2023, Folge 1047–1070
Ungarns rotes Gold in Gefahr – Paprika-Peter gibt nicht auf
Folge 1047 (32 Min.)Peter Szabo ist 50 und stolzer Paprika-Bauer in Ungarn. Das Gewürz steht für den Nationalcharakter des Landes und sicherte über Generationen das Auskommen vieler ungarischen Familien auf dem Land. Vor zwölf Jahren hat Peter den Familienbetrieb übernommen. Seitdem produziert er mit modernen Maschinen, altem Wissen und großer Leidenschaft das rote Gold Ungarns. Peters Rezept: uralte Paprikasorten von Hand gepflückt, langsam getrocknet und gründlich gemahlen. Seine Idee, Vulkansteine in den Boden zu bringen, hilft bei Trockenheit das Wasser länger zu halten. Chemikalien haben Hausverbot. Stattdessen wird gemulcht. Ein gesunder Acker ist Peter wichtig. Doch das alles frisst Zeit.
Während der Ernte muss Peter auf seine Familie verzichten, da er dann in der Firma wohnt. Auch Peters Eltern packen immer noch mit an, denn allein ist es nicht zu schaffen. Klimawandel, Konkurrenz aus China und der Arbeitskräftemangel machen kleinen Paprikabauern wie Peter das Leben schwer. Dass die traditionelle Paprika nun in Gefahr ist, will und kann er nicht akzeptieren. Mit Hilfe seiner Familie, Engagement und Herzblut schafft er es, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen.“Man muss diesen Beruf lieben. Wir arbeiten zwar fürs Geld, wollen aber auch Qualität produzieren“, so Peter. Qualität ist seine Waffe, denn Paprika ist nun mal nicht gleich Paprika. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Di. 21.03.2023 arte Alles unter Kontrolle? – Leben mit einer Zwangserkrankung
Folge 1048 (31 Min.)Dominique kann ihre Wohnung nicht ohne einen letzten Kontrollgang verlassen: Ist der Herd aus? Sind alle Fenster geschlossen? Sie leidet unter einem Kontrollzwang. Die Zwangshandlungen geben ihr ein kurzfristiges Gefühl von Sicherheit. Doch sie bestimmen ihren Alltag. Phasenweise konnte Dominique ihre Wohnung nicht verlassen. Dabei weiß sie wie irrational ihre Zwänge sind. Allein in Deutschland leiden etwa zwei Millionen Menschen an Zwangsstörungen. Die Dunkelziffer ist deutlich höher. Die Krankheit tritt meist in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter auf.
So auch bei der 71-jährigen Margit aus der Nähe von Wien. Sie ekelt sich schon als Kind vor Schmutz. Außer ihrem Ehemann darf heute niemand in die gemeinsame Wohnung. Ihre Einkäufe wäscht sie ab, reinigt sogar die Packungen. Dabei sind ihre Zwänge schon deutlich besser. Vor sechs Jahren fängt Margit eine Therapie an, ihre Ehe stand auf dem Spiel. Doch auch heute ist der Besuch in der Stadt für Margit nur schwer zu handhaben.
Menschenmengen sind ihr zuwider. Die 25-jährige Jacqueline aus Bremen leidet unter „Skin Picking“. Immer wieder drückt sie an ihrer Haut herum, bis sie sich entzündet. Die Folge: Zahlreiche auffallende Hautstellen im Gesicht und am Dekolleté. Den Anfang nahm die Krankheit während der Pubertät. In der Schule wurde Jacqueline wegen ihrer Akne gemobbt. Sie versteckt sich unter Make-up und Kleidung. Heute ist sie deutlich selbstbewusster, hat sich und ihre Narben akzeptiert. Doch die Zwänge sind geblieben. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Mi. 22.03.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Di. 21.03.2023 arte.tv Generation Glücksspiel – Wie junge Serben ihre Zukunft verzocken
Folge 1049 (31 Min.)Die Kleinstadt Šabac liegt rund 80 Kilometer westlich von Belgrad entfernt. Hier gibt es für junge Menschen nicht viele Perspektiven: Nach dem Schulabschluss ziehen die meisten weg. Doch der 26-jährige Miroslav ist geblieben. Vor mehr als zehn Jahren hat er bereits als Minderjähriger mit dem Glücksspiel begonnen. Zeitweise hatte er 20.000 Euro Schulden bei verschiedenen Geldverleihern. Neben seiner Wohnungstür hat Miroslav eine Überwachungskamera installiert – aus Angst vor gewalttätigen Geldeintreibern. Aktuell ist er schuldenfrei, seine Familie hat ihm mit großer Anstrengung geholfen.
Zum ersten Mal in seinem Leben hat er sogar einen festen Job. Nach eigener Aussage wäre er jetzt in der Lage, kontrolliert zu spielen. Das dachte auch Nikola. Der 27-Jährige hat sein Maschinenbaustudium wegen seiner Spielsucht abgebrochen. Mehrmals wurde er rückfällig und unternahm schließlich einen Selbstmordversuch. Im „Institut für geistige Gesundheit“, einer Suchthilfeeinrichtung in Belgrad, wurde ihm geholfen. Mittlerweile setzt er seine Therapie ambulant fort.
