2016, Folge 877–891

  • Folge 877 (30 Min.)
    Der Wiedereinstieg in das Arbeitsleben, gerade nach einer schweren Erkrankung, bedeutet für viele Menschen eine große Hürde. Wie geht ihr Leben weiter? Wie lässt es sich noch sinnvoll gestalten? Die Patienten haben Angst vor einem wirtschaftlichen Abstieg, vor finanziellen Engpässen. Rainer G. und Katharina H. sind beide nur noch eingeschränkt arbeitsfähig. Vollzeit geht nicht mehr. Rainer G. versucht, sich mit kleinen Jobs über Wasser zu halten. Er ist Ende 40, ist hochqualifiziert. Er hat Chemie studiert, Pharmazie abgeschlossen, ein kleines Software-Unternehmen gegründet.
    60 Stunden die Woche war seine übliche Arbeitszeit. Er war erfolgreich, vor Aufträgen konnte er sich kaum retten. Auch privat ging es ihm gut – Frau, drei Söhne. Ein Leben auf der Überholspur. Dann kam die Diagnose, die alles veränderte: Leukämie. Jahrelang kämpfte er gegen den Krebs, den er schließlich überwand, doch sein Leben ist inzwischen ein anderes. Nach einer langen Chemotherapie ist Rainer G. nicht mehr so leistungsfähig wie früher. Mehr als 20 Stunden die Woche kann er nicht mehr arbeiten. Die Firma musste er abgeben, die Familie brach auseinander.
    Aufgrund seiner Ersparnisse konnte er sich die vergangenen Jahre mit kleinen Computer-Jobs durchschlagen. Doch nun sind seine finanziellen Reserven aufgebraucht, es muss dringend etwas passieren. Trotz vieler Bewerbungen erhielt er immer wieder Absagen. Könnte er Vollzeit arbeiten, sähe es besser aus, meint Rainer G., doch das schafft er nicht mehr. Eine Studie belegt, dass jüngere Krebspatienten dreimal häufiger unter finanziellen Engpässen leiden als Gesunde in ihrer Altersgruppe – fatal auch für ihr Selbstbewusstsein.
    Wie kann diesen Menschen der Wiedereinstieg in das Berufsleben erleichtert werden? Auch Katharina H. aus Brandenburg konnte sich vor Arbeit kaum retten. Die Betriebswirtin war verantwortlich für die Finanzen eines Start-up-Unternehmens, gleichzeitig kümmerte sich die alleinerziehende Mutter um ihre zwei Kinder. Zeit war ein kostbares Gut für Katharina H.. Als das Unternehmen seinen Firmensitz vor drei Jahren ins Ausland verlegte, suchte sie sich eine neue Stelle. Bevor sie mit der neuen Arbeit beginnen wollte, nahm sie sich etwas Zeit für ihre Kinder, dann kam die Erkrankung.
    Ihre neue Stelle trat sie nie an. Sie musste sich einer langen Krebstherapie unterziehen. Solange sie Krankengeld bezog, das waren 78 Wochen, ging es ihr ganz gut. Enger wurde es mit dem Arbeitslosengeld, und jetzt mit Hartz IV ist es sehr knapp. Hätte sie nicht ihre Schwester, die sie gelegentlich unterstützt, sie käme kaum über die Runden. „37°“ begleitet Katharina und Rainer, die ihre Krankheit in den Griff bekommen haben, in ihrem Bemühen, beruflich wieder Fuß zu fassen. Dabei geht es nicht nur um finanzielle Absicherung, sondern auch um ein würdiges Leben. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 12.07.2016ZDF
  • Folge 878 (30 Min.)
    Stefanie sucht verzweifelt einen Ausweg. Ihr Mann ist seit zehn Jahren alkoholabhängig. Sie hat ihn einst aus Liebe geheiratet, jetzt lässt er sich nicht helfen. Was soll sie tun? „Wir waren glücklich“, sagt die 37-jährige Mutter von zwei Kindern. Doch wenn sie nach einem langen Arbeitstag die Tür zu ihrer Wohnung aufschließt, hat sie Angst: „Ich kriege sofort kalte Schweißausbrüche.“ In welchem Zustand wird sie ihn diesmal vorfinden? Stefanies Mann ist in schwer alkoholisiertem Zustand unberechenbar: mal das heulende Elend, mal gewalttätig. Stefanie erträgt das jeden Tag, seit Jahren.
