2020, Folge 343–361

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  • Folge 343 (45 Min.)
    „Die Stadtgeschichte Magdeburgs ist durch den Maschinenbau geprägt. Da sind Generationen durch die Betriebe gegangen, die haben sich damit identifiziert“, weiß Gerhard Unger, Ingenieur und ehemaliger Mitarbeiter vom Schwermaschinenbaukombinat Ernst Thälmann, kurz SKET. Heute ist der Großteil des Geländes eine riesige Industriebrache, umfasst eine Fläche von 56 Fußballfeldern. Wo bis zum Ende der DDR 13.000 Werktätige für rege Betriebsamkeit sorgten, montieren heute wieder 400 Beschäftigte Maschinenbauteile.
    Das Gelände steht für Absturz, Katastrophen und Neubeginn der Menschen in Magdeburg, für Mut und Erfinderkraft. Die Geschichte des SKET beginnt vor 130 Jahren. Hermann Gruson gründet in Magdeburg-Buckau eine Maschinenfabrik. Der Nachkomme französischer Flüchtlinge entwickelt ein Gusseisen, das an Stabilität und Festigkeit alle bis dahin bekannten Produkte übertrifft. Magdeburg wird zur „Wiege des Maschinenbaus“. Und noch ein Erbe hat Gruson seiner Heimatstadt hinterlassen – die weltweit größte Kakteensammlung.
    In den Tropenhallen der Gruson-Gewächshäuser kümmert sich Roswitha Gerber seit vielen Jahren um das einmalige grüne Vermächtnis. „Das Gewächshaus ist meine zweite Heimat! Hier rückt die Welt zusammen.“ Der Maschinenbau war es aber auch, der die Gruson-Werke zum Weltmarktführer für Panzertürme und Geschütze machte. Und damit Magdeburg auf die Liste der deutschen Städte brachte, die die Alliierten im Zweiten Weltkrieg unbedingt zerstören wollten.
    Am 16. Januar 1945 verloren innerhalb von 30 Minuten Tausende ihr Leben, 90 Prozent der Innenstadt fielen in Schutt und Asche, auch das Gruson-Werk. „So etwas vergisst man nicht.“, sagt Roswitha Gerber, die als Kind dabei war. „Als ich mit meinem Vater die Kellertreppe hochgekrochen bin und er die Tür geöffnet hat, da war der Himmel über Magdeburg blutrot.“ Es war eines der verheerendsten Bombardements auf eine deutsche Großstadt. Nach dem Krieg beginnt zügig der Wiederaufbau.
    Statt Rüstungstechnik werden nun aber Kräne und Walzwerkanlagen produziert und in alle Welt geliefert. An die bis heute anhaltende Geschichte der Maschinenbaustadt Magdeburg erinnert das Technikmuseum auf dem ehemaligen SKET-Gelände. Es ist auch ein lebendiger Ort des Austausches zwischen den Generationen. Industriebrachen, wie die vom SKET im Magdeburger Ortsteil Buckau, gibt es überall in Mitteldeutschland. Sie sind die Narben unserer Geschichte. Der Film begibt sich mit Zeitzeugen und historischen Filmaufnahmen auf Entdeckungsreise. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 14.01.2020MDR
  • Folge 344 (45 Min.)
    In Städten wird Wohnraum knapp und teuer, ständig drohen Mieterhöhungen. Der Traum vom gemeinschaftlichen Eigentum, vom bezahlbaren Miteinander in der Stadt scheint ein Ausweg zu sein. Doch es ist mitunter ein steiniger Weg. Ende April 2015 gründeten zehn Weimarer die Mietergenossenschaft „R070“ mit dem gemeinsamen Traum, eine alte Kaserne zu sanieren. Seit 1998 stand der 7700 Quadratmeter große Gebäudekomplex leer und verfiel. Anfang der 1930er Jahre wurde das Gebäude als Polizeikaserne gebaut. Noch heute zeugen die meterdicken Wände von dem Sicherheitskonzept der damaligen Zeit. Lange Flure durchschneiden die Häuser.
    Links und rechts liegen kleine Zimmer, in denen damals die Polizeitruppen untergebracht waren. Nach Gründung der DDR kehrte ab 1955 neues Leben in der Eduard-Rosenthal-Straße 70 ein. Aus Gewehren wurden Skalpelle. Für 43 Jahre ging es in dem Haus um Leben, Genesung, aber auch Tod – die Hufeland-Klinik war das größte Krankenhaus der Stadt. Doch den Anforderungen der modernen Medizin war es nach der Wende nicht gewachsen. Jahrelang versuchte die städtische Hufeland-Träger-Gesellschaft vergeblich das leer stehende Objekt zu veräußern. Doch die nötige Investitionssumme und die Größe der Immobilie schreckten Käufer ab.
    Schließlich kaufte die Mietergenossenschaft das Gebäude für 760.000 Euro. 77 Wohnungen sollten entstehen. Dazu Gewerberäume, eine Wohngruppe für Menschen mit Behinderung und ein gemeinsamer Gemüsegarten für insgesamt 15 Millionen Euro. Die Grundlage der Finanzierung legten die Genossenschaftsmitglieder. Doch der schöne Traum vom gemeinsamen Wohnen drohte zum Albtraum zu werden. Der Bau verzögerte sich. Die Genossenschaft kämpfte mit der Größe der Immobilie, den Fehlern der Architekten und den steigenden Handwerkerpreisen. Jetzt zieht endlich neues Leben ein. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 28.01.2020MDR
  • Folge 345 (45 Min.)
    Semperoper (eine Aufnahme von der Veranstaltung 2017)
    Sie ist eines der berühmtesten Opernhäuser der Welt. Den Grundstein dafür schufen Künstler – Architekten wie Gottfried Semper, Deutschlands berühmte Komponisten und die internationalen Stars des Musiktheaters. Ihnen applaudiert das Publikum und feiert dabei auch immer sich selbst, sowohl in den Aufführungen als auch während der glanzvollen Bälle. Doch die Semperoper war und ist auch immer ein politischer Ort. So baute der Revolutionär Gottfried Semper nicht nur die Oper, sondern auch eine der wehrhaftesten Barrikaden der Stadt. Er flieht 1849 aus Dresden und wird niemals wiederkehren. Nach einem verheerenden Brand wird die Semperoper wiederaufgebaut und zum Tempel und Symbol der deutschen Hochkultur.