Am meisten ärgert Nikola die allgegenwärtige Werbung für Glücksspiel, der er kaum entkommen könne. Nur wenige 100 Meter von der Suchtklinik entfernt liegt der Hauptsitz des Wett- und Glücksspielanbieters MOZZART, nach eigenen Angaben der Marktführer in Südosteuropa. Die Firma inszeniert sich als Unternehmen mit sozialem Gewissen, indem sie 100 Sportplätze auf Schulhöfen im ganzen Land baut und sie PR-wirksam mit großen Events und prominenten Sportlern eröffnet. Dadurch wird die Firma schon Schulkindern ein Begriff. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Do. 23.03.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Mi. 22.03.2023 arte.tv Der Abwrack-Clan – Das harte Geschäft der Schiffsverwerter
Folge 1050 (32 Min.)Morten, Eddie und Klaus Smedegaard sind drei von 18 Geschwistern, die sich im dänischen Esbjerg dem Schiffsrecycling verschrieben haben. Vater Henning gründete das Unternehmen 1962. Seither werden hier Schiffe entkernt, Teile ausgebaut, chemische Rückstände entsorgt und die Wracks am Ende mit brachialen Maschinen zerteilt. Das sieht oft martialisch aus, geschieht dennoch nach strengen Regeln: Alle Materialien werden getrennt, verwertet oder fachgerecht entsorgt. Die Familie Smedegaard hat das ökologische Schiffsrecycling mitentwickelt und die EU bei der Verordnung zum Schiffsrecycling beraten. Geld verdient das Unternehmen mit dem Verkauf der alten Motoren, der Steuerelektronik und der gewonnenen Altmetalle.
Die Brüder sind die vierte Generation im Abwrack-Geschäft. Mutter Grethe hält den Clan zusammen. Noch immer lädt sie die Familie im familieneigenen Festsaal zum Feiern ein, und auch wenn sie nicht jeden Namen ihrer Enkel und Urenkel kennt, ist sie das Herz der Familie und schaut auch regelmäßig auf der Werft vorbei. Denn die Smedegaards sind eine verschworene Gemeinschaft. Die Reportage begleitet die Familie und ihr Unternehmen im Alltag und zeigt die Herausforderungen ihres Geschäfts sowie die Männer an den Steuerhebeln der Maschinen, die die Schiffe in kleinste Teile zerlegen. Ein wahres Erlebnis einer echten Kreislaufwirtschaft in einem sehr speziellen Familienunternehmen in Esbgjerg. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Mo. 27.03.2023 arte Im Schatten der Angst – Albaner und Serben im Nordkosovo
Folge 1051 (32 Min.)Immer wieder heizt sich der Konflikt zwischen Kosovo und Serbien auf, das Kosovos Unabhängigkeit nicht anerkennt. Schmelztiegel der Spannungen ist jedes Mal der Norden Kosovos, der direkt an Serbien grenzt und hauptsächlich von ethnischen Serben besiedelt ist. Mit Unterstützung aus Belgrad widersetzen sie sich regelmäßig der Hoheitsgewalt des von ethnischen Albanern geführten Staates. Immer wieder kommt es zu Eskalationen; zuletzt fielen sogar Schüsse. Auch Dragan Daničić träumt davon, wieder zu Serbien zu gehören, doch vor allem sehnt sich der Vater einer Tochter nach einem Leben ohne Angst.
Die regelmäßigen Ausschreitungen bedrohen seine Existenz als Bauer und Taxifahrer. Der Serbe fühlt sich als Spielball zwischen Pristina und Belgrad und sieht sich von zwei Seiten unter Druck: „Keiner sorgt sich um die wirklichen Probleme der Menschen hier.“ Auch Skender Sadiku spürt diesen Druck. Der Albaner lebt in Mitrovica, dem urbanen Zentrum Nordkosovos und ist einer von nur zwei Albanern im Stadtrat des serbisch dominierten Nordens der „geteilten“ Stadt.
Er kämpft um bessere Lebensbedingungen und gegen das Misstrauen zwischen Serben und Albanern, so Skender, gegen die Gerüchte und Ängste, die immer wieder von der Politik geschürt würden. Ein Kampf gegen Windmühlen? Skenders Söhne trauen sich bis heute nicht in den „serbischen“ Norden. Die kosovarischen Institutionen sind dort geschwächter als zuvor, weil alle Serben aus Protest ihren Dienst quittiert haben. Zudem strahlt der Ukraine-Krieg auf den Westbalkan aus: Moskau befeuert den Kosovo-Konflikt, um Europa zu destabilisieren. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Di. 28.03.2023 arte Pferdeblut für Billigfleisch – Tierschützerinnen im Einsatz für die Islandstuten
Folge 1052 (32 Min.)Die Schweizer Tierschützer haben auf der Vulkaninsel ein dunkles Geheimnis hinter der idyllischen Fassade der Islandpferde aufgedeckt. Die Pferde werden nicht nur als Reitpferde gezüchtet oder als Pferdefleisch vermarktet. Vor allem in den Sommermonaten, wenn Millionen von Touristen auf Island in Urlaub sind, wird den trächtigen Stuten wöchentlich Blut abgenommen. Die isländische Pharmafirma hat auf der Insel ein Monopol, um aus dem Blut das Hormon PMSG zu gewinnen. Es ist extrem wertvoll und weltweit gefragt, weil es in der industriellen Ferkelzucht eingesetzt wird, um die Fertilität der Sauen in der Massentierhaltung zu erhöhen.
Billiges Schweinefleisch gibt es dank dieses Hormons. Diese Praxis möchten die Tierschützer und Tierschützerinnen der Animal Welfare Foundation stoppen. Sie konnten beweisen, dass die halbwilden Stuten mit Gewalt in Boxen gezwungen werden, um ihnen Blut abzunehmen. Was die Beiden als Tierquälerei einstufen, ist bisher offiziell erlaubt. Doch das Ergebnis ihrer Recherchen hat die EU aufhorchen lassen und auf Island einen Skandal ausgelöst.
