2024, Folge 451–465

  • Folge 451 (45 Min.)
    Sie sind klein, platt, wendig, lieben Menschenblut und tummeln sich sogar in Büchereien und Kinos. Sie wieder loszuwerden ist aufwändig und teuer, denn sie sind wahre Versteckkünstler und erstaunlich robust. Und so ist ihre Bekämpfung die „Königsklasse der Schädlingsbekämpfung“, weiß Kammerjäger Christoph Otto. Er heizt befallene Räume auf über 50 Grad auf, um den Wanzen so den Garaus zu machen. Den Insektenforscher Richard Naylor aus Chepstow in Großbritannien faszinieren die Lästlinge schon seit seiner Universitäts-Zeit. Inzwischen züchtet er die Tiere für die Ausbildung von Spürhunden, für die Schädlingsindustrie und die Wissenschaft.
    Richard Naylors Bettwanzen werden mit Eigenblut gefüttert und sind daher besonders begehrt. In seinem Schlaflabor führt er regelmäßig nächtliche Selbst-Versuche durch. Er weiß: für Beherbergungsbetriebe sind Bettwanzenfunde im Gästezimmer eine Katastrophe. Darüber sprechen möchte kaum jemand, zu groß ist die Sorge vor Umsatzeinbrüchen. Doch vereinzelt gehen Hoteliers nun in die Offensive: Max Malka betreibt ein Hotel südlich von Paris und wirbt bei seinen Gästen mit einem modernen Wanzen-Früherkennungssystem. Auch der Deutsche Alpenverein geht offen mit dem Thema um und plädiert für mehr Zusammenarbeit mit der Hotellerie.
    Er setzt seit Jahren verstärkt auf Aufklärung und Vorsorge. Regelmäßig werden vor allem Berghütten mit vielen Schlafplätzen von Wanzenspürhunden abgesucht. Denn eine Meldepflicht gibt es nicht. Resistenzen nehmen zu und aggressive Wirkstoffe wie DDT, die man noch im letzten Jahrhundert eingesetzt hat, sind verboten. Arlette Vander Pan testet die Wirksamkeit von Produkten aus der Schädlingsbekämpfungsindustrie für deren Zulassung. Sie sieht eine heraufziehende Lücke bei den Wirkstoffen gegen die Bettwanze und findet: „Die Hersteller müssten wieder neue Dinge entwickeln, damit die Resistenzen durchbrochen werden.“ (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 03.06.2024 NDR
  • Folge 452 (45 Min.)
    Gruppenübung im Seminar von Kerstin Scherer im Haus Sonnenstrahl
    Was suchen die Menschen bei Coaches und was finden sie bei ihnen? Auf der Suche nach Antworten gibt die Reportage ungewöhnlich intensive Einblicke in das Herz der Coaching-Welt. Der Film spielt hinter den Kulissen im Haus Sonnenstrahl im Allgäu, ein Seminarzentrum, das als einer der wichtigsten Treffpunkte der Szene in Deutschland gilt. Erstmals lässt sich hier Coaching-Star Kerstin Scherer während eines mehrtägigen Seminars von der Kamera begleiten. Eine „NDR Story“ über Sinnsuche in Zeiten ohne klare Antworten und über Menschen, die auf der Suche nach ihrem Plan vom Glück sind. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 15.07.2024 NDR
  • Folge 453 (45 Min.)
    Andrang in der Abteilung für Fachkräfte und Studierende.
    Ein informativer Film mit ungewöhnlicher Perspektive über die wohl umstrittenste Behörde Deutschlands: die Ausländerbehörde. Lange Wartezeiten, überfordertes Personal, E-Mails, die ins Leere laufen, oder Fehlentscheidungen sorgen immer wieder für Schlagzeilen. Kritik kommt von Flüchtlingsräten, Wohlfahrtsverbänden, Landkreisen und Unternehmen. Dabei sind Ausländerbehörden die Tür nach Deutschland. In den Ämtern wird geprüft, wer hierbleiben darf und wer nicht. Sie sollen dafür sorgen, dass die so dringend benötigten Fachkräfte zuwandern und gleichzeitig sicherstellen, dass Menschen ausreisen, die hier nicht erwünscht sind.
    Die Beschäftigten der Behörden sind die Gatekeeper der Nation. Sie stehen im Mittelpunkt dieser „NDR Story“. Für die Dreharbeiten wurden rund 90 Behörden in ganz Norddeutschland angefragt. Nur wenige waren dafür offen, darunter die Ausländerbehörde Hannover Stadt. Der Film begleitet Mitarbeitende im Willkommenscenter, in der Abteilung für Einbürgerung und im Bereich Rückführung der Behörde.
    Sie alle stehen unter hohem Arbeitsdruck. Der Film zeigt, wie sie damit umgehen, nie einen leeren Schreibtisch zu haben. Er zeigt den Alltag der Menschen, die die Einwanderung nach Deutschland verwalten. Allein in Hannover leben rund 123.000 Menschen aus Drittstaaten. Für sie sind die Angestellten der Behörde die ersten und oft auch die wichtigsten Ansprechpartner. Der Andrang im Willkommenscenter, das an jedem Werktag vier Stunden lang geöffnet hat, ist groß.
    Es kommen Kunden mit der Bitte um Verlängerung ihres Aufenthaltstitels, mit Fragen zum Familiennachzug, weil sie eine Arbeitserlaubnis brauchen, die Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation oder weil sie ihre Papiere verloren haben. Am Empfangstresen der Behörde fertigt Frau Sievers im Fünfminutentakt die Menschen ab, leitet Anträge weiter, fotokopiert Dokumente oder verweist an die Abteilung für Fachkräfte und Studierende. Manches lässt sich sofort erledigen. Doch viele Anliegen müssen erst überprüft und in einem längeren Beratungstermin geklärt werden.