    Schon lange hat sie kein eigenes Leben mehr. Warum tut sie sich das an? Erst ist sie geblieben, um ihre Kinder Julia und Florian nicht aus dem gewohnten Umfeld zu reißen. Nun bleibt sie aus Sorge um ihren schwer suchtkranken Mann, der ohne ihre Hilfe in der Gosse landen würde. So wie Stefanie leben viele tausend Angehörige von Alkoholikern in Deutschland. Sie werden ungewollt zu Komplizen der Suchtkranken. Sie sind „co-abhängig“. Nach außen versuchen sie oft jahrelang, die Fassade der „heilen Familie“ aufrechtzuerhalten. Nach innen wollen sie die Hoffnung nicht aufgeben, dass der alkoholkranke Partner durch ihre Hilfe doch noch die Kurve kriegt.
    Ein Trugschluss, wie Frauke K. erkannt hat: „Man übernimmt da immer mehr Aufgaben und belastet sich damit. Aber eigentlich ist das nicht richtig. Und irgendwann wird das einfach alles zu viel.“ Frauke erzieht ihre Kinder Max und Maike quasi im Alleingang. Mehrfach hat sie ihrem Mann Markus angedroht, ihn zu verlassen. Und ist geblieben. 15 Jahre hängt er an der Flasche, arbeitet betrunken – als Dachdecker! Erst als er kurz davor ist, seinen Job zu verlieren, wacht Frauke auf und stellt ihn endgültig vor die Wahl: „Der Alkohol oder deine Familie!“ Damit beginnt für beide ein langer, schmerzhafter Weg, auf dem Frauke klar wird: Sie hat über die Jahre ihre eigenen Bedürfnisse vollkommen ignoriert und verlernt zu fragen, was gut für sie selbst ist.
    Auch Stefanie will ihr Leben ändern. Die Kinder Julia und Florian haben das Elternhaus gerade verlassen. Und die 17-jährige Julia meint inzwischen: „Papa will sich nicht helfen lassen. Mama muss gehen!“ Wird Stefanie die Kraft finden, diese Entscheidung zu treffen, um so wenigstens ihr eigenes Leben zu retten? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 19.07.2016ZDF
  • Folge 879 (30 Min.)
    Sie haben, wovon viele träumen: Erfolg, Geld, Ansehen. Einen Beruf, um den sie viele beneiden. Doch was, wenn sich der vermeintliche Traumjob als Albtraum herausstellt? Der Film zeigt Menschen, die tief enttäuscht sind von dem, was sie als berufliche Erfüllung angesehen haben. Die sich fragen, wie sie umgehen sollen mit der Ernüchterung, den veränderten Bedingungen, dem steigenden Druck. Jürgen Röthig war fast drei Jahrzehnte in der Finanzbranche tätig. Seine Karriere verläuft wie im Bilderbuch, mit Mitte 30 wird er Partner bei einer Frankfurter Privatbank.
    Innerhalb von drei Jahren stellt er 130 Mitarbeiter ein. Und muss sie dann im Zuge der Bankenkrise alle wieder entlassen. Doch mit diesem ersten Albtraum nicht genug. Röthig findet einen neuen Job, wird Managing Director bei der Deutschen Börse. Er, der aus einfachen Verhältnissen kommt, hat es geschafft. Er fährt ein dickes Auto, macht teuren Urlaub, wird von vielen bewundert – und beginnt sich zu langweilen. „Ich war überhaupt nicht ausgelastet und habe mich gefühlt wie im goldenen Käfig.
