauber einer Nacht in der Realität? In der neuen Folge von „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ begibt sich Axel Bulthaupt auf Spurensuche.
    Was er entdeckt, ist so berührend wie märchenhaft, so verrückt wie realistisch. Nämlich dann, wenn die 17-jährigen Debütantenanwärter Annika Weber und Markus Esser im Casting zittern, ob sie es beim Vortanzen am Ende tatsächlich auf die große Bühne der Semperoper schaffen.
    Oder wie es dem Moderator Gunther Emmerlich gelingt, was auch immer hinter den Kameras geschieht, davor nahezu jede Pointe souverän zu präsentieren? Und wie bewirtet man 2.300 Gäste mit einem edlen Menü, während gesungen, getanzt oder während der Rede einer Königin nicht einmal das Geräusch einer fallenden Stecknadel zu hören sein sollte? Wer garantiert, nahezu unsichtbar, Schutz und Sicherheit der Prominenten inmitten einer feiernden Menge? Axel Bulthaupt entdeckt dieses glanzvolle Ereignis, das einmal im Jahr Millionen mitreißt – ob im Tango oder Walzerschritt. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 20.01.2015MDR
  • Folge 154 (30 Min.)
    Auf ewig in Metall gegossen stehen die Schriftzeichen an den Krematoriumsöfen von Auschwitz und Buchenwald: Topf & Söhne, Erfurt. Das Bild ist Symbol für den millionenfachen, industrialisierten Mord. Die Autorin hatte den Schriftzug in Buchenwald schon als Kind gesehen: Erfurt? Was hatte ihre Heimatstadt mit diesen schrecklichen Öfen zu tun? Sie bekam damals keine Antwort und erfuhr es erst nach der Wende. Dabei kannte den Betrieb Erfurter Speicherei- und Mälzerbau jeder in der Stadt. Topf & Söhne war ein vergessener Ort, der keine Ruhe gab. Der Film von Dr. Ute Gebhardt erzählt die Geschichte eines unheilvollen Ortes in der deutschen Geschichte – des Firmengeländes von Topf & Söhne.
    Von der ehrgeizigen Gründung der Firma bis zu ihrer Verstrickung in die Massenmorde des NS-Regimes – über das Verdrängen zu DDR-Zeiten, die Ignoranz nach der Wende, das zunächst unwillige Erinnern, die Besetzung des „Täterortes“ als autonomes Kulturzentrum bis zum späten Ringen um den Erinnerungsort, der er heute ist. Die Krematoriumsöfen und Anlagen von „Topf & Söhne“ waren die entscheidende technische Voraussetzung für den Holocaust. Doch warum haben sich die Ingenieure schuldig gemacht, obwohl sie zunächst nur einen Auftrag mit einem technischen Problem bearbeiteten? Warum gab dieser Ort keine Ruhe? Und warum lassen nur Erinnern und Wissen einen unheilvollen Ort produktiv werden? (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 27.01.2015MDR
  • Folge 155 (30 Min.)
    Es ist sein gewagtestes Bild, sein schwärzestes, sein härtestes: DRESDEN 1945 als XXL-Gemälde auf rund 30 x 100 Metern Polyester. Yadegar Asisi, das Maler-Genie, der Perspektiven-Guru und Erneuerer der großen Panoramen-Welten wagt sich nach Publikums-Rennern wie „Rom 312“ oder „Leipzig 1813“ an „Dresden 1945“. Aber: Wer will diese Großstadt-Sinfonie des Untergangs und des Schmerzes, des Grauens und des Sterbens sehen? Asisi weiß, dass er mit dem Bild auch scheitern kann. Über 50 Dresdner oder deren Nachfahren folgten seinem Aufruf und schickten Kartons voller Fotos, Foto-Alben und Dokumente, die Dresdens Stadtbild zwischen etwa 1930 bis in die 1950er-Jahre hinein dokumentieren.
    Mit Hilfe eines vielköpfigen Teams rekonstruiert Yadegar Asisi so akribisch wie möglich das Bild einer Stadt im Moment der Ohnmacht: Einen Tag, nachdem alliierte Bomber-Verbände in vier verheerenden Angriffswellen die Stadt ab dem 13. Februar 1945 in Schutt und Asche legten! Es ist jener Moment, da die Überlebenden im Schockzustand aus den Trümmern kriechen und die kühne Kuppel der Frauenkirche gerade in der Hitze des Feuersturmes implodiert. Der Film begleitet Asisi bei seinen Entscheidungen: Wie viel Tod, wie viele Tote, wie viel Feuer und Rauch, wie viel Schnee, wie viel Nazi-Propaganda war zu sehen, muss zu sehen sein, will ich, muss ich zeigen? Doch neben einem Making-of von „Dresden 1945“ wird im Film auch erzählt, wie Asisi zur Panoramen-Malerei fand, worin er das Erfolgsrezept seiner Arbeiten sieht.
