„Resident Alien“: Alan Tudyk sorgt für schräge Sci-Fi-Unterhaltung – Review

Neue Syfy-Serie überzeugt mit groteskem, schwarzem Humor

Rezension von Rosanna Großmann – 08.02.2021, 17:43 Uhr

Alan Tudyk in „Resident Alien“ – Bild: Universal Content Productions LLC
Alan Tudyk in „Resident Alien“

Wer den Schauspieler Alan Tudyk schon einmal in „Sterben für Anfänger“ gesehen hat, der mag schon damals darüber nachgedacht haben, ob dieser US-Amerikaner möglicherweise von einem fremden Planeten auf die Erde kam. Umso passender erscheint nun seine Besetzung der Hauptrolle in der neuen SYFY-Serie „Resident Alien“, in der er den außerirdischen Captain Hah Re mimt, der den menschlichen Körper nur als Verkleidung trägt. Die Science-Fiction-Folgen, deren schwarzer Humor mit einer guten Portion Slapstick gewürzt ist, sind kürzlich in den USA gestartet und kommen im April auch nach Deutschland.

Das Setting der Graphic-Novel-Verfilmung von Chris Sheridan eröffnet den Blick auf ein eiskaltes Hinterland von Colorado, nahe der (fiktiven) Kleinstadt Patience. Mitten auf einem See in den Bergen, dessen Wasser wahrscheinlich schockige minus 2 Grad hat, sitzt der Protagonist angelnd in einem Boot. Hinter Jacke und Hut versteckt und der Kamera den Rücken präsentierend, ahnt man schon, dass dieser Einsiedler etwas zu verbergen hat.

Die schöne SFX-Alienmaske, die dann ins Bild gedreht wird, bietet eine klassische Fratze mit großen, schwarzen, angeschrägten Augen, grünlichen Schuppen und einem kahlen, wulstigen Kopf. Kein Zweifel – das ist kein Mensch. Doch auch die Lesart, hier eine Metapher für einen abgesonderten (im englischen Original: „alienated“) Einsiedler zu erkennen, bietet sich direkt an.

Alien Harry (Alan Tudyk), wie ihn nur weniger als 10.000 menschliche Erdenbewohner sehen können. James Dittinger/​SYFY

Das Aliengesicht sehen die Zuschauenden jedoch nicht immer; meistens zeigt der Außerirdische seinem Umfeld nur den gut gewählten Tarnungskörper: Alan Tudyk als der berentete Dr. Harry Vanderspeigle – mit einem Arsenal an creepy Blicken. Man erfährt auch recht bald, wie es zu diesen ungewöhnlichen Begebenheiten kam. Vier Monate vor Handlungsbeginn stürzte das Wesen mit seinem kleinen Raumschiff in einem Schneesturm auf der Erde ab.

Auf dreinoppigen Füßen schreitet der große Glitschkörper durch die Wohnung seines Opfers, nachdem dieses unter lauten Effekten „entsorgt“ wurde. Es folgt eine körperliche Angleichung. Der schwierigste Part jedoch, und hier muss man vor dem Fernseher mehrfach grunzend lachen, ist der Lernprozess, sich auch wie ein Mensch zu benehmen. Hier empfiehlt der Vorspann mittels einer Menschen-Bedienungsanleitung in Piktogrammen in jeder Folge neue Umgangsformen.

Wenn das Tudyk-Alien mittels Fernsehen sprechen lernt; wie eine Gummipuppe versucht, zu gehen, oder Essen auf zivilisierte Weise in sich hineinzubefördern, geht dies zunächst äußerst witzig schief. Der erste richtige Test, wie der Protagonist über ein Voice-Over verlautbaren lässt, ist jedoch der Umgang mit anderen Menschen in der erwähnten, nahe gelegenen Stadt. Schafft Harry es, sich glaubwürdig genug wie ein normaler Erdenbewohner zu verhalten?

Wird mit dem eigenwilligen Dr. Harry Vanderspeigle (Alan Tudyk) nicht warm: Sheriff Mike Thompson (Corey Reynolds, r.). James Dittinger/​SYFY

Jein. Das ist ein ganz schön unheimlicher Hurensohn, oder? sagt Sheriff Thompson (Corey Reynolds) – der Big Black genannt werden will – nachdem das Alien den Raum verlassen hat. Und seltsam kann es schon anmuten, wenn der ausgerechnet in die Rolle des neuen Stadtarztes gezwängte Außerirdische voller Genuss an einer Leiche riecht. So allerdings, mittels Geruch, findet diese im Vergleich zum Menschen hochentwickelte Spezies so allerhand heraus.

Mit Asta Twelvetrees (Sara Tomko) wird auch gleich ein mögliches „Love Interest“ geliefert. Irgendwie mag die Arzt-Assistentin Harrys komische Ehrlichkeit. So wie scheinbar alle Frauen vor Ort, die dem Eremiten auf Knopfdruck ihre schwierigen Vergangenheiten erzählen und mit ihm bonden wollen.

