2022, Folge 171–190

  • Folge 171
    Laute Laster, startende Flugzeuge oder ratternde Güterzüge: Lärm macht uns krank. Doch es gibt innovative Lösungen, die den Lärm reduzieren. Eine große Erleichterung für viele Stadtbewohner bringen sogenannte Querriegel. Das sind Neubauten, die Lücken zwischen Häuserzeilen schließen, damit so der Lärm abgehalten wird. „An den Hauptverkehrsstraßen kann keiner richtig schlafen oder das Fenster auf Kipp stellen“, sagt Akustik-Experte Christian Popp vom LÄRMKONTOR in Hamburg. Die Grenzwerte von 65 Dezibel am Tag und 55 Dezibel in der Nacht werden permanent überschritten.
    Das macht Stress und auf Dauer krank. Wie eine Lösung aussehen kann, zeigt Christian Popp an einer achtspurigen Straße mitten in Hamburg. Hier schirmt ein moderner Wohnblock alte Siedlungshäuser ab. Die Bewohner hören vom Straßenlärm kaum etwas, stattdessen das Zwitschern der Vögel. Der neu entstandene Innenhof ist ein kleines Naturparadies. Lärm reduzieren, darum geht es auch dem Start-up recalm. Marc von Elling und Lukas Henkel arbeiten mit Antischall speziell für Fahrerkabinen von Baggern.
    Bisher hat der Fahrer acht Stunden täglich das Dröhnen und Wummern der Maschinen auf dem Ohr. „Langfristig war die Hör-Schädigung garantiert“, sagen die Entwickler. Mit dem neuen Hightech-System werden die tiefen Frequenzen gemindert. Das Resultat: 50 Prozent weniger Krach. Überhaupt keinen Krach machen Eulen. Sie fliegen so leise, dass sie nicht zu hören sind. Die Kunst des geräuschlosen Fliegens beobachtet Prof. Jan Werner Delfs vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrttechnik (DLR) in Braunschweig.
    Gemeinsam mit seiner Kollegin Michaela Herr erforscht der Akustik-Experte und Aerodynamiker die Möglichkeiten, auch Flugzeuge leiser fliegen zu lassen. „Offenbar sind die speziell geformten Federn der Eule und der Flaum auf der Unterseite der Flügel ausschlaggebend für den lautlosen Flug“, sagt er. Im Windkanal experimentieren die Forscher mit Bürsten, die an die Flügelkanten angeklebt werden und so den Fluglärm mindern sollen. Das dominante Geräusch im idyllischen Mittelrheintal kommt von Güterzügen.
    Bis zu 600 Züge donnern innerhalb von 24 Stunden beidseits über die Schienen. „Ein Höllenlärm!“, sagt Frank Groß, Gründer des Bürgernetzwerks „Pro Rheintal“. Zwar wurde in den vergangenen Jahren bei vielen Waggons die sogenannte Flüsterbremse eingebaut, die den Lärm auf der Schiene reduziert. Doch das reicht den Anwohnern nicht. Sie fordern weitere Anstrengungen. Wie die aussehen können, zeigt die Schweiz. Hier werden schon Bremsen getestet, die noch weniger Lärm machen. „plan b“ besucht kluge Köpfe, die unsere Umwelt leiser machen wollen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 08.01.2022ZDF
  • Folge 172
    Jedes Jahr verlieren wir weltweit 100 000 Quadratkilometer guten Bodens. Er wird zubetoniert, mit Chemie behandelt, achtlos bewirtschaftet. Dabei ist er die Grundlage des Lebens. Gesunde Böden bringen nicht nur gesunde Nahrung hervor. Sie bieten zahlreichen Arten Lebensraum – und sind ein Schlüssel zur Rettung des Klimas. Pioniere, Forscher und Macher haben dieses Potenzial erkannt und machen verlorenen Boden wieder gut. Einer von ihnen ist der österreichische Landwirt Josef Nagl. Ein Unfall, der ihn fast das Leben kostete, brachte ihn zum Nachdenken: Will er seinen Kindern ausgelaugte tote Äcker hinterlassen, die nur mit Industriedüngern und Pestiziden reiches Wachstum hervorbringen? Radikal stellte er seinen Familienbetrieb um.
    Pflug und Chemie, die beide das Bodenleben zerstören, sind heute tabu. Stattdessen arbeitet er mit einer vielfältigen Fruchtfolge, einer ständigen Begrünung des Ackers und vor allem mit einer anderen Haltung zu natürlichen Kreisläufen. Josef Nagl hat sich der „Ökoregion Kaindorf“ angeschlossen: einer wachsenden Bewegung von Landwirten, die Boden als lebendigen Organismus respektieren und so anbauen, dass Humus im Boden nicht verschwindet, sondern ständig neu entsteht.
    „Denn wie wollen wir Menschen gesund bleiben, wenn es der Boden nicht ist, von dem wir leben?“, fragt Josef Nagl. Für die Bauern der Ökoregion ist die Umstellung auch ein finanzieller Gewinn: Für den Aufbau von Humus und damit für die Speicherung von CO2 werden sie mit einer Prämie belohnt. Auf dem Boden, wo Erika Kothe steht, ist Landwirtschaft für Jahrhunderte undenkbar. Zu DDR-Zeiten wurde hier Uran gefördert. Übrig geblieben ist eine Mondlandschaft, hoch kontaminiert mit Säuren und Schwermetallen.
    Wie lässt sich so ein Boden heilen? „Mit Wurzeln, Bakterien und Mykorrhiza-Pilzen“, sagt Mikrobiologin Erika Kothe von der Uni Jena, die hier gemeinsam mit dem Geologen Thorsten Schäfer forscht. Sie bauen schnell wachsende Pflanzen an und impfen den Boden mit Bakterienkulturen und Pilzen. Diese sorgen dafür, dass die Schwermetalle sich binden und unschädlich gemacht werden. Die Technik könnte weltweit für die Renaturierung riesiger Bergbaufolgelandschaften eingesetzt werden. „Und was dabei an Biomasse wächst, ist frei von Schadstoffen“, erklärt Erika Kothe, „so lässt sich dieser Boden verbessern und nutzen zugleich.“ Je mehr Gewerbegebiet, desto besser: So dachte auch Bürgermeister Robert Bosch aus Mainleus in Oberfranken lange Jahre.
    Doch zwei Landschaftsarchitekten brachten ihn zum Umdenken und zu der Erkenntnis: Unser Boden ist eine überaus kostbare und endliche Ressource. In der „Alten Spinnerei“, einem Industrieareal, wird daher Asphalt und Beton wieder aufgebrochen, Boden entsiegelt und renaturiert. „Wir müssen unsere Flächen einfach anders nutzen, anstatt weiter Flächenfraß zu betreiben“, sagt Robert Bosch. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 22.01.2022ZDFDeutsche Online-PremiereMo 17.01.2022ZDFmediathek
  • Folge 173
    Kein Bett, kein Essen, keine Wohnung – und das bei Minusgraden: Mehr als 400 000 Menschen haben in Deutschland keine eigene Wohnung oder leben auf der Straße. Enge Notunterkünfte und unzureichende medizinische Versorgung: Die Coronapandemie hat den Alltag von Obdachlosen noch einmal verschlechtert. Doch vielen Menschen kann geholfen werden. Dafür gibt es neue Ideen. Wer auf der Straße landet, schleppt meist ein ganzes Bündel Probleme mit sich herum. „Normalerweise müssen erst diese Probleme gelöst werden, dann gibt es eine Wohnung“, sagt Mario Schmidt vom Sozialamt der Stadt Bamberg. „Wir machen das jetzt genau andersherum.“ Erst die Wohnung und dann das eigene Leben wieder in den Griff bekommen.