    Ich hatte Zeit im Büro zu verbringen, weil ich eben der Vorgesetzte war, die aber nicht mit Inhalt gefüllt war.“ Bore-out nennen Experten diesen Zustand der ständigen Unterforderung. Über drei Jahre verbringt Röthig so. Immer sinnloser erscheint ihm, was er tut. Auch Matthias Krüger hinterfragt seinen vermeintlichen Traumjob. Er ist Chirurg, das Bild vom Halbgott in Weiß ist bis heute in vielen Köpfen verankert. Im tatsächlichen Berufsalltag ist davon aber nichts mehr zu spüren.
    Statt am Patienten zu arbeiten, wie es die Idee von Krüger war, verbringt er einen großen Teil seiner Zeit damit, bürokratischen Ansprüchen gerecht zu werden. „Ich bin ständig mit Dokumentation und Rechtfertigung beschäftigt. Der Patient ist nur noch eine Nummer. Das hat mit dem, was ich mal machen wollte, nicht mehr viel zu tun. Ich bin nicht Ökonom geworden, sondern Mediziner, muss jetzt aber ständig darüber nachdenken, ob das, was ich im OP tue, finanziell tragbar ist.“ Der ständige Stress durch die langen Dienste schlägt auch aufs Privatleben.
    Zu Hause warten seine Frau und drei kleine Töchter auf ihn. Er ist hin und her gerissen zwischen den Ansprüchen der Familie und denen der Patienten. „Ich weiß nicht, wie ich das auf Dauer aushalten soll“, so der Magdeburger. Schlafstörungen hat er jetzt schon, oft ist er erschöpft, seine Frau fragt immer häufiger, warum er so angespannt sei. „Bis zur Rente kann es so auf keinen Fall weitergehen.
    Und die Bedingungen in den Krankenhäusern werden ja immer schlimmer.“ Isabella Wirth denkt gerne an die frühen 90er Jahre zurück. Damals ist sie eine gefeierte Fotografin. Eine der ersten, die auf die Idee kommt, normale Menschen wie Models zu fotografieren. Die Kunden stehen Schlange, diverse Medien berichten über ihren neuen Ansatz. Wirth ist auf der Erfolgswelle, lebt ihren Traum. „Das war toll damals, da wurde man als Fotograf noch ernst genommen“, sagt sie.
    „Heute, wo jeder mit Photoshop Bilder nach Belieben verändern kann, ist die Wertschätzung für die Fotografie verloren gegangen.“ Die Bedingungen haben sich drastisch verändert. Die Konkurrenz ist größer, die Preise sinken immer weiter. „Heute nennen sich ja schon Leute Fotograf, nur weil sie eine Digitalkamera halten können. Wer hat denn noch Ahnung von richtiger Beleuchtung und den Blick für ein Gesamtbild?“ Sie fühlt sich in ihrem Berufsethos angegriffen, bezeichnet das, was sie einst mit so viel Leidenschaft und Liebe getan hat, mittlerweile als Albtraum.
    Jetzt sucht sie nach neuen Bereichen der Fotografie, die ihr die Arbeit wieder schmackhaft machen könnten. Und immer mehr wendet sie ihren Fokus nach innen, auf ihre Persönlichkeitsentwicklung und die Frage, wo, wenn nicht in der Arbeit, sich Sinn finden lässt. Matthias Krüger denkt darüber nach, irgendwann aus der Patientenversorgung auszusteigen. Lieber eine Hierarchiestufe abzusteigen, aber dafür Lebensqualität zu gewinnen.
    Doch so weit, radikale Konsequenzen zu ziehen, ist er noch nicht. Noch kämpft er für seinen Traum, engagiert sich in der Freizeit für den Chirurgen-Nachwuchs, spricht auf Kongressen, macht Lobbyarbeit. „Wir müssen die Bedingungen verändern, damit Chirurg zu sein wieder der Traumberuf wird, der er mal war.“ Ganz neu angefangen hat Jürgen Röthig. Die ehemalige Führungskraft der Frankfurter Börse legt eine Kehrtwende hin, schmeißt den sicheren Job, macht eine Ausbildung zum Heilpraktiker und eröffnet eine eigene Praxis.
