2019/2020, Folge 250–265

  • Folge 250 (26 Min.)
    Welchen Sinn haben Volksinitiativen? Bei einem Referendum, wie es in Frankreich meist verstanden wird, haben die Bürger die Wahl zwischen zwei Optionen – „Ja“ und „Nein“. Anders bei Volksinitiativen: Hier können die Bürger eigene Vorschläge unterbreiten. Die französische Gelbwestenbewegung fordert unter anderem die Einführung einer solchen Form der direkten Demokratie.Gibt sich eine direkt vom Volk gewählte Regierung mehr Mühe, dem Willen der Bürger zu entsprechen? Oder wird sie ständig mit falschen Versprechungen um die Gunst des Volkes werben, und darüber das Allgemeinwohl vergessen? Wie kann man die partizipative Demokratie attraktiv machen, ohne dass Meinungsumfragen zur lästigen Routine werden?Etienne Chouard ist politischer Aktivist und Blogger.
    Er lehrt Wirtschaft und Recht an einem Fachgymnasium und machte 2005 mit einem Blogartikel auf sich aufmerksam, in dem er dafür plädierte, beim Referendum über die EU-Verfassung mit „Nein“ zu stimmen. Seither zählt er zu den Meinungsmachern im Internet und in der französischen linken Szene.Ingrid Levavasseur gehört zu den ersten Anhängern und bekanntesten Wortführern der französischen Gelbwesten-Bewegung. Sie hatte die Idee zu einer „Gelbwesten“-Liste für die Europawahl, verzichtete dann aber auf eine Kandidatur. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 24.08.2019arte
  • Folge 251 (26 Min.)
    Glaubt man der Theorie vom Gewaltmonopol des Staates, wie sie Max Weber prägte, so hat einzig die Polizei das Recht, physische Gewalt auszuüben. Doch wie legitim ist die Gewalt eines Volkes, das gegen ein totalitäres Regime aufbegehrt? Heiligt der Zweck bisweilen die Mittel? Ist nur eine Gesellschaft der Chancengleichheit eine gewaltfreie Gesellschaft? Und führt der Weg dorthin zwangsläufig über Gewalt? Manuel Cervera-Marzal ist Forschungsbeauftragter an der Universität Lüttich und Mitglied des südfranzösischen Forschungsnetzwerkes LabexMed. In seiner 2014 abgeschlossenen Doktorarbeit in Politikwissenschaften beschäftigt er sich mit Geschichte, Theorien und Formen des zivilen Ungehorsams. Außerdem zu Gast: Vanessa Codaccioni. Sie ist Historikerin, Politikwissenschaftlerin und Dozentin an der Universität Paris VIII. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 31.08.2019arte
  • Folge 252 (26 Min.)
    Warum verdrängt der Mensch Zeit seines Lebens den Tod? Wie können wir unsere Augen vor der eigenen Endlichkeit verschließen? Wird die Verneinung des Todes durch den Transhumanismus Realität, mit körperlicher „Aufrüstung“ als Absage an unsere Sterblichkeit? Halten die IT- und Neuroscience-Technologien ihr Versprechen, den Menschen von den Grenzen seiner körperlichen Hülle zu befreien? Heute zu Gast: Dr. Philippe Abastado ist Kardiologe in Paris. Er ist Verfasser mehrerer Bücher, unter anderem „Le Dernier Déni : Craignons-nous plus la maladie que la mort ?“ (Albin Michel, 2018, bisher nur auf Französisch erschienen). Harold Knoll, Unternehmer im Bereich E-Commerce und Robotik, ist Gründer der auf DNA-Analyse spezialisierten Firma Dayu. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 07.09.2019arte
  • Folge 253 (26 Min.)
    Was sind die Ursachen für Antisemitismus? Beruht Antisemitismus – wie andere Formen von Rassismus – auf der Angst vor dem Anderen, oder schwingt auch Selbsthass darin mit – sprich Hass gegen unsere eigene, offene Gesellschaft? Ist dieser Hass im Laufe der Geschichte entstanden oder liegen seine Wurzeln in der Bibel? Und: Worauf lassen wir uns ein, wenn wir Antisemitismus begreifen wollen? „Philosophie“ befasst sich mit diesen Fragen und vor allem auch mit dem neuen Antisemitismus, der heute wieder in vielen Ländern verstärkt auftritt. Zu Gast in der Sendung ist unter anderem Delphine Horvilleur.