    „Housing first“ heißt das Konzept, das Menschen eine Chance gibt, die sonst nicht mehr auf die Beine kommen würden. Erfrierungstote verhindern und Kontakt zu Obdachlosen aufbauen, die sonst nicht erreicht werden: Darum geht es der Stadt Ulm. Mindestens 23 Obdachlose sind im vergangenen Winter auf Deutschlands Straßen erfroren – in Ulm soll so etwas nicht passieren. Die Lösung: die „Ulmer Nester“ – eine Art Schlafkapseln für Obdachlose. „Die Kapseln bieten Obdachlosen, die nicht in Notunterkünften nächtigen wollen oder können, Schutz vor Kälte und Übergriffen“, sagt Projektmanager Florian Geiselhart.
    „Wir haben hier die Chance, Menschen anzusprechen, die sonst komplett durch das soziale Netz fallen.“ Ganz neue Wege bei der Bekämpfung von Obdachlosigkeit geht Spanien: Conrado Giménez von der Stiftung „Fundazión Madrina“ versucht, zwei der großen gesellschaftlichen Probleme gleichzeitig zu lösen: Obdachlosigkeit und Landflucht. Der 62-jährige frühere Banker vermittelt von Obdachlosigkeit und Armut bedrohten Familien aus Madrid eine neue Bleibe in aussterbenden Dörfern. Alle profitieren davon: Die Familien haben ein Dach über dem Kopf, die Dörfer werden wiederbelebt, und die regionalen Arbeitgeber finden neues Personal. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 05.02.2022ZDF
  • Folge 174 (30 Min.)
    Doris Erne verarbeitet Molke zu Shakes.
    Ob auf Brot, über Nudeln oder als Pizza-Belag – ganze 25 Kilogramm Käse essen die Deutschen pro Kopf im Jahr. Doch mit der Klimabilanz des herzhaften Multitalents sieht es schlecht aus. Ein Kilogramm Käse bedeutet durchschnittlich rund sechs Kilogramm CO2-Ausstoß. Das will der Allgäuer Landwirt Franz Berchtold ändern. Schritt für Schritt hat er seinen Betrieb umgestellt auf dem Weg zu mehr Klimaneutralität. „Wer nachhaltig Milch und Käse produzieren will, der muss eigentlich die ganze Wertschöpfungskette im Auge haben.
    Nicht nur die Milch für sich, den Käse für sich“, weiß Berchtold. Deshalb stehen seine Kühe das ganze Jahr auf der Weide und fressen Gras, Klee und Kräuter anstelle von Kraftfutter. Damit aus seiner Heumilch ein hochwertiger Käse entstehen kann, hat sich der Landwirt mit anderen Milchproduzierenden in einer Genossenschaft zusammengetan und eine Käserei gegründet. Hier werden die Bio-Käselaibe dank neuster Technik und der Rückbesinnung auf traditionelle Kühlmethoden CO2-neutral hergestellt. Sportlerinnen und Sportlern eine ausgewogene Ernährung bieten – das ist die Mission von Doris Erne, und dazu setzt die Schweizerin auf ein Abfallprodukt aus der Käseherstellung.
    Sie hat einen völlig neuen Molke-Drink entwickelt. Denn ganze 90 Prozent der Milch landen nicht im Käse, sondern werden als Molke nach der Käseproduktion entsorgt. Allein in der Schweiz fallen pro Jahr 1,3 Millionen Tonnen Molke als Nebenprodukt an. „Es tut mir weh, zu wissen, dass so ein super Lebensmittel so selten für die menschliche Ernährung genutzt wird“, meint Doris Erne – und tüftelt darum weiter an innovativen Lösungen gegen Lebensmittelverschwendung.
    Kuhmilch im Käse – das ist für Franco und Lisa Vessio aus dem italienischen Piemont Schnee von gestern: Ihr Mozzarella basiert stattdessen auf Reismilch. Im Vergleich zu anderen Käse-Alternativen wird bei ihnen auf einen regionalen und umweltschonenden Anbau gesetzt. „Durch den Trockenanbau sparen wir Wasser und schonen den Boden“, erklärt Franco Vessio. Er ist überzeugt, dass sich mit seinem Reis-Käse viele Menschen umweltfreundlicher ernähren können. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 12.02.2022ZDF
  • Folge 175
    Stufen beim Arzt, Türschwellen im Café: Wer in seiner Mobilität eingeschränkt ist, stößt auf viele Herausforderungen. Menschen mit Behinderungen genauso wie Ältere oder Eltern mit Kinderwagen. Oft werden Menschen mit Behinderungen zu wenig mitgedacht. Manchmal stellen Stufen Hindernisse dar, manchmal fehlt Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt. Wie kann Inklusion besser funktionieren? Adina Hermann sitzt seit ihrem zehnten Lebensjahr im Rollstuhl. „Ich musste immer um alles kämpfen“, sagt die heute 33-Jährige.
    Aber davon hat sie sich nicht entmutigen lassen. Für den Verein Sozialhelden setzt sie sich nun auch beruflich für Inklusion ein. In Berlin erstellt sie gemeinsam mit Menschen ohne Behinderung eine sogenannte Wheelmap, eine Art Führer für barrierefreie Orte, die jeder nutzen kann. Sie engagiert sich auch für bessere Jobchancen und faire Löhne. „Menschen mit Behinderungen sind oft mindestens genauso leistungsfähig wie Menschen ohne Behinderung.“ In Österreich arbeitet der Verein „Chance B“ an einem großen Ziel.
    Elisabeth Grabner will nicht akzeptieren, dass Menschen mit Lernschwächen oft in sogenannten Werkstätten für Behinderte landen, isoliert in einer Sonderwelt, abgespeist mit niedrigen Löhnen. Sie leitet ein besonderes Ausbildungsprogramm, das jedem eine Chance bietet, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Der 19-jährige Marcus Zellhofer nimmt daran teil. „Meine Ausdauer ist noch ausbaufähig und meine Genauigkeit und dass ich nicht so schnell nervös und hektisch werde.“ Fördern, motivieren, niemanden allein lassen, das ist das Erfolgsrezept von „Chance B“.
    Hürden abbauen, Gemeinsamkeiten und Verständnis füreinander aufbauen. Das gelingt am besten beim Sport. Hermann Plagge hat im Emsland ein besonderes Sportangebot ins Leben gerufen. Außergewöhnlich ist, dass eine ganze Region mitmacht. In allen emsländischen Städten und Gemeinden können Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Sport treiben, etwa Fußball spielen oder Radtouren unternehmen. So kann die Inklusion gelingen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 19.02.2022ZDF
  • Folge 176
    Schmeckt der Riesling 2050 noch nach Riesling? Der Klimawandel macht Rebstöcken und Trauben zu schaffen. Winzer suchen nach Wegen, ihren Wein zu retten – und das Klima gleich mit. Die Weinberge ächzen unter extremer Hitze und sintflutartigen Regenfällen. Gleichzeitig verursacht die Produktion der edlen Tropfen Treibhausgase, die zur Erderwärmung beitragen. Wie herausfinden aus diesem Teufelskreis? Weinwelt und Wissenschaft suchen Lösungen. Eine 800-jährige Familientradition ist bedroht – und Gutsdirektor Ralf Bengel will sie retten. Der Winzer trägt die Verantwortung auf dem weltbekannten Weingut „Schloss Vollrads“ im Rheingau.
    Über 27 Generationen hinweg haben die adligen Gutsherren, die Greiffenclaus, eine einzige Rebsorte angebaut: den Riesling. Und das soll auch so bleiben. Doch die Wetterextreme greifen die Pflanzen an. Mal heiße Sommer, die die Trauben verbrennen. Mal Starkregenfälle, die den Boden die Hänge hinabspülen. „Es bringt ja nichts, den Kopf in den Sand zu stecken“, sagt Ralf Bengel. „Die Situation ist so. Und ich bin überzeugt davon, dass es Lösungen gibt.“ Deshalb arbeitet er mit Forschenden der nahe gelegenen Hochschule Geisenheim zusammen. Ihr ehrgeiziges Ziel: Riesling-Pflanzen zu züchten, die dem Klimawandel standhalten.
