Bastian Pastewka: „Wie viel besser unser Fernsehen geworden ist, lässt sich meiner Ansicht nach nicht widerlegen“

Interview über „Der Sommer nach dem Abitur“, „Pastewka“-Ende, „Wochenshow“ und „Morgen hör ich auf“

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 24.06.2020, 16:13 Uhr

Das „Wochenshow“-Team feierte im Frühjahr 2001 das fünfjährige Bestehen Sat.1/​Bueckemuehl

fernsehserien.de: Ich bin in meiner Jugend mit der „Wochenshow“ aufgewachsen, die damals einfach Kult war. Ich habe sie immer noch in guter Erinnerung und ehrlich gesagt vermisse ich heutzutage eine vergleichbare Show. Glauben Sie, dass so eine Sendung heute noch funktionieren könnte?

Bastian Pastewka: Mir fehlen Ensemble-Comedys auch sehr! Wir haben heute viele politische Satiresendungen und Shows mit einem Host und zahlreichen gut gelaunten Gästen aus dem Kabarett-/​Stand-up-Comedy-Umfeld. Ich wünsche mir hingegen wieder ein buntes Spaß-Ensemble, wo man nicht weiß, wer gleich als Nächstes verkleidet durch die Tür kommt. Ich kann mir vorstellen, dass solche Shows irgendwann zurückkommen werden – möglicherweise nicht auf klassischen Fernsehsendern. Die würden vermutlich auf den Grundgedanken der alten Shows aus den 90ern zurückgreifen und letztendlich nur aufgewärmte Kost bieten.

Ich könnte mir allerdings auch vorstellen, dass der eine oder andere Shitstorm drohen würde, wenn Sie heute Brisko Schneider oder den Roseninder spielen würden. War es ein Segen, dass es zu „Wochenshow“-Zeiten noch keine sozialen Netzwerke gab, in denen lauthals kritisiert wird?

Bastian Pastewka: Nein, denn Reaktionen gab es auch damals schon, positive wie negative. In der „Wochenshow“ haben wir uns überwiegend über bestimmte Fernsehformate und -genres amüsiert. Wir haben das allerdings nicht gemacht, um Fernsehpersönlichkeiten offensiv zu dissen. Brisko Schneider etwa war ein Konglomerat aus vielen Moderatoren, die damals existierende Erotikmagazine bei VOX und RTL Zwei präsentiert haben. Er war eine Fantasiefigur und das war meiner Ansicht nach die elegantere Form der Zeitgeist-Kritik, anstatt jemanden Bestimmtes herauszupicken.

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Ich frage mich immer wieder, warum es bestimmte Formate beim deutschen Publikum so schwer haben. Es gab zum Beispiel nur wenige Versuche einer deutschen Multi-Camera-Sitcom vor Publikum, wie es in den USA auch noch bei „The Big Bang Theory“ der Fall war. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Bastian Pastewka: „The Big Bang Theory“ hat es beim deutschen Publikum nicht schwer, sondern scheint die beliebteste Sitcom überhaupt zu sein, daher braucht es keine deutsche Adaption. Und deshalb auch nicht zwangsläufig eine Übernahme der Multi-Camera-Technik. Aber ich verstehe, was Sie meinen: ich selber hätte gerne eine Sitcom vor Publikum gespielt; es scheitert hierzulande schlicht an den Bedingungen. Denn 22 Minuten pro Woche wie in Echtzeit perfekt vor Publikum zu spielen, bedeutet: Proben, Proben, Proben, Korrigieren, Umschreiben, Gewerke mieten, ein Studio blocken, die Schauspieler*innen für die Produktionszeit aus anderen Sendungen heraushalten und ein regelmäßiger Sendeplatz. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben und wenn doch, machen sie die Sache kompliziert und teuer. Da scheint es günstiger, ein Studio zu mieten und mit einem Host, zwei bekannten Gästen und einer Band die doppelte Sendelänge zu schaffen – und das ganz ohne vorherige Textproben und Absprachen, wie eine Sitcom sie braucht. Kurzum: Der Aufwand rechnet den Ertrag nicht; und ich glaube, dass die Corona-Veränderungen dieses spezielle Format in nächster Zeit nicht mehr zulassen. Im Übrigen nicht nur formell, sondern auch inhaltlich.

Eine tägliche Late-Night-Show gibt es in Deutschland seit dem Rückzug von Harald Schmidt und Stefan Raab auch nicht mehr. Warum werden in den USA immer noch so viele produziert und in Deutschland nicht?

Bastian Pastewka: Ui, aber wenn ich an „Die Pierre M. Krause Show“, „Late Night Berlin“, „Ringlstetter“, „Sträter“, die „Abendshow“ und die Sendungen von Chris Tall, Oliver Pocher und Carolin Kebekus denke, würde ich mich nicht über einen Mangel dieses Genres beschweren. Und wem das nicht reicht, empfehle ich „Willkommen Österreich“, das ist so gut, dass 3sat die Show immer nur in der Nacht zum Samstag um 1:35 Uhr zeigt.