    Mit Mitte 40 glaubt er, endlich das Richtige gefunden zu haben. Doch nach dem mutigen Schritt kommt die große Enttäuschung: Die Patienten bleiben aus. Zweieinhalb Jahre kämpft Röthig ums Überleben als Heilpraktiker. Wieder scheint sich der Traum zum Albtraum zu entwickeln. Wieder ist die Zukunft unklar. Was tun, wenn der Beruf keine Erfüllung mehr bringt, sondern Tag für Tag zum Kampf wird? An der Hoffnung festhalten oder der Realität ins Auge schauen? Neu anfangen oder durchhalten? „37°“ zeigt drei Menschen auf der Suche nach Antworten. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 26.07.2016ZDF
  • Folge 880 (30 Min.)
    Gefährliche Einsätze, jeden Tag Konfrontation mit Kriminalität: der Alltag von Polizistinnen. Doch Aggressionen und Gewalt nehmen zu. Wird ihr Traumberuf zum Albtraum? Helm, Handschellen und Pistole, die Grundausstattung der Polizistinnen Maren, Alex und Celina. Sie sind keine Exotinnen mehr, doch im Kampf für Recht und Ordnung müssen sie zunehmend gegen Respektlosigkeit, Bürokratie und Personalmangel kämpfen. Drogendelikte, häusliche Gewalt, Einbrüche, Straßenkontrollen, Demonstrationen – das Aufgabengebiet von Polizistinnen ist vielfältig. Alex (45), Maren (36) und Celina (26) sind drei von insgesamt 47 460 Frauen, die bundesweit bei der Polizei arbeiten.
    18,2 Prozent der Polizeibeamten sind mittlerweile weiblich. Damit sind Frauen in der Männerdomäne angekommen, obwohl der Beruf viele Gefahren mit sich bringt und die Anforderungen steigen. Denn mit wachsender Kriminalität und Gewalt nimmt die Erwartung der Bevölkerung nach mehr Sicherheit zu. Nach Schätzungen der Polizeigewerkschaft fehlen aber rund 37 000 Stellen. Die Folge sind Überlastungen und stressige Dienstzeiten. Was ist dennoch „attraktiv“ an dem Beruf, obwohl gerade Frauen mit zunehmender Respektlosigkeit konfrontiert werden? „37°“ begleitet drei Polizistinnen bei ihren Einsätzen und Diensten.
    Vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen erzählen die drei Beamtinnen von ihren täglichen Erfahrungen und Ängsten. Wir beobachten Polizeiarbeit aus weiblicher Sicht. „An die Zunahme der Verrohung kann ich mich auch nach über 25 Dienstjahren nicht gewöhnen.“ Hauptmeisterin Alex M. (45) hat eine Ausbildung zum mittleren Dienst. Ihr Arbeitsplatz seit über 15 Jahren: das Revier Mannheim-Mitte.
    Sie war eine der ersten weiblichen Polizisten und kennt noch die Zeit, in der Frauen „Exotinnen“ waren. Heute ist es selbstverständlich, wenn sie mit einem männlichen Kollegen in ihren Tages- und Nachtschichten unterwegs ist. Die Arbeit auf dem Revier Mannheim-Mitte ist dennoch eine große Herausforderung. Der Ausländeranteil ist so hoch wie kaum an einem anderen Ort in der Republik, viele unterschiedliche Nationen leben hier auf engsten Raum. Wie sind ihre Erfahrungen mit Migranten und Flüchtlingen, wie viel Respekt wird der erfahrenen Polizistin entgegengebracht? Alex M. hat fast alles erlebt, auch Gewalt.
    Würde sie heute noch Polizistin werden? „Zielen und abdrücken verursacht mir immer noch Herzklopfen.“ Maren J. (36) ist Mutter von zwei Söhnen (sieben und vier Jahre alt). Die Hauptkommissarin arbeitet als Streifenpolizistin in Bremen-Nord im Schichtsystem. Ohne ihren Mann allerdings könnte sie ihren Beruf so nicht ausüben. Im Bremer Norden gibt es sowohl soziale Brennpunkte als auch die gut situierte bürgerliche Mitte. Wenn sie sich vor ihrer Schicht von ihren Kindern verabschiedet, ist Maren mitunter nur wenig später in Haushalten, in denen Kinder geschlagen oder missbraucht werden.
