Staffel 1, Folge 1–10

Staffel 1 von „Die Deutschen“ startete am 26.10.2008 im ZDF.
  • Staffel 1, Folge 1 (45 Min.)
    Als Otto I. in der Pfalzkapelle von Aachen zum König gekrönt wurde, ließ er sich nach altem Brauch von den deutschen Fürsten huldigen. Um solche Ehrerbietung musste er künftig allerdings ringen, denn immer wieder lehnten sich die Territorialherrscher gegen den Monarchen auf. Würde es dem späteren Kaiser gelingen, dem aus den Stämmen der Sachsen, Bayern, Schwaben und Franken erwachsenden Volk ein eigenes Selbstbewusstsein zu geben, als Deutsche?
    Die vier Ur-Stämme auf deutschem Boden empfanden sich wohl erstmals im Jahre 955 als eine Schicksalsgemeinschaft: hervorgerufen durch einen aggressiven Feind von außen. Die Ungarn waren immer wieder zu räuberischen Streifzügen in das ostfränkische Reich Ottos I. eingedrungen. In der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg stellten sich Aufgebote der „deutschen“ Stämme den Angreifern entgegen und besiegten sie. Dieses Erlebnis einte, stärkte den Monarchen, schuf so etwas wie gemeinsame Identität.
    Otto I. ließ sich 962 in Rom vom Papst zum Kaiser krönen und blieb mit seinem Gefolge mehr als zehn Jahre in Italien. Dort wurden die Männer aus dem Norden, ob Franken oder Sachsen, von den Einheimischen pauschal „tedesci“ – „Deutsche“ – genannt – in Anlehnung an das germanische Wort „thiudisc“ – „die Sprache des Volkes redend“. Und erst allmählich nannten sich die Angehörigen der Stämme selbst so.
    Otto der Große galt nicht nur als Einiger, sondern auch Förderer des geistigen und kulturellen Lebens. Sein Reichskirchensystem stärkte den Klerus. Die Klöster erlebten ihre erste Blüte. Als Papst Johannes XII. Otto in Rom zum Kaiser krönte, verschmolz deutsches Königtum mit der Tradition christlich-römischen Kaisertums. Dies war nicht nur eine Zier, sondern auch eine Bürde, denn damit hatte er die Pflicht, außer deutschen Landen auch Papst und Kirche mitsamt Ländereien zu beschützen. Zum Kaisertum gehörten Territorien, die weit über die Mitte Europas hinausreichen, von Lothringen bis Mähren, von Friesland bis zur Mitte des italienischen Stiefels. Dieser Spagat deutscher Herrscher sollte die deutsche Geschichte über Jahrhunderte prägen.
    Die Historiker Stefan Weinfurter und Gerd Althoff nehmen zu der Frage Stellung, wie weit deutsche Identität seinerzeit ausgeprägt war. „Man sollte betonen, dass die Zeit Ottos des Großen mehrere Meilensteine auf dem Weg in Richtung auf eine deutsche Geschichte gesetzt hat“, sagt Althoff, „und die Meilensteine sind eben die Lechfeldschlacht und das Kaisertum. Und damit hat Otto der Große eigentlich genug für die deutsche Geschichte getan.“
    Aufwändige szenische Darstellungen zur Lechfeld-Schlacht und zum „Reisekönigtum“ – mit David C. Bunners in der Rolle Ottos I. – die computergraphische Visualisierung des mittelalterlichen Magdeburg und anderer historischer Schauplätze vermitteln weitere Einblicke in die Zeit vor über tausend Jahren. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 26.10.2008ZDF
  • Staffel 1, Folge 2 (45 Min.)
    Es ist der Moment der tiefsten Erniedrigung! Barfuß im Büßergewand kniet der deutsche König Heinrich IV. im Schnee vor der Burg Canossa und fleht um die Aufhebung des Kirchenbanns, den der Papst über ihn verhängt hat. Vergibt der Papst ihm nicht, verliert Heinrich seine Krone. Der „Gang nach Canossa“ steht seit Jahrhunderten sprichwörtlich für die schlimmste Selbsterniedrigung eines Kontrahenten in einer Auseinandersetzung. Doch was geschah wirklich im bitterkalten Winter des Jahres 1077? Hier fand eine Auseinandersetzung ihren Höhepunkt, die die mittelalterliche Welt erschüttert hatte. Im so genannten „Investiturstreit“ stritten Papst Gregor und der deutsche König Heinrich um nichts Geringeres als die beherrschende Machtposition in der christlichen Welt.