Mit Asta entdeckt Harry jedoch auch die Freuden des Alkohols, und wie der Körper beim Tanzen automatisch die Kontrolle übernimmt. Manchmal, so auch am verkaterten Morgen danach, entstehen dann Plattitüden wie Wenn Alkohol die Menschen so beeinflussen würde, wie er es bei unserer Spezies tut, würden sie es niemals freiwillig konsumieren.

Mit Asta (Sara Tomko) beginnt Harry (Alan Tudyk) gleich die erste Sauftour seines Lebens. James Dittinger/​SYFY

In diesen Situationen wirkt das Alien dann doch etwas dümmlich dafür, dass es angeblich so viel intelligenter als die Menschen ist. Aber vielleicht glaubt Hah Re (Harry?) das auch nur selbst. Vielleicht erkennt er im Laufe der Serie, was die Menschen eigentlich besser können als seine Spezies. Vielleicht lernt er, die Menschen zu lieben. Und vielleicht kommt er dann von seinem eigentlichen Plan ab, nämlich, die gesamte Menschheit zu vernichten.

Denn: Menschen sind gefährlich, das hat mein Volk schon immer gewusst. Daher wurde er auf die Erde entsandt, um deren Zerstörung einzuleiten – und stürzte ab. Harrys Schicksal ist jedoch mit dem von Asta noch stärker verbunden, als er ahnt. Just an dem Tag, an dem die Assistentin ihren gewalttätigen Expartner verließ, nämlich vor vier Monaten, beobachtete sie den Absturz des Raumgleiters am Nachthimmel.

Etwas zu plakativ sieht Asta daraufhin auch noch durch die Heckscheibe ihres Wagens einen Hirsch, über den sie gerade ein paar Szenen vorher erklärt hat, dass er für Wiedergeburt und Schutz stehe. Es erfolgt also womöglich sowohl für sie durch die Trennung als auch für Harry durch die Bruchlandung eine Wiedergeburt: In ein Leben, in dem die beiden füreinander bestimmt sind.

Und es scheint zudem, dass dieses Alien mit zerstörerischer Mission doch eine Beschützerrolle für seinen weiblichen Außenseiter-Counterpart einnimmt. Tatsächlich kommt es so weit, dass der Außerirdische Astas Exfreund bei einer Begegnung fast erwürgt. Und dieser Typ ist noch nicht der einzige Feind, den sich Harry binnen kurzer Zeit angelegt hat.

Max (Jonah Prehn), der Sohn des Bürgermeisters und seines Zeichens Weltraum- und Außerirdischen-Fan, erkennt auf der Straße das wahre Ich des Alien-Arztes. Fortan gibt der Junge alles, um den Betrüger zu enttarnen – Grund genug für Harry, Mordpläne zu formulieren. An der Umsetzung scheitert er jedoch fortwährend, denn dieses Kind ist ein kriegerisches Gegenüber. Sehr zur Freude der Zuschauenden.

Murderus Interruptus: Harry (Alan Tudyk) und sein junger Todfeind Max Hawthorne (Judah Prehn). James Dittinger/​SYFY

Die wohl schönste Beobachtung, die in der Serie umgesetzt wird, ist das Erkennen der Problematik menschlicher Gefühle. Hah Res Spezies wird von Emotionen nicht beeinflusst, doch schon nach kurzer Zeit als Mensch befürchtet er, sich mit Gefühlen angesteckt zu haben. Ein ständiger Hunger, der mit Essen nicht zu befriedigen ist, treibt ihn um. Und auch die Einsamkeit ergreift Besitz vom logikorientierten Alien.

Auch, wenn relativ ersichtlich ist, wie die Geschichte um menschliche und außerirdische Außenseiter sich weiter entwickeln wird, ist „Resident Alien“ eine gute, angenehme Unterhaltung. Grotesker Witz paart sich mit nahezu philosophischen Überlegungen, und es ist immer vergnüglich, wenn der Außerirdische versucht, angemessenes Verhalten zu spiegeln. Darunter mischt sich auch noch eine Kriminalgeschichte – denn es treibt sich ein Mörder in der Stadt herum …

Dieser Text beruht auf der Sichtung der ersten zwei Folgen der Serie „Resident Alien.“

Meine Wertung: 4,5/​5

Aktuell feiert „Resident Alien“ mit seiner zehnteiligen Auftaktstaffel Weltpremiere beim amerikanischen Sender SYFY. Ab dem 8. April die Serie beim deutschen Syfy ausgestrahlt.

Über die Autorin

Rosanna Großmann wurde schon früh zur Cineastin. Als Kind bettelte sie jahrelang darum, Filme wie „Jurassic Park“ oder „Tanz der Vampire“ sehen zu dürfen – die dann auch zu liebgewonnenen Dauerbrennern auf ihrem Fernseher wurden. In das Serienbusiness stieg sie erst später ein: Die ersten Serien, die die Wahlkölnerin mit Vorspann und Haaren verspeiste, waren „Star Trek – Next Generation“ und „Die Simpsons“. Seit 1999 schreibt sie jede Menge Zeug in einer wilden Mischung; seit 2020 auch Serienkritiken, Horror-Empfehlungen und Interviews für fernsehserien.de.

Lieblingsserien: Peaky Blinders – Gangs of Birmingham, Family Guy, Wir Kinder vom Bahnhof Zoo

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