Langsam regt sich auch hier Widerstand gegen das Geschäft mit den Blutstuten. Sabrina Gurtner und York Ditfurth sind nun wieder auf Island unterwegs. Sie wollen herauszufinden, ob dem Skandal auch Taten gefolgt sind. Ist das Geschäft mit den Blutstuten zurückgegangen? Werden sie mit Blutfarmern reden können? Werden sie neue Beweise sammeln können, um irgendwann zu erreichen, dass wenigstens in der EU diese Praxis verboten wird? Oder läuft alles weiter wie bisher – mit über 100 Blutfarmen und der örtlichen Pharmafirma? (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Do. 30.03.2023 arte Jagd auf Biberratten – Niederländische Deiche in Gefahr
Folge 1053 (32 Min.)Tjitse Kuipers ist einer der 400 staatlich finanzierten Jäger des niederländischen „Muskusrattenbeheer“. Routiniert bestückt der 43-Jährige im Morgengrauen sein Aluminiumboot mit Lebendfallen am Kadoelermeer in der niederländischen Gemeinde Noordoostpolder. Der Polder, ein der Nordsee abgetrotztes Stück Land, ist umringt von Deichen und durchzogen von Wasserstraßen: Hier siedelt die Nutria, die Biberratte. Ein ausgewachsenes Tier gräbt in den Deichen pro Jahr bis zu zwölf volle Schubkarren Erdreich um. Multipliziert man diese Menge mit den Zehntausenden von Biber- und auch Bisamratten, die in den Niederlanden herumschwimmen, wird klar: Das Tier ist für die Niederlande eine ernste Bedrohung.
Große Teile des Landes liegen unter dem Meeresspiegel, nur geschützt durch Dämme und Deiche. Die von den Nutria gegrabenen tiefen Höhlen verursachen schwere Schäden an den Wallanlagen. Biberraten vermehren sich rasend schnell – und in Europa haben die Tiere keine natürlichen Feinde. Nutria stammen ursprünglich aus Südamerika. Dank Tjitse Kuipers und seinen Kollegen hat die Niederlande die Lage einigermaßen im Griff. Bis zum Jahr 2034 will es sogar „nutriafrei“ sein. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Fr. 31.03.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere So. 12.03.2023 arte.tv Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 13.03.2023Es lebe das Moor – Klimarettung aus den Sümpfen
Folge 1054 (32 Min.)In Finnland werden Moore trockengelegt, um Torf abzubauen und daraus Energie zu gewinnen. Mit dramatischen Folgen: Weniger als die Hälfte aller finnischen Feuchtgebiete ist noch intakt. Tero Mustonen ist Klimatologe und gründete die Organisation Snowchange, um Moore zu schützen oder zu retten. Zusammen mit der Bevölkerung seines Dorfes verklagten sie den Energiekonzern, der für die Zerstörung des Linnunsuo-Moores verantwortlich war. Inzwischen kämpft Mustonens Organisation weltweit für die Rettung und Renaturierung von Biotopen.
Auch Greta Gaudig und Sabine Wichmann setzen sich für die Wiederbelebung von Mooren ein. Am Greifswald Moor Centrum forschen die beiden an so genannten Paludikulturen: Pflanzen, die sich in Feuchtgebieten anbauen und wirtschaftlich nutzen lassen. Gaudig und Wichmann wollen Moore wieder vernässen, die in der Vergangenheit für die Landwirtschaft trockengelegt wurden. „Wir müssen die Landwirte überzeugen“, erklärt Landschaftsökonomin Sabine Wichmann. Denn schließlich müssten die investieren, um auch weiterhin von ihren Flächen leben zu können.
Eines der teuersten und weitreichendsten Klimaexperimente der Welt findet im US-Bundesstaat Minnesota statt: Im Marcell Experimental Forest. Hier arbeitet Mitbegründer Randy Kolka mit Wissenschaftlern aus aller Welt zusammen. Gemeinsam forschen sie an Szenarien, die den Zusammenhang zwischen Mooren und Klimaerwärmung zeigen. Die Erkenntnisse fließen in die Berichte des Weltklimarats ein, und beeinflussen so Entscheidungsträger in der Politik. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Fr. 31.03.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Do. 30.03.2023 arte.tv arteTabu Pornosucht – Wenn die Lust zum Leid wird
Folge 1055Deutsche Streaming-Premiere Fr. 31.03.2023 arte.tv Rettung aus der Luft – Einsatz mit der Air Zermatt
Folge 1056 (32 Min.)Gerold Biner ist leidenschaftlicher Rettungspilot der Air Zermatt. Seit mehr als 30 Jahren ist er bereits für das Unternehmen im Einsatz. Wie riskant die Einsätze für die Retter sind, weiß Biner aus erster Hand. 1989 flog er seinen ersten Einsatz und überlebte knapp einen Absturz. Über die Jahre musste der Pilot miterleben, wie der Klimawandel die Gefahrenlage bei den Rettungseinsätzen verschärft hat. In diesem Jahr führen die schlechten Schneebedingungen zu besonders vielen Brüchen und Verletzungen bei Alpinisten und Wintersportlern. Der deutsche Notarzt und Anästhesist Dr. Stephan Prückner liebt die Berge, ist selbst leidenschaftlicher Skifahrer und Wanderer. Um die Air Zermatt als Rettungsarzt zu unterstützen, nimmt er sich bei seinem eigentlichen Arbeitgeber, dem Universitätsklinikum München, extra frei.
