Früher Kitsch, heute Kult: Der Nostalgie-Trend ist in vollem Gange, denn die Liebe zur Heimat boomt. Was früher vor allem bei der jungen Generation völlig verpönt war und sofort für Beklemmungen und Fluchtreflexe gesorgt hat, ist heute absolut en vogue und geradezu cooler Lifestyle. Junge Frauen tragen stolz ihr Dirndl, hängen sich mit einer Selbstverständlichkeit bunte Kuckucksuhren in ihre erste eigene Wohnung und lesen Krimis mit regionalem Bezug. Und nicht nur das Dorffest und der zünftige Grillabend vor der eigenen Haustür, auch Dialekt wird wieder zelebriert. Was für Außenstehende oft nur nach Zischgeräuschen und Gemurmel klingt, ist für Andere inbrünstiges Glaubensbekenntnis mit der Botschaft: Da komm ich her! Anscheinend verunsichert die
globalisierte Beschleunigung dermaßen, dass die Sehnsucht nach einem kleinen Stück Idylle und beständigen Werten steigt. Doch nicht jeder bekommt Appetit auf Heimat, wenn Flädlessuppe, Kässpätzle oder Saumagen auf den Tisch kommen. Sie fühlen sich erdrückt von Dorfidylle, Traditionellem und Eingefahrenem und sagen Deutschland adieu. Fernab der Beschaulichkeit entdecken sie in der Ferne ein Lebensgefühl, das sie in ihrer alten Heimat stets vermisst haben. Ist Heimat etwas für ewig Gestrige? Was braucht es, damit wir uns heimisch fühlen? Kann es auch eine Heimat in der Fremde geben? Zum Auftakt der ARD-Themenwoche „Heimat“ diskutiert Michael Steinbrecher im Nachtcafé mit seinen Gästen über diese und andere Fragen zum Thema „Heimatlust und Heimatfrust“. (Text: SWR)