    Sie ist Rabbinerin und seit 2009 Herausgeberin des Magazins „Tenou’a“, das sich den verschiedenen Ausprägungen jüdischen Denkens widmet. Ihr neuestes Buch ist unter dem Titel „Réflexions sur la question antisémite“ erschienen. Marie-Anne Matard-Bonucci ist promovierte Historikerin, ehemaliges Mitglied der Ecole française de Rome und Mitglied des Institut universitaire de France. Sie unterrichtet Geschichte an der Universität Paris-8. Ihr jüngstes Werk („Totalitarisme fasciste“) ist dem faschistischen Totalitarismus gewidmet (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 14.09.2019arte
  • Folge 254 (26 Min.)
    Wann ist eine Verhandlung gelungen? Wo verläuft die Grenze zwischen Kompromiss und der Gefahr, sich zu kompromittieren? Ist Unnachgiebigkeit die beste Taktik oder sind Zugeständnisse nötig, um sich zu einigen? Sollte Verhandeln auf eine Win-win-Situation abzielen oder ein Kräftemessen sein? In dieser Sendung verraten der französische Gewerkschafter Laurent Berger und Laurent Combalbert, früherer Verhandlungsführer der Spezialeinheit der französischen Polizei zur Terrorbekämpfung RAID, welche Philosophie sich hinter ihrer Verhandlungstaktik verbirgt. Aber lassen sich Tarifgespräche und Krisenmanagement vergleichen? Verhandelt man mit Arbeitgebern genauso wie mit Terroristen? Laurent Berger ist seit 2012 Vorsitzender der französischen Gewerkschaft CFDT und wurde 2018 wiedergewählt.
    2016 unterstützte er, im Gegensatz zu den radikaleren Gewerkschaften FO und CGT, das von der sozialistischen Regierung verabschiedete neue Arbeitsgesetz. Im Dezember 2018 verbreitete er per Twitter, die CFDT sei mittlerweile die größte aller französischen Gewerkschaften in Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst. Laurent Combalbert gehört seit 1998 der Spezialeinheit der französischen Polizei zur Terrorbekämpfung (RAID) an. In der von ihm gegründeten Stabstelle Verhandlung entwickelte er Schulungen für Krisenunterhändler. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 21.09.2019arte
  • Folge 255 (26 Min.)
    Müde, müde bin ich … Doch geh ich zur Ruh oder kämpfe ich dagegen an? Wie lässt sich die Müdigkeit besser ertragen: Indem man schon vor dem ersten Gähnen beginnt, sie zu unterdrücken, oder indem man sich einfach mit ihr abfindet? Müdigkeit ist der unbezwingbare Feind der Leistungsfähigkeit. Sollte man sich also lieber dem dusseligen Taumel hingeben, anstatt den Anflug von Müdigkeit überwinden zu wollen? Was ist der Unterschied zwischen körperlicher und geistiger Erschöpfung? Gibt es eine gute und eine schlechte Müdigkeit? Die Sendung geht den persönlichen, aber auch politischen Aspekten dieser Jahrhundertkrankheit auf den Grund.
    Wir sprechen mit Eric Fiat, Professor für Philosophie, Medizin- und Krankenhausethik an der Universität Paris-Est Marne-la-Vallée. Sein jüngstes Werk („Ode à la fatigue“) widmet sich ganz dem Phänomen Müdigkeit. Auch die französische Aktivistin und Politikerin Laura Slimani kommt zu Wort. Denn sie ist eine leidenschaftliche Verfechterin kürzerer Arbeitszeiten. Einst Mitglied der Sozialistischen Partei, schloss sie sich der Bewegung Génération.s an, die Benoît Hamon nach der Präsidentschaftswahl von 2017 ins Leben rief. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 28.09.2019arte
  • Folge 256 (26 Min.)