    Arianna Occhipinti geht einen ganz anderen Weg. Die sizilianische Winzerin setzt allein auf die Kräfte der Natur. Und das ganz im Süden Europas, wo im letzten Sommer eine Rekordtemperatur gemessen wurde: 48,8 Grad Celsius. Dennoch verzichtet Occhipinti darauf, ihre Pflanzen zu bewässern. Sie vertraut darauf, dass die Pflanzen immer tiefer wurzeln, bis sie an Wasser aus dem Boden gelangen. „Um guten Wein zu machen, muss man die Natur respektieren“, sagt die radikale Weinmacherin. Und ihren Naturwein ganz ohne Zusätze herzustellen, zahlt sich aus – für sie und für die Umwelt.
    Wein komplett klimaneutral herzustellen – dieses Ziel verfolgt Winzer Franz Wehrheim in der Pfalz. Er holt sich Unterstützung bei Unternehmensberaterin Helena Ponstein. Sie weiß, wie Weingüter ihre Klimabilanz verbessern können – zum Beispiel beim Thema Verpackung. Die ist für über die Hälfte des CO2-Ausstoßes in der Wein-Produktion verantwortlich. Und so wäre schon durch leichtere Flaschen viel zu bewirken. Dünnere Flaschen aber machen einen weniger wertigen Eindruck. Ob die von Verbrauchern überhaupt angenommen würden? Der Klimawandel bringt Bewegung in die Welt des Weins – für viele gute Jahrgänge edler Tropfen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 12.03.2022ZDF
  • Folge 177
    Wohlstand bedeutet aus Geld mehr Geld machen. Doch es gibt Menschen, die an einer neuen Definition von Wohlstand arbeiten. Die Idee: Geld verdienen und Gutes tun. Wie geht das? Die kenianische Firma BURN entwickelt einen ressourcenschonenden Herd für die Landbevölkerung. Für den großen Bedarf nach Feuerholz werden oft große Waldflächen abgeholzt. Der neue Herd soll das ändern. Das Unternehmen braucht Kapital, um weiter zu expandieren. Kapital, das Olga Dickmann über sogenanntes Crowdinvesting organisiert: Statt in anonyme Fonds können Investoren bei dieser Anlageform gezielt nachhaltige, umweltfreundliche Projekte fördern.
    Es müssen dabei keine Großanleger sein. Auch kleine Beträge von vielen Geldgebern machen größere Investitionen möglich. Die Anleger wiederum bekommen ihr Investment später mit Zinsen zurück. Geld investieren und gleichzeitig Gutes tun – diesen Weg geht man auch in Münster. Die Stadt gilt schon seit Jahrzehnten als Vorreiter im kommunalen Klimaschutz. Sie investiert in sogenannte Klima-Trainer. Bürger werden zu CO2-Experten fortgebildet, die Haushalte und Unternehmen beraten. Ein voller Erfolg: Münsteraner Haushalte verursachen seitdem insgesamt 2,5 Tonnen weniger CO2 im Jahr. Familie Engemann aus dem Kreis Höxter baut Bio-Obst, Bio-Gemüse und Bio-Getreide an.
    Sie sind gut vernetzt und unterstützen auch andere Betriebe der Region beim Bio-Anbau. 2020 haben sie zum ersten Mal eine sogenannte Gemeinwohl-Bilanz aufgestellt. Die zeigt nicht nur, den finanziellen Gewinn ihres Betriebs, sondern auch den sozialen und ökologischen Nutzen. Diese Idee hat sich auf internationaler Ebene durchgesetzt: Länder wie Schottland, Neuseeland und Island wollen ihren Wohlstand nicht mehr am Bruttoinlandsprodukt messen, sondern schauen auf neue Kennzahlen der Erfolgsmessung, wie soziale Gerechtigkeit oder Umweltfreundlichkeit. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 26.03.2022ZDF
  • Folge 178
    Beschäftigte in Pflege und Transport stellen sicher, dass alle Menschen gut versorgt sind. Aber was ist mit besserer Bezahlung und mehr Anerkennung? Viele fühlen sich ungerecht behandelt. Leere Tankstellen und Supermarktregale – Versorgungsengpässe wie in Großbritannien sind auch in Deutschland möglich, denn es fehlen rund 80.000 Lkw-Fahrer. In Transport, Pflege und Lebensmittelproduktion sollen neue Arbeitsmodelle gute Leute im Job halten. Sie pflegen Alte und Kranke, ernten und verkaufen Lebensmittel und transportieren unverzichtbare Waren durch ganz Europa.
    Doch einen angemessenen Lohn und eine gesellschaftliche Anerkennung bekommen Beschäftigte in systemrelevanten Berufen viel zu selten. „In einer Situation wie Covid merkt man natürlich, was man an der Pflege hat, aber das vergisst man wieder ganz schnell“, sagt Kerstin Leib. Sie arbeitet als Krankenpflegerin an den Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm und setzt sich dafür ein, dass sich die Arbeitsbedingungen im Kollegium langfristig ändern – durch mehr Mitbestimmung, eine wertschätzende Zusammenarbeit mit Ärztinnen und Ärzten und eine höhere Akademisierungsrate der Pflegekräfte.
    Die Idee stammt aus den USA und ist die Basis des sogenannten Magnet-Qualitätssiegel für Krankenhäuser. 2023 will die Ulmer Klinik als erstes deutsches Krankenhaus das Siegel erhalten. Ähnlich wie die Pflege leidet auch die Transportbranche unter Fachkräftemangel. Unregelmäßige Arbeitszeiten und zunehmender Stress machen den Job des Lkw-Fahrers unattraktiv.
    Speditionen müssen kreativ sein, um Beschäftigte zu finden und zu halten. „Wir versuchen natürlich für die Fahrer ein bisschen Heimat zu schaffen, sodass sie nicht nur ein gutes Equipment vorfinden, sondern auch gut betreut werden“, sagt Kurt Metz. Er ist Fuhrparkleiter bei der Spedition Bork im hessischen Langgöns und begann bereits vor rund zehn Jahren, die Arbeitsbedingungen auf polnische Fahrer zuzuschneiden: mit Übersetzungshilfen, polnisch sprachigen Ausbildern und Sprachkursen.
    Viele Trucker pendeln zwischen Polen und Deutschland. Wer bereit ist, mit der Familie nach Hessen zu ziehen, dem hilft die Spedition bei der Wohnungssuche und bietet Schichtbetrieb an. Unter welchen Bedingungen Produkte des täglichen Bedarfs transportiert und hergestellt werden, ist für Konsumentinnen und Konsumenten oft nur schwer nachvollziehbar. Darum reist Fairtrade-Unternehmerin Christiane Lüst regelmäßig nach Italien, wo das Obst und Gemüse angebaut wird, das sie verkauft. „Wir wollen, dass die Menschen, die auf dem Feld arbeiten und unser Essen produzieren, faire Löhne bekommen“, sagt die Bayerin.
    Sie arbeitet mit Yvan Sagnet zusammen, dem Pionier für mehr Gerechtigkeit im Obst- und Gemüseanbau in Italien. Er hat das No-Cap-Siegel erfunden, das Tariflohn und die Einhaltung von gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeiten garantiert. In einer Branche, in der mafiöse Strukturen und Ausbeutung vorherrschen, ist das eine Revolution. Christiane Lüst vertreibt die No-Cap-Produkte jetzt auch im deutschsprachigen Raum – mit großem Erfolg. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 02.04.2022ZDFDeutsche Online-PremiereMo 21.02.2022ZDFmediathek
    ursprünglich für den 26.02.2022 angekündigt
  • Folge 179
    Jeder Mensch muss sterben. Dennoch wird kaum ein Thema so sehr tabuisiert wie der Tod. Ein neuer, offener Umgang mit dem letzten Abschied könnte vielen Trauernden helfen. Schwarze Kleidung, Eichensarg, Blumenkränze. Rituale in der Trauer geben Halt. Doch viele von ihnen sind nicht mehr zeitgemäß. In Berlin möchten zwei Bestatterinnen ihre Branche verändern. Mit viel Zeit und einer engen, einfühlsamen Begleitung möchten Birgit Scheffler und Sahra Ratgeber Hinterbliebenen den Abschied von geliebten Menschen erleichtern. Würdevoll und individuell, auch mal unkonventionell kann ihre Begleitung sein: Ein Schnaps als letzter Gruß am Grab, ein mit Fingerfarbe verzierter Sarg.