    Die Wartezeit bis dahin: acht Monate. „Die Terminspuren sind voll. Wir haben das Problem, ohne Mitarbeiter, keine Termine“, erklärt Frau Sievers. Enttäuschung, Frust und Unverständnis auf Seiten der Kundinnen und Kunden müssen Frau Sievers und ihre Kolleginnen und Kollegen aushalten. Von den 300 Stellen der Ausländerbehörde ist jede fünfte nicht besetzt. Fachkräftemangel herrscht auch hier. Dabei müssen die Beschäftigten umsetzen, was die Politik beschließt.
    Und mit jedem neuen Gesetz müssen Mitarbeitende geschult und Abläufe verändert werden, während der Kundenandrang durch die Neuregelungen steigt. Zum Beispiel beim Thema Fachkräfteeinwanderung. Viermal wurde das Fachkräfteeinwanderungsgesetz seit 2020 geändert, um die Zuwanderung dringend benötigter Berufsgruppen zu erleichtern. Auch das Staatsangehörigkeitsgesetz wurde reformiert und wird, so die Prognosen, die Antragszahlen in den Abteilungen für Einbürgerung drastisch erhöhen.
    Um den erwarteten Ansturm zu bewältigen, hat die Ausländerbehörde in Hannover die Abteilung für Einbürgerung aufgestockt und beschäftigt auch Quereinsteiger: Politologinnen etwa oder Juristen. Aber es wird noch Personal gesucht. Die Prüfaufträge sind umfangreich, und die Wartezeit von der Antragsstellung bis zur Einbürgerung beträgt Monate und manchmal auch noch länger. Bundesweit liegt sie je nach Ausstattung der Behörden bei bis zu fünf Jahren. Auch im Bereich Rückführungen sind die Erwartungen hoch.
    Politiker fast aller Parteien bis hin zum Bundeskanzler fordern mehr und schnellere Abschiebungen. Erleichtern soll sie das neue Rückführungsverbesserungsgesetz, das unter anderem eine längere Abschiebehaft und mehr Durchsuchungsmöglichkeiten der Behörden erlaubt. Herr Fredrich, zuständig für Rückführungen in Hannover, glaubt allerdings nicht, dass die Neuregelung zu großen Veränderungen führen wird. Der Hauptgrund: Viele Betroffene sind ohne Identitätspapiere eingereist. Und ohne diese Dokumente nimmt kein Land die Menschen auf. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 26.08.2024 NDRDeutsche Streaming-Premiere Fr. 23.08.2024 ARD Mediathek
  • Folge 454 (45 Min.)
    Nordfrieslands Kreisbaudirektor Burkhard Jansen ist auch zuständig für Sylt. Hier fahndet er mit seiner Behörde nach Ferienunterkünften, die illegal vermietet werden.
    Burkhard Jansen läuft durch ein Sylter Wohngebiet und sieht genau hin. Sobald er Hinweise auf Ferienvermietung entdeckt, wo eigentlich Einheimische wohnen sollten, geht Post an die Eigentümer raus. Eine „Nutzungsuntersagung“: die Wohnung darf nicht mehr als Ferienwohnung angeboten werden. Jansen ist Baudirektor des Kreises Nordfriesland und spürt illegale Ferienwohnungen auf. Mehrere Tausend will er aus dem Verkehr ziehen, auch in der Hoffnung, dass daraus regulärer Wohnraum entsteht. Denn Wohnungen für Sylter sind viel zu knapp und zu teuer, viele ehemalige Insulaner leben inzwischen schon auf dem Festland.
    Zurück bleiben Geisterdörfer und Rolladensiedlungen, in der Hand von Ferienhausvermietern. Das Leben auf der Insel ist aus dem Gleichgewicht geraten: Unternehmen finden keine Arbeitskräfte mehr, weil sie keine Wohnung auf der Insel finden. Die Asklepios Nordseeklinik Westerland hat extra eine Wohnungsbeauftragte, die Angestellten Unterkunft beschafft. Die Feuerwehr in Rantum ist unterbesetzt, weil kein Nachwuchs mehr da ist. Und dörfliche Gemeinschaft, Vereinsleben findet ohnehin kaum noch statt. Burkhard Jansen durchkämmt nun die ganze Insel, mittlerweile hat er knapp 60 Sylter Ferienunterkünfte stillgelegt.
    Am Ende werden es 3500 sein, schätzt er. Doch der Widerstand ist groß: Viele haben Angst um den Wohlstand der Sehnsuchtsinsel, andere bangen um ihre eigene Existenz als Ferienvermieter, die ihnen jahrzehntelang Einkommen gesichert hat. Als in den 1960er-Jahren die ersten Touristen das Flair der Insel entdeckten, zogen Insulaner im Sommer in die Garage und vermieteten ihren Wohnraum an die neuen Gäste. Später wurden immer mehr Zimmer, Dachböden, Anbauten umgewidmet oder ganze Wohnhäuser einfach als Ferienwohnungen genutzt.
    Wildwest nennt Maren Jessen das heute. Sie ist mit dem Tourismus groß geworden, vermietet seit fast 50 Jahren. „Die meisten wussten, dass es nicht legal war, aber alle haben mitgemacht. Unter den Augen von Gemeinde und Kreis, die das gewusst haben.“ Gelingt es Kreisbaudirektor Jansen, die Insel wieder ins Gleichgewicht zu bringen und Wohnraum für alle zu schaffen? Oder ist der Widerstand von Gemeinden und Ferienvermietern am Ende zu groß? Und was bedeutet das Ganze für Sylt-Touristen in Zukunft? (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 02.09.2024 NDRDeutsche Streaming-Premiere Fr. 30.08.2024 ARD Mediathek
  • Folge 455 (45 Min.)
    Michael Höft auf dem Weg zum Klassentreffen.
    Ein persönlicher Blick auf das Wendland. NDR Autor Michael Höft reist zurück in seine Heimatstadt Lüchow. Wie gehen die Menschen damit um, dass die Einwohnerzahl immer weiter schrumpft? Dass Geschäfte schließen und selbst das Schützenfest immer kleiner wird? Können Geflüchtete die Lücke bei den Dorfbewohnern schließen, die durch Abwanderung und den demografischen Wandel entstanden ist? Michael Höft erinnert sich: „In Lüchow im Wendland, meiner Heimatstadt, gab es zu meiner Kindheit eigentlich alles: Hallen- und Freibad, einen Bahnhof, ein Kaufhaus und vor allem: Menschen, die dort lebten.“ Bis in die 1970er-/​1980er-Jahre wurde in Lüchow viel gebaut und viel angeboten.
