2025

  • Folge 466 (45 Min.)
    Bild: rbb/​Stefanie Otto/​Felix Krüger
    Dürrejahre, Nässerekorde und Missernten: Immer öfter ist es zu spüren, wie sensibel die Umwelt auf extreme Wetterlagen reagiert. Bei den Landwirten stehen Existenzen auf dem Spiel, bei den Verbrauchern bezahlbare Lebensmittel. Seit ein paar Jahren wächst die Skepsis gegen eine Landwirtschaft, die allein auf maximale Erträge setzt. Immer deutlicher die Abhängigkeit von gesunden Böden. Doch in weiten Teilen Ostdeutschlands sind die Voraussetzungen schwierig. Brandenburg ist das Bundesland mit den schlechtesten Bodenqualitäten. Erosion und Sandstürme sind in manchen Regionen Normalität.
    Die ohnehin dünne, fruchtbare Humusschicht schrumpft seit Jahrzehnten, wie Untersuchungen des Leibniz Zentrums für Agrarlandschaftsforschung e.V. (ZALF) zeigen. Forschende und experimentierfreudige Bäuerinnen und Bauern stemmen sich gegen diese Entwicklungen. Sie suchen nach Lösungen für das Problem der „märkischen Streusandbüchse“. Der Aufbau der Humusschicht hat dabei Priorität. „In den obersten 30 Zentimeter Ackerboden existieren mehr Lebewesen als über der Erde“, sagt Bodenkundlerin Prof. Katharina Helming.
    „Ein Großteil der dunklen Humusschicht besteht aus Mikroorganismen und Pilzen, dazu kommen Springschwänze, kleine Würmer – sie alle bilden ein komplexes System, das nicht nur Pflanzenreste umsetzt, sondern auch den Nährstoffaustausch aktiv in Gang setzt.“ Für Lena und Philipp Adler, zwei junge Gemüsebauern im Norden Brandenburgs, sind das alles kleine, wertvolle Helfer. Auf ihrem drei Hektar großen Biobetrieb setzen sie auf einfache, mechanische Unkrautbekämpfung, Brachflächen, auf denen sich der Boden erholen kann, und Vielfalt.
    „Mit unseren 40 Gemüsearten in fast 100 verschiedenen Sorten können wir es verkraften, wenn mal etwas ausfällt. Aber viel wichtiger ist, dass wir damit eine besonders große Vielfalt des Bodenlebens erzeugen, die diesen mageren Sandboden dauerhaft fruchtbarer macht.“ Auch der konventionell wirtschaftende Landwirt Mark Dümichen in der Gemeinde Niederer Fläming setzt alles daran, das Bodenleben auf seinen Flächen zu schützen und zu fördern. Er verzichtet seit Jahren auf die Bodenbearbeitung nach der Ernte und sät direkt ins Feld neu ein.
    Seine Erträge haben sich seitdem stabilisiert, sagt der Landwirt, dessen Familie seit Jahrhunderten vor Ort ist und immer wieder Dürreperioden auf extrem sandigem Grund überstehen musste. Einen anderen Weg geht Isabella Krause von der Regionalwert AG Berlin-Brandenburg. Sie ist nach den Erfahrungen der letzten heißen Sommer überzeugt davon, dass langfristig neue Feldfrüchte auf brandenburgischen Äckern gedeihen werden. Dazu hat sie ein Netzwerk von Landwirten gegründet, das mit Unterstützung aus der Wissenschaft den Anbau von Kichererbsen fördert.
    „Humus und Hummus denken wir zusammen – wenn die Kichererbse hier heimisch wird, könnte das auch sehr leckere Folgen für die heimische Küche haben.“ Seit mittlerweile vier Jahren sammeln sie hierzulande Erfahrungen mit der Feldfrucht aus dem Orient, die hitzeresistent und zugleich besonders nützlich für den Boden ist. Der Film zeigt, warum immer mehr Menschen den Boden unter den Füßen als „Lebensversicherung“ wiederentdecken und welche Wege sie einschlagen, um mehr Fruchtbarkeit in die sandige Erde zu bringen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 13.01.2025 NDR
  • Folge 467 (45 Min.)
    Charlotte Frie von der Universität Duisburg-Essen nimmt eine Umwelt-DNA Probe in der Bade in Niedersachsen.
    Auf den ersten Blick sieht es idyllisch aus an der Bade, einem Bach bei Zeven in Niedersachsen. Doch im Sommer 2023 starben hier auf einen Schlag Tausende Fische. Solche Tragödien häufen sich in den letzten Jahren. Obwohl Deutschlands Flüsse eigentlich längst wieder natürlicher und widerstandsfähiger sein sollten. Dazu hat sich Deutschland mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet. Nur acht Prozent der heimischen Flüsse sind in einem guten ökologischen Zustand. Alle anderen sind laut Umweltbundesamt durch Industrie, Abwässer und Landwirtschaft stark belastet.
    In einer großen Mitmachaktion hat die ARD zu 3800 Bächen in ganz Deutschland Daten gesammelt, die von einem Wissenschaftsteam untersucht und eingeordnet wurden. Die NDR Autorinnen Gesine Enwaldt und Melanie Stucke gehen von Niedersachsen aus auf die Suche: Wo genau liegen die Ursachen für den schlechten Zustand der Bäche und Flüsse? Was muss sich ändern, damit Leben in die Gewässer zurückkehrt? Die „NDR Story“ zeigt, wie es gehen könnte. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 27.01.2025 NDR
  • Folge 468 (45 Min.)
    Mitten in Hannovers Innenstadt steht das mittlerweile heiß umstrittene Ihme-Zentrum. Ein gewaltiger Wohn- und Gewerbe-Bauklotz in Existenzkrise. 58.000 Quadratmeter Wohnfläche, knapp 500 Einzeleigentümer, ein Investor, der alle enttäuscht hat. Was als Prestigewohnobjekt in den 1970er-Jahren in Hannover mit eigenem Wäscheservice, Apotheken, Galeria Kaufhof & Co. als westdeutscher Traum begann, wird seit Jahrzehnten von Investor zu Investor gereicht. Finanziell ausbaden müssen das die dort lebenden Kleineigentümer, denn Zehntausende Quadratmeter Verkaufsfläche müssen trotz immensem Leerstand bewirtschaftet werden.
    Leidtragend sind auch die Mieter, in deren Wohnungen zum Teil keine Instandhaltungen mehr durchgeführt werden können. Ein Team der „NDR Story“ recherchiert vor Ort und sucht nach Antworten: Wer rettet das Ihme-Zentrum? „Ich zahle für meine Wohnung hier 625 Euro pro Monat mehr. Das ist weg, das Geld, das gibt es nie mehr zurück“, berichtet Monika. Die pensionierte Lehrerin hat die Wohnung 1981 zusammen mit ihrem Mann gekauft.
    Nun muss sie, zusätzlich zu allen anderen Nebenkosten, noch diese hohe monatliche Sonderumlage zahlen. Grund dafür ist der Investor Lars Windhorst. Über eine Firma besitzt er rund 80 Prozent des Betongiganten an der Ihme in Hannover. Bis Mitte 2023 zahlte das Unternehmen Hausgeld in Höhe von 450.000 Euro pro Monat. Seit Herbst 2023 ist die Gesellschaft insolvent. An einer Sonderumlage für die rund 500 Kleineigentümer führte kein Weg vorbei. Wie lange die noch gezahlt werden muss, weiß keiner.
    Viele Eigentümer können sich ausrechnen, wann die hohen Nebenkosten ihres abbezahlten Zuhauses die Rücklagen aufgefressen haben. Ein Spiel auf Zeit. „Das ist unsere Altersvorsorge gewesen, die wir jetzt jeden Monat für Monat raushauen müssen. Da haben wir uns andere Vorstellungen gemacht“, erzählt eine ehemalige Tierärztin. Währenddessen verkommt das Ihme-Zentrum von außen immer mehr. Abgeladener Müll, Taubenkot, Verwahrlosung. Die Kassen sind leer, nur noch das Nötigste wird gemacht. Was wird aus den Mietern, deren Wohnung dringend renoviert werden müsste? Mieterin Svetlana kann seit einem Wasserrohrbruch vor einem Jahr nicht mehr in ihre Wohnung.
    Sie lebt daher in einer Ersatzwohnung. „Ich weiß nicht wieso, aber ich mag das Haus, denn ich bin schon lange Jahre hier, meine Kinder wurden hier groß.“ Doch solange es keinen neuen Investor gibt, gibt es auch keine Reparatur. Die vier NDR Reporter Manuel Biallas, Raja Khadour, Margareta Kosmol und Nils Naber machen eine Bestandsaufnahme auf Europas größtem Betonfundament. Wer rettet das Ihme-Zentrum? (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 03.02.2025 NDR
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 10.02.2025
  • Folge 469 (45 Min.)
    Dr. Corinna Wolf-Bartens in einem Gespräch mit einem Schüler.
    Corinna Wolf-Bartens ist vieles: Lehrerin, Quereinsteigerin, promovierte Biologin, Mutter von drei Kindern und Hauptverdienerin der Familie. Jeder Tag Achterbahn. Wie fühlt sich so ein Tag im Leben der Lehrerin an? Um das erleben zu können, trägt sie für ein paar Wochen eine Action-Kamera auf der Stirn. Eine etwas andere, abenteuerliche „NDR Story“ aus dem Brennglas der Gesellschaft: dem deutschen Klassenraum. In Salzgitter-Bad unterrichtet Corinna Wolf-Bartens als Klassenlehrerin eine sechste Klasse an einer Hauptschule, einer Schulform, die oft im Schatten des Bildungssystems steht und doch einen unverzichtbaren Beitrag zur Gesellschaft leistet.
    Der Alltag der 37-Jährigen ist geprägt von Herausforderungen, die weit über den Lehrplan hinausgehen: Multitasking im Unterricht, permanente Stresssituationen, hektische Pausen. Und zu Hause warten noch drei kleine Kinder. Der Alltag ist hart, denn die Hauptschule in Salzgitter hat einen herausfordernden Ruf. In einer Welt, in der Kindern und Jugendlichen manchmal schon die Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse fehlt, geht es für Corinna weniger um klassische Bildungsarbeit und mehr um Bindungsarbeit.
    Hier sind Lehrkräfte nicht nur Pädagog*innen, sondern Vertrauenspersonen. Sie sind manchmal die einzige Konstante im Leben der Kinder und Jugendlichen, ein „Mama-Ersatz“, ein Anker. Corinna Wolf-Bartens erlebt Schüler*innen, die betrunken zum Unterricht erscheinen, oder solche, die achselzuckend eine 6 kassieren, weil sie wissen, dass die sowieso eine Ehrenrunde drehen. Und doch gibt es sie: die schönen Momente, die Geschichten von Vertrauen und Verbindung, von kleinen und großen Erfolgen.