    Auch holen sie alte Bräuche wie die Totenwache wieder ins Bewusstsein der Menschen. „Es ist unsere Überzeugung, dass das die Entscheidung der Zugehörigen ist und nicht dieses Berühmte, ‚weil man das so macht‘. Es ist uns wichtig, dass sich die Menschen ihre Toten nicht wegnehmen lassen und sich ihre Trauer nicht diktieren lassen, sondern dass sie ihren eigenen Weg finden.“ Mit einem persönlichen Abschied legen sie den Grundstein für die Trauerarbeit auch für die Zeit nach der Bestattung. Genau da setzt Anemone Zeim aus Hamburg an. Nach zwei schweren Schicksalsschlägen orientierte sich die Diplom-Kommunikationsdesignerin um und absolvierte eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin.
    Nun hilft sie Angehörigen, einen neuen Umgang mit der Trauer zu finden – auch wenn der Tod von nahen Menschen schon länger zurückliegt. In ihrem farbenfrohen Laden in Hamburg Eimsbüttel haben Hinterbliebene einen sicheren Raum für alle Emotionen, die zur Trauer gehören. Hier fördert Anemone Zeim neue Sichtweisen auf die Trauer: „Kreativität schafft neue Verbindungen im Gehirn, da werden im wahrsten Sinn des Wortes neue Brücken geschlagen, um eben diesen Zustand des Steckenbleibens zu überwinden“, so die 40-Jährige.
    Ein guter Umgang mit Trauer ist für sie auch eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe. In Dänemark ist man da schon einen Schritt weiter. Dort kümmert sich eine gemeinnützige Organisation um die Trauernden. Ihr Geschäftsführer, Preben Engelbrekt, erkannte schon vor zwanzig Jahren, dass Trauer pathologisch sein kann. Nach und nach baute der Psychotherapeut ein nationales Kompetenzzentrum auf: eine Anlaufstelle für Hinterbliebene mit natürlichen und schweren Trauerreaktionen. Von hier aus setzt er das Thema Trauer auf die politische Agenda und fördert auch den Wissensaustausch in Europa. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 09.04.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 05.04.2022ZDFmediathek
  • Folge 180 (30 Min.)
    Jenny Breit von „Stark für Tiere“ kümmert sich auch um gerettete Kaninchen.
    Zum Osterfest ist er allgegenwärtig – der Osterhase. Doch wie geht es eigentlich dem echten Feldhasen in Deutschland? Und können wir seine Schoko-Geschwister guten Gewissens genießen? Ostern ohne Hasen ist undenkbar. In freier Natur ist der Feldhase bedroht. Auch um andere traditionelle Ostertiere – wie Lämmer oder Hühner – ist es teils schlecht bestellt. Doch es gibt Menschen, die Lebensräume erhalten und Tierleben retten. Das von Legehennen zum Beispiel. Die leben normalerweise nur ungefähr ein Jahr, dann haben sie ausgedient – produzieren einfach nicht mehr genug Eier. Die meisten würden im Suppentopf landen.
    Doch der Verein „Stark für Tiere“ rettet die Hennen und bringt sie zu neuen Besitzern. Denen genügt es, wenn die Tiere nur zwei oder drei Eier pro Woche legen. „Uns liegt es wirklich am Herzen, die Tiere aus dieser Anonymität rauszuholen und den Menschen zu zeigen, dass es Lebewesen sind und keine Maschinen“, sagt die Vorstandsvorsitzende Jenny Breit. Ihr Verein rettet regelmäßig Tiere, die sonst getötet würden – zum Beispiel auch Laborkaninchen. Laut Tierschutzbund waren in Deutschland 2020 über 70.000 Kaninchen in Laboren eingesetzt. Die hier geretteten Langohren kommen nun in Familien und dürfen zum ersten Mal in ihrem Leben echtes Gras berühren.
    Wiese unter den Pfoten kennen dagegen die Feldhasen im „Hasenland“. Auf Gut Klepelshagen in Mecklenburg-Vorpommern beweist die „Deutsche Wildtier Stiftung“ im Modellbetrieb, wie Landwirtschaft und Naturschutz Hand in Hand gehen. Denn der Feldhase steht in Deutschland als gefährdete Art auf der Roten Liste. „Es ist zum Beispiel wichtig, erst spät die Wiesen zu mähen und dabei von innen nach außen vorzugehen, damit die Hasen in die richtige Richtung davonlaufen und nicht eingekreist und zuletzt vom Traktor erwischt werden“, erklärt Sebastian Brackhane.
    Er leitet den Naturschutzbereich der Stiftung und zeigt, wie beim Hasen-Monitoring jedes Jahr der Bestand der Feldhasen gezählt wird. So kann die Stiftung die Ergebnisse ihrer Arbeit überprüfen. Einen Hasen der ganz anderen Art betreuen dagegen die drei Gründer der „nu company“. 2021 Jahr haben Christian Fenner, Mathias Tholey und Thomas Stoffels den nachhaltigen Schokohasen mit weniger Zucker und umweltfreundlicher Verpackung noch in Testmenge verkauft, 2022 werden schon 220.000 Hasen produziert. Denn Nachhaltigkeit und Transparenz gehören auch zu Ostern immer mehr zum Trend. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 16.04.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 12.04.2022ZDFmediathek
  • Folge 181
    Viele Städter hat die Landlust gepackt. Digitalisierung, neue Arbeitsformen und eine gute Verkehrsanbindung machen es möglich. Neue Perspektiven für eine vielversprechende Zukunft auf dem Land. Die Großstadt ist vielen zu eng geworden. Erst recht seit der Coronakrise. Gleichzeitig werben ländliche Regionen um neue Bürger. Und das Leben auf dem Land bietet Vorzüge: Natur, Gemeinschaft und Platz für Ideen. Aber passen Wunsch und Wirklichkeit zusammen? Arvieu ist ein 800-Seelen-Dorf in einem der am dünnsten besiedelten Landstriche im Süden Frankreichs.
    Trotzdem war es vor 20 Jahren der sehnlichste Wunsch von Vincent Benoit, nach dem Studium in Lyon hierher zu ziehen. Damals empfing der Bürgermeister ihn und seine Freunde mit offenen Armen. Und ihre Vision, eine Genossenschaft im Multimediabereich aufzubauen, kam an. Sie bekamen Platz im alten Kloster, und die Digitalisierung wurde ausgebaut. „Durch die gute Internetverbindung konnte ich mir meinen Lebensmittelpunkt selbst aussuchen. … Ich lebe hier meinen Kindheitstraum. Ich hatte Lust, ein kleines Silicon Valley zu schaffen, einen Ort, der sowohl landwirtschaftlich als auch digital geprägt ist.“ Heute ist Arvieu Vorzeigeort.
    Von der digitalen Vernetzung profitiert beispielsweise eine Schafsmilch-Kooperative mit 30 Höfen. Homberg in Nordhessen wählte einen anderen Weg. Die Stadt ließ sich auf ein Experiment ein und lockte 20 Kreativ- und Digitalarbeiter für sechs Monate Probewohnen aufs Land. Der Wohnraum und der digitale Arbeitsplatz wurden zur Verfügung gestellt, nur 150 Euro pro Person und Monat ist der Eigenanteil. Anna Groos und Tobias Reitz gehören zu den Auserwählten des sogenannten Summer of Pioneers.