    Und je mehr ihr Ruhm als glanzvolle, renommierte Bühne des Musiktheaters wächst, umso stärker die Bemühungen diesen Ort politisch zu beanspruchen. Anfang der 1920er Jahre ist es die in Dresden gegründete „Deutsche Kunstgesellschaft“, die gegen die „Entsittlichung, Entgöttlichung und Entnationalisierung“ auch in der Semperoper zu Felde zieht. Und als am 7. November 1933 Fahnen und Bücher auf dem Dresdner Schlosshof brennen, stürmen Schauspieler und NS-Sympathisanten in der Semperoper die Rigoletto-Probe.
    Sie erklären den Chefdirigenten Fritz Busch für abgesetzt und vertreiben mit ihm alle jüdischen Kollegen. Erst 1998 wird man sich in der Semperoper symbolisch für die Vertreibung Fritz Buschs aus seinem Amt als Dresdner Generalmusikdirektor entschuldigen. Nahezu jede öffentliche Kundgebung in Dresden beginnt heute vor der Kulisse der Semperoper. Hier wird auf der Klaviatur deutscher Geschichte gespielt. Ob im Kaiserreich, der Weimarer Republik, unter den Nationalsozialisten oder in der DDR, wer in der Semperoper in der ersten Loge saß, besaß nicht nur die Macht, sondern nutzte sie auch, um sie zu repräsentieren.
    Der Film sucht nach bisher unentdeckten Spuren an einem Ort, der seit mehr als 175 Jahren glanzvolle Bühne für erstklassiges Musiktheater, rauschende Unterhaltung und perfekte Inszenierung von Macht ist. Die spannendsten Geschichten spielen wie so oft hinter den Kulissen. Eine beginnt zwei Tage vor der großen offiziellen Wiedereröffnung der Semperoper. Bevor die am 13. Februar 1985 von Erich Honecker in Anwesenheit namhafter internationaler Gäste eröffnet werden soll, geht beim Dresdner Volkspolizeikreisamt eine Bombendrohung ein: „Die Eröffnung der Semperoper wird nicht stattfinden. Zündung am Mittwoch 18:00 Uhr.“ (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 04.02.2020MDR
  • Folge 346 (45 Min.)
    Ein Film von Ines Klein Wolpryla(r), Regan(r), DEDERON(r) und GRISUTEN(r) – Letzteres besser bekannt als „Präsent 20“. Das sind Namen von Stoffen aus längst vergangener Zeit, die aktuell im Haus der Geschichte in Wittenberg ausgestellt sind. Dem Ruf der Ausstellungsmacher, Kleidungsstücke aus der DDR vorbeizubringen, waren hunderte Wittenberger gefolgt, wie Marianne Sonntag. „Ich hätte glatt Lust, nochmal hineinzusteigen“, sagt sie über ihr Kleid von 1973. Der Fundus des Museums platzt mittlerweile aus allen Nähten.
    5.000 Kleidungsstücke umfasst er. Und damit auch 5.000 Geschichten. Allen Kleidern ist gemein, dass sie aus einer Polyesterfaser sind. Deren Produktion war ein Staatsauftrag, wenn man so will. Spätestens, seit 1958 auf der Zentralen Chemiekonferenz in Leuna die Losung ausgegeben wurde: „Chemie bringt Brot, Wohlstand und Schönheit“. Die DDR investierte Millionen. In zahlreichen Textilbetrieben wurde der Wunderstoff aus der Chemiefabrik – gepriesen als „äußerst belastbar, reiß- und scheuerfest, elastisch, formbeständig, pflegeleicht“ – vernäht.
    Den DDR-Konsumenten erreichte er aber eher selten. Die DDR verkaufte Kleidung für Devisen. Allerdings mit anderem Namen – TREVIRA 40 hieß der Stoff im Westen. Man könnte es fast als Notwehr bezeichnen, dass Frauen im Osten selbst zu Designerinnen wurden. Sie begannen zu nähen, zu stricken, zu häkeln. Modezeitschriften wie „Sybille“ oder „Modische Maschen“ halfen dabei mit ihren Schnittmusterbögen oder Strickanleitungen und setzten Trends.
    Die Wittenberger Museumschefin Christel Panzig hat sogar ihr Hochzeitskleid selbst geschneidert. Und sie nähte auch für Boutiquen. „145 Mark haben wir pro Kleid bekommen. Offiziell nannte sich das übrigens ‚Künstlerisches Volksschaffen‘“. Was damals eine Tugend aus der Not war, ist heute wieder ein neuer Trend: Selbst nähen. In Magdeburg treffen sich immer wieder Hobbynäherinnen. Sie fachsimpeln über Mode, Schnittmuster und über Stoffe, die ganz anders sind als damals.
    Aber selbst heute steckt in mancher Bluse noch ein Hauch von Polyester. Waren Wolpryla(r) & Co.und die Mode daraus am Ende doch besser als ihr Ruf? Die Reportage „Der Osten – Entdecke wo Du lebst“ trifft Hobbynäherinnen von damals und heute und schaut in dem Werk vorbei, wo immer noch die Polyesterfaser hergestellt wird, aus der einst Modeträume waren. Außerdem trifft das MDR-Team ein Model, das Ende der 1980er auf den Titelseiten der „Modischen Maschen“ zu sehen war und ein wenig aus dem Nähkästchen plaudert. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 18.02.2020MDR
  • Folge 347 (45 Min.)
    „Nobelviertel“, „Goldstaubviertel“, „Villenhügel von kapitaler Pracht“ – so oder so ähnlich heißt es, wenn von Dresdens Stadtteil „Weißer Hirsch“ die Rede ist. Reiseführer widmen diesem winzigen, nur wenige Quadratkilometer kleinen Viertel eigene Kapitel. Doch was macht ihn aus, den Mythos „Hirsch“? Was machte dieses ehemals winzige Dorf am Rande der Dresdener Heide weltbekannt? Heinrich Lahmann errichtete hier 1888 sein Sanatorium, wo einst die Prominenz kurte: Johannes Heesters, Heinz Rühmann, Zarah Leander, Oskar Kokoschka – die Gästeliste ist lang.
    Aber auch als Wohnviertel war und ist dieser Platz oberhalb der Elbhänge begehrt – Schauspieler, Sänger, Dirigenten, Sterneköche, Wissenschaftler und Unternehmer gehören bis heute zu den Bewohnern des Weißen Hirsches. Wie der Sternekoch Stefan Hermann: „Für mich ist der Hirsch Heimat geworden – ich bin jetzt 13 Jahre hier oben, so lange wie nirgends sonst in meinem Berufsleben. Die Menschen hier sind speziell, aber sehr liebenswert und dankbar, dass wir den Konzertplatz wieder beleben.