    Und er gibt erstmals Auskunft über seine persönliche Geschichte: Wie der Vater vom Schah von Persien als Staatsverräter hingerichtet wurde und die DDR der Familie politisches Asyl anbot, wie er seine Kindheit und Jugend in Halle, Leipzig und Dresden verbrachte und warum er sich heute mehr „als Ossi denn als Orientale“ fühle. Auch durch diese Nähe zu den Dresdnern glaubt Asisi, das Recht und die Verpflichtung zu haben, über den Bombenangriff ein Panoramen-Requiem zu entwickeln. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 03.02.2015MDR
  • Folge 156 (30 Min.)
    „Das Schönste am Karneval ist die Zeit davor“, sagen viele Wasunger. Denn das ist die Zeit, in der die Wasunger tüfteln, basteln, alles nochmal verwerfen, bauen, nähen und etwas Großartiges entstehen lassen. Für ihren großen Karnevalsumzug, immer am Samstag vor Rosenmontag. Fast jede Wasunger Familie in der kleinen Stadt im Werratal hat eine lange Tradition. Denn hier ist die Hochburg Mitteldeutschlands. Der Umzug ist einzigartig, fast alles wird selbst kreiert, gebaut und genäht. Da haben Sponsoren keine Chance.
    „Der Osten – entdecke wo du lebst“ nimmt die Zuschauer mit in den Vorbereitungstrubel. Vier Gruppen werden begleitet – von den ersten Ideen, Kostümentwürfen und Skizzen für die Wagen bis zu den letzten Handgriffen. Eine nennt einen wertvollen Schatz ihr Eigen: Ines Jungk, die fleißigste der Schneiderinnen, näht in den Monaten vor dem Umzug rund um die Uhr. Und das ist keine Floskel, denn sie näht die aufwendigen Kostüme für ihre eigene Gruppe und für andere Wasunger, die toll aussehen wollen, aber kein Talent, keine Zeit oder beides nicht haben.
    Dann sind da die Technik-Freaks. Sie tüfteln tagelang an den Wagen und den abenteuerlichen Aufbauten und feilen wochenlang an der Umsetzung. Ihr Lohn: die staunenden Gesichter der Umzugsgäste am Straßenrand. Eine der ältesten Umzugsgruppen sind die Turner. Die Männer waren tatsächlich alle einmal Turner. Was ihr Gefährt nicht vermuten lässt, denn sie bauen sich den Wagen immer so, dass sie darauf mitfahren können und nicht laufen müssen. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 10.02.2015MDR
  • Folge 157 (30 Min.)
    Ein Gigant aus Stahl und Beton. Mit 142 Metern überragt es alle anderen Gebäude Leipzigs. Wie das auffälligste Wahrzeichen allerdings heißt, da sind sich die Einheimischen uneinig. Weisheitszahn? Uni-Riese? MDR-Turm? Die Sendung begibt sich auf eine Expedition durch das Gebäude. Stockwerk für Stockwerk erfahren wir Geschichten von Menschen und von einem Gebäude, das jeder zu kennen meint. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 24.02.2015MDR
  • Folge 158 (30 Min.)
    2015 wird zum Schicksalsjahr für die Menschen im und um den gigantischen Tagebau Nochten in der sorbischen Lausitz Sachsens. Denn Vattenfall, der schwedische Staatskonzern, der mit dem schwarzen Gold der Lausitz Millionen verdient hat, will jetzt seine Braunkohlensparte verkaufen. Seit Anfang der 70er-Jahre fördern hier gigantische Schaufelradbagger und die größte bewegliche Maschine der Welt – die Förderbrücke F 60 – Rohbraunkohle, Tag für Tag, Stunde um Stunde, vor allem für das benachbarte Kraftwerk Boxberg. Erst 2014 ist die Erweiterung des Tagebaus zugelassen worden, ein gutes Verkaufsargument für Vattenfall.
    Damit droht jedoch rund 1.600 Menschen in Trebendorf und Schleife die Umsiedlung. Die Ortsteile Mühlrose, Rohne und Mulkwitz sollen sogar komplett verschwinden. Familien werden ein zweites Mal in ihrem Leben von den Baggern vertrieben. Eine ganze Kulturlandschaft rund um den Urwald Weißwasser, das Land der Pücklers, das Jagdgebiet des sächsischen Königshauses, wird zerstört. Doch würde sich nach einem Verkauf alles ändern? Gibt es Hoffnung auf den Erhalt von Heim, Hof und Heimat? Und: Wenn der Arbeitgeber geht, was dann? Was wird aus all den Umsiedlungsverträgen, an denen die Schicksale ganzer Familien hängen? Nach jahrelangen, schmerzhaften und harten Verhandlungen mit Vattenfall – alles passé? Schon gibt das Unternehmen keine finanziellen Zusagen mehr, für Straßen, Fußballplätze, Theatervereine und Traditionstanzgruppen, für all das, was als „Trostpflaster“ gedacht, war für die Trauer über den Verlust von Heimat.