    „Wir beschäftigen uns ja selber in unserem Arbeitsleben damit, wie neue Arbeitsformen aussehen könnten, wie Menschen in Zukunft zusammenarbeiten und wo sie arbeiten.“ Deshalb tauschten sie ihre Stadtwohnung in Darmstadt mit einem Fachwerkhaus in der Provinz. Homeoffice und die Digitalisierung machen das Landleben für viele junge Menschen wieder attraktiv. Die neue Heimat von Chloé Belloc und Fernando Colin Roque ist ein kleines pittoreskes Dorf in der Nähe von Alès, der Hauptstadt der Cevennen. Die beiden Filmemacher aus Paris haben endlich den Absprung geschafft: „Alle unsere Freunde wollen Paris verlassen.
    Mit dem Lockdown ist der Wunsch noch größer geworden.“ 200.000 Pariser haben es ihnen gleichgetan. Chloé Belloc und Fernando Colin Roque hat es 700 Kilometer in den Süden verschlagen. Sie hatten Glück, ein Haus zu finden, und zusätzlichen Ansporn durch einen Wirtschaftsförderpreis, bei dem sie den ersten Platz belegt haben. Denn sie wollen sich neben ihren Dokumentarfilmen ein zweites Standbein aufbauen: mit einer Pilzzucht. Dafür stellt die Region sogar einen persönlichen Wirtschaftsberater zur Verfügung. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 23.04.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 19.04.2022ZDFmediathek
  • Folge 182
    Wer schon lange arbeitslos ist, findet nur schwer wieder einen Job. Die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt ist groß. Doch es gibt neue Wege, die zurück in die Arbeitswelt führen. Für die Menschen hinter der Statistik bedeutet der Jobverlust viel mehr, als weniger Geld zu haben. Studien zeigen, dass von Arbeitslosigkeit Betroffene isoliert sind, ihnen das Selbstbewusstsein genommen ist und sie krank macht. In Oldenburg hat das Jobcenter deshalb ein Projekt aus der Taufe gehoben, das sich vor allem um Langzeitarbeitslose kümmert.
    Auf einem eigens angemieteten Bauernhof erhalten sie eine neue Perspektive. Yaşar Balkanci-von-Häfen betreut hier Menschen, die seit Jahren keinen Weg mehr in die Arbeitswelt finden, etwa nach schweren Schicksalsschlägen. „Viele von ihnen werden auf dem ersten Arbeitsmarkt einfach aussortiert“, sagt der gelernte Erzieher. Auf dem Rohdenhof lernen die Teilnehmenden, wieder einer festen Tagesstruktur zu folgen. Sie arbeiten gegen eine Aufwandsentschädigung im Garten, in der Werkstatt oder in der Küche des Hofes und erlangen neues Selbstbewusstsein, das oft nach Jahren der Arbeitslosigkeit schwer erschüttert ist.
    Gestärkt gehen sie danach in den Bewerbungsprozess und finden so einen Weg zurück in den Job. Einen anderen Ansatz verfolgt Arbeitsmarkt-Visionär Sven Hergovich in Wien. Der 33-jährige Chef des Arbeitsmarktservice (AMS) Niederösterreich hat ein ehrgeiziges Ziel: Er möchte Langzeitarbeitslosigkeit abschaffen. Diesen Plan setzt er 20 Minuten von Wien entfernt in der 3600-Einwohner-Gemeinde Gramatneusiedl in einem weltweit einzigartigen Pilotprojekt um.
    Neuerdings gibt es in der Gemeinde eine Jobgarantie, also das Recht auf einen bezahlten Job für alle, die einen suchen. Statt Arbeitslosigkeit einfach nur zu verwalten, wird der Staat hier aktiv, schafft öffentlich finanzierte Stellen für Arbeitslose, besonders auch für diejenigen, die wenig Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Die bisherige Bilanz: Alle Langzeitarbeitslosen sind der Einladung gefolgt und haben das Jobangebot genutzt.
    Arbeitslose gezielt in Berufen auszubilden, die dringend benötigt werden. Darum kümmert sich das Digital Career Institut (DCI) in Düsseldorf: Für Tedros Ghebremichael, der vor vielen Jahren aus Eritrea geflüchtet ist, eine riesige Chance. Zehn Jahre lang jobbte der 48-jährige studierte Mathematiker in Deutschland als Lagerarbeiter, wegen Corona wurde er entlassen. Aus dem Arbeitslosen ist mittlerweile eine gesuchte Fachkraft geworden. Nach dem Ende der Programmierer-Ausbildung hat er wieder gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 30.04.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 26.04.2022ZDFmediathek
  • Folge 183
    Kalte Heizungen im Winter, Fabriken, die dichtmachen müssen? Die Angst vor einem Öl- und Gaslieferstopp aus Russland geht um. Wie können wir bei der Energieversorgung unabhängiger werden? Ukrainekrieg, Klimakrise, hohe Spritpreise: Wir müssen so schnell wie möglich ohne fossile Energien auskommen können. „plan b“ stellt Menschen und Kommunen vor, die mit Hilfe von Solarenergie, Windkraft und Wasserstofftechnologie die Energiewende vorantreiben. Raus aus der Abhängigkeit vom Öl – das war schon vor rund 40 Jahren die Vision für die Energieversorgung der Zukunft.
    Ebenso lange hat sich Prof. Manfred Norbert Fisch für Energieeffizienz eingesetzt. Nun steht der 70-jährige Ingenieur vor seinem Meisterstück: einem Wohnquartier, das auch grünen Wasserstoff produziert. Neue Weststadt heißt das Projekt in Esslingen in Baden-Württemberg, dessen Energiekonzept zu den fortschrittlichsten in Deutschland gehört. Auf dem Gelände des alten Güterbahnhofs entstehen gerade rund 500 klimaneutrale Wohnungen und ein Hochschulcampus mit Bürohochhaus. Das Herzstück des Quartiers ist ein Wohnblock mit Wasserstofftechnologie.
    Prof. Fisch hält grünen Wasserstoff für das Öl der Zukunft: „Die Energiewende wird ohne den grünen Wasserstoff nicht zur Umsetzung kommen. Den grünen Wasserstoff brauchen wir für die Speicherung, wo wir das Erdgas und das Öl ersetzen müssen.“ Die rund 4300 Bewohner der dänischen Insel Samsø produzieren schon seit Langem mehr Energie, als sie verbrauchen können. Auf dem Klimagipfel in Glasgow im letzten November ist die Insel dafür mit einem Preis der Vereinten Nationen ausgezeichnet worden.
    Samsøs Energiewunder gelingt vor allem durch die Nutzung von Wind- und Sonnenenergie und Biogas, aber auch viele kleinen, nicht weniger relevante Ideen machen die Insel ökologischer und nachhaltiger: Strohbrenner, Kuhmilch-Wärmetauscher und eine effiziente Überwachung des Stromverbrauchs. Samsøs aktuelles Ziel ist es, bis 2030 überhaupt keine fossilen Brennstoffe mehr zu nutzen. Rund siebzig Prozent aller Heizungsanlagen in Deutschland werden noch immer mit Erdgas oder Öl betrieben.