Immer wieder muss Prückner am Unfallort seine Entscheidungen ad hoc und unter extremem Zeitdruck treffen. Eine enorme Verantwortung und Belastung. Dennoch führt er die Rettungsaktionen schon seit rund 20 Jahren durch. Mancher Einsatz hinterlässt auch noch längerfristig Spuren, gerade wenn sich Kinder und junge Menschen schwer verletzen. Einen Grund für die ansteigende Zahl der Verletzungen am Berg sieht Notarzt Prückner darin, dass mehr Menschen schlecht vorbereitet und ohne ausreichende Fitness in die Berge und auf die Skipisten gehen und ihre Fähigkeiten überschätzen. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Mo. 03.04.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Fr. 31.03.2023 arte.tv Liverpool gegen Hunger – Zwei Fanclubs rufen zu Spenden auf
Folge 1057 (31 Min.)In Großbritannien ist die Armut so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Angesichts einer galoppierenden Inflation und immer prekärerer Arbeitsbedingungen hungern Tausende von Briten. Der Krieg in der Ukraine hat die Preise für Strom und Benzin auch im Vereinigten Königreich noch einmal in ungeahnte Höhen getrieben. In Liverpool haben sich die Fans der beiden großen Fußballvereine der Stadt, die eigentlich miteinander verfeindet sind, bereits vor sieben Jahren zusammengeschlossen, um ein riesiges Netzwerk zur Umverteilung von Lebensmitteln aufzubauen, das sich seitdem über das ganze Land ausgebreitet hat. Die Gründer nennen dieses kleine Wunder: Solidarität der Arbeiterklasse. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Di. 04.04.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Mo. 03.04.2023 arte.tv Fast Fashion in der Wüste – Müllberge in der Atacama
Folge 1058 (32 Min.)Mitten in der Atacama-Wüste im Norden Chiles ist der 38-jährige Juan Jose Saldana auf der Suche nach Müll. Genauer nach Kleidung, die illegal in der Region verklappt wird. Saldana will den Menschen zeigen, welche negativen Auswirkungen das Fast-Fashion-Geschäft auf seine Heimat hat. Denn hier landet, was im Globalen Norden nicht gewollt ist: Ladenhüter und kaum getragene Kleidung, im Sand verscharrt, verbrannt oder einfach weggeworfen. Die Textilien stammen vor allem aus Europa und den USA. Importeure bringen sie über die Freihandelszone im Norden Chiles ins Land, mit dem Ziel, sie auf dem südamerikanischen Kontinent zu verkaufen.
Doch längst nicht alles lässt sich weiterverwerten. Aber weil es in Chile an politischen Kontrollen fehlt, bezahlen Importeure lokale Fahrer, um die Kleidung illegal in die Wüste zu bringen. „Sie wollen es loswerden und schicken es nach Südamerika“, klagt Juan Jose Saldana. Währenddessen liegt Fast-Fashion-Mode in der spanischen Hauptstadt Madrid voll im Trend. Modedesign-Studentin María Rodriguez Mateo weiß, dass ihr Kaufverhalten schlecht für die Umwelt ist. Dennoch sieht sie die Verantwortung bei den Herstellern: „Wer damit Geld verdient, sollte auch Lösungen anbieten.“ (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Mi. 05.04.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Di. 04.04.2023 arte.tv Neues Leben für ein Bergdorf – Corippo darf nicht sterben
Folge 1059 (32 Min.)Clarina Scettrini ist 87, die älteste Einwohnerin von Corippo. Nie wollte sie wegziehen von hier, auch wenn es immer verlassener um sie herum wurde, die Jungen wegzogen, die Alten starben. Gerade einmal sieben Personen leben noch in Corippo. Das Schweizer Dorf im Tessiner Varzascatal ist vom Aussterben bedroht. Niemand hat mehr Lust auf ein beschwerliches Leben in viel zu kleinen und dunklen Häusern. Zur Mitte des 19. Jahrhunderts lebten hier über 300 Menschen, meist Bergbauern, die von der Wanderwirtschaft lebten. 1950 waren es nur noch 70. Als Clarina Scettrini hier zu Schule ging, waren sie noch 14 Kinder im Ort und das Glöcklein in der Schule läutete in der Früh zum Unterricht.
Die Schule machte bald dicht, dann die Post, dann der kleine Laden. Seit bald 50 Jahren steht Corippo unter Denkmalschutz, ebenso lang denkt man darüber nach, was zu tun ist, damit das Dorf nicht stirbt oder zumindest nicht noch kleiner wird. Sieben Millionen Franken gab es damals für Erhalt und Revitalisierung. Corippo, so spottete man, sei das reichste Dorf der Schweiz. Doch die Hoffnung, dass Leute hier wieder sesshaft werden, hat man bald wieder aufgegeben.
Jetzt zieht trotzdem eine junge Familie nach Corippo, um ein ganz besonderes Hotel zu führen: ein Albergo Diffuso – eine „verstreute Herberge“ – verlassene Häuschen – sogenannte Rustici – werden zu Hotelzimmern umgebaut, die engen Gassen bilden den Hotelkorridor, die ehemalige Osteria dient als Rezeption. Die Idee stammt aus Italien und soll das Dorf zu neuem Leben erwecken. Nicht allen im Dorf gefällt dieser Plan. Was passiert mit Corippo, wenn nur noch Touristen dort verkehren? Mit kritischem Blick beobachten die Einheimischen jede Veränderung an ihrem Dorf. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Do. 06.04.2023 arte Allein gegen die Krake – Die Mafia im Visier der Priester
Folge 1060 (30 Min.)Gleich zu Beginn seines Pontifikats erklärte Papst Franziskus der Mafia den Krieg: in einer Rede vor einer riesigen Menschenmenge in Kalabrien, der Heimatregion der ’Ndrangheta. Dies bedeutete einen radikalen Sinneswandel, denn bis in die 1990er Jahre hinein war die Mafia ein Tabuthema für den Vatikan. Doch durch die Komplizenschaft der Kirche konnten die Mafiosi ihre Macht lange offen zur Schau stellen und im Gewand von ehrenwerten, frommen Bürgern auftreten. Wer sind die Männer, die diesen angekündigten Kampf vor Ort führen? ARTE Re: hat Menschen getroffen, die im Namen der Religion und des Heiligen Stuhls täglich dafür kämpfen, Italien von der „Krake“ zu befreien.