    Die „NDR Story“ erzählt den Alltag der Lehrerin aus ihrer Perspektive – buchstäblich. Mit der Kamera auf ihrem Kopf, wird ihr Blick zu dem der Zuschauer*innen. Sie sehen, was sie sieht, hören, was sie hört, und spüren hautnah die Intensität ihres Berufs. Dieses „Point of View“-Experiment eröffnet nicht nur neue Perspektiven auf den Schulalltag, sondern lässt Zuschauer*innen auch tiefer in die Dynamiken des Klassenzimmers eintauchen als je zuvor. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 31.03.2025 NDR
  • Folge 470 (45 Min.)
    Assistenzärztin Nuray ist im Dauerstress: Wochenenddienste, Nachtdienste, jeden Tag Überstunden an der Uniklinik. Nuray ist mitten in ihrer Ausbildung zur Fachärztin für innere Medizin, sie arbeitet auf ein Stipendium im Ausland hin und betreut ein eigenes Forschungsprojekt. Sie hat großen Ehrgeiz und große Pläne. Und dann wird sie schwanger. Kann sie mit Kind ihre Ausbildung beenden? Was wird aus ihren Plänen? Oberärztin Irina hat es schon in die mittlere Führungsebene geschafft: Sie leitet eine Ambulanz an der Uniklinik Frankfurt. Das klappt, obwohl es anstrengend ist, auch mit ihren drei Kindern. Doch wenngleich fast zwei Drittel aller Medizinstudierenden Frauen sind, schaffen es die wenigsten in obere Führungsetagen.
    Vor allem an Unikliniken fehlen weibliche Chefs, nur 13 Prozent aller Spitzenpositionen sind dort von Frauen besetzt. Unplanbare Arbeitszeiten, unflexible Arbeitsmodelle und starre Hierarchiestrukturen werden oft als Gründe genannt. Als Irina anfing zu arbeiten, habe es nur ganz wenige Oberärztinnen gegeben. „Und die, die es gab, hatten alle keine Kinder.“ Sie selbst versucht den nächsten Karriereschritt, der Frauen in Deutschland bisher selten gelingt: Sie hat sich auf eine Stelle als Professorin beworben. Auch die junge Fachärztin Alica arbeitet hart, sie will es bis nach oben schaffen.
    Auf sie warten gerade gleichzeitig der letzte Patient in der Notaufnahme und ihr kleiner Sohn in der Kita. Wegen Personalmangels muss die Uni-Kita jetzt mittags schließen. Doch Notfälle scheren sich nicht um Kita-Zeiten. Kind und Klinik, seit der Geburt ihres Kindes ist Alica, wie sie selbst sagt, im „Ausnahmezustand“. Wie gehen Alica, Irina und Nuray mit diesen Herausforderungen um? Die Filmemacherinnen Valerie Henschel und Anabel Münstermann haben die drei Frauen über viele Monate in ihrem Berufs- und Privatleben begleitet und ihre Sorgen, Erschöpfung und Erfolge dokumentiert. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 07.04.2025 NDR
  • Folge 471 (45 Min.)
    Nadeln im Heuhaufen. Zoll und LKA wollen der Kokainmafia den Zugang nach Hamburg erschweren.
    Sie sind Fahrer, Logistiker oder IT-Mitarbeitende. Sie steuern Gabelstapler, Trucks, Van-Carrier oder Containerbrücken. Und sie leben gefährlich. Denn sie arbeiten nicht nur für Transportfirmen und Reedereien, sondern insgeheim auch für die Mafia. Nur mit Unterstützung dieser ortskundigen Helfer gelingt es internationalen Syndikaten, Kokainlieferungen aus Südamerika unter Tausenden von Containern ausfindig zu machen und an den Kontrollen vorbei aus dem Hafen zu schmuggeln. Die Fahnder von Polizei und Zoll nennen sie deshalb „Innentäter“ oder auch nur kurz „die Tür“.
    Denn sie öffnen der Mafia Europas Häfen in Hamburg, Rotterdam, Antwerpen. Ein bisher unbekannter Todesfall, den der Film der NDR Autorinnen Katrin Hafemann und Ute Jurkovics öffentlich macht, betrifft einen solchen Innentäter aus Hamburg. In den Containerterminals der Freien und Hansestadt landet derzeit Jahr für Jahr tonnenweise Kokain. Allein die Aufgriffe des Zolls haben sich in den vergangenen zehn Jahren nahezu verzehnfacht, von 380 Kilogramm im Jahr 2013 auf 35 Tonnen in 2023. Der Hamburger Hafen ist nach Rotterdam und Antwerpen zum größten Einfallstor für den Kokainschmuggel geworden mit Lieferzielen in ganz Europa.
    Schätzungen zufolge werden nur zwischen zehn und 20 Prozent der so eingeschleusten Kokainmengen entdeckt. Damit dieses Milliardengeschäft funktioniert, braucht die Mafia auch immer mehr Insider mit entsprechendem Know-how. Um diese Anwerbeversuche zu stoppen, haben Zoll und Polizei gemeinsam mit den Hafenbetreibern 2024 das neue Hafensicherheitszentrum gegründet. Die Autorinnen Katrin Hafemann und Ute Jurkovics begleiten die Fahnder für die „NDR Story“, sei es bei Lkw- und Containerkontrollen mit einem Spürhund-Team oder an einer mobilen Röntgenanlage für Container.
    Auch in Rotterdam bekommen sie Einblicke in die Fahndungsarbeit. Außerdem beschreiben sie an einem realen Fall, wie Mafia und Hafeninnentäter agieren: von der Ankunft eines Containerschiffs aus Ecuador mit 600 Kilogramm Kokain an Bord, versteckt in Bananenkisten, über die kriminelle Logistik am Kai, bis hin zur Festnahme der Täter. Ihr Pech: sie wurden observiert. Zollfahnderin Manuela Forst gehörte zum Hamburger Ermittlerteam des Falles, dessen juristische Aufarbeitung auch im Jahr 2025 noch anhält.
    Hier haben wir zum ersten Mal gesehen, wie professionell sich diese ‚Tür‘, wie sie hier genannt wird, am Hamburger Hafen verhält“, erläutert sie in der NDR Dokumentation. Wie genau die Strafverfolger in Zusammenarbeit mit der Hafenwirtschaft bei ihrer Gefahrenabwehr vorgehen, lassen sie gern im Verborgenen, damit sich die Mafia nicht darauf einstellt. Immer wichtiger werden für sie aber auch Aufklärungskampagnen, um den Syndikaten das Anwerben von Innentätern zu erschweren.
    „Sie sind die entscheidenden Akteure, ohne die es einfach nicht geht“, sagt LKA-Fahnder Oliver Erdmann, der das Hafensicherheitszentrum leitet. „Diese Einfallsschiene zu unterbrechen, das ist unser Ziel.“ Was die Täter lockt, ist das Geld. Für Logistikdienste im Auftrag der Kokainmafia fließen vier- bis fünfstellige Summen pro Auftrag. „Eine Tonne Kokain hat einen Großhandelswert von 25 bis 35 Millionen Euro“, erläutert Erdmann. „Das wird von den Syndikaten natürlich verteidigt, im Zweifel auch durch Einschüchterung und durch Gewalt.“ Den Ermittlern zufolge werben die Banden gezielt Hafenmitarbeiter an, die finanziell unter Druck stehen, etwa weil sie Spielschulden haben oder Kredite abbezahlen müssen.
    Und wer sich erst einmal einlässt auf das kriminelle Geschäft, wird die Mafia erfahrungsgemäß nicht wieder los. Innentätern, die von den Fahndern überführt werden, drohen wiederum harte Strafen. Sechs der überführten Männer, die der Film aufführt, wurden zu Haftstrafen von bis zu zehn Jahren verurteilt. Gegen zwei mutmaßliche Mittäter wurde Anklage erhoben. Die Hauptverhandlung stand im März 2025 noch aus. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 14.04.2025 NDRDeutsche Streaming-Premiere Fr. 11.04.2025 ARD Mediathek
  • Folge 472 (45 Min.)
    Baumsterben im Harz.
    Ein Film über eine der bekanntesten Ferienregionen Norddeutschlands. Der Harz ist Deutschlands nördlichstes Gebirge und immer noch ein beliebtes Urlaubziel. Doch die Zeit des Booms mit stetig steigenden Besucherzahlen ist vorbei. Viele Hotels wirken aus der Zeit gefallen, die Einwohnerzahlen sinken und manche Orte wirken wie ausgestorben. Mit Engagement und Ideen versuchen Bürgerinnen und Bürger, Geschäftsleute und Tourismusbeauftragte einen Neuanfang. Kann der Harz an die alten glanzvollen Zeiten anknüpfen? Der Bergort Sankt Andreasberg im niedersächsischen Teil des Harzes ist ein wahres Schmuckkästchen mit seinen Holzhäusern, die dicht an dicht an den steilen Straßen der alten Bergbaustadt stehen.
    Doch viele dieser schönen Häuser stehen schon seit Jahren leer, ihre Bewohnerinnen und Bewohner sind nicht mehr da. Seit den 1950er-Jahren ist die Einwohnerzahl von über 4500 auf rund 1400 gesunken. Die meisten Geschäfte sind längst geschlossen, ebenso Restaurants und Kneipen. Es gibt nur noch einen Arzt, der zudem für zwei weitere Orte zuständig ist. Früher gab es mehrere Jugendherbergen und eine große Rehaklinik.
    Geblieben ist fast nichts. Auf dem Hausberg von Sankt Andreasberg wurde früher Ski gefahren. Doch heute schneit es kaum noch und der Einsatz von Schneekanonen lohnt sich nicht. Skiliftbesitzer Karsten Otto setzt jetzt auf Mountainbikes. Seine neueste Idee: Eine gigantische Hängebrücke, die er zwischen zwei Bergen spannen will, um Touristen anzulocken. Viele Menschen in Sankt Andreasberg setzen große Hoffnungen in das Projekt – schließlich gibt es im Ostharz bereits eine Hängebrücke, die sehr gut angenommen wird. Die Region braucht touristische Highlights, um die Übernachtungszahlen zu steigern.
    Einer davon war die Tenne am Blueberry Hill, in der der lokale Schlagerstar Frank Faber auftrat. Doch auch er gibt nun sein Abschiedskonzert. Mit 80 Jahren hört er auf und singt ein letztes Mal sein Lied „Das Märchen vom Harz“. Mit ihm geht ein weiteres Stück Identität verloren. Auch viele Hotels im Harz wirken wie aus der Zeit gefallen. Besonders in den 1970er-Jahren wurden mit staatlicher Zonenrandförderung große Betonbauten in die Landschaft gestellt, oft ohne Rücksicht auf das traditionelle Ortsbild.
    Was damals als Fortschritt galt, entpuppt sich heute als Belastung: veraltete Hochhäuser mit kleinen Zimmern, dünnen Wänden und mangelndem Komfort. Doch einige Hoteliers geben nicht auf. Sie versuchen, aus den alten Bausünden zumindest im Inneren moderne Hotels zu gestalten – mit neuen Konzepten, Wellnessangeboten und hochwertiger Ausstattung. Reicht das, um anspruchsvolle Gäste in die Region zurückzuholen? Orte wie Clausthal-Zellerfeld und Herzberg setzen nicht allein auf Tourismus. Sie kämpfen um Industrie mit teils erfolgreicher, teils ernüchternder Bilanz.