    Für viele ist es ein ganz besonderer Ort. Hier haben sie sich zum ersten Mal geküsst, sich verabredet und sie freuen sich jetzt, dass so ein Verrückter kam und an eine Vision geglaubt hat.“ So wie Hermann haben viele einen Anteil daran, dass etwas vom Glanz der goldenen 20er Jahre ins Hier und Heute strahlt. Vieles auch im neuen Licht – zum Beispiel der modernisierte Gebäudekomplex auf dem Gelände des einstigen Lahmann-Sanatoriums. Aufwändig saniert und mit dem „Oscar der Architekturbranche“ ausgezeichnet, ist das Areal heute einer der teuersten und begehrtesten Wohnstandorte Dresdens.
    Der Film spürt der Strahlkraft dieses Stadtteils nach, blickt auch hinter die Fassaden der prächtigen Villen, will das Lebensgefühl dort erkunden und Menschen porträtieren, die „auf dem Hirsch“ leben und arbeiten. Manche seit Generationen, andere gerade erst jetzt, aber alle mit großen und kleinen Visionen. Ganz im Geiste des Mediziners Lahmann, der das Viertel berühmt machte. Bis heute ist es ein Ort, an dem nicht nur die Dresdner waldbaden, eislaufen oder Ballkleider zur Schau tragen. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 25.02.2020MDR
  • Folge 348 (45 Min.)
    Wo noch 1985 Atomraketen stationiert waren, brüten heute Wiedehopfe und leben Seeadler. Und aus mit Kampfmitteln verseuchten Wasseradern sind wieder klare Gewässer entstanden, in denen eine der größten Biberpopulationen Deutschlands lebt. Versteckt und abgeschirmt läuft in der Königsbrücker Heide unweit von Dresden seit 25 Jahren eines der größten Freiland-Experimente Mitteleuropas: Die Natur sich selbst überlassen, ganz ohne menschlichen Einfluss. Bald soll das Areal zum ersten international anerkannten Wildnisgebiet Deutschlands werden.
    „Ich kann mich noch an meinen ersten Besuch 1994 erinnern. Wir wurden vom Kampfmittelbeseitigungsdienst eingewiesen und sollten es mit den Granaten auf den Wegen etwas locker sehen. Ich war emotional ziemlich angespannt. Ich hatte dann den Eindruck, als würde man in eine riesige, unendliche Sandgrube schauen. Und man war voller Optimismus. Was kannste jetzt damit machen? Der Naturschutz war einfach die tollste Lösung und die Situation ein historisches Geschenk“, erinnert sich Dirk Synatzschke, Mitarbeiter des Naturschutzgebietes Königsbrücker Heide.
    Über 100 Jahre ist das 70 Quadratkilometer große Areal in der westlichen Lausitz hermetisch abgeriegelt. 1907 wird es zum Truppenübungsplatz ausgebaut. Mehrere Dörfer werden zwangsumgesiedelt. 1935 übernimmt die Wehrmacht das Gelände. Die letzte und dritte Ausbaustufe leitet 1945 die Sowjetarmee ein. Panzerverbände, Raketentruppen und Luftlandekommandos sind hier stationiert. Durch einen ständigen Ausbildungsbetrieb und riesige Manöver mit bis zu 30.000 Mann wird der letzte Rest Natur nahezu komplett zerstört.
    Es entstehen steppenähnliche Zustände. „In Königsbrück waren die Bedingungen für uns ausgezeichnet, es gab ein höheres Gehalt als in der Sowjetunion und in den Geschäften gab es Dinge, die wir gar nicht kannten. Deshalb wollten eigentlich alle Soldaten und Offiziere hierher und hier dienen“, erzählt Igor Komilzev, ehemaliger Sowjetoffizier in Königsbrück. Mit dem Abzug der Sowjetarmee gleicht die Königsbrücker Heide einer Wüste aus Sand und Schrott.
    Schätzungsweise 20 Millionen Tonnen Kampfmittel – Granaten, Minen und Panzerteile – wurden bis heute hier entsorgt. Doch es ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die ungeheure Menge macht eine vollständige Beräumung unmöglich. Auch deshalb wird die Not zur Tugend gemacht und 1996 das Naturschutzgebiet Königsbrücker Heide gegründet. Mit über 1.600 Tier- und Pflanzenarten, darunter 300, die in Roten Listen geführt werden, gehört es zu den Spitzengebieten der Artenvielfalt in Sachsen. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 03.03.2020MDR
  • Folge 349 (45 Min.)
    Das kleine Dorf Morsleben – eine Idylle in der sachsen-anhaltischen Börde und der perfekte Ort, um Unliebsames zu verbergen. Es gibt kaum einen Ort im Osten Deutschlands, dessen Image widersprüchlicher sein könnte. Das liegt vor allem am Bergwerk, das sich seit mehr als 100 Jahren in Morsleben befindet. Erschlossen für den Kalisalzabbau blieb später vieles, was sich unter Tage tat, der Öffentlichkeit verborgen, wie die Lagerung von Munition lange bevor die meisten Deutschen ahnten, dass es einen 2. Weltkrieg geben würde. Als er dann schon fast zu Ende war, begann tief in der Erde unter Morsleben die Produktion geheimer Waffen.
    Dass es Zwangsarbeiter waren, Häftlinge des in der Nähe erbauten Konzentrationslagers, darüber begann erst Jahrzehnte später eine Auseinandersetzung. Mit dem Bau der Mauer wurde Morsleben, das kleine Dorf an der innerdeutschen Grenze, zur Enklave. Als sogenanntes Sperrgebiet, war es nur für Bewohner oder mit offizieller Genehmigung zugänglich. Was sich zu jener Zeit dort tat, wofür das Bergwerk in der DDR genutzt wurde, wussten nur Wenige. Das ändert sich schlagartig als mit der Wende plötzlich bekannt wird, im Bergwerk lagern schwach- und mittelradioaktive Abfälle.
    Protestaktionen gegen das Endlager beginnen. Nach und nach erfährt die Öffentlichkeit, dass mit der Einlagerung bereits in den 1970er Jahren begonnen wurde und das in einem Teil des Bergwerks die einzige Hühnermastanlage der DDR unter Tage in Betrieb war. Ab 1987 kamen 20.000 Fässer mit giftigen chemischen Abfällen in das Bergwerk nach Morsleben. Während in der DDR für die gesamte Anlage höchste Geheimhaltung gilt, wird auf internationalem Parkett hingegen sowohl die Nutzung der Kernenergie als auch die Lagerung der Abfälle präsentiert.