    Es gab reichlich Zuschüsse fürs Wendland, schließlich lag es im Zonenrandgebiet und durch das Zwischenlager für Atommüll in Gorleben floss noch einmal Geld in das Stadtsäckel. Doch das alles ist lange vorbei. Mit einem Durchschnittsalter von 48,3 Jahren gehört das Wendland zu einem der Landstriche Westdeutschlands, in der die meiste Überalterung festzustellen ist. Die Jungen gehen fort, denn in Lüchow gibt es kaum Arbeit und nur wenige Angebote, die das Leben angenehm machen.
    So ist das alte Freibad seit Jahren geschlossen, da kein Geld für die Renovierung vorhanden war. Auch die meisten Geschäfte haben längst aufgegeben. Früher gab es ein Kaufhaus, mehrere Bäcker und Schlachter, geblieben ist fast nichts. Welche Rollen spielen Geflüchtete in der ländlichen geprägten Region? Torsten Petersen, der Bürgermeister von Lüchow, ist überzeugt: Der positive Umgang mit Geflüchteten ist nicht nur „Menschenpflicht“, sondern hilft auch, neue Bewohner und dadurch neue Impulse in die Stadt zu bekommen.
    Für ihn sind sie ein Hoffnungsschimmer. Schließlich hat das Wendland schon einmal von Geflüchteten profitiert. Das war nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Menschen aus den ehemaligen Ostgebieten kamen. Michael Höft trifft Menschen, die sich dem Niedergang entgegenstellen, die alte Traditionen aufrechterhalten und neue Bewohnerinnen und Bewohner willkommen heißen. Er trifft aber auch auf Unzufriedene, auf Menschen, die in einer der wenigen noch offenen Kneipen ihren Frust äußern. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 09.09.2024 NDR
  • Folge 456 (45 Min.)
    In Deutschland sind Wetten auf den Amateurfußball laut Glücksspielstaatsvertrag unzulässig, dennoch kassiert die Wettindustrie offenbar auch hier ab. Denn nach Recherchen des BR landen auch deutsche Amateurspiele in großer Anzahl auf dem internationalen Wettmarkt. Vereine und Spieler wissen davon oft nichts, sie gehen bei dem globalen Geschäft ohnehin leer aus. Und nicht nur das: Auf dem Spiel steht auch die Integrität des Lieblingssports der Deutschen, denn auch dem Amateurfußball droht so eine Manipulation von Ergebnissen.
    Die Dokumentation von BR und NDR taucht tief in die Welt des deutschen Amateurfußballs ein, etwa in der Bayernliga und in der Bremen-Liga. Ein Team aus Investigativjournalisten und Datenexperten deckt auf: Hunderte Spiele aus Amateurligen in Deutschland werden auf internationalen Wettportalen angeboten, auch auf deutsch. Ein Milliardengeschäft. „Sportwetten sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen mit den entsprechenden Folgen: Glücksspielsucht, Matchfixing, Geldwäsche, Kriminalität“, sagt der Suchtforscher Tobias Hayer von der Universität Bremen im Film.
    Spieler und Vereine sind meist ahnungslos. Zum Beispiel der Kirchheimer SC, ein Verein aus der Bayernliga. Dort erfährt man erst durch die BR-Journalisten, dass Buchmacher mit ihren Spielen Geld verdienen, und ist empört. Die Spieler sind Amateure, ihnen bringt der Fußball nur ein Taschengeld. „Da sollte die Leidenschaft zählen, der Kampf auf dem Platz und einfach der Spaß am Sport. Ich finde, gegen die Wettindustrie sollte vorgegangen werden“, sagt ein junger Amateurspieler.
    Doch so einfach ist das nicht. Zunächst müssen die Rechercheure das Schlupfloch im System finden. Denn die Wettportale arbeiten auch hier mit Livedaten der Spiele, selbst wenn niemand die Amateurliga-Spiele überträgt. Wie also kommen die Informationen über Freistöße, gelbe Karten und Tore in Echtzeit auf die Seiten der Buchmacher? Der Verdacht: Es muss jemanden geben, der die Daten vor Ort erhebt und weiterleitet, die sogenannten Datenscouts.
    Der Kirchheimer SC will das nicht hinnehmen. Mit den Datenjournalisten im Hintergrund machen sich die Vereinsverantwortlichen auf die Suche, um den Scout zu stellen. Und damit erledigen sie einen Job, den eigentlich andere machen müssten. Brisant: Es geht nicht nur um unbekannte Wettanbieter. Es geht auch um die ganz großen Player im Geschäft, um Sponsoren der Fußball-Europameisterschaft 2024, von Bundesligaclubs und sogar des DFB. Wie kann das sein? Die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder, kurz GGL, ist zuständig für die Überwachung des Wettmarkts und zeigt sich überrascht von den Recherchen des BR.
    Sie verspricht, dem nachzugehen, sieht aber am Ende keinen Handlungsbedarf. Weil sich die Wettangebote auf internationalen Wettportalen befänden, könne man nicht dagegen vorgehen. Ahnungslos auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB): Ronny Zimmermann, als 1. Vizepräsident Amateure/​Regional- und Landesverbände zuständig für den Amateurfußball im DFB, sagt im Interview: „Also ich tummele mich jedes Wochenende auf Amateurfußballplätzen und ich habe das Thema noch nie erzählt bekommen.“ Dass unter den Buchmachern, die deutsche Amateurspiele im Ausland anbieten, auch ein DFB-Sponsor ist, stört ihn nicht: „Wenn ein Partner auf einem anderen Markt die Regelungen so anwendet, wie sie dort sind, finde ich das legitim.“ Der DFB werde sich aber jetzt mit dem Thema auseinandersetzen.