    Beschimpfungen der übelsten Sorte gehören zu ihrem Berufsalltag. Wie verkraftet sie diese Erfahrungen, und wie notwendig ist die Balance zwischen professionellem Handeln und Empathie? Um auf alle Situationen richtig reagieren zu können, absolvieren Maren und ihre Kollegen zwei Mal im Jahr ein Schießtraining mit anschließendem Test. „Zwischen den Fronten zu stehen, ist natürlich ein unangenehmes Gefühl.“ Celina P. (26) wollte schon als Kind Polizistin werden.
    Seit über zwei Jahren ist die erfahrene Hauptkommissarin in einer Hundertschaft in Schwerin. Sie ist fast jedes Wochenende im Einsatz: Fußballspiele, Demonstrationen, Veranstaltungen von Pegida. Immer, wenn die Hundertschaft gerufen wird, steht sie in voller Schutzausrüstung ihren „Mann“. Als Gruppenführerin weist sie dann ihre männlichen Kollegen ein, den nötigen Respekt hat sich Celina längst erarbeitet. Und dennoch ist auch sie vor tätlichen Angriffen nicht sicher. Bei einer Demonstration sprang ein Mann direkt auf sie zu und riss sie zu Boden. Sitzt ihr seitdem bei ähnlichen Einsätzen die Angst ständig im Nacken? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 02.08.2016ZDF
  • Folge 881 (30 Min.)
    Sie sind jung, attraktiv, füllen oft mit Schlagzeilen die Boulevardpresse und folgen ihrem fußballspielenden Partner zu jeder Begegnung: Spielerfrauen. Doch ist das alles? „37°“ beleuchtet das Leben von drei völlig unterschiedlichen Frauen aus der Fußballwelt: der prominenten Cathy Hummels, der bodenständigen Seele des „1. FC Union Berlin“, Katja Baumgart – und einer Kennerin der Szene, der Sportmanagerin Samira Samii. Cathy Hummels und Katja Baumgart haben eines gemeinsam: Sie profitieren einerseits vom Bekanntheitsgrad ihres Partners auf dem Rasen, andererseits wollen sie nicht als sein Anhängsel gelten, zeigen, dass sie ihren eigenen Weg gehen und ihnen dies auch gelingt.
    Cathy Hummels (28) aus München wurde durch ihre Beziehung zu Nationalspieler Mats Hummels zum It-Girl unter den Spielerfrauen. Doch sie will mehr: Nach ihrem abgeschlossenen BWL-Studium ist sie gerade dabei, sich als Mode-Expertin zu etablieren. Ihr ist bewusst, dass sie vom Ruhm ihres Mannes profitiert und dass er „Türen geöffnet hat, die sonst nie aufgegangen wären“, wie sie sagt. Aber der Preis für den Erfolg ist hoch. Ein Leben in der Öffentlichkeit bedeutet ein Dasein auf dem Präsentierteller, unter dem Dauerfeuer aus „liken“ – und „haten“ in den Sozialen Netzwerken.
    Da genügt ein verunglückter Clip in ihrem YouTube-Channel. Ein schwerer Weg und ein Lernprozess: Wie viel Öffentlichkeit braucht man, wie viel erträgt man – und wie schnell tritt man in Fettnäpfchen, aus denen man nicht mehr so schnell herauskommt? Die Bezeichnung „Spielerfrau“ empfindet Cathy Hummels als abwertend. Das kann auch Katja Baumgart (44) bestätigen. Die Frau des ehemaligen Zweitligisten Steffen Baumgart ist Mutter von drei Kindern, hat mit ihrem Mann alle Höhen und Tiefen des Profi-Sports durchlebt – und ist den Fans ihres Vereins „1. FC Union Berlin“ ganz nah: Fast täglich steht sie im Fanshop, verkauft Schals und Trikots.