    Mit attraktiven Arbeitsplätzen kommen auch neue Einwohnerinnen und Einwohner, so die Hoffnung. Immer mehr Leerstand, so die Sorge, beschleunigt die Abwärtsspirale. In Herzberg am Harz zeigt sich das Sterben der Innenstädte besonders deutlich. Die einst belebte Fußgängerzone ist heute nahezu verwaist. Fast alle Geschäfte sind geschlossen, nur wenige Schaufenster sind noch beleuchtet. Endzeitstimmung, statt pulsierender Ferienort. Die einstige Einkaufsstraße wirkt wie ein Relikt aus vergangenen Tagen.
    Doch nicht alle haben den Ort aufgegeben. Eine Familie hat über viele Jahre hinweg das historische Gasthaus Deutscher Kaiser mit viel Liebe und Aufwand restauriert. Sie setzen auf eine Zukunft in Herzberg, an eine Renaissance der Stadt. Doch können sie sich gegen den Trend stemmen? Werden sie genug Gäste finden, um den Betrieb am Leben zu halten? Ihre Geschichte steht stellvertretend für viele Menschen im Harz, die kämpfen, hoffen – und doch nicht wissen, ob es reicht. Der Harz steht an einem Scheideweg: Ist der Wandel noch aufzuhalten, oder wird der Niedergang zur unaufhaltsamen Realität? (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 28.04.2025 NDR
  • Folge 473 (45 Min.)
    Per videocall informiert Wirt Mikko Bayer seine indonesischen Köche über den Stand des „Beschleunigten Fachkräfteverfahrens“ – nach acht Monaten Wartezeit.
    In Köln wollen Mikko und Sascha Bayer pünktlich zur Fußball-Europameisterschaft 2024 ein neues Restaurant aufmachen. Weil sie, wie viele andere Gastronomen auch, auf dem deutschen Arbeitsmarkt keine Köche finden, haben sie schon vor Monaten vier indonesische Köchinnen und Köche angeheuert. Aber die können nicht einfach zum Arbeiten einreisen, sondern müssen ein Einwanderungsverfahren durchlaufen, bei dem ihre berufliche Qualifikation kleinteilig geprüft wird. Und das durchkreuzt alle Pläne. Die Eröffnung steht auf der Kippe. Dabei sollte das sogenannte „beschleunigte Fachkräfteverfahren“ eigentlich alles einfacher machen.
    In München bewirbt sich der russische Koch und Kriegsflüchtling Denis Shershnev beim Augustiner Klosterwirt in der Münchner Innenstadt. Wirt Gregor Lemke ist begeistert und sagt Shershnev sofort zu. Aber der muss erstmal nach Armenien ausreisen, weil er das vorgeschriebene Arbeitsvisum für Fachkräfte nur aus dem Ausland beantragen darf. Auch hier beginnt ein zähes Ringen mit den deutschen Behörden. Genügen Denis’ Ausbildung und seine 15-jährige Berufserfahrung in Moskauer Toprestaurants, um in Deutschland als Koch anerkannt zu werden? Auch der 20-jährige Kellner Ashti Abdi muss Deutschland verlassen.
    Sein Asylantrag wurde abgelehnt. Ashti ist mit 13 Jahren in die Bundesrepublik gekommen, spricht gut Deutsch, arbeitet seit drei Jahren als Kellner und ist im Augustiner am Platzl im Herzen Münchens eine der besten Servicekräfte. Er war dabei, dort auch eine Ausbildung anzufangen. Inzwischen wartet der jesidische Christ im Irak auf sein Ausbildungsvisum, um zum Arbeiten zurückkehren zu können. Sein Chef, der Wirt Oliver Wendel, opfert viel Zeit und Geld, um Ashti den Weg durch die Anträge und Behörden zu ebnen und ihn wieder zurückzuholen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 05.05.2025 NDR
  • Folge 474 (45 Min.)
    Der Braunschweiger Busfahrer Michael Baierlein unterstützt eine Kampagne gegen Gewalt in Bussen und Bahnen.
    Busse und Bahnen gelten als wichtige Verkehrsmittel der Zukunft, weil sie umwelt- und klimafreundlicher sind als Autos. Doch in den vergangenen Jahren ist es auch ungemütlicher geworden in öffentlichen Verkehrsmitteln, laut Statistiken haben Übergriffe und Gewaltdelikte zugenommen. Was besonders die Mitarbeitenden im ÖPNV zu spüren bekommen. Umfragen zeigen: die Angst, verbal oder tätlich angegriffen zu werden, fährt mit. Martin Binias war Busfahrer in Hannover, hat immer wieder Anfeindungen und körperliche Gewalt erlebt, Fahrgäste haben ihn bespuckt, einmal bekam er eine glühende Zigarette ins Gesicht geworfen.
    Binias rutschte in eine Depression, letztlich in einen Burnout. Jetzt arbeitet er in einer kleineren Stadt, in Hameln. Sein Kollege Michael Baierlein ist in Braunschweig unter anderem für Nachtfahrten zuständig. Auf Strecken, die viele seiner Kolleg*innen gar nicht mehr übernehmen aus Angst vor Stress und Übergriffen. Die Gefahren sind real, auch Baierlein wurde schon Opfer eines Angriffs: Als ein Fahrgast ihn heftig angeht, gegen die Scheibe schlägt und beschimpft. Niemand im Bus hilft ihm.
    Im Norden sind dies keine Einzelfälle. Hamburg, Hannover, Rostock, Bremen, überall sind die Zahlen der registrierten Straftaten in Bussen und Bahnen deutlich gestiegen. Die Polizei in Hamburg zählte 2024 mehr als doppelt so viele wie noch 2019. Albrecht Schumacher ist als Leiter des Psychologischen Dienstes am BG Klinikum Hamburg Ansprechpartner für ÖPNV-Beschäftigte, die Angriffe erlebt haben. Er warnt: „Betroffene können ihre Arbeitsfähigkeit nach einem Übergriff verlieren. Mit der Häufung kritischer Ereignisse steigt das Risiko, eine ernsthafte psychische Störung zu entwickeln.
    Und diese Probleme bleiben nicht nur beruflich, sie wirken sich auch auf das Privatleben aus.“ Was tun gegen die Gewalt? Wie weit helfen technische Mittel wie Videoüberwachung oder Bodycams? Und: Wer rastet überhaupt aus? Für die „NDR Story“ fahren die Autorinnen eine Nacht lang in mehreren norddeutschen Städten in öffentlichen Verkehrsmitteln mit. Sie treffen Gewaltforscher und Psychologen. Sie hören sich die Geschichten von Opfern und Tätern an. Und fragen: Was kann der Gewalt entgegengesetzt werden? (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 19.05.2025 NDRDeutsche Streaming-Premiere Sa. 17.05.2025 ARD Mediathek
  • Folge 475 (45 Min.)
    Früher Straftäter, heute Wirt auf St. Pauli: Christian Brauns ist stolz, dass er seine kriminelle Vergangenheit hinter sich gelassen hat.
    Jahre nach seinen Urteilsverkündungen trifft ein Richter auf St. Pauli die Menschen, die er einst verurteilt hat. Was ist aus den damals jugendlichen Straftätern geworden? Was haben sie ihm zu sagen? Den pensionierten Jugendrichter Johann Krieten lassen seine alten Fälle nicht los. Jahrzehnte hat er an einem Hamburger Amtsgericht Jugendstrafsachen aus dem berühmten St. Pauli-Kiez auf dem Tisch gehabt. Raubüberfälle, Drogenhandel, Körperverletzung. Die Straßen zwischen Reeperbahn und Schanze sind seit Jahrzehnten ein Hotspot für Gewalt und Kriminalität. Wurden Jugendliche straffällig, saßen sie früher oder später vor Krieten auf der Anklagebank.
    Hat er jugendliche Intensivstraftäter zu Recht mit Härte in Haft geschickt und wiederum andere vor dem Gefängnis bewahrt? Was ist aus ihnen geworden? Für die „NDR Story“ macht sich Autor Severin Pehlke gemeinsam mit dem Richter auf eine Reise in die Vergangenheit und trifft Verurteilte. Auf dem Kiez macht Krieten in einer Kneipe auf der Reeperbahn halt. Christian, der Wirt, ist Krieten vor Jahrzehnten auf der Anklagebank begegnet: Er stiehlt, erpresst und dealt damals an der berüchtigten Hafentreppe.
    Darauf folgen Aufenthalte in Wohnheimen für jugendliche Straftäter und letztlich in der JVA Hahnöfersand. Seitdem hat Christian mit seinem alten Umfeld gebrochen und – wie er sagt – die kriminelle Karriere hinter sich gelassen. Wie geht es ihm heute? Was hat er dem Richter zu sagen? Die Reise in die Vergangenheit führt Johann Krieten bis nach Serbien, wo er in einem Gefängnis einen von ihm Verurteilten besucht: Sascha. Er ist offenbar bis heute nicht von der kriminellen Schiene abgekommen. „Kindergangster von St. Pauli“ nannten ihn die Boulevardzeitungen Anfang der 2000er-Jahre.
    Schon vor seinem 14. Lebensjahr begeht er etliche Straftaten: Körperverletzung, Diebstahl, Einbrüche. Jahre später wird er aus der Haft abgeschoben. In Serbien sitzt er inzwischen eine lange Haftstrafe ab. Wieso konnte das Jugendstrafrecht ihn nicht zum Umdenken bringen? Diese Frage stellt sich auch der Richter a.D. Zurück in Hamburg trifft Krieten eine Frau, die in ihren Teenagerjahren mit ihrer Clique den Kiez auf St. Pauli unsicher gemacht hat. Damals ist ihre Zündschnur kurz: Wenn es ein Problem gibt, schlägt sie zu.
    Mit ihren Freunden bricht sie Autos auf, stiehlt Fahrräder und Motorroller. Immer wieder landet sie vor Richter Krieten. Zwischen Dankbarkeit und Frust entspinnen sich Gespräche über Schicksale, Straftaten und den Sinn des Jugendstrafrechts. Hat sich Frust aufgestaut oder sind sie ihm sogar dankbar für Urteile? Dabei hat der Richter a.D. seine eigenen Fragen. Hat er alles richtig gemacht? Er selbst blickt auf eine schillernde Karriere zurück – in den Medien als „Knallhart Krieten“ betitelt, unter Kolleginnen und Kollegen umstritten, stellt sich Krieten in der „NDR Story“ auch seiner eigenen Berufsbiografie. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 26.05.2025 NDRDeutsche Streaming-Premiere Fr. 23.05.2025 ARD Mediathek
  • Folge 476 (45 Min.)