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Was sind eigentlich Ihre ersten Erinnerungen an das Fernsehen?

Bastian Pastewka: Stan und Ollie, „Die Muppet Show“ und Anke Engelke auf einem Skateboard im Ferienprogramm.

Gehören Sie zu denen, die sagen, dass das Fernsehen früher viel besser war?

Bastian Pastewka: Sicher nicht. Man hält sich an Erinnerungen fest, aber wie viel besser unser Fernsehen in den letzten Jahren geworden ist, lässt sich meiner Ansicht nach nicht widerlegen. Und ich spreche hier einerseits vom sogenannten Serienhype, bin aber zugleich auch dankbar für die Infostrecken von ARD und ZDF zur Corona-Krise.

Wenn Sie eine Sache im deutschen Fernsehen sofort ändern könnten, was wäre das?

Bastian Pastewka: Nichts. Die satirische Eröffnungs-MAZ bei „Maybrit Illner“ verstehe ich nie, sonst ist alles okay.

Sie sind bekennender Serienfan, was natürlich perfekt zu unseren Seiten passt. Können Sie unseren Lesern Serien empfehlen, die Ihnen richtig gut gefallen?

Bastian Pastewka: Ich werde nicht müde, gebetsmühlenartig die britische Krimiserie „Line of Duty“ zu empfehlen. Ich kann immer noch nicht verstehen, weshalb diese Serie nach wie vor nicht so bekannt ist, wie viele andere Vertreter dieses Genres. Zuletzt war ich außerdem sehr begeistert von der Stephen-King-Serie „The Outsider“ und ich habe ein großes Herz für „The Marvelous Mrs. Maisel“.

Sat.1/​Frank Dicks

Gibt es einen Serienhype, den Sie so gar nicht nachvollziehen können?

Bastian Pastewka: Ich bin kein Freund von endlosen Fantasy-Schlachten und Zombie-Attacken, aber das ist eine Geschmacksfrage.

Und sind Sie immer noch ein fleißiger DVD-Sammler und zeichnen die Serien mit mehreren Festplattenrecordern parallel auf?

Bastian Pastewka: Ich habe mir seit acht Jahren keine DVD mehr bestellt. Ich wüsste nicht mal mehr, wie man die Hülle öffnet. Zudem würde mir nichts einfallen, was ich nicht alternativ in einer Mediathek oder bei einem Streamingdienst sehen könnte. Oder wovon ich im Netz alle Spoiler lese und dann so tue, als hätte ich alle Folgen gesehen.

Vielen Dank für das sympathische Interview und alles Gute für die Zukunft!

Die Komödie „Der Sommer nach dem Abitur“ mit Bastian Pastewka, Hans Löw und Fabian Busch wird am Donnerstag, 25. Juni um 20:15 Uhr im ZDF ausgestrahlt. Schon jetzt liegt der Film in der ZDFmediathek auf Abruf bereit. Die komplette Serie „Pastewka“ ist bei Prime Video* verfügbar.

„Der Sommer nach dem Abitur“ ZDF/​Florian Foest

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Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang ’85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“. Auch für Realityshows wie den Klassiker „Big Brother“ hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie „Die Harald Schmidt Show“ und „PussyTerror TV“, hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“, aber auch schräge Mysteryserien wie „Twin Peaks“ und „Orphan Black“. Seit Anfang 2013 ist er bei fernsehserien.de vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

Lieblingsserien: Twin Peaks, Roseanne, Gargoyles – Auf den Schwingen der Gerechtigkeit

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Dem Widerspruch kann ich mich anschließen. Und dies hat nichts mit Nostalgie-Denken zu tun.
    Früher gab es auch gutes und schlechtes Fernsehen. Nur hat sich das Verhältnis zum Negativen entwickelt.
    Ein Grund dafür dürfte sein, dass es mittlerweile auch für den vielen Trash einen Markt gibt. Wenn früher etwas schlecht war, dann wurde es zeitnah eingestellt. Heutzutage lässt man es laufen oder kopiert es noch x-mal, weil es es doch so einige schauen. Niveauloses Fernsehen hat zunehmend Konjunktur. Eine traurige Entwicklung.
    • am

      Das deutsche Fernsehen ist doch sowas von tot!
      Außer Flaggschiffen wie Tagesschau, Wer wird Millionär und Co. läuft doch nur noch veralteter Schrott im Fernsehen! Und das ganze aufgefüllt mit Werbung im 20 Minuten-Rythmus mit einer Dauer von 10 Minuten. Dazwischen noch Werbeeinblendungen im laufenden Film.
      Nee wer Qualität will muss sich der Streamingdienste bedienen, anders ist nichts mit Qualität!
      • am

        Wahrscheinlich hätte Herr Pastewka eher sagen sollen: DIE AUSWAHL IST HEUTE GRÖßER.
        Man kann frei wählen, ob man Gutes (Arte, 3 Sat, Streaming Dienste, ZDF Neo, Servus TV) sehen möchte oder halt beim Schrott (RTL, Sat.1, Pro 7) bleibt.
        • (geb. 1996) am