    In Kirchheim wollen sie nicht darauf warten. „Datensammeln für Wettanbieter verboten“ steht auf dem Schild, das der Verein inzwischen am Platz angebracht hat. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 16.09.2024 NDR
  • Folge 457 (45 Min.)
    Sie jagen Elefanten, Antilopen, Löwen. Auf den ersten Blick scheint bei der Trophäenjagd alles klar: Reiche, weiße Männer töten teilweise vom Aussterben bedrohte Tiere, um sie sich als Trophäe an die Wand zu hängen. Doch ist es wirklich so einfach? Zunächst einmal ist die Trophäenjagd ein großes Geschäft. Deutschland ist weltweit das zweitwichtigste Land für die Trophäenjagd, aus keinem anderen Land Europas machen sich Jahr für Jahr so viele Jägerinnen und Jäger auf den Weg, um im Ausland Tiere zu schießen.
    Warum ist das erlaubt und wem nutzt das? Ist es nur ein blutiges Hobby oder sogar ein Beitrag zum Artenschutz? Die beiden preisgekrönten Filmemacher Manuel Daubenberger und Felix Meschede haben zwei Jahre lang recherchiert und in sechs Ländern gedreht, um diese Fragen zu beantworten. Es ist ihnen dabei gelungen, so tief in die medienskeptische Trophäenjagdszene vorzudringen wie keinem deutschen Filmteam vor ihnen. Sie begleiten deutsche Trophäenjagd-Lobbyisten bei der Jagd und beim Kampf gegen ein Importverbot von Trophäen.
    Inneneinsichten einer gut vernetzen Gemeinschaft, die einen ganz anderen Blick auf ihr Hobby hat und viele Argumente. Sind sie überzeugend? Viele Jägerinnen und Jäger betonen, dass die Erträge der Jagd auch der einheimischen Bevölkerung zugutekommen und nur so der Artenschutz unterstützt werden könne. Stimmt das? Und was kommt überhaupt an? Auch die Jagdgegnerinnen und -gegner begleiten die Filmemacher bis in die Hinterzimmer der Macht. So ist die Kamera bei Gesprächen einer Lobbyistin im EU-Parlament dabei, bei Strategiebesprechungen im Kampf um ein Importverbot von Jagdtrophäen und hinter den Kulissen der weltgrößten Artenschutzkonferenz in Panama.
    Wer setzt sich politisch durch? Jäger oder Jagdgegner? Eine spannende Recherchereise, aber auch ein filmisches Erlebnis dank spektakulärer Tier- und Naturaufnahmen. Entstanden ist eine bildstarke Dokumentation, die das emotionale und umstrittene Thema multiperspektivisch und mit neuen Rechercheergebnissen beleuchtet. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 23.09.2024 NDR
  • Folge 458 (45 Min.)
    Kontrolle im Milieu. Vernehmung eines Lokalbetreibers.
    In Deutschland nimmt nach Erkenntnissen von Strafverfolgern das Geschäft mit illegal betriebenen Spielautomaten zu. In dieser „NDR Story“-Dokumentation bestätigen dies Ermittler in Hamburg, Köln und Frankfurt. In der Mainmetropole schildert Leyla Özen, Staatsanwältin für Wirtschaftsstrafsachen, dass sie in einer einzigen Spielstätte schon über 130.000 Euro beschlagnahmt habe. Ein Ermittler der Stadtpolizei schätzt die mutmaßlichen Einnahmen pro Einzelgerät auf monatlich bis zu 70.000 Euro.
    Özen führt derzeit mehrere Großverfahren mit Blick auf organisierte Kriminalität. Bundesweit beziffern Fahnder in der Dokumentation die Erträge aus illegal aufgestellten Automaten auf drei bis sechs Milliarden Euro jährlich, an der Steuer vorbei, erzielt aus annähernd 50.000 Geräten. Das wäre jeder dritte Spielautomat. Für den Film hat NDR Autor Simon Hoyme über Monate hinweg Strafverfolger bei Ermittlungen und Razzien im Glücksspielmilieu begleitet. Zudem sprach er mit Beschuldigten und Zeugen.
    Demnach beherrschen kriminelle Organisationen, teilweise mit Verbindungen zur Mafia, oft die Glücksspielszene ganzer Stadtviertel. Sobald dort eine neue Lokalität eröffne, würden Wirte gezielt angesprochen, um etwa in Nebenräumen mobile Spielgeräte zu betreiben und sich die illegalen Gewinne mit den Hinterleuten zu teilen. Bei ihren Überprüfungen stoßen die Ermittler auch auf Geräte, an denen angeblich nur ohne Gewinnmöglichkeit gespielt werde. Tatsächlich aber zahlten die Wirte gewonnene Bargeldsummen später aus.
    Die Betreiber unterlaufen so Gesetzesauflagen, die dem Schutz Spielsüchtiger dienen, etwa durch die Begrenzung der Anzahl von Spielzeiten, Einsätzen oder Geräten pro Lokal. Viele illegale Spielstätten fielen zuletzt örtlichen Gewerbeaufsichtsämtern auf, als sie während der Corona-Pandemie die Auflagen für die Gastronomie kontrollierten. Die NDR Doku zeigt, wie Malte Wehmeyer, Leiter des Fachamtes Verbraucherschutz, Gewerbe und Umwelt im Bezirksamt Hamburg-Harburg, sich mit Polizeikräften weiterhin auf Kontrollgänge begibt.
    Dabei sei ihnen auch eine steigende Anzahl kompakterer Tischgeräte aufgefallen, die anders als die oft Hunderte Kilogramm schweren Standgeräte bei Bedarf rascher versteckt werden könnten. Wehmeyers Ziel nach eigener Aussage: möglichst viele dieser Automaten unschädlich machen, damit nicht noch mehr Spielsüchtige ihr Hab und Gut verspielten. Ein Kunde, der sich selbst als spielsüchtig beschreibt und sich im Film anonym äußert, stützt die Vorwürfe.