    So war es kein Zufall, dass zwar kaum ein DDR-Bürger wusste, was in Morsleben vor sich ging, 1984 jedoch der schwedische Diplomat Hans Blix als damaliger Direktor der Internationalen Atomenergie-Organisation im Endlager Morsleben empfangen wurde. Aller Proteste zum Trotz wird das Endlager für radioaktive Abfälle in Morsleben nach der Wende zum gesamtdeutschen Projekt. Was zu DDR-Zeiten nicht geschah, war plötzlich nach der Wiedervereinigung möglich, radioaktiver Müll aus ganz Deutschland kam nun in die Anlage nach Morsleben. Das Endlager Morsleben gibt es noch immer, auch wenn die Einlagerung schon 1998 gestoppt wurde und die Fässer mit chemischem Giftmüll dort inzwischen nicht mehr lagern.
    Geplant ist die endgültige Stilllegung. Bis dahin allerdings bleibt das Endlager Morsleben wichtigster Arbeitgeber für die meisten der 329 Bewohner des kleinen Ortes. Wie ihr Arbeitsalltag heute im Endlager Morsleben funktioniert, auch davon erzählt dieser Film. Eine spannende Entdeckungsreise an einem Ort, dessen Unterwelt über Jahrzehnte perfekt geeignet war, Unliebsames unsichtbar zu machen. Ein außergewöhnlicher Zeuge deutscher Geschichte, der von Hoffnungen und Ängsten, von Untergang und Aufbruch erzählt. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 10.03.2020MDR
  • Folge 350 (45 Min.)
    Er ist ein Kind des Kalten Krieges – der Hopfenanbau in Sachsen-Anhalt. Noch vor 75 Jahren wächst hier keine Dolde. Heute zählt die Landschaft zwischen Halle, Köthen und Bernburg zu den größten Hopfen-Anbaugebieten Europas. 1945 bringen ihn böhmische Umsiedler aus der Tschechoslowakei in den Elbe-Saale-Winkel mit und züchten ihn, mehr aus Sentimentalität in ihren Gärten. Das ändert sich mit der Gründung der DDR. Denn ab 1949 sind die ostdeutschen Bierhersteller von ihren traditionellen Hopfen-Lieferanten in Bayern abgeschnitten. Die DDR benötigt dringend eigenen Hopfen, um die Versorgung der Bevölkerung mit Bier sicherzustellen.
    Und so geht man auf die böhmischen Umsiedler zu. „Doch viele sträubten sich. Denn eigentlich wollte den Hopfen niemand gern machen. Es ist ein riskantes und kompliziertes Geschäft, alles ist pure Handarbeit bei Wind und Wetter“, erzählt Alfred Regner, Hopfenbauer in Prosigk. Letztendlich katapultiert ein Beschluss der DDR-Regierung den Anbau in die Höhe. Viele Landwirtschaftsbetriebe werden verpflichtet, Hopfen anzubauen. Ende der 1960er Jahre gehört die DDR bereits zu den bedeutendsten Hopfenproduzenten der Welt. Mit über 13 Dezitonnen pro Hektar liegt sie sogar über dem internationalen Durchschnitt und nutzt Überkapazitäten als lukratives Devisengeschäft.
    Zumindest beim Hopfen gibt es in der DDR keinen Mangel, auch wenn sich bis heute andersartige Gerüchte hartnäckig halten. „Es wurde keine Rindergalle verwendet. Das ist definitiv ein Märchen. Aber es wird noch immer von vielen Menschen so erzählt. Das kommt daher, dass man schon zu DDR-Zeiten keine Dolden, sondern Hopfen-Extrat verwendet hat. Und der war in Dosen und sah dunkelgrün aus, genauso wie Rindergalle“, sagt Petra Haase, Geschäftsführerin der Colbitzer Heide-Brauerei 1990, nach der Einheit Deutschlands, prognostizieren Fachleute, dass es in zwei Jahren keinen Hopfenanbau in den neuen Bundesländern mehr gibt.
    Zu stark sei die Konkurrenz vor allem aus Bayern. Doch viele Betriebe schaffen den Sprung in die freie Marktwirtschaft. Auch die Hopfen-Bauern aus Prosigk. Ihr Betrieb zählt heute zu den größten in ganz Deutschland. Das liegt auch daran, dass in den USA der Hopfen knapp wird. „Das Interesse an Hopfen nimmt derzeit stark zu, vor allem durch das Craft-Beer-Segment. Dadurch wird die Nachfrage auf dem Weltmarkt mengen- und sortenmäßig mehr und mehr durch diese Bierbranche bestimmt“, weiß Peter Hintermeier, Vorsitzender des Deutschen Hopfenwirtschaftsverbands e.V. Wenngleich Craft Beer nur acht Prozent des gesamten US-Bierkonsums ausmacht, verbrauchen seine Macher fast zwei Drittel der Hopfenernte.
    Denn die aromastarken Biere benötigen bis zehnmal mehr Hopfen als die Klassiker. Und so geht auch ein Großteil der Ernte aus Sachsen-Anhalt mittlerweile nach Amerika. Die Reportage begleitet ein Jahr lang den Hopfenanbau in einem der größten Hopfenbetriebe Deutschlands und beleuchtet die Wege des „grünen Goldes“ aus Sachsen-Anhalt in die ganze Welt. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 17.03.2020MDRDeutsche Online-PremiereMi 11.03.2020ARD Mediathek
  • Folge 351 (45 Min.)
    Es ist die wohl teuerste Baustelle Sachsens – das Dresdner Schloss. Mehr als 340 Millionen Euro flossen in den aufwendigen Wiederaufbau. Die Gemäuer, in denen seit über 600 Jahren die sächsischen Kurfürsten residierten, wurden im Zweiten Weltkrieg zu fast 85 Prozent zerstört. Zu DDR-Zeiten fehlten bis in die 1980er Jahre Geld, Material und politscher Wille für den Schlossbau. Immerhin begann man 1986 mit der Sicherung der Ruine. Die Bauarbeiten starteten 1990. Heute zeigt sich der „Sächsische Louvre“ wieder in seiner ganzen Pracht und Opulenz.
    Die verdankt das Schloss nicht zuletzt August dem Starken, der vor 300 Jahren anlässlich der Hochzeit seines Sohnes prunkvolle Paraderäume errichten ließ. Ballsaal, Thronsaal, Schlafgemach – Vorbild dafür war Versailles. Auch heute sind französische Spezialisten für die originale Ausstattung zuständig. „Auf jeden Fall haben wir hier Originalteile, die es in Versailles nicht mehr gibt, das betrifft vor allem das Audienzgemach mit seinen prachtvollen Goldstickereien aus Paris – in den Werkstätten des Sonnenkönigs gefertigt.