    „Wir haben Angst vor Krieg“, das hört Anne Will immer wieder auf der Demonstration gegen die Münchner Sicherheitskonferenz. Im Saal hat sie erlebt, wie mit der Rede des US-amerikanischen Vizepräsidenten J. D. Vance die Gewissheit schwindet, dass die USA auf Dauer ein verlässlicher Verbündeter sind.
    Seit Februar 2022 herrscht Krieg in Europa. Waffenlieferungen, Aufrüstung, Sanktionen – über die richtigen Reaktionen streitet Deutschland bis heute. Klar ist nur, dass die Kriegsgefahr real ist und das Leben der Menschen in Norddeutschland verändert. Die Journalistin und frühere Talkshow-Moderatorin Anne Will kehrt ins Fernsehen zurück. Auf der Reise trifft sie den 16-Jährigen Theo, der in seiner Freizeit Orgel spielt, aber nun entschlossen ist, zur Bundeswehr zu gehen. Wie so viele Jugendliche. Rund elf Prozent der neu eingestellten Soldatinnen und Soldaten waren zuletzt unter 18 Jahre alt.
    Ein Rekord und vermutlich auch ein Ergebnis der intensiven Werbemaßnahmen der Bundeswehr bei Social Media, die viele kritisch sehen. Bei einem Kennenlernkurs der Truppe am Marinestützpunkt in Kiel sagt Theo: „Ich bin mir der Risiken bewusst. Aber trotzdem bin ich bereit, Soldat zu werden. Man kann nicht immer nur hoffen, dass es andere machen.“ Seine Mutter beschreibt bei einem Gespräch am heimischen Küchentisch, wie die Familie mit Theos Entscheidung gerungen habe. Sie sagt: „Natürlich habe ich Angst.
    Aber ich versuche, mich nicht durch Ängste leiten zu lassen.“ Nicht nur am Küchentisch zeigt sich, dass der Krieg Norddeutschland erreicht hat, ohne vollends ausgebrochen zu sein. Der Unternehmer Mario Piejde führt in einen Schutzbunker in Hamburg-Barmbek. Piejdes Zielgruppe: Menschen, die sich einen Safe Space für den Ernstfall kaufen möchten. Seine Kunden seien zahlreicher geworden, sagt er. Und sie hätten sich verändert: „Vor fünf oder zehn Jahren war das mehr so ein Männerspielzeug. Heute sind 70 Prozent der Kunden Frauen.
    Die sagen: Mir geht es um den Schutz der Familie vor kriegerischen Auseinandersetzungen.“ Und was ist mit den Menschen, die sich keinen privaten Bunker leisten können? Öffentliche Schutzräume gibt es in Deutschland kaum. Nach Angaben des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe hat Deutschland noch 579 öffentliche Bunker mit Platz für rund 0,5 Prozent der Bevölkerung. Einsatzbereit und funktionsfähig wären davon, Stand jetzt: 0. Wie gut ist Deutschland auf den Ernstfall vorbereitet? Mitarbeitende der Bundeswehr beklagen noch immer die mangelhafte Ausstattung.
    Munition, Luftverteidigung, einsatzfähige Panzer: Es fehle an vielem und die Aufgaben werden immer zahlreicher. Dazu gehört auch der Aufbau der Brigade Litauen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundeswehr werden Soldaten dauerhaft in einem anderen Land stationiert. 5000 Soldatinnen und Soldaten sowie Kräfte sollen es am Ende sein. Anne Will besucht die Kaserne in der Nähe der litauischen Stadt Kaunas. Auf dem matschigen Kasernengelände steht schweres Gerät; auch der Panzer Leopard 2 ist dabei, den Panzerkommandant Raphael vorführt.
    Brigadegeneral Christoph Huber verantwortet den Aufbau der Brigade Litauen. Im Interview betont Huber: „Wir stehen dafür ein, dass jeder Zentimeter des NATO-Bündnisgebietes verteidigt wird. Das nimmt die Bundeswehr sehr ernst. Wir müssen bereit sein, für Frieden und Freiheit einzustehen. Und das schließt bei unseren Soldatinnen und Soldaten auch den Einsatz des eigenen Lebens mit ein.“ Was die Soldaten an der russischen Grenze noch üben, hat Herwig Schopper schon erlebt. Als Fahnenjunker kämpft er im Zweiten Weltkrieg in der Wehrmacht, auch gegen russische Soldaten.
    Im Mai 1945, kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges, landet Schopper bei Bad Segeberg in britischer Kriegsgefangenschaft. Damals ist er Anfang 20. Heute, mit 101 Jahren, kehrt er an den Ort zurück, wo für ihn der Zweite Weltkrieg endete. Eine Erfahrung, die ihn für sein Leben prägte. Wo Schüsse fallen und Drohnen fliegen, steigen die Gewinne der Rüstungsbranche. Das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen der Ampelregierung ist ausgegeben, meldet das Beschaffungsamt der Bundeswehr Ende 2024. Nun tritt eine neue Regierung an, die weitere Milliardenschulden für Rüstung macht.
    Während Deutschlands Wirtschaftslage insgesamt angespannt ist, ergeben sich im Rüstungssektor wirtschaftliche Perspektiven. Wird die Branche zu einem Wirtschaftsstreiber? Die „NDR Story“ besucht einen Betrieb und spricht mit Arbeitnehmern, die dem Rüstungshype einen sicheren Arbeitsplatz verdanken. Für sie ist die Zeitenwende ein Glücksfall, ein Stück Sicherheit in unsicheren Zeiten. Zeitenwende – der Film zeigt, wie dieser Begriff für die Menschen in Norddeutschland immer mehr zur neuen Wirklichkeit wird. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 02.06.2025 NDR
  • Folge 477 (45 Min.)
    Um die medizinisch-psychologische Untersuchung, flapsig „Idiotentest“ genannt, hat sich in Deutschland ein lukratives Geschäftsfeld gebildet: Pro Jahr wird rund 90.000 mal eine MPU angeordnet für Leute, denen der Führerschein wegen Alkohols, Drogen oder anderer Straffälligkeiten entzogen wurde. Rund 40 Prozent rasseln durch die Prüfung. Sogenannte „Berater“ nutzen die Not dieser Menschen aus. Einige Firmen versprechen schnelle, jedoch unseriöse Hilfe zurück zum Führerschein. Dabei geraten Betroffene häufig an Psycholog:innen, die keine sind oder an Leute, die manipulierte Abstinenznachweise, gefälschte MPU-Gutachten oder Führerscheindokumente verkaufen. Manche Firmen versprechen, man könne die MPU mit Führerscheinen aus dem Ausland umgehen. Ein Irrtum, den Kund:innen teuer bezahlen.?
    Pro Jahr werden rund 90.000 MPUs in Deutschland angeordnet. Für Leute, denen der Führerschein wegen Alkohols, Drogen oder anderer Straffälligkeiten entzogen wurde. Rund 40 Prozent rasseln durch die Prüfung. Sogenannte „Berater“ nutzen die Not dieser Menschen aus. Der MPU-Markt ist staatlich nicht reguliert: Es gibt weder Kostenkontrolle noch Qualitätsstandards oder Gütesiegel. Betroffene, die auf die Maschen diese „Berater“ hereingefallen sind, berichten. (Text: tagesschau24)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 16.06.2025 NDR
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 23.06.2025
  • Folge 478 (45 Min.)
    Der Lindenteller von oben.
    Die gefährlichste Straßenkreuzung Deutschlands liegt im Norden. Nicht in Berlin, Frankfurt oder München kracht es häufiger, sondern mitten in Lübeck auf dem Lindenplatz. Eigentlich ist es ein Kreisverkehr (Lindenteller genannt), aber der Lindenplatz belegte in den vergangenen Jahren Platz 1 in der Statistik der gefährlichsten Kreuzungen Deutschlands, noch vor allen Großstädten des Landes. Er befindet sich zwischen Busbahnhof, Autobahn und der historischen Altstadt. Einer, der fast jeden Tag hier ist, ist Nikar Jasim. Der Besitzer des Imbisses Fisch Konzept hat einen direkten Blick auf das Verkehrsgeschehen.
    „Unser Tag ist einfach wie im Kino. Du siehst hier alles, bekommst alles mit“, sagt er. „Die Radfahrer, ich glaube, die leben hier am gefährlichsten im Kreisverkehr.“ Jeden Tag passiere etwas am Lindenplatz. Trotz verschiedener Maßnahmen der Stadt bleibt der Kreisverkehr gefährlich. Auch deswegen gibt es dort verstärkt Polizeikontrollen. In nur wenigen Stunden stellen die Beamtinnen und Beamten oft Dutzende Verstöße fest. „Ist natürlich auch ein extremer Knotenpunkt hier in Lübeck. Also es heißt, hier fließt immer Verkehr“, so ein Polizist während der Kontrolle.
    Mit seinen Problemen ist dieser Schauplatz im Norden keine Ausnahme. In jeder Großstadt gibt es viele Orte, an denen sich zur Rushhour die Fahrzeuge stauen. Es gibt inzwischen schlicht zu viele Autos und zunehmend Radverkehr und Elektroscooter. Die Straßen sind häufig nicht auf diesen Andrang und die diversen Verkehrsmittel ausgelegt. Ein häufiges Ergebnis: Chaos und Unfälle, in Lübeck besonders stark. Für Radfahrerinnen und Radfahrer ist der Lindenplatz durch die unübersichtliche Lage offenbar besonders problematisch, obwohl Kreisverkehre allgemein als sichere Knotenpunkte gelten.
    Jeden Monat macht deshalb die örtliche Gruppe der Critical Mass-Bewegung auf die Situation aufmerksam. Sie treffen sich am Lindenplatz und fahren von dort aus durch die Lübecker Innenstadt. Erstaunlich ist, noch ein weiterer Kreisverkehr in Lübeck ist unter den Top 5 der gefährlichsten Kreuzungen Deutschlands: der Berliner Platz. Lübeck sticht damit in der bundesweiten Statistik hervor. Aber warum ist es in Lübeck besonders auffällig? Und wie können Städte den Verkehr zähmen und die Menschen schützen? (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 23.06.2025 NDRDeutsche Streaming-Premiere Fr. 20.06.2025 ARD Mediathek
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 16.06.2025
  • Folge 479 (45 Min.)
    Deutschland wollte mit schwimmenden LNG-Terminals unabhängiger von russischem Gas werden. Zahlt sich die milliardenschwere Investition für die Energiesicherheit aus? Oder sind die Flüssiggasterminals umweltschädliche Geldverschwendung? Die norddeutsche Küste ist seit einer Weile um eine Attraktion reicher: In der Nähe der beliebten Strandorte Binz auf Rügen oder dem niedersächsischen Hooksiel ankern derzeit riesige LNG-Schiffe, die Flüssiggas in das deutsche Gasnetz einspeisen. Ihre Mission: die deutsche Energieversorgung nach dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu sichern – und unabhängiger von russischem Gas zu werden.