    Die Prostata halten viele für eine Art zweite Blase, deren Entfernung die Erektionsfähigkeit des Mannes beeinträchtigt. Wie kommt es, dass so wenig über die Existenz und Funktion dieses Organs geschrieben wurde und wird, weder in überlieferten philosophischen Texten noch in Untersuchungen über Sexualität und Männlichkeit? Und vor allem: Welche Rolle spielt die Prostata für das Selbstbild des Mannes? Warum denkt ein Mann, der keine Prostata mehr hat, er sei kein richtiger Mann mehr? Was haben Sexologie und Andrologie heute zu dem Thema zu sagen? Der französische Journalist, Essayist und Philosoph Philippe Petit ist Chefredakteur der Rubrik „Idées“ der Wochenzeitschrift „Marianne“ und produziert für den Radiosender France Culture die Sendung „Les Nouveaux Chemins de la Connaissance“.
    Jüngst erschienen von ihm „Philosophie de la prostate“ (Editions du Cerf, 2018); „La cause de Sartre“ (PUF, 2018); „La philosophie qui se fait: conversation avec Patrice Maniglier“ (Editions du Cerf, 2019). Die französische Ärztin und Sexologin Catherine Solano hat mehrere Werke über Sexualität und Gesundheit geschrieben. Sie ist Journalistin für die Sendung „Priorité Santé“ von Radio France Internationale. Ihr jüngstes Werk heißt: „La mécanique sexuelle des hommes. Volume 1, L’éjaculation“ (Robert Laffont, 2018). (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 05.10.2019arte
  • Folge 257 (26 Min.)
    Spätestens seit 1944 in Hiroshima die erste Atombombe in einem Krieg fiel, sind Katastrophenszenarien aus dem öffentlichen Diskurs nicht wegzudenken. Im Zeitalter des Klimawandels hat sich diese Entwicklung noch verstärkt. Aber ist es sinnvoll, die Menschen mit Katastrophenszenarien wachzurütteln? Allzu drastische Panikmache stößt meist auf Ablehnung und diskreditiert die Politik. Aber lässt sich Katastrophenangst nicht auch – im Sinne der „Heuristik der Furcht“ des Philosophen Hans Jonas – positiv nutzen? Und was ist von der „Kollapsologie“ zu halten, die vor dem Zusammenbruch der thermo-industriellen Zivilisation warnt und Weltuntergangsstimmung verbreitet? Zu Gast in der Sendung ist Anne Rumin, die am renommierten Politikwissenschaftsinstitut Sciences Po einen Master in Politischer Theorie absolviert hat.
    Das Thema ihrer Abschlussarbeit, die sie unter Leitung des französischen Philosophen Frédéric Gros verfasst hat, war das politische Timing des Kollapsologie-Diskurses. Außerdem zu Gast: Pierre-Henri Castel, der an der französischen Elitehochschule Ecole normale supérieure Paris in Philosophie sowie in Klinischer und Pathologischer Psychologie promoviert hat. Er ist Forschungsleiter am Centre national de la recherche scientifique (CNRS) und praktizierender Psychoanalytiker. Jüngst erschien von ihm „Le Mal qui vient. Essai hâtif sur la fin des temps“ (Editions du Cerf, 2018). (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 12.10.2019arte
  • Folge 258 (26 Min.)
    Ist die Adoleszenz ein Lebensabschnitt oder eine Einstellung? Eigentlich bezeichnet der Begriff die menschliche Entwicklungsstufe vor dem Erwachsenwerden. Doch gibt es nicht Menschen, die dieses Stadium ihr ganzes Leben lang nicht überwinden? Ist jeder, der „nein“ sagt, um sich zu behaupten, ein ewiger Teenager? Warum braucht es zur Herausbildung von Identität die Ablehnung von Eltern, Autorität und Institution, sprich von all dem, was für eine Welt steht, für die man einmal selbst Verantwortung übernehmen soll? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 11.01.2020arte
  • Folge 259 (26 Min.)