    Und wer das erleben will, wer Versailles zur Zeit des Sonnenkönigs erleben möchte, der muss dann nach Dresden kommen!“, schwärmt die Kunsthistorikerin Dr. Sabine Schneider. Die MDR-Dokumentation zeigt die unglaubliche Wiederauferstehung des Schlosses aus Ruinen, gekrönt vom Wiederaufbau der barocken Prunkräume. Sie erzählt über die restauratorische Feinarbeit an den riesigen Deckengemälden von Louis de Silvestre.
    Das Kamerateam war dabei, als in Florenz und Genua die teuren Samt- und Goldbahnen für die Wandbehänge der Gemächer entstanden. Alles per Handarbeit auf Webstühlen, wie vor 300 Jahren. Stoffe, die man auch in dem weltweit einzigartigen sechs Meter hohen Paradebett August des Starken wiederfindet. In dem wurde übrigens niemals geschlafen. „Es sind ja königliche Empfangsräume“, erklärt Chefrestaurator Hans Walter, „und es ist ein großes Theater gewesen 1719, mit dem August der Starke alle beeindrucken wollte!“ (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 24.03.2020MDR
  • Folge 352 (45 Min.)
    Es ist ein einzigartiges Gelände, nicht nur in Deutschland, sondern europaweit – die Spinnerei. Das Areal im Westen Leipzigs war eine der erfolgreichsten Produktionsstätten für Baumwollgarne in der DDR und schreibt seine Geschichte bis in die Gegenwart fort. Das Gelände wandelte sich zu einem der umtriebigsten Kulturorte. Mit dem Motto: from cotton to culture steht die Spinnerei für den bahnbrechenden Erfolg der Neuen Leipziger Schule und Neo Rauch, aber auch für eine einzigartige Industriearchitektur, wie man sie in der Größenordnung und Erhaltung kaum mehr zu sehen bekommt.
    Ingrid Grieger war eine der ersten Frauen, die dort in den 50er Jahren ihre Lehre absolvierte. Sie erinnert sich noch gut, „wie anstrengend die Arbeit war“, aber „das es auch einen tollen Zusammenhalt gab“. In der Baumwollspinnerei arbeiteten nahezu nur Frauen. Einer der wenigen Männer war Wolfgang Knospe, im Film zeigt er die geheimen Verstecke in den Katakomben unter den Gebäuden, wo man Verstecken spielte und das eine oder andere Liebeständel hatte. Die Geschichte der Spinnerei beginnt Ende des 19.Jahrhunderts mit einer Vision – der Vision von Dr. Carl Heine, Advokat, Industrieller, wohlhabend.
    Er sah das Potential des Sumpflandes im Westen Leipzigs, wollte es urbar machen. Er baut Brücken, trocknet die Böden, plant Häuser und Gebiete für Industrie. 1884 steigt die Aktiengesellschaft Baumwollspinnerei ein und noch im selben Jahr wird die erste Spinnerei errichtet und die Arbeit mit fünf Spinnstühlen beginnt. Bereits ein Jahr später läuft die Produktion mit 30.000 Spindeln bereits auf vollen Touren. In den Jahren bis 1907 entstehen weitere Spinnereien, Kämmereien, Produktionshallen und Verwaltungsgebäude.
    Die Leipziger Baumwollspinnerei wächst in diesen Jahren zur größten Spinnerei Europas. Krieg, Inflation und soziale Unruhen gehen nicht spurlos an dem Unternehmen vorbei. Auch die Nationalsozialisten investieren in die Spinnerei, lassen Garne für Militäruniformen herstellen. 1946 wird sie zum Volkseigenen Betrieb. Mit dem Mauerfall endet die Garnproduktion in der Spinnerei. Künstler ziehen in die günstig zu mietenden Räume ein, bis im Jahr 2000 schließlich das Gelände zum Verkauf steht.
    Und wieder ist es einer Vision zu verdanken, die die Bauwollspinnerei neu aufblühen lässt. Bertram Schultze, der als Möbeldesigner einer der ersten Mieter war, sieht das Potential dieses Geländes und entwickelt die Idee, daraus einen Kulturort zu machen. Gegen viele Widerstände und allen Unkenrufen zum Trotz setzt er seinen Plan um. Etliche Künstler, Werkstätten und Galerien ziehen ein. Nur wenige Jahre später wird die Spinnerei zum neuen Hotspot der internationalen Kunstszene – als Neo Rauch und einige junge Maler zu den Superstars der Neuen Leipziger Schule gekürt werden und die Kunstszene aufmischen.
    Plötzlich fallen Sammler aus der ganzen Welt ein und horteten Bilder. „Ich hätte nie gedacht, dass ich bleiben würde. Am Anfang hörte man noch die letzten Maschinen und dann waren wir alleine mit den Ratten.“ – erinnert sich Hans Aichinger, einer der Vertreter der Neuen Leipziger Schule. Zwei Mal im Jahr kommen inzwischen um die 25.000 Menschen zum berühmt gewordenen Galerierundgang, wenn alle Ateliers und Werkstätten öffnen. Die Spinnerei ist ein faszinierender Industriebau und Kulturstätte gleichermaßen. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 14.04.2020MDR
  • Folge 353 (45 Min.)
    Mit Skalpell, Pinsel und Lupe haben Wissenschaftler im US-amerikanischen Pittsburgh Saurier aus Thüringen freigelegt. Vor einem Jahrzehnt sind die Funde von einem internationalen Forscherteam unter Leitung von Dr. Thomas Martens im sogenannten Bromacker bei Tambach -Dietharz ausgegraben worden. Jetzt kehren die Saurier zurück nach Thüringen mit einer wissenschaftlichen Sensation im Gepäck, mit dem Skelett eines weltweit neuen Ur-Sauriers. Die bisher unbekannte Art muss offiziell noch einen Namen bekommen. So neu ist diese große Entdeckung, die jüngste vom Bromacker bei Tambach-Dietharz. Nirgendwo auf der Welt kann man so viele und so gut erhaltene Saurier-Fossilien finden wie im Bromacker in Thüringen.
    In dem alten Steinbruch entdeckte Dr. Thomas Martens vor 45 Jahren die ersten Tiere. 1978 konnte er mit den wissenschaftlichen Grabungen beginnen, die zu seinem Lebenswerk werden sollten. Jeder Fund war eine Weltsensation. Neben etlichen Insekten- und Pflanzenversteinerungen wurden 40 Skelette von zwölf Ursaurierarten geborgen. Der „erste aufrecht gehende Thüringer“ ist eine 26 Zentimeter große Echse und sieht aus wie der kleine Bruder des Tyrannosaurus Rex. Bekanntes Schmuckstück der Saurierfunde sind zwei nebeneinander liegende Amphibien, die „Tambacher Liebespaar“ genannt werden.