    Gott schuf die schöne Lausitz, sagen die Sorben, aber der Teufel die Kohle darunter. Ein Land, das seit über vier Jahrzehnten im Schatten der Bagger lebt, ist einmal mehr zerrissen. Wie die Menschen mit all dem umgehen, erzählt Axel Bulthaupt in einer neuen Folge von „Der Osten – Entdecke, wo Du lebst“. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 10.03.2015MDR
  • Folge 159 (30 Min.)
    Schloss Schmerwitz – mitten im Naturpark Fläming. Der Putz blättert ab von dem neobarocken Herrenhaus, die letzten Nutzer sind lange ausgezogen. Für die DDR-Sicherheitskräfte spielte der Ort eine gewichtige Rolle. 30 Jahre lang wurde hier die Führung der DDR-Betriebs-Kampfgruppen ausgebildet. Die sogenannten „Kampfgruppen der Arbeiterklasse“ waren von der aufgeschreckten DDR-Partei und Staatsführung als Reaktion auf den Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 gegründet worden. Vor 50 Jahren – am 1.5.1955 – traten sie erstmals bei der Mai-Demonstration in Berlin öffentlich auf. Die Zentralschule für Kampfgruppen „Ernst Thälmann“ war auf Weisung des Ministeriums für Staatssicherheit in Schmerwitz errichtet worden, nachdem dort zuerst die Rote Armee, später die SED eine Propagandaschule betrieben hatten.
    Betriebsleiter, aber auch ganz normale Arbeiter bekamen hier eine militärische, strategische und politische Ausbildung. Die insgesamt 200.000 Mann starken Kampfgruppen waren uniformiert und bewaffnet mit Sturmgewehren, Pistolen, Granatwerfern und Kanonen. Sogar leichte Panzer gehörten zur Ausstattung. In Krisensituationen sollten sie zum Einsatz kommen – wie zuletzt, als das Volk gegen die eigene Führung auf die Straße ging.
    In der Wendezeit 1989 traten zahlreiche Mitglieder aus den Kampfgruppen aus – darunter auch viele Kommandeure. Als ihr eigentlicher Einsatz zum Schutz der Partei im Oktober 1989 gefordert wurde, weigerten sich viele „Kämpfer“. Die Parteispitze verlor das Vertrauen in die Kampfkraft ihres „starken Arms“. Zeitzeugen aus Wittenberg, Dessau und Eisleben berichten über ihre Zeit bei den Kampfgruppen, ihre Motive mitzumachen und ihre Zweifel. Zu Wort kommen auch Mitglieder der Schulleitung, die insbesondere über die Rolle der Kampfgruppen-Kommandeure in der Wendezeit berichten. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 17.03.2015MDR
  • Folge 160 (30 Min.)
    86 Jahre alt ist Walter Matschinske. Immer habe er Glück gehabt , sagt er, mit „seinem Mädel“, mit dem er seit über 60 Jahren sein Leben teilt, mit seiner Familie, mit der Arbeit als Bergmann in der Wismut, mit der Gesundheit. Jahrzehntelang ging alles gut, doch 2001 erkrankte er an Lungenkrebs. Und auch da hatte er Glück, er wurde geheilt. Dank eines Systems, das mit seinem Datenbestand weltweit einmalig ist, dem Nationalen Krebsregister der DDR. Zeitsprung. 1991, kurz nach der Wiedervereinigung inspizieren westdeutsche Experten eines der größten Krebsregister der Welt.
    Was für eine Datensammlung! Von 1952/​53 bis 1990 wurden in das „Nationale Krebsregister der DDR“ mehr als 2,1 Millionen Krebsfälle aufgenommen. Damit ist diese Datensammlung, bezogen auf die Bevölkerung von 17 Millionen, die weltweit größte ihrer Art. Diese Chance für die Wissenschaft dürfe man nicht vertun, heißt es einmütig. Doch wie soll es weitergehen? Das Ganze ist datenschutzrechtlich überhaupt nicht tragbar, es müsste geschlossen werden. Zehn Jahre lang wird um die Zukunft des Registers erbittert gestritten. Dann gelangen einst geheime Gesundheitsdaten der Wismut an die Öffentlichkeit.
    Die Ergebnisse sind erschreckend. Fast 10.000 Arbeiter der Wismut sind aufgrund der Staub- und Strahlenbelastungen an Krebs erkrankt, weit mehr als befürchtet. Wie weiter? Der Film von Matthias Hoferichter wagt eine Zeitreise in die Geschichte dieses Registers und des früheren Wismut-Klinikums in Gera. Er findet Wissenschaftler, die als Epidemiologen das Wismut-Gesundheitsarchiv auswerten, und besucht Walter Matschinske, den Mann mit dem großen Glück. Klar ist: Die Daten des DDR-Krebsregisters sind wichtiger als viele ahnen – bis heute und für die nächsten Generationen. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 24.03.2015MDR
  • Folge 161 (30 Min.)