Einer von ihnen ist Don Luigi Ciotti, ein enger Vertrauter des Papstes. Seit 1995 kämpft er mit seiner Organisation „Libera“ gegen die Mafia und deren tiefe Verankerung in der italienischen Bevölkerung und Gesellschaft. Der Turiner Kirchenmann koordiniert heute unter dem Dach von „Libera“ mehr als tausend Vereine und Bürgerinitiativen, die in ganz Italien gegen die Mafia mobil machen. Seit er 2021 an die Römische Kurie, die Regierung der römisch-katholischen Kirche, berufen wurde, reist er das ganze Jahr über landauf und landab, um Opfer des organisierten Verbrechens und Anti-Mafia-Kämpfer zu unterstützen.
Außerdem finanziert Luigi Ciotti mit „Libera“ seit einigen Monaten ein Schutzprogramm für Mitglieder von Mafia-Familien, die sich von der „Krake“ befreien wollen. ARTE Re: zeigt eine kalabrische Mutter und ihre Kinder, die Pater Ciotti unter seine Fittiche genommen hat. In dem am Stadtrand von Neapel gelegenen Scampia, dessen Pyramiden-Architektur das Dekor der TV-Serie „Gomorrha“ abgab, hat die Camorra in den letzten Jahren an Einfluss verloren – vielleicht dank der Arbeit von Don Aniello Manganiello.
In diesem Brennpunktviertel bietet der „kleine“ Priester der kriminellen Organisation seit 1994 die Stirn. Der heute 68-jährige Pater Manganiello hat Personenschutz trotz zahlreicher Morddrohungen stets abgelehnt. Seine Devise lautet „Jesus ist stärker als die Camorra“. Er vervielfacht die sozialen Aktionen, um die Jugendlichen und die Schwächsten der Gesellschaft aus den Klauen der Camorra zu befreien. Obwohl sich die kriminelle Organisation unauffälliger verhält, ist sie nach wie vor äußerst mächtig, und jedes Jahr fallen ihr in Scampia Menschen zum Opfer.
Etwas weiter in Kampanien, inmitten der Büffelzuchtbetriebe, denen die Region ihr „weißes Gold“ in Form des Mozzarellakäses verdankt, leitet Massimo Rocco die Käsereigenossenschaft „Le terre di Don Peppe Diana“,benannt nach einem von der Mafia ermordeten Priester. Als Symbol von Luigi Ciottis Netzwerk „Libera Terra“ wurde Massimos Bauernhof auf dem Grund und Boden errichtet, den die Justiz bei einem historischen Paten der neapolitanischen Mafia namens Michele Zaza beschlagnahmte. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Di. 11.04.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Mi. 05.04.2023 ZDFmediathek Eine Chance für Kinder: Paten für ein besseres Leben
Folge 1061 (32 Min.)Hamburg, Stadtteil Dulsberg. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Wohnungen winzig, viele Familien sind auf staatliche Hilfe angewiesen. Alle zwei Wochen holt Filiz die sechsjährige Begüm hier bei ihrer Mutter ab. Die ist alleinerziehend, seit Begüms Vater an Krebs gestorben ist. Filiz und Begüm gehen zusammen Eis essen, auf den Spielplatz, ins Museum oder erkunden Hamburg. Filiz und Begüm kennen sich erst seit kurzem, doch die 44-jährige Angestellte hat sich dazu entschlossen Begüm als „Weggefährtin“ zu unterstützen Hajo und der elfjährige Asmen treffen sich seit mehr als drei Jahren, an jedem zweiten Samstag.
Meist fahren sie raus ins Grüne oder an den Elbstrand. Asmen hat einen großen Bewegungsdrang, den er in der kleinen Wohnung in Altona nicht ausleben kann. Asmens Mutter ist alleinerziehend. Sie arbeitet als Krankenschwester, macht viele Nachtschichten und hat selten Zeit für Ausflüge. Hajo ist Rentner und begeisterter Rennradfahrer, ist bereits von Hamburg nach Istanbul geradelt. Das Projekt „Yoldaş“ – Türkisch für Weggefährtin bzw.
Weggefährte – der Bürgerstiftung Hamburg hat die ungewöhnlichen Paare zusammengebracht. Die Idee: Sozial benachteiligte Kinder mit türkischen Wurzeln sollen über mindestens ein Jahr von einem ehrenamtlichen Erwachsenen begleitet werden. Unter ihnen ist das Armutsrisiko besonders groß, vor allem bei Kindern alleinerziehender Mütter. Ihre Bildungschancen sind dadurch deutlich schlechter. Für viele der Kinder und Jugendlichen bleiben Urlaub, Kirmes oder Museum lange Fremdbegriffe. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Mi. 12.04.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Di. 11.04.2023 arte.tv Aufstand der Klimaschützer – Stresstest für die Gesellschaft
Folge 1062 (32 Min.)In ganz Europa wollen Umweltaktivistinnen und -aktivisten die Politik durch zivilen Ungehorsam zu einem klimafreundlicheren Handeln zwingen. In Spanien ist die Gruppe „futuro vegetal“ aktiv. Im vergangenen Jahr klebte sich die 20jährige Studentin Alba im Prado-Museum in Madrid an einem Goya-Gemälde fest. Nun will sie zusammen mit anderen Aktivistinnen und Aktivisten das Rednerpult im Parlament besetzten. Viele Spanier können die Aktionen der Gruppe nicht nachvollziehen, die Straßenblockaden scheinen die meisten einfach nur zu nerven. Die 23-jährige Dina wohnt in Lützerath.