    Dass sie anpacken kann und sich nicht in der Rolle der Ehefrau des Ex-Bundesligaspielers sonnt, davon musste sie die anderen erst einmal überzeugen. Samira Samii (37) ist eine besondere Art von Spielerfrau: nicht in der Rolle der treuen Begleiterin am Spielfeldrand, sondern der knallharten Geschäftsfrau, der einzigen Frau in der Branche der Spielerberater und Sportmanager in Deutschland.
    Sie kennt diese Macho-Welt genau und weiß, mit welchen Vorurteilen Spielerfrauen zu kämpfen haben, muss selbst in ihrem Job immer wieder Stärke zeigen. Sie spricht sechs Sprachen, schloss ihr Tourismusmanagementstudium in München als Jahrgangsbeste ab. Schon als Jugendliche ist sie begeisterter Fan; der bekannte iranische Fußballer Ali Daei, Ex-Spieler von Bayern München, ist ein enger Freund der Familie. „37°“ wirft einen Blick in diese Welt, zu der rund 1500 Spielerfrauen in Deutschland gehören: ein Leben zwischen Aufstieg und Abstieg, zwischen Abglanz vom prominenten Partner – und der Herausforderung, aus seinem Schatten herauszutreten. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 23.08.2016ZDF
    Erstausstrahlung ursprünglich für den 16.08.2016 angekündigt
  • Folge 882 (30 Min.)
    Vorsätzlich schießt Henry-Oliver Jakobs auf zwei Menschen, wird zum Mörder. Heute nutzt er seine kriminellen Erfahrungen und arbeitet in der Prävention mit Jugendlichen. Jakobs wächst auf der Reeperbahn auf. Mit 13 Jahren beginnt er zu hehlen, und immer häufiger löst er Konflikte mit Fäusten und Waffen. 1995 wird er erwischt, sitzt wegen Mordes und versuchten Mordes 19 Jahre im Gefängnis. Dort beginnt seine Wandlung. Henry-Oliver Jakobs (heute 46) ist das Kind einer großen Hamburger Kiez-Familie. Mit den Prostituierten und Zuhältern hat er nichts zu tun, aber die Grenze zwischen legal und illegal verschwimmt für ihn früh.
    Wichtigste Bezugsperson ist sein Opa Harry. Hinter dem Tresen seines „Hafen-Basars“ hält sich der Kleine gerne auf. Hier erlebt er, wie die Familie Probleme regelt: „Das ging in Richtung Selbstjustiz. Die Polizei war für uns eher das Feindbild.“ Bereits mit acht Jahren fängt er an zu klauen, mit 13 Jahren lässt er sich zu Gewalttaten provozieren. „Warum soll ich Abitur machen, wenn ich viel Geld durch Hehlerei und Betrug kassieren kann?“, denkt sich Jakobs.
    In den 90er Jahren ist Henry-Oliver Jakobs eine Hamburger Kiezgröße, verdient sein Geld mit illegalen Briefmarken-Geschäften. Im August 1995 schießt er im Stadtteil Sankt Pauli auf zwei Kollegen aus Lübeck. „Ich hab’ sie nach Hamburg gelockt und dann auf sie geschossen, um sie zu berauben.“ Es ging um Briefmarken im Wert von 100 000 Euro. Wegen Mordes, versuchten Mordes und schweren Raubs verbringt Jakobs 19 Jahre im Gefängnis Fuhlsbüttel, im Volksmund auch „Santa Fu“ genannt – damals eines der härtesten Gefängnisse Deutschlands.
    Acht Quadratmeter, Platzangst und harte Betten. Um ihn herum gewaltbereite Muskelprotze. Er kennt alle Details des Knastlebens: Urinkontrollen mitten in der Nacht, Drogen, Hofgänge, Essensausgaben, fehlende Privatsphäre und das ständige Knallen der Zellentüren. Im Gefängnis beginnt er zu reflektieren, seine kriminellen Handlungen zu hinterfragen, macht Therapien, bildet sich weiter und schließt eine Lehre zum Maler und Lackierer ab. Noch im Gefängnis engagiert er sich im Verein „Gefangene helfen Jugendlichen“.