    Im Eiltempo hatte die frühere Bundesregierung den Bau und die Inbetriebnahme von Terminals vorangetrieben, an denen flüssiges Erdgas vom Schiff entladen wird. Im Dezember 2022 eröffneten der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der damalige Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/​Die Grünen) das erste deutsche schwimmende LNG-Terminal in Hooksiel bei Wilhelmshaven.
    Kurz darauf folgten weitere Terminals. Aber der schnelle Vorstoß trifft auf vehementen Protest: Auf Rügen fürchtet man das Ende der idyllischen Strandbesuche im Seebad Binz, seitdem unweit im Hafen von Mukran das 283 Meter lange Regasifizierungsschiff „Neptune“ ankert. Thomas Kunstmann leistet mit seiner Bürgerinitiative Widerstand auf der Ostseeinsel. „Wir brauchen das Terminal nicht“, sagt er, denn im Winter kamen nur eine Handvoll LNG-Schiffe an. Der private Betreiber des Terminals, die Deutsche ReGas, sieht nach dem Ausbleiben der Gaslieferungen aus Russland die Chance, Deutschlands Energieversorgung zu stabilisieren.
    Die Kapazitäten für LNG-Schiffe seien laut Deutsche ReGas für dieses Jahr vollständig verkauft. Doch dem Unternehmen schlägt bei einem Bürgerdialog in Sassnitz vor allem Frust von aufgebrachten Anwohnerinnen und Anwohnern entgegen. Die Debatte um Flüssiggas dreht sich dabei nicht nur um das eigene Idyll: Wie ist der Import des fossilen Energieträgers, zu dem auch Fracking-Gas aus den USA zählt, in Einklang mit den eigenen Klimazielen zu bringen? Warum leitet das LNG-Terminal in Wilhelmshaven, am UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer gelegen, Chlor in die Nordsee ein? Wie können sich die Terminals rechnen, wenn sie über Monate nur wenig ausgelastet sind? Auf einer Reise entlang der norddeutschen Küste stellt NDR Reporter Philipp Nöhr die Frage, welchen Nutzen die Terminals im Spannungsfeld zwischen Energiesicherheit und hohen Kosten heute bringen – und wie Geopolitik plötzlich das norddeutsche Idyll aufzuwühlen scheint. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 30.06.2025 NDR
  • Folge 480 (45 Min.)
    Jeden Tag fahren Öltanker der sogenannten russischen Schattenflotte an der norddeutschen Küste entlang. Russland verschifft so sein Rohöl – mutmaßlich sanktionswidrig – und finanziert seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Für die deutsche Küste sind die Schiffe eine Gefahr: Zum einen, weil sie alt sind und es bei Unfällen zu einer Ölpest kommen könnte, zum anderen, weil die Schattentanker in Verbindung mit Fällen von Sabotage und Spionage stehen. Für die „NDR Story“ haben die Reporter Lennart Banholzer und Simon Hoyme die deutsche Marine in das Gebiet der Schattenflotte begleitet und sind der Frage nachgegangen, warum es dem Westen und insbesondere der Europäischen Union nicht gelingt, die Schattenflotte zu kontrollieren oder gar zu stoppen.
    Im Rahmen der internationalen Marine-Mission „Baltic Sentry“ (Ostsee-Wache) beobachten deutsche Einsatzkräfte verdächtige Schattenschiffe rund um die Uhr. Das solle Präsenz signalisieren, erklären sie in der „NDR Story“, und zur Abschreckung beitragen. Denn die Hunderte Alttanker stehen nicht nur im Verdacht, Sanktionen zu unterlaufen, sondern auch, Sabotageakte gegen die kritische westliche Infrastruktur auszuführen.
    Und wie die Reporter auf hoher See miterlebten, sind die Schattentanker auch aus russischer Sicht alles andere als einfache Handelsschiffe. So begleiten mittlerweile regelmäßig Kriegsschiffe der russischen Marine die Schattentanker. Bei den Vorbeifahrten sind offenbar Maschinengewehre mit Soldaten in voller Ausrüstung besetzt, also schussbereit. Auch vor den Küsten Estlands und Polens kam es in den vergangenen Monaten zu gefährlichen Begegnungen mit russischen Kriegsschiffen.
    In einem Fall schickte Russland sogar einen Kampfjet zum Schutz eines Tankers. Dass die Öltanker auch Umweltgefahren mit sich bringen, zeigen Unfälle wie etwa im Schwarzen Meer. Eine große Sorge, die die Ostseeanrainerstaaten umtreibe, sei ein absichtlich herbeigeführter Unfall als Teil hybrider Kriegsführung Russlands, beschreibt der Sicherheitsexperte Sebastian Bruns vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel.
    Die deutsche Marine habe nicht genug Schiffe und Kapazitäten, um alle verdächtigen Öltanker lückenlos zu überwachen. Auch Aktivisten von Greenpeace sehen Russlands Schattentanker als große Gefahr. Bei einer Protestaktion auf der Ostsee pinselten sie im Januar „Risk!“ (Risiko) an die Bordwand eines Schattentankers – in voller Fahrt. Internationale Kritiker wie der Wirtschaftswissenschaftler Robin Brooks vom Washington Thinktank Brookings Institution fordern denn auch gerade von der EU eine härtere Gangart gegen die Schattenflotte.
    „Die USA haben im Januar 193 russische Schiffe sanktioniert und damit Russlands Ölexporte auf See drastisch einbrechen lassen“, sagt er. Tatsächlich sanktionierte auch die EU weitere Schiffe, zuletzt nach langem Ringen mit der Slowakei, auch das inzwischen 18. Sanktionspaket. „Es ist an der Zeit, dass die EU nun in der Ostsee die Schattenschiffe stoppt“, so der Washingtoner Wissenschaftler Brooks. Einer, der die Beratungen in Brüssel gut kennt, ist der ehemalige Außenminister von Litauen, Gabrielius Landsbergis.
    Er war bis Ende 2024 im Amt und bezeichnet die Sanktionen der EU heute als „Show“. Eigentlich müsse das Ziel der EU sein, dass Russland die Sanktionen nicht umgehen kann. Dafür müssten sie ständig angepasst und erweitert werden. „Bei jedem Treffen sprechen wir über die Bedrohung durch Russland. Doch wo haben die Russen das Geld für ihre Armee her? Es ist das gleiche Geld, das sie durch das Öl und die Sanktionsumgehung verdienen.“ Es gibt zudem die Vermutung, dass bisher auch westliche Geschäftsinteressen eine konsequentere Umsetzung der EU-Sanktionen verhindert hätten.
    Beispielsweise gehörten etliche der Schattentanker ARD-Recherchen zufolge vor Beginn des Ukraine-Krieges westlichen Reedereien, darunter auch deutsche, und wurden dann mit vergleichsweise hohen Profiten an Zwischenhändler verkauft, die sie wiederum dem russischen Ölhandel zuführten. Die neuen Betreiber sind dabei nicht zwingend russische Betreiber, wie ein im Film anonymisierter örtlicher Marktkenner erläutert, sondern vor allem Firmen in Dubai.
    „Schon mit einer einzigen Fahrt“, schildert der Insider, „sind bis zu zehn Millionen Dollar Gewinn erreichbar.“ Allerdings hätten die in Dubai registrierten Firmen dort meist nur Briefkästen, die Auftraggeber agierten zumeist von Indien aus. Wie die „NDR Story“ mithilfe von Datenanalysen nachzeichnet, ist Indien das Ziel vieler Öltransporte per Schattentanker. Denn sie liefern dem Land das Rohöl für örtliche Raffinerien, die daraus etwa Benzin oder Diesel produzieren, das Indien exportiert, auch in die EU und an deutsche Tankstellen.
    Laut US-Experte Robin Brooks vernachlässigen Deutschland und die EU ein wirkungsvolles Mittel gegen Moskaus Kriegsherren. „Deutschland kann der russischen Kriegswirtschaft enorm schaden, noch dazu ohne eigene Kosten“, so der Brookings-Analyst. „Es müsste nur die russischen Schattentanker aus der Ostsee ausschließen. Das würde den Preis für Rohöl aus dem Ural senken und Russland in die Wirtschaftskrise schicken. Das Einzige, was es dafür braucht, ist Mut.“ Putin wolle den Westen zwar weiterhin glauben machen, dass Sanktionen nicht wirkten. „In Wahrheit“, so Brooks, „sind sie überaus effizient.“ (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 01.09.2025 NDR
  • Folge 481 (45 Min.)
    Ein emotionaler Film über den Pflegenotstand in Deutschland. Wer in Deutschland ins Pflegeheim kommt, muss um die 3000 Euro aus eigener Tasche zahlen, mehr als doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren. Warum ist Pflege so teuer und warum stehen so viele Heime trotzdem vor großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten? In der Seniorenresidenz Hatten in der Nähe von Oldenburg in Niedersachsen zeigen sich die Konstruktionsfehler des deutschen Pflegesystems. Während Pflegeheimplätze gefragt sind (und in Zukunft immer gefragter werden), stehen hier 26 Pflegezimmer leer.
    Es gibt zu wenig Fachkräfte, um einen weiteren Stock zu eröffnen. Weil das aber enorme Umsatzeinbußen bedeutet, steht dieses Heim wie so viele kurz vor dem Konkurs, trotz des hohen Bedarfs. Und die Pflegebedürftigen? Sind plötzlich „arm wie eine Kirchenmaus“. So sieht sich Brigitte, die hier seit einem Jahr zu Hause ist. Das Ersparte? Bis auf einen Schonbetrag aufgebraucht, das Sozialamt muss einspringen. „Sie fühlen sich wie Bürgergeldempfänger, auch wenn das nicht stimmt“, sagt Heimleiter Stefan.
    Viele aus Stefans Heim haben 45 Jahre in Vollzeit gearbeitet und sind jetzt im Alter auf Sozialhilfe angewiesen. Für den Heimleiter auch deshalb ein Problem, weil die Antragsstellung oft mühsam ist und das Geld erst mit Verzögerung fließt. Die NDR Autoren Lars Kaufmann und Phillipp Eggers porträtieren einfühlsam, welche Auswirkungen die Probleme der Pflegeversicherung auf die Betroffenen haben. Auf Heimbewohner und Pflegekräfte und auf die, die ein Pflegeheim wirtschaftlich führen müssen.
    Steigende Preise für Instandhaltung und Lebensmittel, aber vor allem die gestiegenen Lohnkosten führen zu immer höheren Kosten, die wegen der leeren Kassen der Pflegeversicherung auf die Bewohnerinnen und Bewohner umgelegt werden müssen. Gleichzeitig fehlen in fast allen Heimen Pflegekräfte, sodass viele Zimmer nicht belegt werden können. Ein Blick nach Dänemark zeigt, dass es anders geht: in dem skandinavischen Land wird die Pflege vor allem über Steuereinnahmen finanziert.