    Im Kern ging es um die Frage, ob der Papst über dem Kaiser steht oder der Kaiser über dem Papst. Als Heinrich ihm trotzig den Gehorsam verweigerte, belegte ihn der Pontifex mit dem Bann, was einer faktischen Absetzung gleichkam. Heinrich zahlte mit gleicher Münze heim und erkannte dem „falschen Mönch“, wie er den Papst nannte, die Amtsgewalt ab.
    Als sich die deutschen Fürsten auf die Seite des Papstes schlugen und gegen ihn stellten, musste der Salier-König einlenken. Durch Schnee und Eis begab er sich über die Alpen und fiel vor dem Papst in Canossa auf die Knie. Hatte so viel Demut das deutsche Königtum nicht beschädigt? Vielleicht war es auch eine historische Tat, mit der Heinrich IV. sein „regnum teutonicum“ zusammenhielt. Womöglich hätte der deutsche Hochadel das einende Band gelöst, falls der Monarch sich nicht unterworfen hätte. Heinrichs Rechnung jedenfalls ging auf. Indem er sich selbst erniedrigt hatte, rettete er seine Macht als deutscher König. Seinen Kontrahenten unter den Fürsten, den „Gegenkönig“ Rudolf von Rheinfelden, bezwang er auf dem Schlachtfeld. Welche Folgen der Konflikt von weltlicher und geistlicher Gewalt für die deutsche Geschichte hatte, dazu nehmen prominente Historiker Stellung.
    Computergrafisch wird das mittelalterliche Speyer rekonstruiert. Frühere Ausgrabungen im Speyerer Dom, bei denen Fotos vom Skelett Heinrichs IV. entstanden, ermöglichen Wissenschaftlern heute Aufschlüsse über das Leben und Aussehen des Herrschers. So sind die Spuren des „Reisekönigtums“, der Regentschaft aus dem Sattel, deutlich erkennbar. Die mumifizierte Hand seines Gegenspielers Rudolf von Rheinfelden ist ebenfalls erhalten. Sie ist das Relikt dramatischer Ereignisse aus dem Jahr 1080. Denn die Quellen überliefern, dass ihm die Schwurhand in der Schlacht gegen Heinrich abgeschlagen worden sei, was den Salier auch als moralischen Sieger dastehen ließ.
    Die Hand und ihre Geschichte wurde nun „durchleuchtet“. Im Auftrag des ZDF führte das Anthropologische Institut der Universität Mainz eine computertomografische Untersuchung durch. Das Ergebnis überrascht: Schnittspuren am Handgelenk belegen, dass die Abtrennung offenbar erst nach dem Tod Rudolfs erfolgte. Alles spricht für einen „Propaganda“-Coup im Konflikt vor mehr als neunhundert Jahren. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 28.10.2008ZDF
  • Staffel 1, Folge 3 (45 Min.)
    Für Höhepunkt und Niedergang des mittelalterlichen deutschen Kaisertums steht die Dynastie der Staufer. Friedrich I. (1152 bis 1190), „Barbarossa“ (Rotbart) genannt, galt schon zu Lebzeiten als glanzvoller, tatkräftiger, tugendhafter Herrscher, der für „die Ehre des Reiches“ kämpfte – als König von Deutschland, von Burgund und Italien sowie als Kaiser des Römischen Reiches. Hinzu kam, dass er seine Aufgabe als Schutzherr der Römischen Kirche besonders ernst nahm. So war er hin und her getrieben zwischen deutschen und internationalen Belangen. Wieder eskalierte der Konflikt mit dem Papst in Rom. Und auch die selbstbewussten Städte Oberitaliens setzten sich gegen den Herrschaftsanspruch der Deutschen zur Wehr.
    Der Machtkampf in Italien band Kräfte, ließ wiederum auf deutschem Boden die Territorialherrscher erstarken. Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern, war Vetter, Gefolgsmann aber auch Gegner Friedrich Barbarossas. Er galt als skrupelloser Mehrer seiner Besitztümer, erschloss aber auch neue Ostgebiete für das Reich, betrieb eine planmäßige Siedlungspolitik und Christianisierung. Als Städtegründer machten sich „der Löwe“ wie auch Barbarossa einen Namen. Als der Herzog dem Kaiser die Gefolgschaft verweigerte, wurde er in die Verbannung geschickt.