    Ihm zufolge sind in illegalen Spielstätten oft Geldverleiher unterwegs, um die Kundschaft, die unter dem Druck der Sucht steht, zu Krediten zu drängen. Die sind binnen einer Woche zurückzuzahlen mit Zinsen bis zu 50 Prozent. Bei Nichtzahlung werde Gewalt angedroht. Auch rutschten Süchtige selbst in Beschaffungskriminalität ab, um ihre Schulden zu begleichen. Die Gründe für das Anwachsen des illegalen Marktes sind laut NDR strittig. Der Vorstandssprecher der der Deutschen Automatenwirtschaft, Georg Stecker, macht in der NDR Dokumentation vor allem die Regulierungen durch Bundes- und Landesregierungen verantwortlich, in deren Folge Teile der Spielszene in die illegalen Hinterzimmer abwanderten und die Umsätze der legalen Spielstätten schrumpften.
    Demgegenüber macht sich Burkhard Blienert, Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, weiter für eine strenge Regulierung von Spielstätten stark, um Spielsucht einzudämmen. Zudem fordert er mehr Strafverfolgung und eine bessere Schulung von Ordnungsbehörden, Polizei und Justiz. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 07.10.2024 NDRDeutsche Streaming-Premiere Fr. 04.10.2024 ARD Mediathek
  • Folge 459 (45 Min.)
    Ein Herzstillstand kann jede und jeden treffen – es zählt jede Minute. Die Überlebenschancen variieren offenbar enorm in den unterschiedlichen deutschen Rettungsdienstbereichen. Wie kann das sein? Zeigen sich hier massive strukturelle Mängel bei der Versorgung im Notfall? Erstmals hat der SWR auf Datenbasis die Qualität der Notfallrettung analysiert. Eine Spurensuche mit brisanten Ergebnissen. Über Monate hinweg hat der Arzt und SWR-Reporter Patrick Hünerfeld Rettungsdienste begleitet – die dramatischen Momente, in denen die Sanitäter:innen vor Ort um das Leben der Patient:innen kämpfen. Wie gut arbeitet die Rettungskette im Hintergrund? Deren Qualität wurde in einer aufwendigen Daten-Recherche des SWR Data Lab untersucht.
    In knapp 300 deutschen Rettungsdienstbereichen wurden Arbeitsabläufe, Ausstattung und Patientenversorgung abgefragt und datenjournalistisch ausgewertet. Das Ergebnis ist ein einzigartiger Datenschatz zur Notfallrettung, der auch die Schwachpunkte im System abbildet und bis auf Landkreis-Ebene Aussagen darüber zulässt, wo die Chancen besser oder schlechter sind, einen Herzstillstand zu überleben. Die Ergebnisse der Daten-Recherche sind auf einer interaktiven Website erlebbar. Die Nutzer:innen erfahren, wie die Notfallrettung vor ihrer Haustür funktioniert – und wie hoch demzufolge die Überlebenschancen bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand sind. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 14.10.2024 NDR
  • Folge 460 (45 Min.)
    Bürger und Pflegepersonal demonstrieren für den Erhalt des Krankenhauses in Varel.
    Das Krankenhaus in Varel im Landkreis Friesland schreibt schon lange rote Zahlen. Jetzt werden im Zuge der Krankenhausreform die meisten Stationen geschlossen, das Haus wird in ein ambulantes Operationszentrum umgewandelt. Das treibt Bürger, Pflegenkräfte, Ärzteschaft auf die Straße. Mit Mahnwachen warnen sie vor einer schlechten Versorgung in der ländlichen Region. Bürgermeister Gerd-Christian Wagner ist an erster Stelle dabei: „Es werden Entscheidungen zum Schaden unserer Bürger getroffen“, sagt er.
    Das deutsche Krankenhaussystem steckt in einer tiefen Krise: Insolvenzen, Personalmangel, zu hohe Kosten. Deutschland gehört bei den Gesundheitsausgaben weltweit zur Spitze, ebenso bei der Anzahl von Krankenhäusern je 100.000 Einwohner. Gleichzeitig liegt die Lebenserwartung der Deutschen aber nur im unteren Drittel. Die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) soll das ändern. Er will die Zahl der Krankenhäuser in Deutschland deutlich reduzieren, aber die Behandlungsqualität in den großen Kliniken ausbauen und Bürokratie reduzieren.
    Doch seine Pläne stoßen vor allem in ländlichen Regionen auf erheblichen Widerstand. In Varel geht Chirurg Tim Brinkmann über die leeren Flure des St. Johannes-Hospitals. Orthopädie, Geriatrie und Innere Abteilung sind schon geschlossen, die Notaufnahme hat nur noch bis 16:30 Uhr geöffnet. Brinkmann macht der Anblick traurig, andererseits hat er den Auftrag bekommen, das neue ambulante Operationszentrum zu leiten.
    Pflegerin Sabine Laske dagegen hat das „sinkende Schiff“ verlassen und arbeitet jetzt in der Onkologie des 30 Kilometer entfernten Uniklinikums Oldenburg. „Jeder Patient sollte eine möglichst gute Behandlung bekommen“, meint Chefarzt Maximilian Bockhorn, „so können viele Menschenleben gerettet werden.“ Mit der Krankenhausreform soll in Zukunft über Leistungsgruppen genau festgelegt sein, wer welche Behandlung durchführen darf. Im Klinikum Oldenburg zum Beispiel ist präzise Tumorbehandlung durch robotergesteuerte Operationen gesichert.
    Doch erreichen die Menschen künftig auch rechtzeitig das richtige Krankenhaus? Die Mitarbeitenden der Rettungswache Varel brauchen schon jetzt manchmal 40 Minuten, um Patienten in eine spezialisierte Klinik mit freien Betten zu bringen. NDR Autorin Antje Büll begleitet acht Monate lang die Auswirkungen der Krankenhausreform in der Kleinstadt Varel und am Uniklinikum Oldenburg, spricht mit den Bürgern vor Ort, mit Politikern und Medizinern über ihre Ängste und Hoffnungen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 21.10.2024 NDR
  • Folge 461 (45 Min.)