    Der Autofahrer auf der A72 nimmt sie nur als unscheinbares Schild war: die Elstertalbrücke bei Pirk. Dabei verkörpert das 60 Meter hohe und 500 Meter lange Granitbauwerk an der sächsisch-bayerischen Grenze geradezu symbolträchtig die deutsche Wiedervereinigung. Mit den Bauarbeiten wurde bereits 1938 im Zuge des Reichsautobahnbaues Chemnitz-Hof begonnen. Sie galt damals als größte Natursteinbrücke weltweit. Auf der Baustelle wurde täglich 24 Stunden im Zweischichtbetrieb gearbeitet. Insgesamt waren rund 450 Arbeiter im Einsatz.
    Weil Menschen und Material für den Krieg gebraucht wurden, wurden die Bauarbeiten schließlich Anfang 1940 eingestellt. Bis dahin waren die zwölf Bögen fast fertig. Die Fahrbahn fehlte noch – überhaupt war die Brücke oben offen – ein unvollendeter Torso mitten im vogtländischen Elstertal. Und daran sollte sich 50 Jahre lang nichts ändern. Denn nach der Teilung Deutschlands lag die Brücke am Rand des Grenzsperrgebiets der DDR. Im Frühsommer 1990, noch bevor die „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ 1991 beschlossen wurden, begannen die Voruntersuchungen und im September dann der Weiterbau der Brücke.
    Die Autobahnverbindung zwischen Plauen und Hof war dringend notwendig. Denn am Fuße der Brücke entwickelte sich das größte Verkehrschaos, welches die kleine Gemeinde Pirk je erlebt hat: Seit der Grenzöffnung quälten sich täglich tausende Fahrzeuge über die Dorfstraße Richtung Hof und umgekehrt. Die Pirker erinnern sich noch genau an diese Zeit: „Die standen Stoßstange an Stoßstange. Wir kamen nicht mehr aus unseren Einfahrten heraus.
    Die Luft voller Lärm und Abgase. Wir waren glücklich, als die Brücke weitergebaut wurde.“ Die Voraussetzungen dafür schuf eine Nürnberger Baufirma, indem sie die Altbausubstanz reinigte und die unzähligen Risse und Kalkaussinterungen mit Spezialbeton neu verpresste und die Brücke stabilisierte. Für den Weiterbau wurden die vorgefertigten und nummerierten Granitquader verwendet, die ebenfalls 50 Jahre lang unterhalb der Brücke lagen. Nach nur zwei Jahren Bauzeit wurde die nördliche Fahrbahn am 2. Oktober 1992 für den Verkehr freigegeben, am 6. September 1993 folgte die südliche Fahrbahn.
    Schnell und unbürokratisch bauten die Sachsen und die Bayern gemeinsam die wichtigste Verbindung zwischen den beiden Freistaaten. Eine 11 Meter hohe Granit-Stele erinnert daran. Der bayerische Politiker Dr. Peter Gauweiler, ehemalige Bauleute, Pirker Einwohner und ein Steinmetz erinnern sich an die aufregenden Zeiten vor 25 Jahren und die Dokumentation erklärt ganz nebenbei, was eine kleine Ausflugsgaststätte heute mit dem legendären Brückenimbiss von damals verbindet. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 31.03.2015MDR
  • Folge 162 (30 Min.)
    Am 13. April 1945 stürmen Spezialeinheiten der US-Infanterie die Ufer der Saale zwischen Naumburg und Weißenfels. Wenige Tage später ist die Region fest in amerikanischer Hand und es beginnt ein später der DDR-Bevölkerung nahezu unbekanntes Kapitel deutscher Geschichte. Denn schon bald nach Kriegsende werden aus den verbündeten Siegermächten erbitterte Feinde. Der Kalte Krieg trennt nicht nur Deutschland in zwei Teile, sondern auch die Menschen und die Geschichte. Was nicht in das jeweilige Weltbild passt, wird unterdrückt oder mit Schweigen zugedeckt.
    So verschwinden in der DDR-Geschichtsschreibung jene drei Monate von April bis Juli 1945, in denen Teile Mitteldeutschlands noch amerikanisch besetzt waren. Erst nach 1990 wird es möglich, über das wahre Geschehen dieser Zeit zu reden und zu forschen – einer Zeit, die tiefe, auch familiäre Spuren hinterlassen hat. Denn so mancher GI verlor sein Herz an die „deutschen Fräuleins“ und hinterließ nach dem Abzug nicht nur sein Bild in Deutschland. Die so gezeugten Kinder galten als „Schande“.
    Ihr Ursprung wurde geheim gehalten, nicht nur in der Nachbarschaft, manchmal selbst in den eigenen Familien. Zudem verhinderte der Eiserne Vorhang die Suche nach den Vätern. Erst nach Ende des Kalten Krieges gelang es einigen dieser Kinder, ihre Väter in den USA ausfindig zu machen. Die Reportage begibt sich auf Spurensuche nach den verlorenen Vätern und vergessenen Befreiern und beleuchtet das kurze und jahrzehntelang verschwiegene Intermezzo der US-Herrschaft an den Saaleufern zwischen Naumburg und Weißenfels. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 14.04.2015MDR
  • Folge 163 (30 Min.)