    Vor dem Hintergrund der Kreuzzüge erlebte das Rittertum seine Blüte. Die Städte erhielten mehr Rechte. Das Bürgertum gewann an Bedeutung, ebenso Handwerk und Fernhandel, die deutsche Sprache entwickelte sich und ihre Lyrik (Walther von der Vogelweide oder wenig später Hartmann von Aue, der den ersten höfischen Roman in deutscher Sprache schrieb).
    Die Fürsten hüteten weiter ihre Eigenständigkeit. Sie wählten den König und regierten praktisch mit. Das sollte bis zum Ende des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ 1806 so bleiben.
    Höhepunkt des Filmes ist die szenische und computergrafische Rekonstruktion des legendären Mainzer Hoftages im Jahr 1184: „Dat was de groteste hochtit en, de ie em Dudischeme Land ward“, berichtet davon die Sächsische Weltchronik. Gemeint war das größte Fest des Mittelalters: 70 000 Besucher aus ganz Europa, eine riesige Zeltstadt mit Kathedrale und Stadion, Ritterspielen und Minnesang. Damit legte Kaiser Friedrich Barbarossa den Grundstein für die Verklärung seiner Person. Die Nachwelt sollte ihn als „größten Ritter“ unter den Kaisern verehren. Aber der Hoftag entpuppte sich als brüchige Fassade, ein Orkan machte dem spektakulären Schauspiel ein Ende. Der Sturm, der die Kulissen regelrecht hinwegfegte, markierte den Anfang vom Ende. Bald nach seinem Aufbruch zu einem Kreuzzug nach Jerusalem ertrank der Kaiser. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 02.11.2008ZDF
  • Staffel 1, Folge 4 (45 Min.)
    Zunächst war er nur ein einfacher Mönch, ein zweifelnder und mit sich hadernder Theologe. Aus ihm wurde eine epochale Figur, die wie kein anderer zuvor die Deutschen einte und spaltete – ohne dies zu wollen. „Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation“ lautete der Name, den das Staatengebilde in der Mitte Europas seit dem späten 15. Jahrhundert trug. Es war die Epoche des Habsburger Kaisers Karl V., der sich nach alter Tradition als Herrscher von Gottes Gnaden und Verteidiger der christlichen Einheit verstand. In seinem Reich gehe die Sonne nicht unter, sagte er im Jahr 1521 selbst – es reichte von Lateinamerika über Mitteleuropa bis zu den Philippinen. Die deutschen Territorien bildeten nur eines von vielen Königtümern, hier verfochten mächtige Kurfürsten ihre Eigeninteressen.
    Weltliche und geistliche Macht standen damals nach wie vor auf den Fundamenten des römischen Christentums. Doch ob Fürsten oder Stände, Bauern oder Bürger der Städte: Viele witterten im Laufe der Reformation die Chance, auf Distanz zu Rom und dem Kaiser zu gehen und ihre Stellung im Machtgefüge der Zeit zu verbessern. Anders als der Habsburger Karl V., der nicht einmal der deutschen Sprache mächtig war, entwickelte sich Luther zur Identifikationsfigur, wurde ungemein populär. Der Reformator war einer der ersten wirkungsmächtigen Zeitgenossen überhaupt, der explizit die deutsche Karte ausspielte und an nationale Gefühle appellierte: „Wie kämen die Deutschen dazu, sich die Räuberei und Schinderei durch Fremde gefallen zu lassen“, hieß es in einer Schrift. Luther übersetzte die Bibel ins Deutsche, verbreitete damit Sprache und Wissen, legte auch dadurch ein Fundament wachsender deutscher Identität. Die Menschen sollten in den Genuss kommen, „dass man deutsch mit ihnen redet“.
    Der religiöse mündete in den militärischen Konflikt. Um Frieden herzustellen, wurde entschieden, dass sich jeder Landesherr selbst für oder gegen die Reformation entscheiden konnte: „Cuius regio, eius religio“ lautete die spätere Formel. Nach dem Augsburger Religionsfrieden 1555 war die Unabhängigkeit der Fürsten gestärkt. Die Deutschen blieben im Glauben gespalten.
    Der Film richtet den Fokus auf die politische Figur Luther. Szenische Rekonstruktionen wie der Einzug Luthers in Worms, sein historischer Auftritt vor dem Reichstag, zum Machtkampf zwischen dem katholischen Kaiser und den protestantischen Fürsten vermitteln Einblicke in diese entscheidende Phase deutscher Geschichte. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 04.11.2008ZDF
  • Staffel 1, Folge 5 (45 Min.)