    Der Eigenanteil, den Pflegebedürftige zahlen müssen, ist viel geringer. Fast 30 Jahre nach Einführung der Pflegeversicherung setzt sich auch in Deutschland die Erkenntnis durch, dass das System der Teilkaskoversicherung Pflege aufgrund des demografischen Wandels nicht mehr zukunftsfest ist. Während Expertinnen und Experten in einer Arbeitsgruppe Antworten auf die drängenden Probleme suchen, hoffen die Bewohner und Pflegekräfte in Hatten, dass ihr Heim überleben wird und dass gute Pflege – unabhängig von der Höhe der Rente – bezahlbar bleibt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 08.09.2025 NDRDeutsche Streaming-Premiere Fr. 05.09.2025 ARD Mediathek
  • Folge 482 (45 Min.)
    Moritz wurde als Baby im Krankenhaus falsch behandelt und ist heute schwer behindert. Der Gerichtsprozess läuft seit 13 Jahren.
    Tausende Menschen in Deutschland beginnen jedes Jahr einen Rechtsstreit, weil sie einen medizinischen Behandlungsfehler erlitten haben oder das vermuten. Ihr Kampf um Entschädigung vor Gericht ist oft quälend, langwierig, teuer – und meist erfolgslos. Warum ist das so? Sind Gerichtsverfahren der beste Weg, wenn in der Medizin etwas schiefgegangen ist? Und wie wird in anderen Ländern mit medizinischen Fehlern umgegangen? Der Film begleitet schwer geschädigte Patientinnen und Patienten und zeigt, was sich in Deutschland ändern sollte.
    Als Joachim Greuner sich im Mai 2019 auf den Weg ins Krankenhaus machte, glaubte er, dass er gleich seinen neugeborenen Sohn auf dem Arm halten würde. Doch Maxim und seine Mutter Silja starben beide innerhalb der nächsten zehn Stunden nach der Geburt. Woran, das erklärt Joachim Greuner nach seinen Angaben über Wochen niemand. Seitdem kämpft er gegen Ärzte, Klinik, Gutachter und die Justiz. Ein Kampf, den er nicht erwartet hat, obwohl er selbst Rechtsanwalt ist.
    Hauke Bochem und Chantal Gerstenberger stecken seit über 13 Jahren in einem Gerichtsverfahren fest. Sie verklagen die Klinik, in der ihr mittlerweile 14-jähriger Sohn Moritz geboren wurde. Er ist geistig und körperlich schwer behindert. Zwar hat ein Gericht längst festgestellt, dass bei seiner Behandlung nach der Geburt Fehler passiert sind, doch die Klinikversicherung will die Summen nicht zahlen, die das Gericht festgesetzt hat. Der Film begleitet schwer geschädigte Patientinnen und Patienten und zeigt ihren zermürbenden und oft aussichtslosen Kampf vor Gericht.
    Gleichzeitig macht die Dokumentation auf ein schwerwiegendes Problem aufmerksam: Die teuren Gerichtsprozesse tragen häufig nicht dazu bei, dass die Ursachen von Behandlungsfehlern abgestellt werden. So können weitere Patientinnen und Patienten zu Schaden kommen. In Dänemark stellt der Film einen Lösungsansatz vor: Dort hat man schon vor 30 Jahren einen Weg gefunden, Betroffene schnell zu entschädigen und aus Fehlern zu lernen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 15.09.2025 NDR
  • Folge 483 (45 Min.)
    Krisensitzung der Bergleute, 500 Meter unter der Erde.
    In das havarierte Atommülllager der Asse dringen unkontrolliert große Mengen Wasser ein. Betriebsführer Guido Oesterreich steht vor einer kaum lösbaren Aufgabe: Er soll mit seiner Belegschaft das Wasser aufhalten und dabei auch noch das brüchige Bergwerk stabilisieren. Sonst droht die radioaktive Kontamination einer ganzen Region. Ein Eisenkorb voller Bergleute rast scheppernd durch die Dunkelheit hinab in die Tiefe: Schachtlager Asse II, ehemaliges Salzbergwerk bei Wolfenbüttel in Niedersachsen. Endlager für radioaktiven Atommüll. Einen halben Kilometer unter der Erde hantieren die Bergleute mit Schläuchen bei 40 Grad Hitze.
    Bohrgestänge drehen sich kreischend in das Salzgestein. Mitten im Lärm steht Betriebsführer Guido Oesterreich. Er soll den Wassereinbruch der Asse irgendwie in den Griff bekommen. Diese Aufgabe scheint kaum lösbar. Denn das Wasser strömt schon seit Jahren durch zahllose Felsspalten in das Atommülllager. „Bisher konnten wir das eindringende Wasser weiter oben im Berg abpumpen“, so Oesterreich. „Doch seit letztem Sommer findet es plötzlich andere Wege und strömt tiefer in den Berg, bis knapp über die Kammern mit dem Atommüll.“ Erreicht das Wasser den radioaktiven Abfall, droht die Kontamination der ganzen Region.
    Ein Wettlauf mit der Zeit, bis der Atommüll endlich aus der Asse herausgeholt und in ein sicheres Endlager gebracht werden kann. Von 1965 bis 1978 hatte man hier radioaktivem Abfall eingelagert, angeblich zu Forschungszwecken. Am Ende lagen 126.000 verstrahlte Fässer Atommüll im Berg vergraben. Und die Betreiber erklärten der Bevölkerung, die Asse sei jetzt ein „ganz besonders sicheres“ Endlager.
    Wenige Jahrzehnte nach diesem Versprechen steht die Asse für die ungelösten Konflikte der Atomkraft, deren strahlenden Schrott Deutschland nicht loswerden kann. Über ein Jahr lang hat ein Filmteam die Bergleute unter Tage begleitet – und in der Welt darüber die fragwürdige Politik um den Atommüll beobachtet. Zum ersten Mal nehmen in dieser Story Bergleute der Asse in ungewohnter Klarheit Stellung vor der Kamera und offenbaren unbekannte Einblicke in den erschreckenden, absurden Alltag einer Menschheitsaufgabe, die vergangene Generationen ihnen hinterlassen haben. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 22.09.2025 NDR
  • Folge 484 (45 Min.)
    Hitzewellen schon im Juni, hohes Gesundheitsrisiko, amtliche Warnungen selbst für den Norden. Und doch verschwinden jeden Tag mehr kühlende Grünflächen unter Asphalt und Beton. Die Versiegelung der Städte geht weiter. Die Temperatur steigt. Für diese „NDR Story“ haben die Filmemacherinnen Gesine Enwaldt und Melanie Stucke recherchiert: Wie wirken sich Hitzetage im Körper aus, wo fehlt kühlendes Grün am meisten, warum ist es so schwierig, die Entwicklung zurückzudrehen und die Städte wieder zu entsiegeln? Landschaftsgärtner Tom Klose nimmt teil an einem Experiment.
    Er schluckt eine Pille mit integriertem Thermometer, bevor er in der Sonne schuftet. In Braunschweig legt er einen Schwammstadt-Park an, inmitten der versiegelten Innenstadt. Während Tom Klose die kühlende Oase erschafft, dokumentieren die Autorinnen, wie sich die Hitzetage in seinem Körper auswirken. In einer großen Datenrecherche für die „NDR Story“ spürt ein Forschungsteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) mit Luftüberfliegungsdaten und künstlicher Intelligenz auf, in welchen Städten besonders wenig Grün zu finden ist.
    Im Norden nehmen sie besonders Braunschweig, Hannover und Helmstedt unter die Lupe. Und die Recherche geht noch weiter: Schreiben die Städte vor, dass z. B. Parkplätze von Bäumen beschattet werden? Und sind diese Bäume dann auch zu finden? Die Lösung für das Hitzeproblem ist klar, und grün: Bis zu zehn Grad können Bäume graue Stadtflächen herunterkühlen, Wärmebildmessungen belegen das. Was sind die Gründe dafür, dass große Werksgelände, Schulhöfe, Parkplätze oder Schottergärten trotzdem weiter Hitzetreiber bleiben? (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 29.09.2025 NDRDeutsche Streaming-Premiere Fr. 26.09.2025 ARD Mediathek
  • Folge 485 (45 Min.)
    Jörn Ross ist einer der letzten Schleifischer.
    Der Europäische Aal ist der Fisch des Jahres 2025. Ein Rang, den nur bedrohte Tierarten bekommen. Und dennoch ist der Aal ein beliebter Speisefisch und gilt auch im Norden als Delikatesse. Stirbt der Aal aus, verschwindet auch ein uraltes Handwerk. Denn für viele Fischer ist er der letzte Brotfisch. Sie fürchten ein Fangverbot und wollen die Art mit anderen Maßnahmen retten. Schaffen sie das? Und was hilft dem Aal wirklich? Dieser Frage geht die „NDR Story“ nach. Soll man Aal noch essen? Für die Kunden von Aale-Dieter auf dem Hamburger Fischmarkt keine Frage.
    Seit 66 Jahren steht er dort jeden Sonntag und hat kein Problem, seine Räucheraale loszuwerden. Rund 20 Euro kostet ein mittelgroßes Exemplar. Auch beim Fischverkauf vom Kutter in Schleswig herrscht Andrang. Jörn Ross, einer der letzten Schleifischer, könnte weitaus mehr Aal verkaufen, als er fängt. Der Bestandsrückgang ist dramatisch in der Schlei, in Nord- und Ostsee und in ganz Europa. Nach Untersuchungen des Internationalen Rats für Meeresforschung, ICES, ist das Aufkommen an Jungfischen in Europa seit Anfang der 1980er-Jahre um rund 99 Prozent eingebrochen.
    Die Wissenschaftler des ICES fordern deshalb ein komplettes Aalfangverbot für Freizeitangler und gewerbliche Fischer. Für Jörn Ross und seinen Sohn Nils wäre das ein Berufsverbot. Ohne den Aalfang, sagen sie, müssten sie den Familienbetrieb schließen. Es gibt ihn seit mehr als 300 Jahren. In den Küstengewässern gilt bereits eine Schonzeit von sechs Monaten.
    Von Mitte September bis Mitte März dürfen die Fischer keine Aale in der Ostsee fangen. Aber Ross sieht sein Gewerbe zu Unrecht am Pranger. „Wir Fischer sind es, die den Aal schützen und dafür sorgen, dass er uns erhalten bleibt.“ Wie viele seiner Berufskollegen und zahlreiche Angelvereine engagiert sich Ross beim „Aalutsetten“. Dabei werden Millionen von Jungfischen, die sogenannten Glasaale, in Flüssen und Seen ausgesetzt. Sie stammen aus Fängen an der Atlantikküste, vor allem aus Spanien und Frankreich.
    Früher wanderten die Jungfische von allein in die Binnengewässer ein. Heute kommt nur noch ein Bruchteil auf natürlichem Weg dort an. Es gibt zu viele Hindernisse: Schleusen, Wasserkraftwerke und andere Baumaßnahmen, die den Tieren den Weg versperren oder sie sogar töten. Der Glasaalbesatz soll das kompensieren und dabei den Fischern ihr Einkommen sichern. „Aalutsetten“ sagen sie, ist Artenschutz. Ob das stimmt, ist umstritten. Umweltverbände und die Wissenschaftler des ICES fordern auch einen Stopp von Glasaalfischerei und Besatz.