Dem Ort am Tagebau Garzweiler droht – trotz massiven Widerstands – das endgültige Aus. Sollte das Camp geräumt werden, wird Dina nicht freiwillig gehen und nimmt dafür eine Festnahme in Kauf. „Klar respektiere ich die Demokratie, aber wir haben nun alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Nur auf der Straße zu demonstrieren, reicht nicht mehr.“ Gegen Irma laufen bereits drei Strafanzeigen, doch das hindert die 26-Jährige nicht daran, weiter bei Aktionen von „Letzte Generation“ mitzumachen. Für die Studentin steht fest: „Klimaschutz ist kein Verbrechen“.
Ihre Mitstreiterin Zoe gehört zum Rechtsteam der Organisation und begleitet Mitglieder vor Gericht. „Wir stehen auf der richtigen Seite, wir kämpfen für eine Zukunft ohne Klimakatastrophen.“ Allein in Berlin wurden gegen die „Letzte Generation“ im vergangenen Jahr mehr als 2.500 Strafanzeigen gestellt. Und immer öfter verurteilen Richter die jungen Menschen zu Geldstrafen oder genehmigen eine Präventivhaft. Die von den Aktionen Betroffenen reagieren inzwischen oft aggressiv. Bei Straßenblockaden kommt es immer häufiger zu Auseinandersetzungen. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Do. 13.04.2023 arte Die A380 kommt zurück: Aufwecken eines Riesenfliegers
Folge 1063 (32 Min.)Von der Corona-Krise hat sich die Luftfahrt trotz der Klimadiskussion rasend schnell erholt. Plötzlich wird jedes Flugzeug gebraucht. Selbst die ausgemusterten A380, vierstrahlige Riesenflieger, kommen zu einem unerwarteten Comeback. Wenige Tage, nachdem die Lufthansa entschieden hat, einen Teil ihrer A380-Flotte in den Betrieb zurückzuholen, geht ein heftiger Hagelsturm am Abstellplatz der Flugzeuge in Spanien nieder und ramponiert die millionenteuren Maschinen. Trotz der Schäden sollen vier Flugzeuge im Juni 2023 wieder in Betrieb gehen. Ein gewaltiges Vorhaben. Technisch, aber auch organisatorisch. Die meisten A380-Piloten hatte die Lufthansa bereits auf andere Typen umgeschult oder in den Vorruhestand geschickt.
90 Piloten müssen nun neu für die A380 bei Lufthansa angelernt werden. Nur mit Sondergenehmigung und ausgefahrenem Fahrwerk darf das größte Passagierflugzeug der Welt vom spanischen Teruel zur Flugwerft nach Frankfurt überführt werden. Allein dafür übt die Cockpit-Crew vier Tage im Simulator. Nach der ersten Wartungsrunde in Frankfurt geht es weiter nach Manila, wo in 4.000 Arbeitsstunden die Kabinen für die Passagiere hergerichtet werden. Während sich viele Passagiere auf das zweite Leben des komfortablen Riesenfliegers freuen, sehen sich Mechaniker, Flugingenieure und Piloten vor einer ungekannten Herausforderung: Das größte Flugzeug der Welt soll wieder sicher in die Luft gehen. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Fr. 14.04.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Do. 13.04.2023 arte.tv Ein Paradies in Gefahr? – Luxusresorts in Portugal
Folge 1064 (32 Min.)Was haben Jeff Bezos und der umsiedlungsgefährdete Gärtner Mario Sobral gemeinsam? Beide besuchen denselben Zeitungskiosk in Comporta. Das kleine Dorf, in dem etwa 1.000 Menschen leben, liegt an der Küste von Alentejo. Die einstmals unberührte Küstenregion, die bisher größtenteils vom Tourismus verschont geblieben ist, wurde zum neuen Traumziel der Reichen und Berühmten. Die neuen Luxusressorts werden mit den Vorzügen des Ökotourismus beworben, doch die lokale Bevölkerung sieht die Lage kritisch. Maria-Teresa Santos gehört zu einer Gruppe von Menschen, die gegen die Schaffung der Fünf-Sterne-Betonlandschaft kämpfen.
Als Kind hat die Forstingenieurin jeden Urlaub in der Region verbracht. Um die Zerstörung der Natur und die Privatisierung der Küste aufzuhalten, hat sie die Bewegung Dunas Livres gegründet. Sie dokumentiert Vergehen bei den Baumaßnahmen in den Naturschutzgebieten und kritisiert die vorgebliche Umweltbewusstheit der Ressorts als Greenwashing. Andere, wie der renommierte Architekt Miguel Cancio Martins, verteidigen den ökologischen Charakter der neuen Komplexe voller Überzeugung.
Schon als Kind träumte er davon, ein Hotel in der Region zu eröffnen. Nun ist es soweit: Quinta da Comporta ist eines der ersten Luxus-Öko-Hotels. Miguel hat viel getan, um die Schadensbilanz seines Hotels auf die Natur zu begrenzen. Er ist davon überzeugt, dass dieses Modell zukunftsweisend für die Region ist. Doch bereits jetzt ist der Einfluss auf die Natur spürbar. So verringerte sich der Wasservorrat durch die Schaffung von Golfplätzen und Poolanlagen.