    Der Friede zwischen den Konfessionen blieb brüchig. Weiterhin stritten Protestanten und Katholiken um die politische und religiöse Vorherrschaft im Reich und in Europa. Durch den Prager Fenstersturz 1618 eskalierte der Konflikt. Er mündete in den schrecklichsten aller Kriege auf deutschem Boden: den Dreißigjährigen Krieg, der die Bevölkerung dezimierte, das Land verwüstete und Deutschland zum europäischen Schlachtfeld machte.
    Ferdinand II., machtbewusster Vertreter der Gegenreformation und habsburgischer Herrschaftsansprüche auf den Kaiserthron, wollte in letzter Minute das Rad der Geschichte zurückdrehen, das hieß, die Macht des Kaisers gegenüber den Fürsten stärken und den Protestantismus gewaltsam eindämmen. Das dazu notwendige Heer beschaffte ihm der böhmische Landedelmann und Kriegs-organisator Albrecht von Wallenstein. Unter seinem Kommando wurde die kaiserlich-katholische Herrschaft wieder bis an die norddeutschen Meere vor-geschoben, bis Schweden auf der Seite der Protestanten eingriff – ein entscheidender Wendepunkt. Die Truppen Gustavs II. Adolf drangen bis in den Süden Deutschlands vor.
    Der Generalissimus gelangte in Anbetracht der Eskalation zu der Einsicht, dass sich der Krieg als Geschäft nicht mehr lohnt und dass nur ein Ausgleich zwischen den Mächten und den Konfessionen dem Gemetzel ein Ende setzen konnte. Man warf ihm Verrat vor. 1634 wurde er ermordet.
    Bereits ein Jahr später kam es in Prag zu einem vom Kaiser und von den Fürsten ausgehandelten Frieden „für das geliebte Vaterland der hochedlen Teutschen Nation“. In einer nationalen Aufwallung beschlossen die deutschen Fürsten, Protestanten und Katholiken, nie wieder gegeneinander zu kämpfen. Doch einmal mehr zeigte sich, dass ein deutscher Alleingang von den Mächten in Europa nicht hingenommen wurde. Die Franzosen sahen das Gleichgewicht in Gefahr, wollten die mächtigen Habsburger, von denen sie sich umklammert fühlten, schwächen und ihren eigenen Einfluss auf die Mitte Europas sichern. Das Gemetzel dauerte noch weitere 13 Jahre, bis ein europäischer Kongress endlich Frieden stiften sollte.
    Im Westfälischen Frieden 1648 strebten die Unterzeichner eine Balance in der Mitte Europas an, um die machtpolitischen und religiösen Gegensätze auszugleichen. Die konfessionelle und vielfältige territoriale Teilung Deutschlands wurde festgeschrieben. Am Ende war das deutsche Kaisertum geschwächt, die Stellung der Fürsten gestärkt, der Einfluss der Nachbarn gesichert. All das war der Preis für den ersehnten europäischen Frieden, der zwar nicht künftige Kriege, aber ein „fundamentalistisches“ Inferno wie in den Jahren zuvor verhindern konnte. Es war ein Schritt hin zum modernen Völkerrecht. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 09.11.2008ZDF
  • Staffel 1, Folge 6 (45 Min.)
    Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation glich nach dem Dreißigjährigen Krieg einem territorialen Puzzle. All das wirkte einer nationalen Entwicklung nach westeuropäischem Muster entgegen. Weil eine zentrale Gewalt fehlte, bildeten sich neue Mächte an der Peripherie heraus. Mit dem Erstarken Brandenburg-Preußens änderte sich das Gleichgewicht im Reich. Außerhalb seiner Grenzen entstanden weitere deutsche Gebiete. Während das Herzogtum Preußen, das der aufstrebenden Macht den Namen gab, nicht zum römischdeutschen Imperium gehörte, zählte Brandenburg dazu. Auch Österreich-Ungarn ragte weit über alte Reichsgrenzen hinaus, weitete sich nach Südosten aus. Die Habsburger verfügten über Territorien in ganz Europa und darüber hinaus.
    Österreich war schon eine Großmacht, Preußen wollte es noch werden. Es kam zu einer dramatischen Rivalität zweier Monarchen, die unterschiedlicher kaum sein konnten: die lebensfrohe Habsburgerin Maria Theresia aus dem katholischen Wien und der verschlossene Hohenzollern-König Friedrich II. aus dem protestantischen Potsdam. Die eine baute das gigantische Schloss Schönbrunn nach dem Vorbild von Versailles, der andere ließ sich das kleine Rokokoschloss Sanssouci errichten. Zwei Regenten, die sich nie persönlich begegneten. Beide wollten uneingeschränkte Alleinherrscher sein, aber keine Despoten. Ihrem eigenen Staat zu dienen hielten sie für ihre oberste Pflicht. Die Interessen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation aber waren zweitrangig.