    Sie alle stammen aus dem Perm, einem Erdzeitalter vor rund 290 Millionen Jahren. Verwandte wurden auch in New Mexico in den USA gefunden. Fast 20 Jahre kamen deshalb amerikanische Kollegen jeden Sommer zu Grabungen nach Thüringen. Gemeinsam lieferten die Paläontologen einen weiteren Beweis, dass die Kontinente einst zusammenhingen. Der neue Ur-Saurier ist der Star einer großen Schau auf Schloss Friedensstein in Gotha. Ab Mai werden er und die anderen aus den USA zurückgekehrten Saurierfunde erstmals öffentlich gezeigt und im Schloss für kommende Generationen aufbewahrt. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 28.04.2020MDRDeutsche Online-PremiereDo 23.04.2020ARD Mediathek
    ursprünglich für den 21.04.2020 angekündigt
  • Folge 354 (45 Min.)
    Das Kirnitzschtal – für viele das schönste Tal der Sächsischen Schweiz. Zerklüftete Felsen, hundertjährige Wälder und dazwischen die Kirnitzsch. Auf 45 km Länge schlängelt sich der Grenzfluss von der Quelle in Böhmen bis nach Bad Schandau. Ranger Frank Strohbach liebt die Wolfsschlucht mit 300 Jahre alten Fichten. Am Bach leben die scheue Wasseramsel und der Eisvogel. Hier ist die Natur noch ganz urwüchsig – und wird als Kernzone des Nationalparks Sächsische Schweiz besonders geschützt. Jeden Winkel im Tal kennt auch der Kartograf Rolf Böhm.
    Eine kleine Kirnitzschinsel hat er sogar nach seiner Enkeltochter benannt. Er überprüft regelmäßig vor Ort die Aktualität seiner handgezeichneten Wanderkarten. Die werden von vielen Bergfreunden geschätzt. Startpunkt für viele Wanderer ist die Obere Schleuse – ein gigantisches Wasserbauwerk. In der Kirnitzschklamm wird dafür der Fluss gestaut. Früher für die Flößerei, heute für romantische Kanufahrten. Schon als Kind hat Bootsführer Jan Tlapak an der Kirnitzsch gespielt: „Ich hätte nie gedacht, dass ich mit der Kirnitzsch mal Geld verdiene.“ Er war 10 Jahre Polizist in Prag.
    Dann zog es ihn zurück an die Kirnitzsch. Wenn die Schleuse abgelassen wird, dann flößte man früher auf der Flutwelle hunderte Baumstämme durchs Tal. 15 Mühlen verarbeiteten das Holz. Bis heute ist die Neumannmühle die älteste Holzschliffmühle der Welt mit einem venezianischen Sägegatter, das Leonardo da Vinci entworfen hat! Die jährliche Frühjahrsflut nutzten bis 1990 sogar Sportler für internationale Kajakwettkämpfe. Den Anwohnern aber ist eine gemäßigte Kirnitzsch viel lieber.
    Zur Flut 2010, als das gesamte Tal unter Wasser stand, hat das Flüsschen Schäden in Millionenhöhe verursacht. Die Hintere Sächsische Schweiz ist eins der schönsten Klettergebiete in Deutschland mit Felsformationen wie Affensteine, Winterberg, Bloßstock, Kuhstall und extremen Kletterwegen. „Bergsteigen ist ein Sport fürs ganze Leben“, ist Sachsens Kletterlegende Bernd Arnold überzeugt. Mit seinen Seilgefährten, die zwischen 6 und 90 Jahre alt sind, tritt er am Fels den atemberaubenden Beweis an. Aber nicht nur Kletterer lieben das Kirnitzschtal.
    Als man vor 100 Jahren die Gleise für die legendäre Kirnitzschtalbahn verlegte, begann eine neue Ära. Vom Lichtenhainer Wasserfall aus fährt die nostalgische Straßenbahn bis nach Bad Schandau. Unterwegs herrscht Linksverkehr wie in England. Äußerst kritisch für Autofahrer! Felsstürze und Erdrutsche lassen im Winter die Fahrt zu einem Abenteuer werden. Trotzdem, für Frank Drzymala war es ein Kindheitstraum, diese Bahn zu fahren: „Das ist in Europa der einzige Wagen, der noch mit so einer speziellen Lenkeinrichtung fährt.“ Und ein engagierter Bahnfreundeverein sorgt dafür, dass das noch lange so bleibt. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 05.05.2020MDR
  • Folge 355 (45 Min.)
    Abendnebel am Königstein
    Sie trauen ihren Augen kaum, als sie diesen Sensationsfund begutachten. Da forschen Angelika Taube und Andrej Pawluschkow seit fast vier Jahrzehnten auf der Festung Königstein und entdecken erst jetzt diesen königlichen Schatz. Äußerlich nur eine alte Waage, doch auf dieser saß August der Starke höchstpersönlich. Vor und nach seinen Festen, die er hier gern feierte, war es Brauch, das Gewicht des Königs und seiner Gäste zu notieren. Es ist eines von vielen Geheimnissen, welche die Historikerin und der Museologe auf der Festung entdeckt haben.
    Andrej Pawluschkow ist von der Bergfestung derart gefesselt, dass er vor 30 Jahren seinen Wohnsitz hierher verlegte. Eine der vielen Besonderheiten der Festung: Es gibt Mietwohnungen. Einst waren hier verheiratete Unteroffiziere einquartiert. Damals wie heute bieten sie einen fabelhaften Ausblick über das Elbtal. Zu den Bewohnern zählte früher auch der Puppenspieler Heinz Fülfe, bekannt durch seine Rolle als Schnellzeichner Thaddeus Punkt im DDR-Kinderfernsehen. Die Feste bei ihm waren zwar nicht so prunkvoll wie bei August dem Starken, für die Bewohner der Festung sind sie aber bis heute unvergesslich.
    Genauso wie jener Tag, im Jahre 1976, als ein Fernsehteam von „Außenseiter Spitzenreiter“ mit Tauchern anrückte, um im 152 Meter tiefen Burgbrunnen auf Schatzsuche zu gehen. Kloster, Gefängnis und Jugendwerkhof, zu Kriegszeiten Lager für Kunstschätze aus Dresden – mehr als 50 Bauten erzählen vom militärischen und zivilen Leben 240 m hoch über der Elbe. „Der Osten – Entdecke wo du lebst“ über Geschichte und Geschichten einer Festung, die in acht Jahrhunderten nie eingenommen wurde. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 12.05.2020MDR
  • Folge 356 (45 Min.)