          Bei der Überschrift dieses Berichtes muss ich dem geschätzten Herrn Pastewka deutlich wiedersprechen. Ich würde mal behaupten, dass das Programm noch nie schlechter war. Nur noch gescriptete Sendungen, Krimis, Kochshows und Wiederholungen. Leider muss ich TV-Eyes_ beipflichten. Testbild wäre in vielen Fällen anspruchsvoller als dieses Schrei-Beleidigungs-Betrugs-TV der Privaten.
          • am

            Ohje, bis dato war mir Herr Pastewka eigentlich immer recht sympathisch
            aber wer das heutige Fernsehprogramm als besser gegenüber früher bezeichnet, der wird dies wohl nur deshalb behaupten können weil er davon / daran profitiert.

            Ich kenne noch Röhre, Schwarz-weiß-Bild
            , Sendeschluss und Testbild und eine kurze Zeit lang war das Fernsehen Dank Kabel auch wirklich eine Bereicherung
            aber das meiste von dem , was heutzutage über den Bildschirm flimmert ist doch nun wirklich ohne Qualität(sanspruch).
            Auf RTL II mit seinem (überwiegend) Hartz IV - Format könnte man doch nun wirklich in Gänze verzichten und auch große Teile der Ausstrahlungen bei VOX, SAT 1und Kabel 1 wären verzichtbar.
            Verdummung der Zuschauer.

            Ich schau(t)e gern und viel TV, besonders nachts aber in den letzten Jahren habe ich mir doch so manches Mal das Testbild zurück gewünscht.
            • (geb. 1967) am

              Das ist mal echt krass: er hat sich seit 8 Jahren keine DVD mehr gekauft!! :-)

              Und ja, da muß ich ihm zustimmen, das "Line of Duty" hier in Deutschland weiterhin "unter dem Radar" läuft, ist nicht nachzuvollziehen, denn die Serie ist einfach DER HAMMER!
              • am via tvforen.de

                TV Wunschliste schrieb:
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                > ... doch am Donnerstag, 26. Juni strahlt das ZDF die neue
                > Komödie "Der Sommer nach dem Abitur" mit Bastian
                > Pastewka in einer Hauptrolle aus.

                Wann denn jetzt? Am Donnerstag oder am 26. Juni?
                • am via tvforen.de

                  pumaquibö schrieb:
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                  > TV Wunschliste schrieb:
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                  > > ... doch am Donnerstag, 26. Juni strahlt das ZDF
                  > die neue
                  > > Komödie "Der Sommer nach dem Abitur" mit
                  > Bastian
                  > > Pastewka in einer Hauptrolle aus.
                  >
                  > Wann denn jetzt? Am Donnerstag oder am 26. Juni?

                  Am Donnerstag, 25. Juni - da hat sich der Fehlerteufel eingeschlichen. Ist korrigiert.
              • am

                Hahaha beste Frage, kleiner Tippfehler oder angeschwibst? :D 
                "Sind Sie als Fernsehjunkie eigentlich mit unseren Seiten fernsehserien.de & Fernsehserien.de vertraut?"
                • am via tvforen.de

                  >...doch am Donnerstag, 26. Juni strahlt das ZDF die neue Komödie "Der Sommer nach dem Abitur" mit Bastian Pastewka in einer Hauptrolle aus.

                  Die schon bei Arte lief.

                  >...ob eine Sendung wie "Die Wochenshow" im Shitstorm-Zeitalter heute noch funktionieren würde.

                  Bitte, was? Shitstorm-Zeitalter? Geht es auch eine Nummer kleiner als Zeitalter.
                  • am via tvforen.de

                    faxe61 schrieb:
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                    > >...doch am Donnerstag, 26. Juni strahlt das ZDF
                    > die neue Komödie "Der Sommer nach dem Abitur" mit
                    > Bastian Pastewka in einer Hauptrolle aus.
                    >
                    > Die schon bei Arte lief.
                    >
                    > >...ob eine Sendung wie "Die Wochenshow" im
                    > Shitstorm-Zeitalter heute noch funktionieren
                    > würde.
                    >
                    > Bitte, was? Shitstorm-Zeitalter? Geht es auch eine
                    > Nummer kleiner als Zeitalter.


                    Im Claim- Buzzword- und Clickbait-Zeitalter geht es nicht kleiner, sei froh das er nicht noch ein MEGA davorgesetzt hat ;-)
                  • am via tvforen.de

                    faxe61 schrieb:
                    -------------------------------------------------------
                    >
                    > Die schon bei Arte lief.

                    Was auch im Interview thematisiert wird und "was wahrscheinlich kaum jemand mitbekommen hat", wie Bastian Pastewka hinsichtlich der überschaubaren Quoten richtig erklärt.

                    >
                    > Bitte, was? Shitstorm-Zeitalter? Geht es auch eine
                    > Nummer kleiner als Zeitalter.

                    Wenn man will, kann man sich über so eine Formulierung unnötig echauffieren. Man kann es auch lassen.

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