    Der Konflikt der beiden Mächte gipfelte im Siebenjährigen Krieg, der Tod und Verwüstung nach Deutschland trug: Erst der Hubertusburger Frieden von 1763 beendete das zähe Ringen um die Vorherrschaft im Reich, die letztlich keine Seite erlangen konnte.
    Unter beiden Regentschaften herrschten kulturelle Blüte und Vielfalt. Johann Sebastian Bach komponierte Musik für Friedrich den Großen, in den vielen kleinen Territorien gab es viele kleine Mäzene, die ihre Architekten, Poeten, Maler und Musiker beschäftigten. Es war die Zeit des aufkommenden Sturm und Drang, Lessing, Goethe und Schiller verfassten zeitlose Werke. Hier liegen die Anfänge der deutschen Kulturnation. Der „Dualismus“ der beiden Mächte – verkörpert durch die Herrscher Friedrich II. „der Große“ und Maria Theresia – läutete schließlich das Ende des alten Reiches ein und bestimmte die deutsche Geschichte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 11.11.2008ZDF
  • Staffel 1, Folge 7 (45 Min.)
    Ausgerechnet ein fremder Kaiser, Frankreichs Jahrhundertherrscher Napoleon, katapultierte die Deutschen durch Eroberungen und Reformen in ihr nationales Zeitalter. Kein anderer zuvor hatte mehr dazu beigetragen, dass die Deutschen zueinander fanden – auch wenn dies geschah, um Napoleon selbst los zu werden. Was ihm gelang, hatte niemand zuvor erreicht – ein historisches Paradoxon: die politische Erweckung der „deutschen Nation“.
    Am Anfang stand der Untergang. Das alte römisch-deutsche Reich war nach dem Siebenjährigen Krieg durch die Machterweiterung der Einzelstaaten weithin ausgehöhlt. Deutschland war ein kultureller, ein geografischer, aber kaum mehr ein politischer Begriff. Dann kam die Zeitenwende: die Revolution in Frankreich 1789 und schließlich Napoleon. Der Eroberer wühlte ganz Europa auf, veränderte die Landkarte, erzwang die Abdankung des Habsburgers Franz II. als römisch-deutschen Kaiser und gab dem alten Reich den Todesstoß. Bonaparte sorgte – im Verbund mit deutschen Fürsten, die er für sich gewinnen konnte – für eine gründliche Flurbereinigung auf deutschem Boden. Unter seinem Druck wurden aus vielen Teilstaaten wenige. Er schaffte sich 1806 mit dem so genannten „Rheinbund“ ein deutsches Protektorat – unter Ausschluss Preußens und Österreichs.
    In den deutschen Staaten fanden grundlegende Reformen statt – mit und gegen Napoleon: Nur wenn das Volk sich mit dem Staat identifiziere, sei dieser in der Lage, sich – auch militärisch – zu behaupten, so dachten Männer wie der Freiherr vom Stein, einer der prominentesten „preußischen Reformer“ und der Antagonist Napoleons auf deutschem Boden. Stein und andere wollten durch mehr Freiheit und Mitbestimmung Kräfte wecken, aus Untertanen patriotische Bürger machen, aus Berufssoldaten eine Volksarmee, die Bonaparte die Stirn bieten sollte. Der Korse selbst hatte den Deutschen vor Augen geführt, was ein Staat bewirken kann, wenn das Volk hinter ihm steht. Der Freiherr vom Stein war ein entscheidender Gegenspieler Napoleons und wird als solcher erstmals in einem Film dargestellt.
    Seine große Stunde schlug, als sich Bonaparte im Juni 1812 in sein größtes militärisches Abenteuer stürzte. Der französische Kaiser marschierte mit 600 000 Soldaten in Russland ein. Mehr als ein Drittel seiner Truppen waren Deutsche. Doch führte der Drang zur Weltmacht in die militärische Katastrophe.
    In den Befreiungskriegen gegen Napoleon entstand auf deutschem Boden ein neues Wir-Gefühl. Immer mehr Deutsche entdeckten sich als eine durch Kultur, Sprache und Geschichte verbundene Nation, die künftig unter ein Dach gehöre. Demütigungen durch Napoleon hatten eine nationale Stimmung provoziert, die mancherorts auch in derbe nationalistische Agitation umschlug.