    Hoch reckt sich der Schornstein der ehemaligen Tuchfabrik Gebrüder Pfau in den Himmel über Crimmitschau. Wegen der Fabriken und ihrer Schlote bekommt der Ort um 1900 den Beinahmen „Stadt der hundert Schornsteine“. „Wir sind als Kinder in den Zöfelpark mit der Schulklasse und mussten immer die Essen zählen“, erinnert sich Waltraud Knüpfer, eine Urenkelin des Firmengründers. Die Tuchfabrik Pfau ist einzigartig und steht für sächsische Textilgeschichte. Denn sie vereint alle Arbeitsschritte vom Spinnen über das Färben bis zum Weben unter einem Dach. Pfau und andere Fabrikanten machen die Stadt groß, sorgen für Handelsverbindungen in die ganze Welt.
    Und gemessen an der Einwohnerzahl hatte Crimmitschau damals die meisten Millionäre Deutschlands. In der DDR produzieren die Volltuchwerke Crimmitschau Mischgewebe für westdeutsche Modekonzerne. 1975 beginnt Silvia Schuhmann ihre Lehre in der Textilfabrik. 18 Jahre später wird ihr Werk geschlossen – zu unrentabel im wiedervereinten Deutschland. „Im Alter wird einem das bewusster, dass man als Mensch an solchen Maschinen gearbeitet hat. Man hat das verdrängt. Die Arbeit hat Spaß gemacht.
    Das war einfach so. In anderen Fabriken sah es auch nicht anders aus.“ Silvia Schuhmann wird erst arbeitslos, dann ABM-Kraft und bekommt schließlich wieder eine Festanstellung in ihrem alten Betrieb. Nun führt sie Besucher durch die Fabrik, die inzwischen ein Museum ist, und kümmert sich um die alten Maschinen. Das Ensemble ist mittlerweile einzigartig in Europa. Nirgendwo gibt es noch so einen vollständigen historischen Maschinenpark. Doch Crimmitschau wehrt sich dagegen, nur noch die Kulisse für ein Textilmuseum zu sein. Es gibt in der „Stadt der hundert Schornsteine“ noch zwei Manufakturen und einen Mittelständler.
    Sie bilden heute den Kern der Crimmitschauer Textilindustrie. Hochspezialisiert produzieren die Betriebe technische Textilien, Theaterdekorationen und Seidentapeten. Die Rekonstruktion von seidenen Wandbespannungen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert ist der Anspruch von Helga Eschke: „Unser Ehrgeiz besteht darin, nachzuempfinden wie diese Textilien gewebt wurden und dann mit unseren Produkten nahe heranzukommen an diese alten Vorlagen.“ Die Arbeiten der Seidenmanufaktur hängen im Dresdener Residenzschloss, im Wiener Schloss Schönbrunn und neuerdings auch in Wörlitz. (Text: MDR)
    Deutsche TV-PremiereDi 02.06.2020MDR
  • Folge 357 (45 Min.)
    Es gibt im mitteldeutschen Untergrund einen Schatz, der Regionen reich machen kann – wenn man seiner habhaft wird. Der MDR erzählt in der Reportage „Der Osten – Entdecke wo Du lebst“ die spektakuläre Geschichte eines Bergwerks in dem kleinen Börde-Ort Zielitz nördlich von Magdeburg. Ein Bergwerk, das es ohne das Risiko und den Einsatz mutiger Bergleute in der DDR heute nicht geben würde – und das zur Wendezeit in einen Treuhand-Krimi um Macht und Mammon gerät. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 09.06.2020MDR
  • Folge 358 (45 Min.)
    Im ersten Teil entdecken wir Quedlinburg und die wunderschönen Fachwerkstädte im Harz und begegnen tief im Wald den letzten von einst hunderten Holzköhlern. Im zweiten Teil stoßen wir in Chemnitz auf die Spuren gigantischer Vulkanausbrüche und erleben die faszinierende Felsenwelt von Elbsandstein- und Zittauer Gebirge. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereSo 28.06.2020MDR
  • Folge 359 (45 Min.)
    Ferropolis ist ein einmaliger Ort der Industriekultur, unweit von Gräfenhainichen. Wo andernorts ein See nach dem anderen die von der Kohle geschundenen Landschaften flutet, sind auf dem Gelände des ehemaligen Braunkohle-Tagebaus Golpa Nord fünf imposante Großgeräte Dreh- und Angelpunkt einer außergewöhnlichen Vision geworden. Schaufelradbagger, Eimerkettenbagger, Absetzer. Am Bauhaus Dessau erdacht, ist Ferropolis heute Industriedenkmal und Veranstaltungsareal – zum Staunen, Anfassen, Klettern. In ihren 25 Jahren seit der Gründung hat sich „Die Stadt aus Eisen“ mit internationalen Festivals wie Melt! und Splash! sowie großen Konzerten von Puhdys bis Metallica einen europaweiten Ruf als einmalige Kulisse für Künstler und Publikum gemacht.
    Gleichzeitig stehen die imposanten Stahlkolosse für die bewegten Lebensgeschichten der hier tätigen Bergarbeiter. Die Braunkohle hat Baggerfahrer Roland Herrmann das Zuhause genommen. Seit Generationen lebten seine Vorfahren in dem 140-Seelen-Dorf Gremmin, am Rande des Tagebaus Golpa-Nord. Doch die Kohle, oberster Energielieferant der DDR, war wichtiger als Heimat und Tradition. 1981 musste Roland Herrmann sein eigenes Elternhaus wegbaggern.
    Inzwischen ist er froh, dass die Geschichte seines Dorfs in Ferropolis weitererzählt wird. Monika Miertsch war mit Leib und Seele Baggerfahrerin. Wenn sie heute im Fahrerstand „ihres“ Baggers steht, würde sie am liebsten gleich wieder loslegen. Als Frau war sie nicht nur die Chefin auf dem Bagger, sie hat auch die gleiche Bezahlung wie die Männer erhalten. Ein Selbstverständnis, das sie gern an die heutigen Besucher und Besucherinnen weitergibt – auch per Augmented Reality in der neuen Ferropolis-App. Industriegeschichte wird hier mit neuen Ideen gefüllt, ein lebendiger Ort mit großer Strahlkraft in die Region ist entstanden.Thies Schröder und Janine Scharf kämpfen jede Saison auf ’s Neue um den Fortbestand der Vision.