    Warum werden Politiker wiedergewählt, obwohl sie ihre Versprechen nicht gehalten haben? Was ist der Unterschied zwischen Versprechen und Verpflichtung? Muss ein Versprechen unbedingt Ergebnisse hervorbringen, oder soll es nur die Adressaten begeistern? Ein Versprechen wird weder gewünscht noch abgegeben, „um gehalten zu werden“: Es dient dem Ausdruck eines gemeinsamen Ideals, einer mobilisierenden Utopie, und es soll Hoffnung erzeugen. Paradoxerweise sind Versprechen notwendig, um Zukunftsperspektiven zu öffnen; doch nur, wenn sie nicht gehalten werden, bleiben diese Perspektiven offen.
    Würden alle Versprechen verwirklicht, bedeutete dies die absolute Vorhersehbarkeit, das Ende der Kontingenz, welche die Geschichte erzeugt. Matthieu Rougé, Bischof von Nanterre, ist einer der Gäste der heutigen Sendung. Er äußert sich zur Bedeutung der Verheißung der „Rückkehr des Messias“, des „neuen Bundes“ in der christlichen, insbesondere katholischen Theologie. Vincent Peillon, der zweite Gast der Sendung, sieht darin ein interessantes Paradigma des Versprechens, das es ermöglicht, sich von der modernen, vertraglichen Auffassung des Versprechens zu lösen, um zum biblischen Sinn des Begriffs zurückzukehren und gleichzeitig die theologische Dimension des Politischen wieder stärker zu berücksichtigen – also die Verpflichtung auf die Zukunft und die Planung des Künftigen.
    Nur so könne man die Verbindung zwischen den vergessenen Aspekten der sozialistischen Tradition und der theologischen Dimension des Politischen, die Verheißung einer besseren Zukunft, wiederherstellen. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 18.01.2020arte
  • Folge 260 (26 Min.)
    Sollte man lieber seine Wünsche überdenken, als an der Weltordnung zu rütteln? Muss man all seine Wünsche, Begierden oder Bedürfnisse befriedigen, um glücklich zu sein? Ist der Wunsch das Gegenteil der Vernunft? Ist das als begehrenswert Empfundene das wahre Objekt unserer Begierde? Der Mensch ist sich intuitiv bewusst, ein Objekt zu begehren, das aufgrund bestimmter Eigenschaften, Formen oder Farben, wegen eines Geruchs oder Geschmacks den Wunsch weckt, probiert und besessen zu werden. Somit ist die Begierde auf den ersten Blick die Befriedigung eines Mangels. Doch wäre sie nicht noch mehr, würde Don Juan nicht eines Tages aufhören, zu begehren? Strebt er nicht vielmehr danach, seine Freiheit zu beweisen und Gott herauszufordern? Laut Spinoza begehrt man etwas nicht, weil es begehrenswert ist, sondern es ist begehrenswert, weil man es begehrt.
    Silvia Manonellas ist Agrégée in Philosophie. Derzeit unterrichtet sie die Vorbereitungsklassen für die Bewerbung bei den Grandes Ecoles am Lycée Henri IV und am Lycée Louis-le-Grand in Paris. Marie-Anne Charbonnier ist Agrégée in Literatur. Sie leitet ebenfalls Vorbereitungsklassen für die Bewerbung bei den Grandes Ecoles am Lycée Henri IV. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 25.01.2020arte
  • Folge 261 (26 Min.)
    Moral ist out, Ethik hingegen in. Heutzutage ist Ethik die Messlatte, an der gutes oder schlechtes Verhalten gemessen wird. Warum werden moralische Prinzipien heute nur noch selten beim Namen genannt? Vielleicht, weil sich solche Urteile immer etwas „moralinsauer“ anhören beziehungsweise mit Zwang oder Sanktionen assoziiert werden? Weshalb ist es so schwer, ein guter Mensch zu sein? Warum fühlen wir uns verpflichtet, jemandem, den wir als nett bezeichnen, zu versichern, dass das als Kompliment gemeint ist? Ist Nettigkeit in unserer heutigen Gesellschaft ein Makel und Boshaftigkeit ein Zeichen von Intelligenz? Und: Was ist Boshaftigkeit überhaupt? Laurence Devillairs untersucht in ihrem Werk das Verhältnis des Menschen zu Gut und Böse.