    Alessa B. aus Großefehn in Niedersachsen will eine kleine Korrektur in ihrem Gesicht vornehmen lassen, ihre Oberlippe soll voller werden. Deshalb fährt sie zu einer Beauty-Ärztin nach Aurich und will sich Hyaluron in die Lippe spritzen lassen. Das ist ein Wirkstoff, der in den letzten Jahren immer häufiger in der Branche der ästhetischen Medizin eingesetzt wird und längst einen regelrechten Hype erfährt. In Aurich begrüßt Dr. Senah Kabbany die 28-jährige Alessa. Früher war Kabbany Ärztin in einer Kinderklinik, jetzt hat sie in der Innenstadt eine Praxis für ästhetische Behandlungen eröffnet.
    Die Unterspritzung der Lippe ist keine Operation, sondern ein minimalinvasives Verfahren. Es dauert keine halbe Stunde, und schon ist Alessas Behandlung vorbei. Der Effekt wird für ein paar Monate anhalten. Was früher ein Großstadtphänomen war, ist längst auch in ländlichen Regionen angekommen. Social Media hat den Eingriff normalisiert. Dabei dürfen Behandlungen in Deutschland ausschließlich von approbierten Ärzt*innen oder Heilpraktiker*innen durchgeführt werden. Sie kennen die Risiken des Eingriffs. Doch immer wieder gibt es Angebote, die fragwürdig sind und folgenschwere gesundheitliche Folgen haben können.
    Karlas Eingriff ist schon ein paar Jahre her, aber er hat ihr Leben dramatisch verändert. Sie wollte sich Falten auf der Wange mit der gelartigen Säure aufpolstern lassen, aber der Wirkstoff löste schmerzhafte Entzündungen unter ihrer Haut aus. Zahlreiche ärztliche Eingriffe verhinderten schlimmere Folgen. Doch die 59-Jährige fühlt sich entstellt. Und es gibt noch schlimmere Fälle von unsachgemäßen Anwendungen, von abgestorbenem Lippengewebe bis hin zu Erblindungen bei Eingriffen rund um Nase und Auge.
    Auch wenn es selten vorkommt, bergen falsche Behandlungen Risiken. Immer wieder ermittelt die Polizei gegen Kosmetikstudios oder Privatanbieter, die den Eingriff trotz fehlender Ausbildung unter der Hand anbieten. Das Geschäft mit der Schönheitsspritze ist lukrativ, und viele mischen mit: von der börsennotierten Beauty-Kette, die Behandlungen im Akkord durchführt, bis hin zum deutschen Pharmakonzern, der das Hyaluron für die Spritzen weltweit vermarktet. Eine „NDR Story“ über einen Wirkstoff zwischen Fehlanwendung und Normalität, dessen Siegeszug die Gesichter von immer mehr Menschen verändert. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 11.11.2024 NDRDeutsche Streaming-Premiere Fr. 08.11.2024 ARD Mediathek
  • Folge 462 (45 Min.)
    Seit Jahrzehnten werden die Menschen in Deutschland immer dicker. Laut Robert Koch-Institut ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung übergewichtig, fast jeder fünfte Erwachsene gilt bereits als adipös. Unbestritten eine enorme Belastung für den Körper. Was ist geschehen seit den 1970er-Jahren, als noch 90 Prozent der Deutschen normalgewichtig waren? Und warum gehen Gesundheits- und Verbraucherpolitik nicht entschiedener gegen diese dramatische Entwicklung vor? Das NDR Fernsehen hat im Norden recherchiert: Das Universitäre Adipositas-Centrum Hamburg am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist eines der führenden in Deutschland.
    Beate Albrecht lässt sich hier behandeln. Sie arbeitet selbst am UKE in leitender Position und träumt davon, mit weniger Pfunden endlich wieder Fahrrad fahren zu können. Auch Andreas Block, Küchenchef eines Hamburger Nobelhotels, muss 80 Kilo abnehmen, er konnte kaum noch Treppen steigen. In der Dokumentation sprechen beide über mögliche Ursachen, ihre Erfahrungen und individuellen Wege aus dem Übergewicht. Wie beeinflusst die Wirtschaft das Essverhalten? Ein Brancheninsider, zuletzt Marketingmanager bei einem bekannten Süßwarenkonzern, weist im Film nach, wie Kinder von klein an durch ausgeklügelte Werbestrategien auf Junkfood programmiert werden.
    Jüngste Werbekampagnen wie die eines beliebten Weingummi-Herstellers, in der Erwachsene mit Kinderstimmen sprechen, seien aus neurowissenschaftlicher Sicht besonders raffiniert, sagt ein promovierter Hirnforscher. Kinder wollen groß sein und dazugehören, so werden sie bereits früh und oft ein Leben lang an die schädlichen Produkte gebunden. Der Marketingexperte startet ein Experiment: Könnte er mit den Werbemethoden der Süßwarenindustrie gesunde Äpfel genauso verlockend für Kinder machen? Die Politik bleibt passiv: Übergewicht ist auch in Deutschland zur Volkskrankheit geworden, Ärztinnen und Ärzte sind alarmiert.
    Doch während beispielsweise in Großbritannien eine Steuer auf Zucker in Softdrinks bereits für weniger stark gesüßte Getränke gesorgt hat, gilt in Deutschland eine Selbstverpflichtung der Industrie, die kaum Wirkung zeigt. Zahlreiche politische Initiativen zur Regulierung verpuffen, gebremst durch mächtige Lobbygruppen und wissenschaftliche Gutachter mit engen Verbindungen zur Wirtschaft.
    Nun soll die Fett-weg-Spritze helfen: Der jüngste Hype heißt Wegovy. Einmal wöchentlich gespritzt, wirkt die Fettwegspritze als potenter Appetitzügler. Nicht nebenwirkungsfrei, und auch die Kilos kehren zurück, wenn das Medikament abgesetzt wird. Kann es trotzdem der Startschuss für eine Lebensumstellung sein? Die „NDR Story“ folgt den beiden UKE-Patient*innen bei ihrem Abnehmprozess und steigt tief in eine deutsche Problemzone ein: Liegt es wirklich an jedem Einzelnen, die Verantwortung für das Gewicht selbst zu tragen? (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 18.11.2024 NDRDeutsche Streaming-Premiere Fr. 15.11.2024 ARD Mediathek
  • Folge 463 (45 Min.)