    Es sei nicht bewiesen, dass diese Maßnahmen die Überlebenschancen des Aals erhöhen. Der Meeresökologe Reinhold Hanel, Leiter des Thünen-Instituts für Fischereiökologie in Bremerhaven, ist Mitglied des ICES. Für ihn steht fest, dass jahrzehntelange Besatzmaßnahmen dem Aal nicht geholfen haben. „Man weiß zu wenig über die Zusammenhänge, um wirklich klar sagen zu können, ob der Mensch hier eingreifen sollte oder nicht. Weil man die Konsequenzen nicht kennt, sei ein Verbot von Aal- und Glasaalfischerei überfällig.
    Der Aal birgt noch viele Geheimnisse. Schon Aristoteles rätselte, wie er sich vermehrt. Die Tiere laichen in der Sargassosee, ein Meeresgebiet im Nordatlantik, bis zu 7000 Meter tief. Von dort driften die Larven an die europäischen Küsten, wo sie sich zum Glasaal entwickeln. Ein Teil der Jungfische steigt dann in die Binnengewässer auf und wandelt sich zum Gelbaal. Bis zu 30 Jahre bleiben die Tiere an einem Ort, bevor sie sich – dann als Blankaal – wieder auf die Reise in den Sargassosee machen.
    Wie die Fische navigieren, weiß niemand, und noch nie wurde ein Aal beim Laichen beobachtet. Unklar ist auch, warum der Bestand seit Jahrzehnten schrumpft. Der Klimawandel, Umweltverschmutzung, Parasiten – es gibt viele Bedrohungen. Nicht zuletzt auch der Schmuggel von Glasaalen nach Asien. Aalimporte aus Europa sind verboten. Die „NDR Story“ zeigt den Alltag norddeutscher Fischer und ihren Einsatz beim „Aalutsetten“.
    Er begleitet Biologen des Fischereiinstituts in Rostock, die den Aalbestand in Mecklenburg-Vorpommern untersuchen. Gedreht wurde auch an der Havel. Rund 100 Kilometer Flusslauf sind dort mittlerweile weitgehend renaturiert. Deiche, Steine und andere Uferbefestigungen wurden abgebaut, Flussarme, die schon verlandet waren, wieder angeschlossen, Schilf und Auwälder angelegt. Ein idealer Lebensraum für den Aal. Doch aus eigener Kraft schaffen nur wenige Tiere die lange Reise in die Havel. Es sind noch viele Hindernisse aus dem Weg zu räumen, um den Aal zu retten. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 06.10.2025 NDR
  • Folge 486 (45 Min.)
    Die Zahlen sind alarmierend: In Deutschland fehlen laut DRB (Deutscher Richterbund) 2000 Richter und Staatsanwälte. Akten stapeln sich in den Gerichten. Es gibt mehr als eine Million offene Verfahren. Verurteilte Straftäter laufen laut BKA frei herum, weil deutschlandweit rund 170.000 offene Haftbefehle wegen Personalmangels und Überlastung nicht vollstreckt werden können, davon werden 821 Personen wegen Mordes oder Totschlags gesucht. Bittere Folge der Überlastung von Gerichten und Staatsanwaltschaften: 63 dringend Tatverdächtige mussten 2024 aus der Untersuchungshaft entlassen werden, weil das Verfahren nicht innerhalb eines halben Jahres eröffnet werden konnte, traumatisierend für viele Opfer, die hofften, Gerechtigkeit zu finden.
    Überlange Verfahren bekommen vor allem die Bürgerinnen und Bürger zu spüren. Die Autorin Rita Knobel-Ulrich begleitet verschiedene Fälle: Danielle wurde vergewaltigt und musste auf die Prozesseröffnung vor dem Strafgericht fünf Jahre warten. Simones Sohn benötigte wegen seiner Behinderung einen mobilen Stuhl.
    Das Verfahren vor dem Sozialgericht gegen die Krankenkasse zog sich zwei Jahre bis zu einem Vergleich hin. Peter führt einen Sorgerechtsstreit vor dem Familiengericht, doch ein Prozesstermin ist nicht in Sicht. Er fürchtet, dass am Ende die Richter nach so langer Zeit eine irreparable Entfremdung konstatieren und er sein Kind nicht mehr wiedersieht. Und dann sind da noch überlange Verfahren vor überlasteten Verwaltungsgerichten: wenn sich ein Streit über Baugenehmigungen hinzieht, Asylverfahren Jahre dauern.
    Der Bauherr weiß nicht, ob er mit dem Bau seines Hauses beginnen kann, der Asylbewerber nicht, ob er gehen muss oder bleiben darf. Besserung ist vorerst nicht in Sicht: Denn bis 2030 wird ein Drittel aller Richter und Staatsanwälte in den Ruhestand gehen. Wie versuchen Gerichte und Staatsanwaltschaften, die Not zu bekämpfen? Welche Möglichkeiten bieten sich Klägern? Und was macht das mit dem Rechtsempfinden der Bürger, wenn Fälle nicht oder zu spät bearbeitet werden? (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 20.10.2025 NDR
  • Folge 487 (45 Min.)
    Reporterin Edith Dietrich bei der Recherche.
    Eine packende Insidergeschichte über eine sektenartige Gemeinschaft. „Es gibt kein unheilbar“, verspricht der Bruno Gröning-Freundeskreis. Die Glaubensgemeinschaft zieht Zehntausende Menschen an, die auf den „göttlichen Heilstrom“ hoffen – selbst bei schweren Krankheiten wie Krebs. Den NDR Autoren Edith Dietrich und Herbert Kordes ist es gelungen, ins Innere des Freundeskreises vorzudringen. Was suchen Menschen in der Gemeinschaft? Und wie gefährlich wird es, wenn sie der Lehre Bruno Grönings mehr vertrauen als dem eigenen Arzt? Der Bruno Gröning-Freundeskreis hat in Deutschland mehr Mitglieder als Scientology – und ist öffentlich doch kaum bekannt.
    In mehr knapp 700 Gröning-Gemeinschaften, darunter mehr als 70 in Norddeutschland, treffen sich die Anhänger des 1959 verstorbenen „Wunderheilers“ Bruno Gröning. Nach dem Zweiten Weltkrieg strömten Tausende Anhänger Bruno Grönings zu öffentlichen Massenheilungen. Schenken Sie mir ihr Leiden! Ich nehme es!, versprach er. Ein großer Kropf am Hals des Heilers sollte dabei helfen, den „göttlichen Heilstrom“ zu kanalisieren – und Krankheiten fremder Menschen aufzunehmen.
    Bis heute glauben die Gröning-Anhänger an dieses Versprechen. In Gottesdienst ähnlichen „Einstellungs-Sitzungen“ berichten sie einander davon, wie Alltagsbeschwerden, Sorgen, aber auch schwerste Krankheiten geheilt werden können. Hufeisen und Armbänder aus Aluminiumfolie sollen dabei helfen, den Heilstrom aufzunehmen. Eine eigens eingerichtete, sogenannte „Medizinisch-Wissenschaftliche Fachgruppe“ hat nach Angaben des Freundeskreises rund 18.000 angebliche Heilungsberichte dokumentiert.
    Harmlose Spinnerei oder gefährliche Gehirnwäsche? Die NDR Reporter Edith Dietrich und Herbert Kordes gehen dieser Frage nach. Sie sprechen mit ehemaligen Mitgliedern des Freundeskreises, die davon berichten, dass das Vertrauen auf Grönings Heilsversprechen tödlich enden kann. Ein Aussteiger erzählt, wie eine Freundin an einer zu spät erkannten Krebserkrankung verstarb: „Ich hätte mir gewünscht, dass jemand von den Verantwortlichkeiten vom Bruno Gröning-Freundeskreis gekommen wäre zu dieser Freundin und gesagt hätte: Jetzt geh aber mal zum Arzt, lass dich untersuchen“, sagt er.
    Die Schwester einer Anhängerin berichtet von deren qualvollem Tod im Jahr 2023. Sie habe eine medizinische Behandlung im Vertrauen auf Bruno Gröning bis zuletzt abgelehnt. Ihre starken Schmerzen – von den Gröning-Anhängern „Regelungen“ genannt – habe sie als ein Zeichen beginnender Heilung angesehen. Eine weitere Frau berichtet im Interview von Gruppendruck, den sie als Kind im Freundeskreis erlebte: „Mir wurde immer suggeriert, dass ich es selbst in der Hand hätte, wie es mir gesundheitlich geht.
    Und wenn ich mich dem verschließe, dann sei ich eben selber schuld an meinen Allergien und dem Asthma“, sagt sie. Freundeskreis-Leiter Dieter Häusler bestreitet im Interview, dass die Gemeinschaft ihren Mitgliedern davon abrät, bei Krankheiten einen Arzt aufzusuchen. „Ich sage immer wieder ganz bewusst, wo ich irgendwo auftauche, habt Vertrauen zu eurem Arzt, bleibt in ärztlicher Betreuung“, sagt er. Die ihm von den Reportern geschilderten Todesfälle bedaure er: „Es tut mir für jeden Einzelnen, der sowas erlebt, extrem leid.
    Aber ich weiß nicht, wie ich das verhindern kann.“ Kritiker werfen dem Freundeskreis eine „Heilutopie“ vor, weil mit den Versprechen unrealistische Erwartungen geweckt werden. „Beim geistigen Weg klingt das alles so wunderbar. Aber es ist eben gefährlich, weil dann notwendige medizinische Maßnahmen ausgelassen werden oder nicht in Anspruch genommen werden“, sagt Michael Utsch von der der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Berlin. Reporterin Edith Dietrich wird selbst Mitglied im Freundeskreis und macht ihre ganz eigenen Erfahrungen mit der Gemeinschaft. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 27.10.2025 NDR
  • Folge 488 (45 Min.)
    Tatort Bauernhof: Von dieser Weide in Scharnebeck (Niedersachsen) wurden über Nacht 4 wertvolle Angusrinder gestohlen.
    Plötzlich fehlen vier Rinder auf der Weide. Sie sind einfach verschwunden. Zurückgeblieben sind Reifenabdrücke im Gras, eine verstörte Herde und eine Mutterkuh, die nach ihrem Kalb brüllt. Für das junge Landwirt-Paar Clara und Oliver aus Scharnebeck in Niedersachsen ist der finanzielle Schaden groß. Aber der Verlust geht ihnen auch emotional nahe, jedes Tier trug einen Namen. „Die eine war Olivers Lieblingskuh“, sagt Clara. Hinzu kommt das Gefühl, nicht mehr sicher zu sein. Viele Landwirte in Norddeutschland machen ähnliche Erfahrungen: Ganze Schafherden, Landmaschinen und auch Ernten verschwinden.