    Auf der Festung Königstein herrscht hektisches Treiben. Nicht weil der Königstein von Preußen belagert wird oder August der Starke mal wieder zu einem seiner berüchtigten Feste geladen hat. Nein, wir sind in der Gegenwart. Hautnah erleben wir mit, wie für das Burgpersonal im Jahre 2015 ein großer Traum in Erfüllung geht. Sie selbst sprechen von einem Meilenstein. Seit 35 Jahren fiebern sie auf diesen Moment hin, haben geforscht, geplant und Geld gesammelt. Nun endlich ist die Zeit reif für „In Lapide Regis“ – „Auf dem Stein des Königs“ heißt die neue Dauerausstellung übersetzt.
    Am 1.Mai ist feierliche Eröffnung. 800 Jahre Geschichte der legendären Festung werden Besucher hautnah in dieser einzigartigen Schau erleben. Hier können sie August dem Starken so nah sein, wie noch nie. Die Wachsfigur, von Berliner Künstlern angefertigt, sieht täuschend echt aus. MDR-Zuschauer bekommen den König sogar exklusiv vorweg zu sehen, denn bis zur Eröffnung werden für ihn noch prunkvolle und originalgetreue Gewänder angefertigt. Kloster, Gefängnis und Jugendwerkhof, zu Kriegszeiten Lager für Kunstschätze aus Dresden.
    Mehr als 50 Bauten erzählen vom militärischen und zivilen Leben 240 Meter hoch über der Elbe. Axel Bulthaupt erkundet die Geheimnisse einer der größten Bergfestungen Europas. Er erzählt vom tiefsten Brunnen Sachsens mit den Legenden um die in 152 Meter Tiefe versenkten Schätze bis hin zum großen Königsteiner Weinfass und seinem sagenhaften Fassungsvermögen von einer viertel Million Litern. Axel Bulthaupt nimmt uns mit auf die Festung Königstein, wo mit der neuen Dauerausstellung die Geschichte der Festung erzählt wird, die in acht Jahrhunderten nie eingenommen wurde. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 21.04.2015MDR
  • Folge 164 (30 Min.)
    Seit über 850 Jahren prägt die Messe das Leben in Leipzig. Begonnen hat alles damit, dass sich genau in Leipzig zwei wichtige Handelsstraßen kreuzten: die Via Regia und die Via Imperii. Später schützte der Kaiser Maximilian per Dekret den jungen Messeplatz vor der Konkurrenz anderer Städte. Noch heute hütet das Stadtmuseum diese Urkunde, das Messeprivileg, wie einen Schatz. „Die Leipziger Messe ist charakteristisch gewesen für jede Epoche. Und sie hat für jede Epoche die richtige Antwort gefunden, als Handelsplatz und durch die Art wie gehandelt werden konnte.“ Wirtschaftsjournalist Heinz Helge Heinker denkt bei diesem Satz an die Erfindung der Mustermesse zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
    Auf einmal war es nicht mehr nötig, dass die Aussteller ihren kompletten Warenbestand nach Leipzig schafften. Stattdessen zeigten sie ihre Muster und lieferten anschließend direkt zum Kunden. Und für diese Musterpräsentationen bauten die Leipziger in der Innenstadt mächtige Messepaläste. Und holten so die Welt direkt auf ihren Marktplatz.
    „Es geht ja nicht nur darum, dass man Ware gegen Ware tauscht, oder Ware gegen Geld, sondern es kommen durch eine Messe neue Ideen, neue Fertigkeiten und Kenntnisse über die Welt in diese Stadt.“ Der Direktor des Stadtmuseums, Dr. Volker Rodekamp, ist überzeugt davon, dass zu allen Zeiten die Messe dafür gesorgt hat, dass Leipzig eine sehr wache, sehr aufmerksame und sehr moderne Stadt ist. Aber wie entwickelt sich das Messegeschäft in der Zukunft? Brauchen die Aussteller Messehallen und Freiflächen oder präsentieren sie künftig ihre Waren über das Internet? Wohin entwickelt sich der Handel? Messegeschäftsführer Martin Buhl Wagner schaut zuversichtlich nach vorn: „Auf der Messe kann man die Menschen kennen lernen, mit denen man ein Geschäft macht.
    Und ein Geschäft, das in Millionenhöhe abgeschlossen wird, das macht man nicht, weil man jemanden über ein modernes elektronisches Medium eine Nachricht gesendet hat, sondern das macht man, wenn man mit Leuten am Tisch gesessen hat.“ (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 05.05.2015MDR
  • Folge 165 (30 Min.)