    Drogen sind im Mainstream angekommen. Umfragen belegen: Mehr als 20 Prozent der Deutschen hat bereits illegale Substanzen konsumiert. Gleichzeitig ist die Zahl der Drogentoten so hoch wie nie. Mehr als 2200 Menschen starben 2023 infolge des Konsums von Rauschmitteln, das sind zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. Allein in Norddeutschland wurden 326 Drogentote gemeldet. Reporter Tobi Schlegl, selbst Notfallsanitäter, spricht mit Betroffenen, Ärzten, begleitet den Hamburger Zoll bei Kontrollen und fragt: warum wird immer mehr konsumiert? Wo liegen die Gefahren? Und was tut der Staat gegen den illegalen Drogenmarkt?
    Hamburgs Drogenszene
    Der Hamburger Hauptbahnhof ist für viele Norddeutsche Sinnbild der Drogenproblematik. Wer hier aussteigt, sieht Menschen, die im Elend der Sucht gefangen sind. Tobi Schlegl begleitet eine Polizeistreife im Stadtteil St. Georg und trifft Rettungskräfte, die bei Drogennotfällen um Leben und Tod kämpfen. Besonders das synthetische Opioid Fentanyl bereitet den Helfenden große Sorgen. Denn die Substanz wird offenbar immer häufiger dem Heroin beigemischt. Fentanyl ist jedoch rund 50-mal stärker und erhöht das Risiko einer Überdosis.
    Konsum auf Partys und Festivals
    Doch nicht nur an sozialen Brennpunkten wird konsumiert. Illegale Drogen sind längst in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Schlegl besucht ein Festival in Norddeutschland, wo Drogenkonsum für viele Besucherinnen und Besucher offenbar dazugehört. Auf dem Fusion Festival bietet die Universität Rostock ein sogenanntes Drugchecking an, ein Test, bei dem illegale Substanzen auf ihre Inhaltsstoffe untersucht werden, um das Bewusstsein für die Risiken des Konsums zu schärfen. Im Labor beobachtet Reporter Tobi Schlegl die Analyse von Ecstasy-Tabletten und erfährt vom Notarzt Gernot Rücker, warum ausgerechnet er für eine Legalisierung der Droge ist.
    Die Kokainschwemme und ihre Folgen
    Einen Boom erlebt auch der Handel mit Kokain. Schlegl begleitet den Zoll am Hamburger Hafen, einem der größten Einfallstore für Kokain in Europa, und zeigt, wie schwierig es ist, den Schmuggel einzudämmen, obwohl immer mehr beschlagnahmt wird. Was die Droge anrichten kann, erfährt Reporter Tobi Schlegl im Gespräch mit Amelie (Name von der Redaktion geändert). Die 32-jährige Vertriebsmitarbeiterin hatte ein geregeltes Leben, dann wurde sie kokainabhängig: „Ich war nicht mehr wirklich arbeitsfähig und habe mich sozial komplett isoliert. Also wirklich eine komplette Entgleisung des Lebens.“ Nur mit therapeutischer Hilfe konnte sie der Sucht entkommen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 25.11.2024 NDRDeutsche Streaming-Premiere Fr. 22.11.2024 ARD Mediathek
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 28.10.2024
  • Folge 464 (45 Min.)
    Der September 2024 geriet für den Volkswagen-Konzern zum ersten Krisenmonat auf offener Bühne. Zuerst kündigte die Konzernleitung die seit 1994 geltende Beschäftigungsgarantie. Damit werden vor allem in Norddeutschland Entlassungen und ganze Werkschließungen möglich, die der Vorstand angeblich plant. Die aufziehende Krise beim größten privaten Arbeitgeber Deutschlands droht dadurch auch ein verheerendes Signal über den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt zu senden. Wie ist VW in diese Krise geraten und welche Auswege gibt es? Für diese NDR Dokumentation haben die Autorinnen und Autoren VW-Beschäftigte während der Tarifverhandlungen begleitet und sowohl die Konzernleitung als auch den mächtigen Betriebsrat ausführlich zu ihren Sichtweisen befragt.
    Findet sich keine für beide annehmbare Lösung, droht ein langer, für alle zermürbender Konflikt. Luigi Catapano macht sich wie Zehntausende von VW-Beschäftigten, vor allem im Norden Deutschlands, Sorgen. Seit der Vorstand am 2. September offen die traditionelle Jobgarantie aufkündigte, hat sich auch sein Alltag verändert.
    Nun macht der 50-Jährige seinem Unmut auch vor dem Werkstor Luft, gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen von der IG Metall. Luigi ist VWler durch und durch. Sein Großvater kam einst als Gastarbeiter aus Italien nach Wolfsburg. Und auch sein Sohn arbeitet bei Volkswagen. Das Haus hat die Familie noch nicht abbezahlt, jetzt macht sich Zukunftsangst breit. So geht es auch Marvin aus Emden. Er baut für VW den ID4 zusammen, das VW-Elektromodell für die Mittelklasse, das sogar den Golf als Verkaufshit ablösen sollte.
    Doch der Absatz stockt. Die Fabrik in Emden ist gerade noch zur Hälfte ausgelastet. Das drückt auf die Produktivität. Auch deshalb will VW jetzt sparen, stellt Personal und Standorte zur Disposition. Während Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/​Die Grünen) beim Werksbesuch vage Hoffnung macht, wächst bei VWlern wie Marvin und Luigi die Sorge. Wie konnte der Traditionskonzern so tief in die Krise rutschen? Eine der Ursachen ist der Konkurrenzdruck aus China.