    Die „Völkerschlacht“ bei Leipzig 1813 war der Anfang vom Ende. Mit „Waterloo“ war Napoleons Schicksal besiegelt. Auf dem Wiener Kongress wurde über die Zukunft Deutschlands und Europas entschieden. Träumten manche deutsche Bürger seit den Befreiungskriegen von der nationalen Einheit, kam es nun lediglich zu einem lockeren Zusammenschluss von 35 souveränen Fürsten und vier freien Städten. Die Monarchen hatten das Sagen im so genannten „Deutschen Bund“ von 1815.
    Doch war es möglich, das Rad der Geschichte anzuhalten? Dafür hatte sich zu viel in den vergangenen zwei Jahrzehnten verändert. Besonders das deutsche Staatensystem ging aus der Napoleonzeit verjüngt und modernisiert hervor. Deutschland hatte nun einen festeren Zusammenhalt in den vergrößerten Einzelstaaten. Die Grundlagen des modernen Staates als Rechtsstaat waren – vor allem unter französischem Einfluss – vielfältig geschaffen worden. Alle Kräfte, die die weitere Entwicklung in Deutschland beeinflussen sollten, nationale und liberale, waren in Bewegung geraten. Ihr Ziel hieß: Freiheit und Einheit. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 16.11.2008ZDF
  • Staffel 1, Folge 8 (45 Min.)
    Eine Revolution – in Deutschland? Und zwar keineswegs, wie Lenin den Deutschen später süffisant nachsagte, mit einer ordnungsgemäßen Bahnsteigkarte in der Tasche. Im März 1848 wurden aus braven Untertanen entschiedene Barrikadenkämpfer – ob in Wien, Berlin oder anderen Städten. Es war ein Volksaufstand, wie es ihn nie zuvor in der deutschen Geschichte gegeben hatte. Bürgerdelegationen drängten die Obrigkeit zu weit reichenden Zugeständnissen; Bauern verbrannten die Grundbücher ihrer Gutsherren; Tagelöhner, Handwerker und Studenten lieferten sich blutige Straßenschlachten mit fürstlichen Soldaten.
    Freiheit und Einheit, das waren die Ziele vieler Deutscher, die genug hatten von polizeistaatlicher Bevormundung und Fremdbestimmung – unter ihnen auch der liberale Leipziger Stadtverordnete Robert Blum.
    Der Funke eines Volksaufstandes in Paris hatte im März 1848 auch in den deutschen Staaten die revolutionäre Begeisterung entzündet. Mit Gewalt ließ sich der Flächenbrand bald nicht mehr eindämmen. Die Fürsten sahen sich gezwungen, ihre Regierungen auszutauschen und Mitsprache zu gewähren. Zum ersten Mal trat am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche eine frei gewählte Nationalversammlung zusammen, um über Grundrechte und die nationale Einheit zu beraten. Unbeschadet nachträglicher Abwertungen war damit eine politische Sensation geschehen: Das bis dahin zersplitterte und monarchisch regierte Deutschland hatte aus der Mitte des Volkes ein gemeinsames Parlament geschaffen, in dem Volksvertreter aus allen Landesteilen freimütig über die Schicksalsfragen der Nation berieten. Dies war die Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland – bei allem nachfolgenden Ringen um die Ausgestaltung der Verfassung und der Grenzen.
    Einer der maßgeblichen Wortführer der Paulskirche war Robert Blum. Geradezu prototypisch stehen sein Werdegang und sein Wirken für das revolutionäre Ringen um mehr Demokratie. Mit Leidenschaft und Charisma kämpfte er für eine echte Teilhabe des Volkes an der Macht und glaubte dabei fest an einen friedlichen Wandel auf dem Boden von Recht und Verfassung.
    Doch als die Ideen des Fortschritts von den Bajonetten der wieder erstarkten Militärmacht wieder zurückgedrängt wurden, fasste Robert Blum einen folgenschweren Entschluss. In Wien, wohin er den Bundesbrüdern zu Hilfe geeilt war, rang er sich schließlich dazu durch, für seine Vision mit der Waffe in der Hand zu kämpfen – und bezahlte dafür mit seinem Leben. Stellvertretend für die demokratische Bewegung wurde der Freiheitskämpfer von kaiserlichen Soldaten erschossen. Damals wurde er wie ein Märtyrer verehrt. Heute ist Robert Blum weithin vergessen – zu Unrecht. Schließlich hatten Vordenker wie er das Feld bereitet, auf dem später Einheit und Freiheit gedeihen konnten.