    Der bringt junge Leute, die auf der Kippe stehen, mit Häftlingen zusammen. In „Santa Fu“ sollen sie sehen, wo sie landen, wenn sie auf die schiefe Bahn geraten. Für Jakobs sind diese Begegnungen Schlüsselmomente. „Mir wurde klar, bei den Jugendlichen kann man noch was verändern. Da will ich mithelfen.“ Seit 2014 ist Jakobs auf Bewährung. Er arbeitet als Anti-Gewalt-Trainer an Schulen und besucht mit gefährdeten oder interessierten Jugendlichen seine alte Wirkungsstätte, das Gefängnis Fuhlsbüttel. Er steht jetzt auf der anderen Seite, als freier Präventions-Helfer.
    Er beobachtet, wie die Jugendlichen auf die Begegnung mit den Häftlingen reagieren, wie sie sich verhalten, wenn sie für zehn Minuten alleine in einer Zelle eingeschlossen werden. „Manche fangen an zu weinen.“ Kann der Knastbesuch tatsächlich gefährdete Jugendliche abschrecken, Taten zu begehen? Jakobs trifft zwei Jungs, die mit ihm als Häftling vor zehn Jahren bei einer ähnlichen Maßnahme gesprochen haben. Sie erzählen ihm, wie sie diese Erfahrung bis heute geprägt hat. An eine Begegnung traut sich Jakobs bis jetzt nicht heran: sich mit dem Mann zu treffen, der den Mordanschlag damals überlebt hat.
    „Was würde das ändern? Ich würde nur alte Wunden aufreißen. Das, was ich gemacht habe, kann ich nicht wiedergutmachen. Aber ich kann zumindest versuchen, dass andere diesen Weg nicht gehen,“ sagt Jakobs. „37° – Vom Mörder zum Helfer“ zeigt, wie es ein Verbrecher schafft, aus der Gewaltspirale auszubrechen. Wir erleben den Prozess seiner inneren Umkehr: vom Mörder zum verantwortungsvollen Menschen und Helfer. Es ist auch ein Film darüber, wie Resozialisierung und Gewaltprävention in unserer Gesellschaft funktionieren könnte. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 30.08.2016ZDF
  • Folge 883 (30 Min.)
    Jens F. hat ein Geschäft, ein Haus, eine Familie – und steht unter Dauerdruck. Das will er ändern. Jens will wandern. Ein Jahr durch Deutschland: ohne Geld und Zelt, mit viel Zeit. Raus aus der Komfortzone und dem Hamsterrad. Jens (53) hat es satt. Er will sich nicht mehr versklaven lassen durch Existenzängste und materielle Verpflichtungen. Auf seinem „Lebenslauf“ wird er ein Jahr lang von „37°“ begleitet. Eines Morgens beim Rasieren wird Jens klar: „So kann ich nicht mehr weiterleben!“ Er hat einen Buchladen im niedersächsischen Wildeshausen, sein bisheriges Leben ist ein ständiger Überlebenskampf.
    „Du musst kaufen, du musst dies tun, du musst noch mehr Versicherungen haben, Kredite aufnehmen, das hat mich versklavt.“ Dazu kommen die Sorgen um die Zukunft, die Widersprüche der Konsumgesellschaft – der Wohlstand auf Kosten der Umwelt und der Menschen. Jens beschließt, aus dem Hamsterrad auszusteigen und seine Komfortzone zu verlassen. Er will ohne Geld ein Jahr lang durch Deutschland wandern. Er will seine Ängste abbauen, wieder Vertrauen gewinnen und für den Frieden werben. Seine Lebenspartnerin Birgit und die beiden Söhne (15 und 21) sind zuerst schockiert, doch Jens zieht seinen Plan durch.