Luis Dias ist Eigentümer eines Landwirtschaftsbetriebs, der zu den größten der Küstenregion zählt: 800 Hektar, die seit fünf Generationen in Familienhand sind. Für ihn ist die Lage eindeutig: Der Grundwasserspiegel sinkt und die Kulturen vertrocknen. Doch er weigert sich, sein Land zu verkaufen und passt sich an die neue Situation an, indem er eigene Gästezimmer anbietet. Er gehört zu den wenigen, die dem Druck der Bauunternehmen standhalten. Während immer mehr ausländisches Geld nach Comporta fließt, verlassen immer mehr Menschen ihre Heimatregion. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Mo. 17.04.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Di. 13.12.2022 arte.tv Das Dorf der Hässlichen – Piobbico rebelliert gegen den Schönheitskult
Folge 1065 (32 Min.)Jedes Jahr im September nimmt Giannino Aluigi ordentlich Fahrt auf. Der Präsident des „Clubs der Hässlichen“ hat einen Ruf zu verteidigen. Sein „Club dei Brutti“ zählt schließlich 32.000 Mitglieder aus der ganzen Welt. Und von denen reisen viele begeistert – und mit hohen Erwartungen – alljährlich zum „Festival der Hässlichen“ mit seinen farbenprächtigen Paraden, mit Wein, Tanz und Gesang. Unbestrittener Höhepunkt: die Wahl des hässlichsten Mannes Italiens. Die Abstimmung geht mit Humor und einem leichten Augenzwinkern über die Bühne. Denn niemand muss sich schlecht fühlen, finden sie in Piobbico, weil er oder sie nicht den absurd hohen Schönheitsstandards der Mehrheitsgesellschaft entspricht.
Eine skurrile Geschichte mit ernstem Hintergrund – denn neben Giannino Aluigi, dem gutgelaunten Präsidenten, trifft das Team auch Menschen wie „Poldo“ Isabettini, den ein Unfall schwer gezeichnet und der äußerlich wie innerlich tiefe Narben davongetragen hat. Poldo ist stolz darauf, der „Hässlichste Mann Italiens“ zu sein und will sich in Piobbico zur Wiederwahl stellen. Den Titel verteidigt er nicht nur aus sportlichem Ehrgeiz – es ist für ihn auch eine Frage der Selbstbehauptung. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Di. 18.04.2023 arte Klimaschutz oder Krawall? – Der Widerstand der „Letzten Generation“
Folge 1066 (32 Min.)Eigenen Angaben zufolge hat die „Letzte Generation vor den Kipppunkten“, wie sie sich genau nennt, mehr als 1.300 Blockaden im ganzen Land organisiert. Allein in Berlin wurden deshalb bislang über 1.000 Gerichtsverfahren eingeleitet. Maja Winkelmann (23) klebte schon oft auf der Straße, stand mehr als 20 Mal vor Gericht und verbrachte insgesamt mehr als drei Wochen im Gefängnis. Die ehemalige Studentin ist überzeugt: „Wir alle sind die letzte Generation, die den Klimawandel noch aufhalten kann. Schon in wenigen Jahren werden Kipppunkte erreicht sein, die die Vernichtung unserer Erde unumkehrbar machen.
Deswegen bin ich im Widerstand“. Auch Majas Schwester Lisa (20) und ihre Eltern engagieren sich. Vater Boris Winkelmann ist stolz auf seine Töchter, er selbst hat sich auch schon auf die Straße geklebt. Auch Mutter Claudia Böhret-Winkelmann unterstützt die Letzte Generation. „Um mich auf die Straße zu kleben, bin ich aber nicht mutig genug“, sagt sie. Am Anfang der Bewegung stand der Hungerstreik von Henning Jeschke (23) und anderen im Herbst 2021. Der Greifswalder gehört zum sogenannten Kernteam der Organisation.
Jeschke und seine Verbündeten leben von Spenden und haben ihr Leben vollständig dem Widerstand gewidmet. „Wir müssen uns auf diese Weise engagieren“, sagt er. „Jede andere Protestform blieb bislang wirkungslos. Wir tun das nicht gerne, aber wir haben keine andere Chance, auf die Politik einzuwirken, dass sie den fossilen Wahnsinn stoppt“. Wie Maja Winkelmann vermisst auch Politikstudent Jeschke nichts von seinem alten Leben und ist überzeugt, das einzig Richtige zu tun. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Mi. 19.04.2023 arte Krank und unversorgt – Ärztemangel in Frankreichs Dörfern
Folge 1067 (32 Min.)In den sogenannten medizinischen Wüsten Frankreichs ist es schwierig, Zugang zu medizinischer Versorgung zu erhalten. Es ist schwierig, einen Facharzt aufzusuchen, wenn man in einem kleinen Dorf wohnt, kein Auto hat und Dutzende Kilometer bis zur nächsten Stadt zurücklegen muss. Es ist schwer zu überleben, wenn man Bauer ist, eine mickrige Rente hat, arbeitslos ist oder seit vielen Jahren krank. Das obere Aude-Tal erstreckt sich über drei Departements: Aude, Ariège und Pyrénées Orientales. Die Landschaft ist spektakulär und idyllisch, doch das Gebiet gehört zu den am stärksten benachteiligten Departements: Die Arbeitslosenquote ist hoch, und die veraltete Landwirtschaft hat Schwierigkeiten, sich zu wandeln. Im Hochtal der Aude kämpfen Gesundheitsmediatoren, Ärzte und Hilfsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen dafür, dass die Ärmsten ihr Recht auf eine Gesundheitsversorgung endlich wieder wahrnehmen können. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Do. 20.04.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Mi. 19.04.2023 arte.tv Wettlauf zum Mond – Countdown für Europas Astronauten
Folge 1068 (32 Min.)„Wir sind die Generation europäischer Astronauten, die die meiste Zeit auf der internationalen Raumstation verbracht hat“, sagt Thomas Pesquet; „Wir haben Rekorde gebrochen. Ich sage das nicht um anzugeben, wir sind qualifiziert für den Mond“. Er steht auf dem Gelände der NASA in Cape Canaveral, am Horizont steht die mächtigste Rakete der Welt auf der Abschussrampe. Sein Kollege Matthias Maurer läuft durch eine künstliche Mondlandschaft in einer Luxemburger Eventhalle. „Jeder Astronaut träumt davon, über den Mond zu laufen“, sagt er. Demnächst wird es ein Mond-Trainingszentrum in Köln geben – er ist Projektleiter. Wer der erste Europäer sein wird, der einen Fuß auf die Mondoberfläche setzt, entscheidet ihr Chef, der ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher.