    Auf der Grundlage des bewegenden Briefwechsels zwischen Blum und seiner Frau, mit authentischen Dokumenten, Zeichnungen und Zeugnissen, in eindringlichen szenischen Darstellungen und illustriert mit detailgetreuen Computeranimationen, beschreibt der Film den tragischen Werdegang einer historischen Lichtgestalt in Umbruchzeiten, die den Verlauf der deutschen Geschichte nachhaltig prägten. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 18.11.2008ZDF
  • Staffel 1, Folge 9 (45 Min.)
    Nach der Revolution von 1848, dem vergeblichen Versuch einer „Einheit von unten“, kam es nun zur „Einheit von oben“. Preußens Ministerpräsident Otto von Bismarck ebnete den Weg zum ersten deutschen Nationalstaat. „Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse würden die großen Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Blut und Eisen“, hatte der eigensinnige Politiker einst formuliert, doch einen konkreten Plan zur deutschen Einigung hatte Bismarck nicht: „Erreicht Deutschland sein nationales Ziel noch im 19. Jahrhundert, so erscheint mir das als etwas Großes, und wäre es in zehn oder gar fünfzehn Jahren, so wäre das etwas Außerordentliches, ein unverhofftes Gnadengeschenk von Gott“, sagte er drei Jahre vor der Staatsgründung 1871. Die deutsche Einigung war somit alles andere als vorherbestimmt, wie preußische Historiker später glauben machen wollten.
    Zudem hatte die „Nation“ für Bismarck keinen Selbstwert, sie diente ihm vor allem als Vehikel zur Mehrung der Macht Preußens und auch der eigenen. Im Jahr 1866 wurde ein Pistolen-Attentat auf ihn verübt, der Student Ferdinand Cohen-Blind traf Bismarck mit zwei Kugeln. Wäre Bismarck damals gestorben, so Historiker, hätte dies den weiteren Verlauf der Geschichte entscheidend verändern können.
    Mehr als ein Jahrhundert lang hatte der Dualismus Preußen-Österreich die Politik bestimmt. 1866 kam es zum Bruderkrieg. In der Schlacht von Königgrätz siegte überraschend Preußen dank der Eisenbahn und eines besseren Gewehrs, Österreich wurde damit förmlich aus der deutschen Geschichte gedrängt. Der Norddeutsche Bund von 1866, unter preußischer Führung, war die Vorstufe zum geeinten Deutschland wenige Jahre später – die südlichen Länder wie Bayern, Baden und Württemberg blieben zunächst außen vor.
    Das änderte sich mit dem Krieg gegen Frankreich 1870. Der gemeinsame Gegner schmiedete die Deutschen zusammen. Im Januar 1871 hob Bismarck – im Schloss von Versailles – den preußisch-deutschen Nationalstaat aus der Taufe.
    Die nationale Hochstimmung der Bevölkerung mag sogar den Staatsgründer selbst überrascht haben. Gerade die öffentliche Meinung hat einen derartigen Druck auf die Kabinette der süddeutschen Staaten ausgeübt, dass der Zusammenschluss mit dem Norddeutschen Bund geradezu alternativlos erschien.
    Das von Bismarck geschaffene Reich war das erste geeinte Deutschland, aber es war ein Fürstenbund. Nicht das Volk war der Souverän, die Reichs-Regierung wurde nicht vom Parlament gewählt.
    Würde auf die äußere auch die innere Einheit folgen? Der Kulturkampf und die Sozialistengesetze Bismarcks spalteten die Gesellschaft. National gestimmte Publizisten und Verbände sowie Vertreter der boomenden Wirtschaft forderten koloniale Expansion, stießen damit auf Vorbehalte des Kanzlers. Aus der Sicht des erfahrenen Staatsmanns und Diplomaten sollte das Reich sich selbst genügen. Er dachte in den Dimensionen des europäischen Gleichgewichts. Für ihn war Deutschland „saturiert“, gerade groß genug, um – neben Frankreich – nicht noch andere Gegner auf den Plan zu rufen. Seine Bündnispolitik ist ein Paradebeispiel für den Umgang mit der sensiblen deutschen Mittellage. Doch sollte es bald allzu viele Stimmen geben, die meinten, Deutschland müsse unbedingt Weltmacht sein. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereSo 23.11.2008ZDF
  • Staffel 1, Folge 10 (45 Min.)