    Weil die Rohstoffpreise jetzt rapide ansteigen, orientieren sich immer mehr Hausbesitzer um und bauen zunehmend Wärmepumpen ein. Bei Energieberatern und Fachfirmen stehen die Telefone nicht mehr still. In diesem Jahr ist die Nachfrage nach Wärmepumpen so rapide angestiegen, dass die Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Madita Brauer aus Kalkar in Nordrhein-Westfalen mit den Anfragen und Installationen kaum hinterherkommt: „Wir bekommen täglich Anrufe von Kunden, die nach neuen Heizmöglichkeiten fragen, weil sie unabhängiger werden wollen“, sagt Brauer. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 07.05.2022ZDFDeutsche Online-PremiereFr 06.05.2022ZDFmediathek
  • Folge 184
    Zivilisation macht krank. Unsere Körper sind eigentlich noch auf das Leben als Jäger und Sammler programmiert. Doch können wir Fähigkeiten unserer Vorfahren zurückerlangen? Sport-Coach Matthias Nowak ist davon überzeugt. Er trainiert Nachwuchstalente wie Marc, der von einer Karriere als Profifußballer träumt. Ein „kognitives Training“ soll nicht nur Marcs körperliche Leistungen steigern, sondern auch Konzentration und Reaktionsvermögen. Doch nicht nur Fußballprofis können ihre Leistung verbessern. Während unsere Urahnen tagtäglich ihre Koordination und Bewegung trainieren konnten, sind nach Erkenntnissen der WHO heute 80 Prozent der Kinder zu passiv.
    Dadurch entwickeln sie auch wichtige kognitive Fähigkeiten nicht richtig. Die Bremer Oberschule Ronzelenstraße hat mit Harald Wolf ein Projekt eingeführt, das die frühzeitige Degeneration bei Kindern verhindern soll. Hier dürfen sie nämlich während des Unterrichts auf Ergometern Rad fahren. Wie auch erwachsene Menschen ihre naturgegebenen Fähigkeiten zurückerlangen können, bringt Heike Tharun einer Gruppe von Frauen bei. Bei ihren Wanderschulungen lernen die Teilnehmerinnen, wie sie ihren Orientierungssinn trainieren können.
    „Wenn du in der Stadt aufgewachsen bist oder halt nie was machen durftest alleine, dann hast du die Orientierungsfähigkeit noch nicht so entwickelt“, weiß Wandercoach Heike Tharun. Der Orientierungssinn muss benutzt werden, sonst verkümmert er. Wer sich ständig auf das Navi verlässt, unterdrückt das Wachstum sogenannter Orts- und Rasterzellen im Gehirn. Die Teilnehmerinnen lernen also: Wer sich öfter aktiv in seiner Umgebung orientiert, stärkt diese Fähigkeit mit der Zeit.
    Frank Rühli ist einer der berühmtesten Mumienforscher der Welt. Er lüftete die Geheimnisse von Tutanchamun und Ötzi. Zusammen mit seinem Kollegen Frank Eppenberger erforscht er am Institut für Evolutionäre Medizin in Zürich, wie sich Krankheiten im Laufe der Evolution entwickelt haben. Ein operativer Eingriff bei einer frühchristlichen Mumie steht bevor. Eine Herausforderung, denn sie darf nicht ausgewickelt werden. „plan b: Mit Körper und Köpfchen – Ganzheitlich gesünder sein“ zeigt, wie wir uns Fähigkeiten wieder aneignen können, die in früheren Menschheitsepochen selbstverständlich waren. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 14.05.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 10.05.2022ZDFmediathek
  • Folge 185 (30 Min.)
    Auf einem Acker in Flachslanden: Gudrun Riedel, Gewässerschutzberaterin vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, vor dem Regensimulator mit vier verschiedenen Bodenproben.
    Unwetter und Starkregen führten im Juli 2021 zu verheerenden Überflutungen in Deutschland. Fachleute warnen: Durch den Klimawandel wird das immer häufiger auftreten. Damit Städte und Gemeinden den gewaltigen Regenmengen künftig nicht ohnmächtig gegenüberstehen, arbeiten findige Bürgermeister, kreative Stadtplanerinnen und clevere Visionäre an Konzepten zum Schutz vor solchen Naturkatastrophen. Allein drei Starkregen-Ereignisse haben die Gemeinde Grafschaft, die knapp 30 Kilometer vom Ahrtal entfernt liegt, innerhalb von sechs Jahren heimgesucht. Am schlimmsten war die damals so genannte Jahrhundertflut von 2016, bei der eine große Flutwelle den Ortsteil Nierendorf verwüstete.
    „Nur mit Glück gab es damals keine Todesopfer“, erzählt Bürgermeister Achim Juchem. Danach erarbeiteten Experten und Expertinnen innerhalb weniger Monate ein ganzheitliches Hochwasserschutzkonzept für das gesamte Gemeindegebiet. Dieses beinhaltet über 100 Einzelmaßnahmen, wie beispielsweise große Rückhaltebecken und kleine Erdwälle, neue Entwässerungsgräben oder Renaturierungen von Bachläufen. Im Juli 2021 gab es auch in der Grafschaft wieder riesige Regenmengen.
    Dieses Mal blieben die Schäden überschaubar. „Wir hatten auch Glück“, sagt Bürgermeister Juchem. „Aber wir haben aus unserer Vergangenheit gelernt und bereits eine ganze Menge von Maßnahmen umgesetzt. Das hat uns diesmal vor dem Schlimmsten bewahrt.“ Selbst Großstädte gehen immer öfter im Starkregen unter. In Kopenhagen lag der Niederschlag am 2. Juli 2011 in nur zwei Stunden bei fast 150 Litern pro Quadratmeter. Die Schäden beliefen sich auf knapp eine Milliarde Euro. Schon ein Jahr später wurde Kopenhagens „Skybrudsplan“ verabschiedet, ein Wolkenbruch-Plan, der die gesamte Innenstadt Schritt für Schritt zu einer sogenannten Schwammstadt machen wird.
    Dafür werden Flächen geschaffen, die große Mengen an Wasser aufnehmen und zeitverzögert wieder abgeben können. Chef-Koordinator Mikkel Balskilde Hansen überwacht über 300 Einzelprojekte, die innerhalb von 20 Jahren verwirklicht werden. Nach einer Prioritätenliste baut Kopenhagen alle Plätze und Straßen nach und nach so um, dass sie so viel Regenwasser wie möglich „aufsaugen“ können. Aber auch in ländlichen Gebieten muss Hochwasserschutz ansetzen. Denn der Schlamm, der durch Überflutungen in den Siedlungen landet, stammt von höher gelegenen Feldern.
    Um dagegen vorzugehen, wurde in Bayern die Initiative boden:ständig gegründet. Die berät Landwirte, wie sie ihre Äcker anders anlegen und bewirtschaften. Die Erkenntnis: Je gesünder ein Boden, desto mehr Wasser kann er aufnehmen. Dafür müssen sich möglichst viele Kleinstlebewesen in der Erde tummeln und sie auflockern. Das erreichen die Landwirte, indem sie auf den Pflug verzichten, die Erde nur noch an der Oberfläche bearbeiten, ihre Felder quer zum Hang bewirtschaften und ihre Äcker nach der Ernte niemals „nackt“ lassen, sondern mit Zwischenfrüchten bepflanzen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 21.05.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 17.05.2022ZDFmediathek
  • Folge 186
    Ob Du ein bunter Vogel bist, braune Haut hast oder im Rollstuhl sitzt: Wer heraussticht, stößt auf viele Hindernisse und Vorurteile. Doch die sind nicht unüberwindlich. Flüchtende aus der Ukraine werden mit offenen Armen empfangen. Wohlwollend Menschen zu akzeptieren, die uns fremd sind – das geht! Wie gelingt es mit anderen gesellschaftlichen Minderheiten? Wie wächst Toleranz? Schulen, Medien, ganze Orte und Länder machen es vor. „Unsere kulturelle, religiöse und sprachliche Vielfalt ist Kanadas Stärke“, sagt Premier Justin Trudeau.
