The Returned (US) – Review

US-amerikanische Adaption des französischen Serienhits – von Glenn Riedmeier

Glenn Riedmeier
Rezension von Glenn Riedmeier – 25.03.2015, 12:00 Uhr

Familie Winship muss erst damit umgehen lernen, dass ihre verstorbene Tochter Camille (2. v. l.) wieder zurückgekehrt ist.

Untote stehen bei internationalen TV-Verantwortlichen weiterhin hoch im Kurs. „Les Revenants“ wurde 2012 in Frankreich zu einem Überraschungserfolg. Neben überwiegend positiven Kritiken konnte der originelle Mysterythriller auch aus Quotensicht überzeugen und erhielt 2013 einen Emmy Award als beste internationale Dramaserie. Es wurden Vergleiche mit David Lynchs Kultserie „Twin Peaks“ gezogen und die Serie hat als „hochgradig süchtig machend“ die Zuschauer in den Bann gezogen. Entsprechend hoch fielen die Erwartungen für das im Frühjahr 2014 von A&E bestellte Remake für den US-amerikanischen Markt aus.

Genau genommen handelt es sich bereits um die dritte Inkarnation des Stoffs, da die französische Mischung aus Mystery- und Zombieserie auf einem gleichnamigen Spielfilm aus dem Jahr 2004 basiert. Als Showrunner der US-Variante sind nun „Lost“-Veteran Carlton Cuse und Raelle Tucker („True Blood“) an Bord. Cuse, der mit „Bates Motel“ bereits eine erfolgreiche Serie bei A&E im Programm hat, schrieb auch die Auftaktfolge zu „The Returned“. Verzichtet wurde in der US-Adaption – wie im amerikanischen Free-TV mittlerweile üblich – auf einen richtigen Vorspann. Während der in der französischen Version bereits die atmosphärische Stimmung einleitet, wird in der US-Variante lediglich der Schriftzug eingeblendet.

An der grundlegenden Story selbst hat sich hingegen nichts verändert: Zahlreiche verstorbene Familienmitglieder und Freunde kehren Jahre nach deren Beerdigung plötzlich aus dem Jenseits zurück. Für manche der betroffenen Familien ist es ein Segen, bei anderen werden alte Wunden und Konflikte wieder aufgerissen. Die Rückkehrer wollen wieder am ganz normalen Leben teilnehmen, eine verhängnisvolle Mordserie hält die abgeschiedene Gemeinde zusätzlich in Bann. Jeder sogenannte Wiedergänger hat seine eigene Geschichte und sieht sich mit zahlreichen Problemen konfrontiert, doch eines haben alle gemeinsam: Sie wissen weder, dass sie tot waren, noch, warum sie zurückgekehrt sind. Das Remake hält sich sehr eng an das französische Vorbild und behält sogar die Rollennamen des Originals bei – lediglich mit dem Unterschied, dass diese nun eben mit englischem Akzent ausgesprochen werden. Und über die korrekte Aussprache der Namen herrscht unter den Schauspielern auch nicht wirklich Einigkeit.

Dylan Kingwell als der stille Junge Victor.
Jede Episode stellt eine Figur in den Mittelpunkt. Dreh- und Angelpunkt der ersten Folge ist erneut die Geschichte von Camille, gespielt von India Ennenga, die lediglich Zuschauern der HBO-Serie „Treme“ bekannt sein dürfte. In einem Rückblick sehen wir, wie das Mädchen bei einem Busunfall zusammen mit ihrer gesamten Schulklasse ums Leben kommt. Kurz darauf folgt der Sprung in die Gegenwart: Camille klettert den Hang, an dem der Bus in die Tiefe gestürzt ist, wieder hinauf und wandert zu Fuß zurück nach Hause. Sie hat alles vergessen, was geschehen ist. Mit Unverständnis reagiert sie auf ihre fassungslose Mutter Claire (Tandi Wright), die ihr Kind vier Jahre nach dessen Beerdigung plötzlich wieder in der Küche sieht, wie sie sich seelenruhig ein Sandwich schmiert. Erst allmählich begreift Camille, in welcher Lage sie sich befindet und reagiert schockiert, als sie feststellen muss, dass ihre Zwillingsschwester Lena (Sophie Lowe) im Gegensatz zu ihr um vier Jahre gealtert ist. Bemerkenswert ist, dass Camilles Alter für die US-Fassung um ein Jahr von 15 auf 16 angehoben wurde. Eine Lolita-hafte 15-Jährige wie in der Vorlage war den Amerikanern dann wohl doch zu gewagt. Außerdem wurden aus den ursprünglich rothaarigen Schwestern Blondinen gemacht. Für die Rolle des Familienvaters Jack hat Carlton Cuse seinen alten „Lost“-Kollegen Mark Pellegrino verpflichtet.