    Dabei spannt sie den Bogen von radikalen philosophischen Theorien bis hin zu verblüffenden Paradigmen, um herauszufinden, was es letztlich heißt, ein guter Mensch zu sein. Die promovierte Philosophin Laurence Devillairs unterrichtet an der jesuitischen Privatuniversität Centre Sèvres und am Institut catholique de Paris. Ihre Forschungsschwerpunkte sind das 17. Jahrhundert und der Cartesianismus. Veröffentlichungen (Auswahl, nur in französischer Sprache erschienen): „Descartes et la connaissance de Dieu“ (2004), „Fénelon, une philosophie de l’infini“ (2007), „Brèves de philo“ (2010), „Etre quelqu’un de bien“ (2019). (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 01.02.2020arte
  • Folge 262 (26 Min.)
    Warum ruft Einsamkeit Verlassenheitsgefühle in uns hervor? Warum empfinden wir eine Trennung als großen Schmerz? Welcher Teil von uns wird abgetrennt, wenn uns der Andere verlässt? Ist derjenige, der eine Liebe aufgibt, zwangsläufig derjenige, der den Partner physisch verlässt? Fest steht: Es gibt keinen sauberen Bruch; jede Trennung verursacht innere Zerrissenheit. Man kann sich nicht von jemandem trennen, ohne einen Verlust zu erleiden, ohne eine seelische Narbe davonzutragen. Aber sind all diese Schmerzen nicht Teil unserer Persönlichkeitsbildung? Wer sein Leid nicht tief in sich verschließt, kann darüber hinauswachsen.
    Aber unterdrückt nicht selbst die „einvernehmliche Trennung“ letztendlich nur einen Schmerz? Leben wir in einer kaltherzigen Gesellschaft, die den Trennungsschmerz lieber verdrängt und in der individuelle Flexibilität mehr geschätzt wird als das gegenseitige Eintreten füreinander? In einer Gesellschaft, die zunehmend ungebundene und stark individualisierte Einzelwesen hervorbringt? Zu diesem Thema ist heute Claire Marin zu Gast, Absolventin der Ecole normale supérieure de Fontenay-Saint-Cloud.
    Sie hat eine Promotion in Philosophie und ist Mitglied des Centre international d’études de la philosophie française contemporaine an der Ecole normale supérieure. Seit 2018 unterrichtet sie Philosophie in der Vorbereitungsklasse auf die Grandes Ecoles am Lycée Alfred Kastler in Cergy-Pontoise. Ihre letzte Veröffentlichung ist unter dem Titel „Rupture(s)“ (2019) erschienen. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 08.02.2020arte
  • Folge 263 (26 Min.)
    Wir leben in einer paradoxen Zeit: Je mehr Informationen zur Verfügung stehen, desto leichtgläubiger werden die Menschen. Seit dem massenhaften Gebrauch des Internets hat die Produktion von Informationen einen nie dagewesenen Umfang erreicht, und doch spielen Rationalität, kritischer Geist und kluges Urteil keine ausschlaggebende Rolle mehr. Wo liegen die Ursachen für diese Entwicklung? Warum haben falsche Wahrscheinlichkeiten und Fake News eine solche Bedeutung gewonnen? Warum glauben wir lieber an Verschwörungstheorien, als berechtigten Zweifel anzumelden? Sophie Mazet, Lehrerin an einem französischen Gymnasium und heutiger Gast der Sendung, verfasste ein „Lehrbuch zur intellektuellen Selbstverteidigung“.
    Darin zeigt sie, wie man kritisches Denken in der Schule lehrt. Warum braucht man heute Kurse, um die „Abwehrkräfte des Gehirns“ gegen Falschinformationen zu stärken? Mit welchen Methoden kann man Verschwörungstheorien am besten vorbeugen – und vor allem Einhalt gebieten? Welche politischen Mittel soll man im Kampf gegen die Radikalisierung einsetzen? Die Lage ist vertrackt: Zwar mag es wünschenswert erscheinen, gefährliche Glaubensvorstellungen mit staatlichen Mitteln auszumerzen. Doch der Angriff auf die Gedankenfreiheit kann sich als unwirksam, wenn nicht gar gefährlich erweisen und das Schreckensbild der Zensur oder des „kognitiven Totalitarismus“ heraufbeschwören. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 15.02.2020arte
  • Folge 264 (26 Min.)