    In dem Land, in dem über 20 Prozent der Bevölkerung im Ausland geboren wurden, werden Geflüchtete „Neuankömmlinge“ genannt und ihr Potenzial betont. Sie gelten als Bereicherung – nicht als Belastung. Das schafft Vertrauen und Chancen. Etwa für Familie Hadhad, die in Syrien ausgebombt wurde. Sie bewarb sich aus einem Flüchtlingscamp im Libanon bei 19 Ländern um Aufnahme, auch in Deutschland. Keines wollte sie bis auf Kanada. In kürzester Zeit gründet die syrische Chocolatier-Familie in ihrem neuen Heimatstädtchen Antigonish eine neue Schokoladen-Firma.
    Sie nennt ihre Marke Peace by Chocolate – Ausdruck ihrer Mission: Schokoladenstück für Schokoladenstück gesellschaftlichen Frieden zu stärken – für Vielfalt, gegen Ausgrenzung. Ein guter Zweck, den zu fördern sich lohnt. Veuve Noire trägt ein Pailletten-Top und farbenfrohes Make-up. Die Dragqueen von der Reeperbahn besucht Neuntklässler der Gemeinschaftsschule in Neumünster. Als homosexueller Mann, der sich gerne als Frau zurechtmacht, stellt sich Veuve ihren Fragen.
    „Wenn Du mal pinkeln musst, gehst Du auf die Männer- oder Frauentoilette?“, will eine Schülerin wissen. „Da, wo mehr los ist“ antwortet Henrik Schmidt alias „Veuve Noir“. Früher wurde die Dragqueen oft gemobbt, gemieden und geschlagen, weil sie ist, wie sie ist. Heute setzt sie sich dafür ein, dass andere nicht das gleiche erleben müssen. Sie ist Botschafterin des Projektes „Olivia macht Schule“, initiiert von Olivia Jones, Deutschlands berühmtester Dragqueen.
    Die Initiative will Vorurteilen zuvorkommen und sie gar nicht erst entstehen lassen. Die beiden Wiener Models Baldrich und Billy passen nicht in Standardmaße. Sie sind cool, kreativ – und Rollstuhlfahrer. Damit gehören sie zu den Millionen von Menschen, die von der Mainstream-Modeindustrie so gut wie ignoriert werden. Doch Kleider machen Leute, bestimmen mit, wie man in der Gesellschaft wahrgenommen wird. Deswegen hat Josefine Thom das Modelabel MOB gegründet. Das steht für Mode ohne Barrieren, Mode für Menschen mit körperlichen Einschränkungen.
    Motto: „Was praktisch ist, muss auch schön sein.“ Ihre Modelle zeichnen sich durch klug mitgedachte Details wie Magnetverschlüsse aus. „Weil sich damit Jacken leichter öffnen und schließen lassen, bedeutet dies deutlich mehr Selbstbestimmung und weniger Assistenz. Und damit eine große Erleichterung“, sagt Josefine Thom. Mode ist mehr als nur Kleidung. Sie ist essenziell für die Teilhabe in einer Gesellschaft. Auch Baldrich und Billy wollen mit Mode ihre Persönlichkeit in den Vordergrund stellen und nicht ihre Einschränkungen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 28.05.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 24.05.2022ZDFmediathek
  • Folge 187
    Mehr Land, mehr Geld: Boden ist zum Spekulationsobjekt geworden. Für viele Landwirte ist das existenzbedrohend. Ganze Landstriche veröden, und Dörfer sterben aus. Die Natur braucht in Deutschland rund 2000 Jahre, um zehn Zentimeter fruchtbaren Boden zu schaffen. Menschen überdüngen ihn, laugen ihn aus, fügen ihm Schadstoffe zu. Und sie besitzen ihn, verkaufen ihn teuer, verteilen ihn ungerecht – und kämpfen um ihn. Große Konzerne und Investoren kaufen landwirtschaftlich genutzte Flächen auf und nutzen sie als lukratives Anlageprodukt. Die Gründe: niedrige Zinsen, der Boom von Energiepflanzen für Biogasanlagen und die fatale EU-Subventionspolitik, die ausschließlich nach Flächengröße ausschüttet.
    Die Konsequenz: Ein Bauer, der heute Land kauft, könnte in seinem ganzen Leben nicht mehr so viel erwirtschaften, wie das Land gekostet hat. Der Markt bestimmt die Regeln, aus wachsendem Interesse ist ein harter Wettbewerb geworden. Wer da nicht mithalten kann, ist aus dem Spiel. Ist ganz Deutschland in der Hand gewinnfixierter Investoren, Spekulanten und Großunternehmer? Nicht ganz: Der Film zeigt, wie es auch anders gehen kann. Da ist der Laakenhof im Münsterland, dem das Aus drohte, der aber durch die BioBoden-Genossenschaft an einen neuen Hof und Land kam.
    BioBoden kauft Land auf, um es für immer dem Zugriff von Spekulanten zu entziehen und es den Landwirten langfristig zur Verfügung zu stellen. Da sind Anousha Zähringer und Dominik Löwe, die in Deutschland keinen bezahlbaren Hof fanden und mithilfe der französischen Landentwicklungsgesellschaft SAFER ihren Traum vom selbstbestimmten Leben als Bauern verwirklichen. Auch auf politischer Ebene passiert inzwischen einiges in Deutschland. Etwa wenn sich Michael Grolm und seine Mitstreiter gegen ungerechte Landverteilung und Spekulantentum wehren und für eine bäuerlich geprägte Landwirtschaft kämpfen.
    Und was passiert eigentlich, wenn private Landbesitzer – und dazu zählen auch Kommunen und Kirchen – verstehen, welche positive Wirkung es hat, wenn Land gerecht verteilt wird? Dieser Film soll Mut machen. Er zeigt den unmittelbaren Zusammenhang von Landbesitz und dessen Nutzung. Er lässt die Akteure zu Wort kommen: Eigentümer, Bewirtschafter und die ländliche Bevölkerung – und zeigt, wie sozial und ökologisch nachhaltige Entwicklung funktionieren kann. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 04.06.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 31.05.2022ZDFmediathek
  • Folge 188
    Künstliche Intelligenz verändert die Medizin. Was häufig als angsteinflößende Dystopie gilt, ist für viele Ärzte eine Hilfe im Alltag. Ihrer Verpflichtung, zu helfen, kommen sie nach, indem sie den Computer als Hilfsmittel verwenden, Apps programmieren und KI mit Daten füttern. Das Versprechen: bessere Diagnosen, weniger Behandlungsfehler und all das in kürzester Zeit. An der Berliner Charité forscht Prof. Surjo Soekadar daran, wie Neurotechnologie den Alltag von gelähmten Patienten unterstützen kann – zum Beispiel durch Assistenzsysteme, die nur über die Kraft der Gedanken gelenkt werden. Hoffnung bedeutet das für Patienten wie Guido Schulze oder Anne Nitzer.
    Die zweifache Mutter erlitt kurz nach der Geburt ihres zweiten Kindes einen Schlaganfall und kann sich seitdem weder bewegen noch sprechen, obwohl sie vollständig bei Bewusstsein ist. Am Allgemeinen Krankenhaus Wien (AKH) konnte Prof. Ursula Schmidt-Erfurth bereits ein erstes KI-basiertes Diagnoseverfahren bis zur Zulassung entwickeln. Heute forscht sie an weiteren Möglichkeiten, mit der Hilfe von KI die Diagnostik und Therapie bei einer altersbedingten Veränderung der Netzhautmitte (AMD) zu verbessern. Die chronisch fortschreitende Erkrankung kann mitunter trotz Behandlung zur Erblindung führen.
    Dieses Schicksal droht auch Oskar Zlamala. Seit der Rentner am AKH Wien in Behandlung ist, hofft er, dass sich der Verlauf der Krankheit aufhalten lässt. Informatiker und Mediziner kooperieren am Universitätsklinikum Essen, um das Krankenhaus auf digitale Versorgung umzustellen. Dr. Felix Nensa und Prof. Arzu Oezcelik verbessern mithilfe künstlicher Intelligenz die Versorgung von Transplantationspatienten. Sehr viel genauer und vor allem schneller als der Mensch kann KI die Größe der Leber berechnen, um so die Sicherheit von Spender und Empfänger zu verbessern. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 11.06.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 07.06.2022ZDFmediathek
  • Folge 189
    Kaffee ist nach Erdöl der meistgehandelte Rohstoff der Welt und der Deutschen Lieblingsgetränk. Doch der Anbau schadet der Umwelt und bietet den Produzenten kaum eine Existenzgrundlage.