Im weiteren Verlauf der ersten beiden Folgen lernen wir nach und nach die anderen Figuren kennen. Mary Elizabeth Winstead, bekannt aus dem Indie-Drama „Smashed“ und dem jüngsten „Stirb langsam“-Film, verkörpert Rowan, die Freundin des Musikers Simon, gespielt von Mat Vairo („Revolution“). Als der vor zehn Jahren am Tag ihrer Hochzeit starb, brauchte sie lang, um über seinen Tod hinweg zu kommen. Nun, da sie einen neuen Mann an ihrer Seite hat und Mutter einer Tochter ist, stellt sie seine Rückkehr auf eine harte Probe. „Six Feet Under“-Veteran Jeremy Sisto spielt den Psychologen Peter, der eine Gruppe von Hinterbliebenen betreut, deren Kinder vor vier Jahren bei dem Busunfall ums Leben kamen. Weitere Rollen in dem umfangreichen Ensemble spielen Sandrine Holt („House of Cards“), Kevin Alejandro („True Blood“), Michelle Forbes („Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert“), Leah Gibson („Rogue“) und Rhys Ward („The 100“).

Den Machern gelang es, die unwirkliche Atmosphäre des Originals einigermaßen in die US-Variante herüberzuretten. Die Landschaft des französischen Bergdorfs im Département Haute-Savoie wurde fast originalgetreu in eine kanadische Kleinstadt verlegt. Gedreht wurde in Squamish, einer der kanadischen First Nations im Südwesten der Provinz British Columbia. Der mysteriöse, wortkarge Junge Victor, der im Original grandios von Swann Nambotin verkörpert wurde, wird in der US-Fassung von Dylan Kingwell gespielt. Der macht seine Sache ordentlich, aber eben nicht überragend. Dies gilt im Grunde für alle Schauspieler des Remakes, sowie die verantwortlichen Regisseure Keith Gordon und Vincenzo Natali. Es fehlt die stoische Ruhe und das bedächtige Erzähltempo der französischen Version, die vor allem durch verstörend langsame Kamerafahrten brillieren konnte. Die damit eingefangene bedrückende Stimmung, die in „Les Revenants“ perfekt durch den Soundtrack der schottischen Band Mogwai untermalt wurde, wird in der A&E-Fassung nur ansatzweise durch die Musik von Zoe Keating & Jeff Russo erreicht. Als Kenner der Canal+-Produktion lässt einen die US-Inkarnation relativ unbeeindruckt zurück – man hat alles eben schon mal überzeugender gesehen.

Nach Angaben der Produzenten Cuse und Tucker soll die US-Adaption ab einem gewissen Punkt eine eigenständige Entwicklung nehmen. Stellenweise weicht sie bereits in den ersten beiden Folgen vom Original ab. So stürzt sich ein Rentner direkt vom Staudamm in den Tod, ohne zuvor aus lauter Verzweiflung sein Haus mit seiner zurückgekehrten Ehefrau in Brand zu setzen, wie es in „Les Revenants“ der Fall war. Die Dorfkneipe wurde aus irgendwelchen Gründen von „Lake Pub“ in „Dog Star“ umbenannt. Auch die Reihenfolge der Szenen wurde teilweise verändert. Dies ist wohl dem Umstand geschuldet, dass die US-Adaption aus zehn rund 45-minütigen Episoden besteht, während das französische Original auf acht knapp 55-minütige Folgen aufgeteilt war. Vor allem am Ende der Staffel soll das Remake weniger eine „Genre-Show“ sein, sondern vordergründig bei den Figurengeschichten bleiben. Inwiefern diese Ankündigung umgesetzt wird, zeigt sich in den kommenden Wochen.

Wer grundsätzlich eine Abneigung gegenüber europäischen Serien hat und sich ausnahmslos für Produktionen des US-amerikanischen Fernsehens interessiert, kann bedenkenlos einen Blick auf A&E’s „The Returned“ riskieren. Alle anderen sollten lieber zum französischen Original anstatt zur Light-Version greifen. Derzeit dreht der Pay-TV-Anbieter Canal+ die sehnsüchtig erwartete zweite Staffel, die voraussichtlich Ende des Jahres ausgestrahlt wird. Genügend Zeit also, um sich Grundkenntnisse der französischen Sprache anzueignen bzw. diese aufzufrischen …

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten zwei Folgen von „The Returned“ (US).

Meine Wertung: 2,5/​5

Glenn Riedmeier
© Alle Bilder: A&E

Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang ’85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“. Auch für Realityshows wie den Klassiker „Big Brother“ hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie „Die Harald Schmidt Show“ und „PussyTerror TV“, hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“, aber auch schräge Mysteryserien wie „Twin Peaks“ und „Orphan Black“. Seit Anfang 2013 ist er bei fernsehserien.de vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

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