    Behörden und Verbände bestätigen einen Anstieg von Diebstählen. Und eine Farmcrime-Kriminologin, die Straftaten im ländlichen Raum erforscht, sagt dem NDR: Was hier passiert, sind keine Einzelfälle. Weit mehr als die Hälfte der Landwirte seien betroffen. Der breiten Öffentlichkeit ist dies wenig bekannt. So wurden in Mecklenburg-Vorpommern in diesem Jahr schon 17 Diebstähle von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut gemeldet. Allein hier kratzt der Gesamtschaden an der Millionengrenze. Besonders begehrt sind auch GPS-Geräte, die aus Landmaschinen herausgebrochen oder ausgebaut werden.
    Betroffene berichten in der „NDR Story“ von Diebstahl-Summen in fünf- bis sechsstelliger Höhe. Wer steckt dahinter? Nicht selten führen die Spuren der Täter Richtung Osteuropa, Ermittler gehen in einigen Fällen von Bandenkriminalität aus. Aber auch kleine Beutezüge können schmerzen: Landwirtin Viktoria Gloyer aus dem Kreis Segeberg in Schleswig-Holstein bot Eier neben einer kleinen Vertrauenskasse an, bis Diebe ganze Paletten einfach abtransportierten. Immer mehr Landwirte sehen sich zu Überwachung und größeren Sicherheitsmaßnahmen gezwungen. Dabei ist es herausfordernd, weitläufige Felder, Koppeln, Weiden zu schützen, auf dünn besiedeltem Land bleiben Täter häufig unentdeckt.
    Das Vertrauen in die Ermittlungsbehörden schwindet, erzählen einige Landwirte dem NDR. Sie zeigten manche Taten gar nicht erst an, weil ihnen die Hoffnung auf Aufklärung fehlt. Dabei zeigen erfolgreiche Verfahren, dass auch Diebstähle auf dem Land durchaus aufgeklärt werden. Täter müssen mit hohen Geldstrafen oder Haft rechnen. Die „NDR Story“ rückt die Geschichten der Betroffenen in den Mittelpunkt und zeigt, wie groß das Problem in Norddeutschland ist. So groß, dass darüber gesprochen werden muss. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 03.11.2025 NDR
  • Folge 489 (45 Min.)
    Die Preise für Ackerland gehen in Norddeutschland seit Jahren steil nach oben, denn die Nachfrage nach Boden ist riesig. Erzeuger erneuerbarer Energien benötigen Flächen, für Bauprojekte müssen Ausgleichsflächen her. Und: finanzstarke Investoren sehen Boden offenbar als sichere Kapitalanlage. Doch was bedeutet das für die Landwirte, die auf dem Boden wirtschaften? Wird der Acker für sie bald unbezahlbar? Die NDR Autoren Lennart Banholzer und Simon Hoyme haben zwischen Weser und Oder exklusive Einblicke in die Besitzverhältnisse der regionalen Landwirtschaft recherchiert.
    Sie treffen Bauern sowie Geldanleger, die sich offenbar von Immobilien auf Agrarland verlagern. Sie kaufen teils ganze Betriebe inklusive der dazugehörigen Flächen. Für Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ein Problem, wie sie im Interview mit der „NDR Story“ sagt: „Wir haben zunehmend Unternehmen, die als Kapitalanlage von außen Böden aufkaufen. Zu hohen Preisen. Was sich dann ein Landwirt nicht mehr leisten kann.“ Einen Einblick in diesen Handel mit dem Ackerland zu bekommen ist nicht einfach.
    Die NDR Reporter stoßen auf einen verschwiegenen Markt, in dem sich niemand gern in die Karten schauen lässt. Ein Grund: Viele landwirtschaftliche Betrieb sind mittelständische Unternehmen mit vielen Außenbeziehungen. Ein Verkauf hat Auswirkungen nicht nur für die Eigentümer, sondern auch für Mitarbeitende und Kunden oder Auftraggeber. „Die Verkäufer wollen in den seltensten Fällen, dass man weiß, dass sie ihren Hof verkaufen wollen“, sagt der Agrarmakler Simon Wolk aus Schleswig-Holstein, den die Reporter für die „NDR Story“ begleiten konnten.
    Er sagt, die meisten seiner Klienten seien Landwirte – außerlandwirtschaftliche Investoren seien die Minderheit. Einer von Wolks Kunden ist Hans Bien aus Hessen, dessen Immobilienunternehmen nach eigenen Angaben etwa 500 Wohnungen besitzt und vermietet. Er hat einen landwirtschaftlichen Betrieb in Hessen und jeweils einen in Sachsen-Anhalt und in Brandenburg gekauft. Als Kapitalanlage, wie er sagt. Die Höfe habe er zum Teil verpachtet – „langfristig“ und zu einem „günstigen“ Pachtzins, erklärt er den Reportern im Film.
    Insgesamt besitze er mehr als 1000 Hektar Land. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Betriebsgröße in Niedersachsen liegt laut statistischem Landesamt bei 76 Hektar. Es gehe ihm nicht darum, seine Betriebe oder sein Acker- und Grünland bald wieder gewinnbringend zu verkaufen, so Bien. Ziel sei es, sein Vermögen zu sichern und an seine Nachkommen weiterzugeben. Doch andere Landkäufer hätten ein anderes Ziel, sagt der Immobilienunternehmer: „Es gibt viele Leute, die glauben, dass man mit Grund und Boden Geld verdienen kann.
    Ich halte das nicht für gut, aber das ist der Markt.“ Für so manchen Landwirt wirkt die Entwicklung bedrohlich, wie Patrick Rückert aus Mecklenburg-Vorpommern in der „NDR Story“ erklärt, der heute als Geschäftsführer einen großen Betrieb im Osten von Sachsen leitet, der über 3000 Hektar Acker- und Grünland bewirtschaftet und mehr als 1000 Milchkühe hält. Die dafür notwendigen 90 Mitarbeitenden kommen alle aus der Umgebung, sagt Rückert. Sein Betrieb ist in der Gegend ein wichtiger Arbeitgeber.
    Er ist nach der Wiedervereinigung aus mehreren, in der DDR üblichen Landwirtschaftlichen Produktionsgesellschaften (LPG) hervorgegangen und gehört heute 51 Kommanditisten. Würde ein solcher Betrieb an einen Investor verkauft würden die Arbeitsplätze zusammengestrichen, so befürchtet Rückert. Die „NDR Story“ versucht, einen offenen, ausgewogenen Einblick in die Besitzverhältnisse von norddeutschem Ackerland zu gewinnen und zeigt die Praxis, wie es veräußert wird. Denn sowohl für Investoren als auch für Landwirte gilt – der Preiskampf wird immer härter, Land wird unglaublich teuer. Wo endet das? (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 10.11.2025 NDR
  • Folge 490 (45 Min.)
    Anfang April, Hamburger Süden. Am Rande des Harburger Phoenix-Viertels gehen etwa 40 Männer aufeinander los. Mit all dem, was sie in die Hände bekommen. Neben Holzlatten, Tischen oder abgebrochenen Besenstielen haben sie auch Messer und Schlagstöcke dabei. Am Ende ist es die Polizei, die die gefährliche Situation auflöst. Mit knapp 30 Streifenwagen im Einsatz und Maschinenpistolen. Ein aufsehenerregender Vorfall, aber wirklich für Verwunderung sorgt so etwas an diesem Ort nicht mehr. Immer wieder kommt es im Phoenix-Viertel oder angrenzenden Straßen zu Überfällen, Schießereien oder Massenschlägereien.
    Ständig hat hier die Polizei zu tun. Und so einladend, wie der Name des kleinen Quartiers klingt, ist der Ort nicht. Manch einer meidet ihn. Was sagen die Menschen, die hier wohnen? Andere allerdings haben das Phoenix-Viertel nie aufgegeben. Wie etwa Annette Heidemann. Seit über 40 Jahren arbeitet sie im Viertel als Fußpflegerin. Sie hat gesehen, wie sich der Ort über die Zeit verändert und sagt, so schlimm wie jetzt sei es hier noch nie gewesen.
    Früher habe man bei Auseinandersetzungen wenigstens keine Waffen benutzt. Für Moimen Salem ist das Phoenix-Viertel seit jeher sein Zuhause, der 19-Jährige ist hier aufgewachsen. Heute ist er zweifacher Meister im Boxen und studiert an der Uni. Er, sein Bruder Amir und ihr gemeinsamer Freund Terry Jackson sind im Viertel anerkannt. Für viele der Jüngeren sind sie Vorbilder. Viele, die hier wohnen, träumen von einer besseren Zukunft. Schon immer galt das Phoenix-Viertel als Ort des Ankommens.
    Doch wer Erfolg sucht, zieht weg. Und was bleibt? Wie sieht das die Freundesgruppe? Probleme im Viertel schon seit der Vergangenheit Mit dem Feuervogel, der aus der Asche kommt, hat der Name Phoenix des Viertels weniger zu tun. Vielmehr ist es nach den ehemaligen Phoenix Gummiwerken benannt. Ein altes Arbeiterviertel aus der Jahrhundertwende. In der anliegenden Fabrik wurden unter anderem Reifen hergestellt. Der Ort ist schon länger auffällig. In den 1970er-Jahren waren viele der Gebäude sanierungsbedürftig, schon damals wollte die Stadt das Viertel zumindest baulich aufwerten.
    Ihr größtes Problem allerdings, die Bewohner des Viertels erst einmal zu erreichen. Stadt geht gegen Probleme vor. Gelingt das? Auch heute ist sich die Stadt der Herausforderungen im Viertel bewusst. Besonders sichtbar ist dabei das Müllproblem. Mitunter täglich wird das sogenannte Hotline-Team der Stadtreinigung ins Phoenix-Viertel geschickt, um wilden Sperrmüll zu beseitigen. Zerschlissene Sofas, kaputte Schränke oder Bauschutt werden einfach am Straßenrand abgelegt.
    Offenbar ist das Phoenix-Viertel inzwischen auch Müllhalde für Auswärtige. Das alles belastet den Stadtteil am Rande Hamburgs. Und er hat mit Einwohner*innen zu tun, die es den Stadtplanern nicht gerade leichter macht. Der Bezirk hat eine eigene Erhebung durchgeführt und 60 Prozent der Menschen vor Ort in die selbst klassifizierte Statusklasse „sehr niedrig“ eingeordnet. Fast 90 Prozent der Minderjährigen haben laut Erhebung Migrationshintergrund. Mehr als 30 Prozent der unter 15-Jährigen bekommen offenbar soziale Mindestsicherung.
    Um die Menschen zu erreichen, hat die Stadt in diesem Jahr einen sogenannten Hilfekompass eingeführt, eine Karte mit sozialen Angeboten rund um das Viertel. Und sie finanziert ein sogenanntes Stadtteilgremium, das für mehr Gemeinschaft sorgen soll, sowie ein soziales Stadtteilbüro. Zusammen organisieren sie Aktionstage, die unter anderem auch dem Sperrmüllproblem Herr werden sollen. Alle im Phoenix Viertel sagen, es muss sich etwas verbessern. Doch wie geht man die Probleme hier am besten an? (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 17.11.2025 NDR

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