    Ungewöhnliche Veranstaltungen, überraschende Persönlichkeiten, neue Ideen müssen möglichst viele Menschen in die Region locken, damit die selbst-finanzierte „Stadt aus Eisen“ überlebt. Aber der schlimmste Feind ist der Rost, der an den Giganten aus Stahl nagt … Was kann Ferropolis den Bergleuten in anderen Braunkohle-Regionen, denen mit dem beschlossenen Kohleausstieg das gleiche Schicksal bevorsteht, weitergeben? Das erzählt der Film aus der Reihe „Der Osten -Entdecke wo du lebst“ (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 14.07.2020MDR
  • Folge 360 (45 Min.)
    „Jedes Dorf musste eine Herde Schafe haben. Ob es dahin gepasst hat oder nicht, hatte keine Rolle gespielt“, erinnert sich Schäfermeister Lutz Hager aus Barby. Das war ein Parteiauftrag und für den wurden dringend Schäfer benötigt. Diese wurden in Wettin an einer der wenigen Schäferschulen auf der ganzen Welt ausgebildet. Die Geschichte dieser besonderen Schule in dem Ort bei Halle ist jedoch bis heute nahezu unbekannt. Tausende Lehrlinge wurden hier zu DDRZeiten ausgebildet und als Schäfer in alle Ecken der Republik geschickt.
    Anfang der 1970er-Jahre starteten die Agrarplaner der DDR ein einzigartiges Programm. „Die Parteiführung wollte das so und da musste das gemacht werden“, erzählt Lutz Hager. 2,65 Millionen Schafe grasten damals auf den Wiesen der DDR. Wegen ihrer Genügsamkeit wurden sie auch „Pfennigsucher“ genannt. Und genau deshalb wurden sie zu einem beträchtlichen Wirtschaftsfaktor. Denn über 50 Prozent ihres Futters stand auf Wegerändern, Unland oder abgeernteten Feldern kostenlos zur Verfügung. Gleichzeitig wurden sie zu wertvollen Devisenbeschaffern.
    90 Prozent des Lammfleisches wurde exportiert – vor allem nach Westdeutschland und in die arabischen Staaten. Nur die Altschafe blieben in der DDR zurück – mit bis heute spürbaren Folgen: „In den DDR-Küchen hat man dadurch die Bevölkerung mit Hammelfleisch vergrämt. Alte Böcke schmecken einfach nicht. Und es ist heute noch so, dass der Konsum von Schaffleisch in den neuen Bundesländern geringer ist als in Westdeutschland“, weiß Dr. Knut Strittmatter, Leiter für Tierzucht an der Universität Leipzig.
    Doch hauptsächlich ging es damals weniger um das Fleisch, sondern vor allem um die Wolle. Jedes Kilo, das auf dem Rücken eines DDR-Schafes wuchs, musste nicht aus Neuseeland oder Australien gegen harte Devisen importiert werden. Mit der Einführung der künstlichen Besamung 1971 erreichten die Wollerträge bald Rekordzahlen. Im Mittelpunkt stand das Merinolangwollschaf – bis zu 6 Kilogramm Wolle geben gute Tiere pro Jahr ab. „Die Wolle war damals wertvoller als das Fleisch.
    Jetzt muss ich dafür sogar draufzahlen, für die Entsorgungskosten. Wer trägt heute noch echte Wolle? Das ist fast alles aus Polyester, also Öl“, sagt Muhammed Özcan, türkischer Großhändler und Schlachter bei Hamburg. Er holt noch heute Lammfleisch aus Sachsen-Anhalt nach Hamburg, wo es großen Absatz unter anderem in Imbissen auf der Reeperbahn findet. Bis zu 120 Mark pro Kilo gab es damals, heute sind es wenige Cent und die Kosten für das Scheren der Schafe oftmals höher als die Wolle selbst.
    Denn als jedes DDR-Schaf sein Plansoll mit 3,11 Kilogramm Reinwolle im Jahr sogar übertraf, öffneten sich die Grenzen. Und auf der anderen Seite standen die, die fortan als Norm gelten sollten: die West-Schafe mit den schwarzen Köpfen und der einzigen Funktion, möglichst schnell möglichst viel Lammbraten zu produzieren. Fast über Nacht begann 1990 das große Schafeschlachten. „Die Wende tat weh. Das, was wir in jahrelanger Arbeit zur Perfektion gebracht haben, wurde 1990 zerstört. Ganze Herden wurde gekeult oder an Westhändler verschenkt“, berichtet Andrea Hager, ehemalige Lehrausbilderin für Schafzucht in Barby.
    Die einzige Schäferschule Mitteleuropas in Wettin wurde 1991 abgewickelt und 6.000 Schäfer bangten um ihre Zukunft. Heute gibt es nur noch rund 1.000 in ganz Deutschland und auch die Schafbestände nehmen jährlich rapide ab. Der Film von Peter Simank geht auf Spurensuche nach einem nahezu unbekannten Kapitel in der Geschichte Ostdeutschlands, begleitet einen Schäfermeister ein Jahr lang bei seiner Arbeit und hinterfragt dabei auch, wie es um die Zukunft der Berufsschäferei bestellt ist. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 04.08.2020MDR
  • Folge 361 (45 Min.)
    Das Waldklinikum in Gera behandelt seit 100 Jahren Kranke. Heute kann hier Menschen geholfen werden, deren Leiden damals noch gar nicht als Krankheit verstanden wurden. Simone Neidel gehört zu diesen Patienten. Sie kämpft seit Jahren gegen ihr Übergewicht und kommt mit einem ganz persönlichen Wunsch zu den Ärzten nach Gera: Zu ihrem 50. Geburtstag möchte sie wieder tanzen können. Dafür ist sie sogar bereit für eine Magenverkleinerung. Allerdings lässt sich das Übergewicht nicht einfach wegoperieren.
    Deshalb hat das Krankenhaus in Gera gemeinsam mit einer Krankenkasse ein Programm aufgelegt. So können Patienten aus Sachsen und Thüringen jahrelang behandelt werden in der Adipositas-Fachklinik des Waldklinikums. Über mehrere Monate hinweg kommt Simone Neidel immer wieder in das Krankenhaus, das sich seinen Patienten auch als Kultur-Krankenhaus präsentiert. Sie ist überrascht, wie viele Menschen sich zwischen OP-Saal und Piano um ihre Behandlung und ihren Wunsch kümmern, beschwerdefreier leben zu können. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 11.08.2020MDRDeutsche Online-PremiereMi 05.08.2020ARD Mediathek
    Deutsche Erstausstrahlung ursprünglich für den 28.04.2020 angekündigt

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