    Halberstadt ist eines der augenfälligsten Beispiele dafür, was die friedliche Revolution an Bausubstanz zu retten imstande war. Durch einen verheerenden Bombenangriff im Frühjahr 1945 wurde die Stadt schwer zerstört. Was danach noch von der malerischen Fachwerkstadt im Harzvorland, dem „Rothenburg des Nordens“, übrig war, drohte, den Verhältnissen des real existierenden Sozialismus zum Opfer zu fallen. Bilder, die Amateurfilmer in den Jahren 1988–1989 in Halberstadt drehten, zeigen eine Stadt, die an manchen Stellen immer noch so aussieht wie kurz nach dem Krieg. 40 Jahre lang war die historische Bausubstanz mehr oder weniger sich selbst überlassen worden. Eine Straße hatten die Behörden einfach zugemauert, damit die dahinter befindlichen Fachwerkruinen ungestört einstürzen konnten.
    In den Wendemonaten besetzten engagierte Bürger marode Fachwerkhäuser, um sie vor dem Verfall zu retten. Kay Lautenbach war einer von ihnen. „Die Nachwendezeit war umwerfend – überall passierte was“, so sein Fazit heute. Heute gibt es in Halberstadt wieder bunte Häuser und Fachwerkgässchen in Hülle und Fülle. „Halberstadt – wunderbar verwandelt“ erzählt, wie es in Halberstadt um ein Haar zum totalen Verfall gekommen wäre, welche sozialistischen Pläne es für das Stadtzentrum gab, welche Widerstände sich dagegen formierten und wie man es geschafft hat, die Bausubstanz nach der friedlichen Revolution zu retten. Auskunft geben engagierte Bürger, Stadtplaner und Häuslebauer von heute. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 12.05.2015MDR
  • Folge 166
    „Grau, trist, schmutzig“, das antworten die meisten Bad Langensalzaer, fragt man sie nach ihrer Stadt vor der Wende. Gerade mal die Hausfassaden ließen den einstigen Charme des Ackerbauernstädtchens spüren. An der Marktstraße, der „Prachtstraße“ im Zentrum, brachte ein Hauch Farbe ein bischen Frische ins Stadtgesicht. Dahinter – Verfall, Leerstand, Müll und Schutt, Brachflächen, morbide Industrieanlagen. Als Bernhard Schönau 1994 das Bürgermeisteramt übernimmt, steht er vor einer Stadt mit -zig Industriebrachen, hoher Arbeitslosigkeit, einer geschlossenen Kurklinik.
    Was tun? Und wo anfangen? Schönau, leidenschaftlicher Kämpfer und Stratege, entwickelt eine Vision: Ein schmuckes Kurstädtchen – zum Leben und Genießen. Familien in der Innenstadt, in sanierten Fachwerkhäusern mit grünen Innenhöfen und Gärten, vielen Gärten – für Bürger, Kurgäste und Touristen. Manchen ist er vielleicht zu autoritär, als er anfängt, aus der Vision eine Wirklichkeit zu machen. Aber viele steckt er an.
    Begeisterung, Aufbruchsstimmung, Ideen sprudeln, Geld fließt aus Fördertöpfen. Die Bad Langensalzaer entwickeln sich zu Meistern im Aufspüren von Förderprogrammen. Fast immer gehören sie zu den ersten Bewerbern und setzen das Geld gekonnt ein. Stück für Stück verwandelt sich die Stadt. Heute ist Bad Langensalza wieder ein schmuckes Kurstädtchen – zum Leben und Genießen. Es gibt elf Gärten für Bürger, Kurgäste und Touristen. 2011 gab’s den Titel „blühendste Stadt Europas“.
    Längst ist nicht alles geschafft, braucht es immer noch einen langen Atem, Ideen und vor allem Geld, aber dennoch ist „Bad Langensalza – Wunderbar verwandelt“. In seinem Programmschwerpunkt „25 Jahre Deutsche Einheit“ widmet sich der MDR in einer dreiteiligen Staffel der Geschichte der Wiedergeburt unserer Städte. Die Sendereihe „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ zeigt am Beispiel von Halberstadt, Bad Langensalza und Zwickau, wie sich das Lebensumfeld in Ostdeutschland in diesem zeitgeschichtlich unglaublich kurzen Zeitraum von Grund auf verändert hat.
    Heute scheint das bereits selbstverständlich. Doch wer vermag sich auszumalen, wie unsere Städte ohne die Wende heute aussehen würden. „Wo Häuser verkommen, verkommen auch Menschen“ war 1989 vielerorts auf Transparenten zu lesen. Der Protest gegen den verantwortungslosen Umgang mit wertvoller Bausubstanz, das Ringen um den Erhalt historisch gewachsener Stadtkerne spielten eine wesentliche Rolle für die Bürgerbewegung. Die ersten Jahre nach der Deutschen Einheit waren geprägt durch den abrupten Niedergang der ostdeutschen Industrie.
    Der Verlust jahrzehntelang gewohnter Arbeitsplätze – fast über Nacht – war Quelle von Ernüchterung und Verzweiflung. Schrumpfende Städte, Abwanderung, Überalterung waren die Folgen. Wo industrielle Kerne erhalten werden konnten und neue Industriestandorte dazukamen, wuchsen Hoffnung, neue Arbeitsplätze. Wo städtebauliche Sanierung griff und die Tristesse verschwand, stabilisierten sich die Bevölkerungszahlen, entwickelte sich ein neues Lebensgefühl – eben „wunderbar verwandelt“. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 19.05.2015MDR
  • Folge 167 (30 Min.)