Die europäische Weltraumagentur hat sieben aktive Flugastronauten, die schon auf der ISS waren. „Die Wahrscheinlichkeit, dass einer von ihnen zum Mond fliegt, ist hoch“, sagt Aschbacher. Namen nennt er noch nicht – es gibt nur drei Plätze bis zum Ende des Jahrzehnts. Der Astronauten-Alltag auf der Erde ist durchgetaktet: Sie sind permanent unterwegs, sind gleichzeitig Wissenschaftler und Sprachrohr der ESA. Sie werben bei Politik und Wirtschaft für Investitionen – Faszination All – das zieht. „Wir sind die Traumbotschafter der Weltraumagentur“, sagt Matthias Maurer. Und täglich werden sie gefragt, wer denn nun der erste auf dem Mond sein wird – nicht nur sie warten gespannt auf die Antwort … (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Fr. 21.04.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Do. 20.04.2023 arte.tv Sea, War and Sun – Ein bulgarischer Badeort in Kriegszeiten
Folge 1069 (32 Min.)Bulgarien gehört zu den wenigen Ländern der EU, in denen prorussische Demonstrationen organisiert wurden. Gleichzeitig unterstützt Bulgarien seit Kriegsbeginn die Sanktionen gegen Moskau. Außerdem hat das Land mehr als 100.000 Geflüchtete aufgenommen, die meisten davon in Hotels an der Küste – wie in Pomorie. Unter ihnen sind Svetlana und zwei ihrer Kinder. Ihr ältester Sohn ist 20 Jahre alt und konnte die Ukraine nicht verlassen. Nachdem sie kostenlos in einem Hotel untergebracht wurde, arbeitet sie für einen geringen Lohn als Putzfrau und möchte Bulgarien verlassen. Sie fürchtet sich, russischen Gästen zu begegnen, die Putins Politik unterstützen – wie Natalia, der eine Wohnung in der Küstenstadt gehört.
Sie kommt jeden Sommer mit ihrer Familie hierher, auch dieses Jahr und trotz der Probleme, die sie beim Reisen wegen der Sanktionen gegen Russland hatte. Doch es gibt in Pomorie auch Russinnen und Russen, die vor Putins Politik geflohen sind. Unter ihnen Lena und Mihai: Die beiden unterstützen Geflüchtete seit Monaten bei der Essensausgabe und bei Behördengängen. In dieser gespaltenen Stadt leben ukrainische Geflüchtete, regimetreue und regimefeindliche Russinnen und Russen Seite an Seite. Sie begegnen sich Tag für Tag – und gehen sich tunlichst aus dem Weg. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Mo. 24.04.2023 arte Deutsche Streaming-Premiere Mo. 19.12.2022 arte.tv Kinderkliniken am Limit – Hochleistung trotz Dauerstress
Folge 1070 (32 Min.)Ein kleiner Junge mit Verdacht auf einen Gehirntumor, ein an Lungenentzündung erkranktes Mädchen mit Atemnot, eine Jugendliche mit aufgeritzten Armen und Suizidgedanken – all das ist Alltag in der Notaufnahme der Kinderklinik in Darmstadt. Saskia Wunderlich arbeitet hier als Oberärztin und schafft es, selbst in Extremsituationen Ruhe zu bewahren und Kindern und Eltern ein Gefühl von Sicherheit zu geben. Die Gesundheit und das Wohlbefinden der kleinen Patientinnen und Patienten haben Priorität. Doch das sorgt immer häufiger dazu, dass das Personal an der Belastungsgrenze arbeitet.
„Es gibt Tage, da macht man keine Pause. Da geht man das erste Mal nachmittags auf Toilette“, sagt die Kinderärztin. „Irgendwann kommt man dann körperlich an seine Grenzen. Auch wir sind nicht Superwoman.“ Rund die Hälfte aller Krankenhäuser schrieben 2022 rote Zahlen. Kinderkliniken stehen besonders unter Druck, denn Kinder brauchen Zeit und Zuwendung und das wird nicht angemessen honoriert. Je mehr Betten abgebaut werden, je mehr Kliniken schließen, desto größer wird die Belastung in den Krankenhäusern, die bleiben.
Christian Arzt arbeitet seit rund zwei Jahren als Kinderkrankenpfleger in Darmstadt. Besonders im Winter leiden er und seine Kolleginnen unter dem beruflichen Stress. „Grundsätzlich macht der Beruf sehr viel Spaß. Aber die Rahmenbedingungen müssen angepasst werden.“ Noch sorgen Pflegekräfte und das medizinische Personal dafür, dass die kleinen Patientinnen und Patienten gut aufgehoben sind und angemessen versorgt werden. Doch auf Dauer können sie die Mängel im System nicht abpuffern. (Text: arte)Deutsche TV-Premiere Di. 25.04.2023 arte
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