    Über Jahrzehnte hin war Volkswagen dort mit seinen lokalen Partnern Marktführer. Aber seit ausgerechnet Chinas Führung voll auf Elektroantrieb setzt, verlieren die deutschen Hersteller Marktanteile. ARD-China- Korrespondent Jörg Endriss zeigt für die NDR Doku, wie rasant sich der Markt in China verändert und welche Pläne die chinesischen Autobauer ihrerseits für Europa haben. Zwar verkauft China bisher nur wenige Modelle auf dem deutschen Markt.
    Aber das könnte sich bald ändern. Davon ist Birgit Priemer, die Chefredakteurin von „Auto Motor und Sport“, überzeugt. Ausgerechnet die chinesischen E-Modelle, glaubt sie, werden auch den deutschen Markt erobern. Tatsächlich steckt die Automobilindustrie weltweit in der größten Transformation ihrer Geschichte. Und es ist weiter unklar, wie lange diese Übergangsphase dauern wird. Das Auto wird dabei auch mehr und mehr digitalisiert und vernetzt. Das Herzstück eines Pkw wird demnach nicht mehr der Motor, sondern die Software und die Batterie sein.
    Gerade hier aber haben viele deutsche Hersteller Schwächen. Gleichzeitig tun sich die die deutschen Autokund*innen besonders schwer mit der Elektromobilität. Die Anschaffungskosten erscheinen zu hoch, die staatliche Förderung lief aus. Und gerade die Deutschen hängen an ihrem Verbrenner. Genau in dieser Zeit des Umbruchs steht bei VW die neue Tarifrunde an. Sieben Prozent mehr Lohn und Gehalt fordert Daniela Cavallo, die Vorsitzende des traditionell mächtigen Betriebsrats.
    Nach Ansicht von Konzernchef Oliver Blume würde ein solcher Lohnabschluss die Krise noch verschärfen. Ein Machtkampf zeichnet sich mithin ab. Die Vorzeichen für die Verhandlungen für einen neuen Haustarifvertrag bei VW, der immer auch wegweisend für die gesamte Branche war, sind düster. Die Autorinnen und Autoren der NDR-Doku sprechen darüber mit Betroffenen aus Wolfsburg, aus Emden und aus dem sächsischen Zwickau. Ausführlich äußern sich zudem VW-Vorstand Thomas Schäfer und Betriebsratschefin Cavallo vor der Kamera. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 02.12.2024 NDR
  • Folge 465 (45 Min.)
    Ein 16-Jähriger muss ohne Schutz Pestizide versprühen.
    Ein packender Film über die bittere Seite von Schokolade, der Lieblingssüßigkeit der Deutschen. Sie sind für fairen Handel, für Nachhaltigkeit und gegen Kinderarbeit. Wer sich als kritischer Verbraucher auf den Seiten der Schokoladenhersteller umsieht, hat schnell ein gutes Gefühl. Schokolade, so scheint es, kann man ohne schlechtes Gewissen kaufen. Aber stimmt das wirklich? Ein Fernsehteam vom WDR/​NDR reist an die Elfenbeinküste und deckt erschreckende Zustände auf: Zahlreiche Kinder schuften dort unter erbärmlichen Bedingungen.
    Die Kakaobohnen, die sie ernten, stecken auch in Schokoladentafeln, auf denen ein Siegel für Nachhaltigkeit und fairen Handel prangt. „Wenn wir mal Fleisch essen, dann sind es Ratten“, erzählt die 13-jährige Marcellin. Sie arbeitet wie viele andere Kinder auf den Kakaoplantagen in Côte d’Ivoire, dem größten Kakaoproduzenten der Welt. Die jungen Arbeiterinnen und Arbeiter sind oft nur zwölf Jahre alt, hantieren mit gefährlichen Wertstoffen und haben keine Chance auf Schulbildung oder auch nur einen anständigen Lohn oder ausreichende Ernährung.
    Schätzungen zufolge sind rund 1,5 Millionen Kinder unter solch prekären Umständen allein in der Elfenbeinküste tätig. Viele von ihnen stammen aus noch ärmeren Ländern wie Mali oder Burkina Faso. Sie sind von ihren Eltern an Plantagenbesitzer verkauft worden, weil sie ihre Familien nicht ernähren können. Wie kann das sein? Immerhin prangt auf vielen Schokoladenpackungen das Siegel der Zertifizierungsstelle Rainforest Alliance, das für ökologische und soziale Nachhaltigkeit stehen soll.
    Der Schweizer Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli führt dieses Siegel auch, wirbt aber vor allem mit einem eigenen Programm zur Nachhaltigkeit. Nachdem Filmemacher Michael Höft mehrere Fälle von Kinderarbeit auf Kakaoplantagen für einen WDR-Film im Jahr 2023 dokumentiert hat, konfrontiert er Rainforest Alliance mit den Ergebnissen. Die Organisation gibt zu, dass sie zwar gegen Kinderarbeit kämpfe, nicht aber garantieren könne, dass Produkte mit ihrem Siegel frei von Kinderarbeit sind.
    Man bemühe sich aber. Ein Jahr später besucht Michael Höft das Land erneut: hat sich auf den Plantagen von Rainforest Alliance etwas verbessert? Michael Höft konfrontiert auch die Firma Lindt & Sprüngli mit den Ergebnissen seiner Recherche. Das Unternehmen versichert, ab 2025 Kinderarbeit in seiner Lieferkette vermeiden zu wollen und verweist auf ein firmeneigenes Farming-Programm, das die wirtschaftliche und soziale Lage der Kakaobauern deutlich verbessern würde.
    Geht es den Kakaobauern dieses Programmes wirklich besser oder sind die Informationen des Schokoladengiganten reine PR? Michael Höft reist erneut in die Elfenbeinküste, denn die Kakaobohnen, die im Herbst 2024 geerntet werden, landen im kommenden Jahr in der Schokolade, die in Deutschland erhältlich ist. Dieser Film deckt die bittere Wahrheit hinter der süßen Versuchung auf und konfrontiert die Zuschauerinnen und Zuschauer mit der Frage, wie viel einem der Genuss von Schokolade wert ist. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Mo. 16.12.2024 NDRDeutsche Streaming-Premiere Fr. 13.12.2024 ARD Mediathek

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