    In seinem Programmschwerpunkt „25 Jahre Deutsche Einheit“ widmet sich der MDR in einer dreiteiligen Staffel der Geschichte der Wiedergeburt unserer Städte. Die Sendereihe „Der Osten, entdecke wo Du lebst“ zeigt an drei Beispielen, wie sich das Lebensumfeld in Halberstadt, Bad Langensalza und Zwickau von Grund auf verändert hat. Die ersten Jahre nach der Deutschen Einheit waren geprägt durch den abrupten Niedergang der ostdeutschen Industrie. Dem Verlust jahrzehntelang gewohnter Arbeitsplätze folgten Ernüchterung und Verzweiflung, schrumpfende Städte, Abwanderung, Überalterung.
    Wo aber industrielle Kerne erhalten werden konnten und neue Industriestandorte dazukamen, wuchs Hoffnung auf neue Arbeitsplätze. Wo städtebauliche Sanierung griff und die Tristesse verschwand, stabilisierten sich die Bevölkerungszahlen, entwickelte sich ein neues Lebensgefühl, sozusagen „wunderbar verwandelt.“ Zwickau ist die Wiege der sächsischen Automobilindustrie. Die mehr als hundertjährige Tradition in der Automobilherstellung begann Anfang des 20. Jahrhunderts mit der Gründung der Horch-Werke. Nach dem zweiten Weltkrieg setzten die Sachsenring-Werke diese Tradition fort.
    Allerdings widerspiegelte der in großen Stückzahlen gebaute Trabant am Ende nur noch die Erstarrung der DDR-Wirtschaft. Als im April 1991 die letzte „Pappe“ vom Band gelaufen war, hatten 12.000 Männer und Frauen ihre Arbeit verloren. Der heute 88- jährige Prof. Carl Hahn erzählt, wie er sich für eine Fortsetzung der Automobiltradition in seiner Heimatregion Chemnitz (damals Karl-Marx-Stadt) einsetzte. Sein Engagement mündete schließlich in der Gründung der Volkswagen Sachsen GmbH im Zwickauer Stadtteil Mosel. Im Wendeherbst gingen 30.000 Zwickauer wegen Umweltproblemen auf die Straße, denn am Stadtrand in Crossen befand sich zu DDR-Zeiten eine Endlagerstätte für radioaktiv und chemisch verseuchtes Material der Wismut.
    Seit über zehn Jahren läuft dort ein umfangreiches Sanierungsprogramm. Am Ende sollen hier die Muldenauen den Menschen als Erholungslandschaft zur Verfügung stehen. Jürgen Croy, ehemalige Fußball-Nationaltorhüter der DDR, kehrte seiner Heimatstadt Zwickau nie den Rücken. Nach der Wende arbeitet er als Kulturdezernent und später als Geschäftsführer der Stadthalle. Die wiederum entstand auf dem Gelände einer ehemaligen Kokerei. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 26.05.2015MDR
  • Folge 168 (30 Min.)
    Heiraten in Wernigerode – das ist ein Traum für viele Paare. Warum, erklärt Christin Mikeska kurz vor ihrer Hochzeit so: „Wir wollen in Wernigerode heiraten, weil dort das schönste Rathaus in Deutschland steht und sich dort schon meine Eltern das Ja-Wort gegeben haben.“ Wernigerode mit seiner Fachwerk-Romantik gilt als ostdeutsches Neuschwanstein. 500 Paare wollen hier jedes Jahr den Bund fürs Leben schließen, nur ein Drittel davon stammt auch aus Wernigerode. Zu DDR-Zeiten wurden sogar 1.000 Hochzeiten im Jahr hier gefeiert.
    Für die Standesbeamten hieß das: Verheiraten im Akkord. An manchen Tagen sagten 10 Paare hintereinander „Ja, ich will.“ Damals lagen Welten zwischen Hochzeitstraum und Wirklichkeit. Nicht umsonst galt die Regel: Als erstes braucht es den Termin im Rathaus, dann Unterkunft und Kutsche – und dann bleibt noch genügend Zeit, sich die Braut zu suchen. Die hatte dann ganz andere Sorgen, erinnert sich Amelie Kastius: „Es gab einfach nichts! Auch bei der Hochzeitsausstattung musste in der DDR improvisiert werden, um die Braut für ‚den schönsten Tag im Leben‘ einzukleiden.“ Aber Heiraten war einfach „in“ in der DDR, denn jeder wusste: Die Hochzeit ist das Sprungbrett zur eigenen Wohnung und später auch zum begehrten Ehekredit des Staates.