    Im jüngsten Werk des politischen Philosophen Christian Ruby geht es um die Entstehung und Wandlung des Zuschauerbegriffs. Was bedeutet es im demokratischen Zeitalter, Zuschauer zu sein? Wenn jeder stets aufgefordert ist, sich aktiv am schöpferischen Prozess zu beteiligen, inwiefern kann er dann noch Zuschauer sein? Wenn alle Künstler sind, ist es dann im Grunde keiner? Zuschauer zu sein, bedeutet zu beobachten, zu betrachten – doch das ist keine passive Haltung: Dazu gehört das aufmerksame Studieren, Sondieren, Erforschen der Inszenierung und damit seine aktive Mitgestaltung.
    Ist der Zuschauer immer auch Schöpfer des Schauspiels, dem er beiwohnt? Ist der unbeteiligte, neutrale Zuschauer eine Fiktion? Woher kommt diese Illusion, „Zuschauer zu sein“ sei ein passiver Zustand, hätte nichts mit einer handelnden Person zu tun? In einem historischen Diskurs erklärt Autor und Philosoph Christian Ruby, dass es den Begriff des Zuschauers erst seit der Aufklärung gibt. Er entstand im Kontakt mit den dargebotenen Werken. Gibt es das Zuschauerideal vom Bildungsbürger, der sich an aufklärerische Wertevorstellungen heranführen lässt und als aufgeklärter Bürger das Gemeinwesen mitgestaltet, heute noch? Sind Kunst und Inszenierung in diesem Sinne noch Sprachrohr der Aufklärung? Erfüllen sie noch einen Bildungsanspruch? Vorbei die Zeiten des Politspektakels, in denen Passivwähler die politischen Entwicklungen verfolgten, wie man Bühnendarstellern zusieht? Oder gilt es, den Zuschauer als Demokratiestifter wiederzubeleben und neue Formen demokratischer Teilhabe zu erschaffen? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 22.02.2020arte
  • Folge 265 (26 Min.)
    Was ist ein Algorithmus? Können Algorithmen die Entscheidungen von Konsumenten beeinflussen, ohne dass diese es merken? Und ist es eine wesentliche Herausforderung der heutigen Zeit, IT-Wissen für alle zugänglich zu machen? Giuliano da Empoli und Aurélie Jean geben Antworten auf diese Fragen. Da Empoli ist Journalist und Politikwissenschaftler und hat die politischen Auswirkungen von Algorithmen in sozialen Netzwerken untersucht. Aurélie Jean, promovierte Naturwissenschaftlerin, Informatikerin und Unternehmerin, ist Expertin für digitale Biomechanik.
    Sie war unter anderem als Senior Financial Software Developer im Bereich Forschung und Entwicklung für den US-amerikanischen Finanz- und Medienkonzern Bloomberg tätig. Was hat die Entstehung neuer populistischer Bewegungen mit der allgemeinen Verbreitung von Algorithmen zu tun? Kann die wissenschaftliche Forschung die Algorithmen für demagogische Zwecke missbrauchen? Sind Algorithmen eine Gefahr für die Demokratie? Helfen sie, Vermittlungsinstanzen wie politische Parteien oder etablierte Medien zu umgehen, die aber notwendig sind, damit politischer Wille reifen kann? Beruht Konsumverhalten noch auf freien Entscheidungen, wenn Algorithmen die Kaufvorschläge vorgeben und in der digitalen Welt nichts dem Zufall überlassen ist? Werden die Bürger manipuliert, indem man ihnen das Gefühl gibt, frei zu sein? Mit welchen Strategien kann man sich gegenüber Algorithmen behaupten? Sollte man versuchen, sich möglichst unvorhersehbar zu verhalten? Ist Technikabstinenz eine Alternative? Oder reicht es zu verstehen, wie Algorithmen funktionieren und wie sie als Werkzeuge eingesetzt werden? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 29.02.2020arte

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