    „Zu Großem sind wir noch bestimmt, und herrlichen Tagen führe ich Euch entgegen“, verkündete der junge Hohenzollern-Kaiser Wilhelm II. 1892 – zu Beginn der Epoche, die später nach ihm benannt wurde. Er entpuppte sich als prunksüchtiger Monarch, selbstverliebt und betont forsch. Für die Mehrheit des deutschen Bürgertums aber wurde er zum Sinnbild eigenen Strebens nach Glanz und Größe. Der Liberale Friedrich Naumann meinte gar: „Dieser Kaiser, über den ihr euch aufregt, ist euer Spiegelbild!“ Die Fassade von Pickelhauben und Paraden war symptomatisch für die „verspätete Nation“.
    Der Pomp überspielte vieles. Die „innere“ Einigung Deutschlands war ins Stocken geraten, der junge Staat blieb in sich gespalten. Alte territoriale wie konfessionelle Gegensätze boten Konfliktstoff, im industriellen Aufschwung taten sich tiefe soziale Gräben auf. Der Reichstag, allen voran die stark anwachsende Sozialdemokratie, forderte mit der Zeit ein Ende des „persönlichen Regiments“ Wilhelms II. Der Kaiser beschimpfte die Partei der Linken als „Vaterlandslose Gesellen“.
    Allerdings reklamierten auch SPD-Abgeordnete wie Philipp Scheidemann das deutsche Vaterland für sich: Durch die Politik des Monarchen sei der Bestand, die Einheit und der Frieden des Reiches gefährdet, sagte er. In dem Werdegang des prominenten Sozialdemokraten und des letzten deutschen Kaisers spiegelte sich vieles, was die Deutschen damals einte und trennte. Erstmals werden die gegensätzlichen Rollen und Charaktere, die Wilhelms II. und Scheidemanns, in einem Film dargestellt.
    Wilhelm II. verfolgt andere Visionen als der Gründungskanzler Bismarck. Dieser hatte der Welt vor Augen führen wollen, dass sich der neu gegründete Staat friedlich in das Konzert der Mächte einfügen konnte. Der junge Hohenzoller aber wollte Kaiser einer Weltmacht sein, die mit den anderen Großmächten mithalten konnte. Am deutschen Wesen, hieß es in nationalistischen Kreisen, solle die Welt genesen, notfalls unter militärischem Druck. So bildete sich ein internationales Bündnis gegen Wilhelms Reich. Deutschland fühlte sich von seinen Nachbarn eingekreist. Tatsächlich kreiste es sich allmählich aus. Die Mächte in Europa rechneten mit dem großen Schlagabtausch, und sie verhinderten ihn nicht, als der Kontinent der Katastrophe entgegen taumelte. Der Kaiser und die Opposition schlossen im Angesicht des Krieges „Burgfrieden“ – vorläufig.
    Der Erste Weltkrieg wurde zum ersten industriellen Vernichtungskrieg, zur Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Der mörderische Grabenkampf, vor allem an der Westfront, übertraf an Grausamkeit, an menschlicher Verrohung selbst die schlimmsten Ahnungen. Hier wuchs die Saat für eine Zeit, in der der Mensch nur noch als Material galt. 1918 war das deutsche Heer am Ende, und selbst die Generäle hatten das begriffen. Eingestehen wollten sie es freilich nicht – zumindest nicht vor der Nation.
    Wilhelm II. weigerte sich abzudanken. Erst der Druck der Straße vermochte das Kaisertum zu beseitigen. „Das deutsche Volk hat auf der ganzen Linie gesiegt. Das Alte und Morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen. Es lebe das Neue! Es lebe die deutsche Republik!“, rief am 9. November 1918 der SPD-Fraktionsvorsitzende Philipp Scheidemann aus. Die erste Demokratie auf deutschem Boden entstand – doch die Bürden der Vergangenheit wogen schwer.
    Nach dem Krieg drängten einige Nachbarn auf eine Niederhaltung Deutschlands, es wurde mit seinen Verbündeten zum Kriegsschuldigen erklärt. Nicht der deutsche Kaiser und seine Militärs, die den Krieg geführt hatten, sondern Vertreter der jungen Weimarer Demokratie waren gezwungen, den Versailler Vertrag zu unterschreiben. Das diskreditierte die gerade erst gegründete deutsche Republik in den Augen vieler. Deutschland sollte nach dem Krieg für 70 Jahre nicht zur Ruhe kommen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 25.11.2008ZDF

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