    Im Archiv von Fotohaus Jens Heil ist alles gesammelt – von der sozialistischen Vermählung bis zum heutigen Trauakt. Hier und in anderen Film- und Fotoarchiven haben die Autoren Hans Sparschuh und Rainer Burmeister Brautpaaren mehrerer Generationen gekramt und erzählen Geschichten aus 60 Jahren Heiraten in der bunten Stadt im Harz.
    So erinnern sich Klaus und Betti Strohmeier: „Es war bitter kalt, als wir vor 50 Jahren heirateten. Die Schmalfilmkamera hat nach zwei Minuten ihren Geist aufgegeben.“ Auch ein Blick in die Archive wert: die Massenhochzeit, zu der 1967 die versammelte DDR-Presse zugegen war. Und natürlich erleben die MDR-Zuschauer auch die Hochzeit von Christin Mikeska und ihrem Schulfreund Alexander mit – gefeiert im Wonnemonat Mai 2015 nach einem Jahr Wartezeit – in der Hochzeitshochburg Wernigerode. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 02.06.2015MDR
  • Folge 169 (30 Min.)
    Es ist eine Traumkulisse am Saalehang zwischen Naumburg und Weißenfels: geheimnisvolle Kreuzgänge, ein mächtiges Torhaus, alte Mauern, verwunschene Gotik. Dazwischen: Teenager mit Musikinstrument und iPad. Wir sind im Klostergymnasium Schulfporta. Hier lernen und leben etwa 300 Hochbegabte. 25 Jahre nach der Deutschen Einheit erinnert kaum etwas an Vereinnahmung und Repression, Disziplin und Gehorsam. Doch der Weg bis hierher war lang – und könnte deutscher nicht sein. 25 Jahre nach der Deutschen Einheit, 70 Jahre nach Kriegsende geht Axel Bulthaupt auf Spurensuche in geheimnisvollen Archiven – auf der Suche nach Zeugnissen einer heute kaum noch präsenten Geschichte: der Zeit, als auch das Klostergymnasium dazu auserkoren war, unter den Nazis Führernachwuchs auszubilden – als Schulfporta zur Nationalpolititschen Erziehungsanstalt, kurz Napola, wurde.
    Und dann, als Krieg und Nazizeit überstanden waren, nach kurzem Aufatmen der nächste Umbruch folgte, zu einer sozialistischen Erziehungsanstalt. Die wunderschöne, 800 Jahre alte gotische Kirche diente bald nur noch als Baustofflager. Axel Bulthaupt begleitet ein Schülerteam zu Zeitzeugen wie den Markkleeberger Hans Joachim Männig, der von 1942 bis 1949 Schüler in Schulfporta war und alles erlebt hat: die Nazis, das Kriegsende, die Umklammerung durch den Stalinismus.
    Oder Sandra Littmann, die 1987 an die Schule kam und die friedliche Revolution hinter den Klostermauern erlebte. Vier Mal wurde im 20. Jahrhundert fast die gesamte Lehrerschaft ausgetauscht: Schulfporta als Spiegel einer unfriedlichen Zeit an einem eigentlich friedlichen Ort. Nur die Musik überlebte hier, an dieser Schule, fast alles, ganz unabhängig vom politischen System. Ilona Jende, seit vier Jahrzehnten Musiklehrerin in Schulpforta, weiß ein Lied davon zu singen. So entsteht in „Napola, Rotes Kloster, Eliteschule“ ein kontrastreiches, ein bewegendes Bild aus dem Blickwinkel der Schüler, der künftigen Elite des Landes. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 16.06.2015MDR
  • Folge 170 (30 Min.)
    Das Fürstenhaus Reuß-Schleiz hatte etwas Besonderes bestellt, ein Tafelservice für eine Hochzeit. Und die Hofkeramiker lieferten es, leuchtend blau mit weißen Pünktchenmustern. Das war 1899. Es war die Geburtsstunde der Edelkeramik aus dem Töpferzentrum in Deutschland, Bürgel bei Jena. Bis heute drehen sich hier in zehn Werkstätten die Scheiben, wird das blau-weiße Geschirr hergestellt, aber auch vieles andere mehr. Zu DDR-Zeiten war es ein Exportschlager, und es kommt scheinbar nie aus der Mode. Manche Stücke haben heute hohen Sammlerwert. Und wenn im Juni Töpfermarkt ist in Bürgel, dann strömen die Leute immer noch in das kleine Städtchen im Thüringer Holzland.
    Früher kamen sie schon am Tag zuvor, und nächtigten irgendwie unter freiem Himmel, um am frühen Morgen etwas blau-weißes zu ergattern. Das konnte man sogar gegen Trabi-Ersatzteile oder Fliesen eintauschen. Trotz der Wendwirren und einer völlig neuen Konkurrenzsituation hat sich das Töpferhandwerk in Bürgel behaupten können. Mit der Erfahrung der Alten, sowie mit neuen Ideen, sitzen die Meister an den Scheiben und drehen, glasieren. Sie setzen die weißen Pünktchen zu Mustern zusammen, eine Handarbeit, die ihren Wert und ihren Preis hat. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 23.06.2015MDR

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