    Erfinderische Kaffeepionierinnen und mutige Bauern gehen neue Wege. Sie entwickeln klimafreundliche Methoden, die für mehr Artenvielfalt auf Feld, Plantage und Wald sorgen und den Bäuerinnen und Bauern ein gutes Einkommen sichern.
    Einer von ihnen ist David Benitez. Der junge Agrarökologe aus Honduras hat die ganzheitlichen Anbautechniken seiner indigenen Vorfahren wiederentdeckt und kombiniert sie mit modernen Methoden der Permakultur. „Wir ernten von Jahr zu Jahr mehr Kaffee, genau umgekehrt wie bei der konventionellen Produktion. Da schießen die Erträge in den ersten Jahren hoch und gehen dann durch die ausgelaugten Böden radikal nach unten, bis man davon nicht mehr leben kann.“
    Der Landwirt schult inzwischen auch andere Kaffeeproduzierende. Das Potenzial ist enorm, denn 80 Prozent des Kaffees weltweit werden nach wie vor von Kleinbäuerinnen und -bauern angebaut. Mit neuen Arbeitsweisen könnten diese viel für den globalen Umwelt- und Klimaschutz tun und gleichzeitig ihr Einkommen verbessern.
    Auch das Start-up „The Coffee Cherry Company“ trägt dazu bei, dass Kaffeeproduzierende besser von den Früchten ihrer Arbeit leben können, und zwar buchstäblich. Denn die Firma kauft auf, was normalerweise auf dem Müll landet: die sogenannte Kaffeekirsche. Das Fruchtfleisch, das die Bohnen umhüllt, enthält jede Menge Nährstoffe. Getrocknet und zu Mehl verarbeitet lässt es sich als gesunde und wohlschmeckende Zutat in Kuchen, Brot und Nudeln verarbeiten. Auf dem US-amerikanischen Markt gilt es bereits als neues Superfood. Eine Win-win-Lösung, die den Kaffeebäuerinnen und -bauern ein zweites Standbein verschafft und Mensch und Umwelt guttut.
    Ebenfalls lange verkannt und nun neu entdeckt: die Lupine. Das in Deutschland heimische Gewächs erfreut sich bereits als Grundzutat für Tofu und Joghurt-Alternativen wachsender Beliebtheit. Doch die bunt blühende Hülsenfrucht hat noch mehr drauf: Ihre Bohne lässt sich rösten und aufbrühen. Lupino heißt die magenschonende Kaffeekreation, die Familie Klein entwickelt hat. Sie baut die Pflanze auf ihrem Biobetrieb schon seit Jahren an und vertreibt den Lupinenkaffee inzwischen europaweit mit Erfolg. Dank kurzer Transportwege und wasserarmer Erzeugung bietet er eine klimafreundliche Kaffee-Alternative. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 25.06.2022ZDFDeutsche Online-PremiereMo 20.06.2022ZDFmediathek
  • Folge 190
    Die klassische Entwicklungshilfe steht in der Kritik: Zwar konnten Hungersnöte gemildert und lokale Verbesserungen erreicht werden, aber immer noch herrscht in vielen Ländern strukturelle Armut.
    Zusammenarbeit auf Augenhöhe statt Mitleid und Spenden ist der Leitgedanke, der immer mehr Engagierte antreibt. Sie wollen mit fairen Geschäftsbeziehungen wirtschaftliche Unabhängigkeit fördern und helfen, nachhaltige Strukturen aufzubauen.
    Till Wahnbaeck war Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe. Heute nutzt er Instrumente der Wirtschaft für die Entwicklungshilfe: „Es gibt viele gute Unternehmen, die geduldiges Geld brauchen, um zu wachsen“, sagt Wahnbaeck, „aber Investoren suchen die schnelle Rendite.“ Um diese Lücke zu schließen, gründete der Sozialunternehmer Impacc, eine sogenannte Social Business NGO, die Investoren und Geldgeber mit vielversprechenden Start-up-Unternehmen in Afrika zusammenbringt. Diese bekommen durch einen langfristigen Kredit die Chance, ihre Ideen zu verwirklichen.
    Eine junge Gründerin, die auf die Finanzierung durch Impacc setzt, ist Nzambi Matee aus Nairobi. Die studierte Materialwissenschaftlerin produziert mit ihrer Firma Gjenge Makers Steine aus recyceltem Plastik und Sand. Auf diese Weise kann sie einen günstigen Baustoff auf den Markt bringen und Einheimischen einen guten Lohn fürs Sammeln des Rohstoffs zahlen. Gleichzeitig hilft sie mit ihrem Business, die Straßen Kenias von Müll zu befreien.
    Die jungen Gründer Tibor Sprick und Christoph Dillenburger wollen mit fairen Geschäftsbeziehungen Verbesserungen in Afrika bewirken. Dazu haben die beiden Saarbrücker das BlueFuture Project gegründet. Unter dieser Marke vertreiben sie in ihrer Heimatregion im Südwesten Deutschlands ein Mineralwasser. Die Gewinne daraus investieren sie in das Projekt ihres Partners Askwar Hilonga in Tansania. Der Ingenieur hat einen preisgekrönten Wasserfilter entwickelt, mit dem sich auch in den abgelegensten Regionen des Landes aus verunreinigtem Wasser gutes Trinkwasser herstellen lässt, ganz ohne Strom und Chemikalien.
    Das Projekt unterhält außerdem ein Netzwerk aus Franchise-Kioske, an dem vornehmlich Frauen das gefilterte Wasser verkaufen und so für sich und ihre Familien ein Einkommen erarbeiten, das sie wirtschaftlich unabhängig macht. „Wir kommen nicht als Wohltäter“, sagt Tibor Sprick, der quer durchs Land reist, um zu erfahren, wie das System in der Praxis funktioniert. „Wir sehen vor allem die Leistung der hart arbeitenden Menschen hier.“
    Dieser neue Geist zieht inzwischen auch bei einigen großen Hilfsorganisationen ein. So hat das World Food Programme (WFP) der Vereinten Nationen den Innovation Accelerator gegründet, der mit Start-up-Methoden an neuen Lösungen für die humanitäre Hilfe arbeitet. Jedes Jahr landen in der Zentrale in München Hunderte Projektvorschläge aus aller Welt. Die besten durchlaufen einen Qualifizierungsprozess. Wer am Ende mit seiner Idee überzeugt, bekommt Unterstützung vom WFP. Eine solche Idee ist das Hydrokulturprojekt H2Grow, das mithilfe von Projektmanagerin Manuela Zierau weiterentwickelt wird.
    H2Grow arbeitet ohne Erde, benötigt sehr wenig Wasser und lässt sich ohne Hightech mit einfachsten Mitteln wie zum Beispiel alten Ölkanistern oder Plastikplanen einsetzen. Perfekt also, um auch in sehr trockenen und armen Regionen der Welt frisches Gemüse anzubauen. „Mir ist wichtig, dass die Projekte sich selbst tragen und die Menschen vor Ort die Lösungen finden“, erklärt Zierau bei einem Besuch an der der Gwembe Primary und Secondary School in Sambia, wo das Projekt bereits mit Erfolg umgesetzt wird und zur gesunden Ernährung der Schulkinder beiträgt. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSa 02.07.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 28.06.2022ZDFmediathek
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 09.07.2022

zurückweiter

Erinnerungs-Service per E-Mail

TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn plan b online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.

Auch interessant…