    „Ich habe mich nicht gefragt, ob ich es mache. Sondern nur: Boah, wie mache ich das denn jetzt?“ Zum Abschied kommen Familie und Freunde zusammen. Seine Mutter ist schwer krank, sie macht sich Sorgen. Birgit ist nicht glücklich, aber sie akzeptiert seine Entscheidung. Jens ist kein Camping-Freund und Outdoor-Typ, er hat vorher nie draußen geschlafen, er bevorzugt ein Glas guten Rotweins und hat ein gemütliches Zuhause. Auf seiner Wanderung ohne feste Route muss er nun Menschen um Unterkunft und Essen bitten, er rettet Lebensmittel aus Abfallcontainern und lernt, in der Natur unter freiem Himmel zu schlafen.
    Er besucht unterschiedliche, alternative Lebensgemeinschaften, um herauszufinden, wie er nach seiner Rückkehr weiterleben will. Dabei lernt Jens ein Deutschland kennen, das viel offener ist als sein Ruf. Aber er gerät auch oft genug an seine Grenzen, körperlich und emotional. Je länger er wandert, desto stärker muss er vor allem den Frieden in sich selbst finden. Kann Jens wirklich ein Jahr lang ohne Geld leben? Wie verändern ihn die zwölf Monate auf Wanderschaft? Wird er am Ende zu seiner Familie und in den Beruf zurückkehren? Auf der Suche nach Freiheit und Vertrauen begleitet „37°“ Jens F. durch das aufregendste Jahr seines Lebens. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 13.09.2016ZDF
  • Folge 884 (30 Min.)
    Die Doku begleitet drei Mütter, die ihre Familie verlassen haben. Es geht um ihre innere Zerrissenheit, ohne die Kinder zu leben, und um die ständige Rechtfertigung vor anderen Menschen. Wenn die Mutter geht, gilt sie als herzlos und egoistisch. Wie schlecht muss eine Frau sein, wenn sie die eigenen Kinder verlässt? Ein Mann, der sich von seiner Familie trennt, ist nichts Ungewöhnliches. Aber eine Frau, die Mann und Kinder verlässt? Mia, 30, wird ausziehen und ihre Kinder, 6 und 9, beim Vater lassen. „Es zerreißt mir das Herz, ohne meine Kinder zu gehen, aber ich freue mich auch auf einen Neuanfang.“ Es sind nur zehn Prozent der Mütter, die nach der Scheidung alles zurücklassen, ihre Kinder nur noch am Wochenende sehen und sich dabei dem Vorwurf aussetzen, kaltherzig und selbstsüchtig zu sein.
    Mia findet, dass die Kinder beim Vater besser aufgehoben sein werden, weil er sich die Zeit selbst einteilen kann, während Mia im Schichtdienst arbeitet. Die 37-jährige Jasmin muss sich auch drei Jahre nach ihrer Trennung von den Kindern noch immer rechtfertigen, auch vor sich selbst: „Ein Kind gehört zu seiner Mama! Deshalb schau’ ich immer in verständnislose Gesichter – ‚bei der kann doch was nicht stimmen!‘ Aber ich wollte meine Kinder nicht aus ihrem gewohnten Umfeld reißen und sie in ein neues, fremdes Leben pressen.“ Die Arbeitszeiten ihres Berufes sind vollkommen familienuntauglich, deshalb verbringen ihre Kinder nur noch die Wochenenden mit der Mutter.
    „Seit meinem Auszug bin ich das letzte Glied in der Kette, erfahre die wichtigen Dinge meiner Kinder immer erst als Letzte, und das tut weh.“ Naomi, 42, verließ ihre Familie schon vor 13 Jahren. Damals war ihr Sohn erst zwei, aber Naomi wollte die Welt sehen, reisen und ihre Freiheit genießen.
    Heute ist Sohn Noah 15 und sieht seine Mutter nur alle zwei Wochen. „Trotzdem ist unser Verhältnis innig, und wir genießen die Zeit zusammen besonders intensiv.“ Neuerdings aber häufen sich die Situationen, in denen Naomi spürt, dass Noah ihr weniger vertraut. „Habe ich doch zu viel verpasst? Bin ich keine gute Mutter für ihn?“ Die Dokumentation zeigt, wie schwierig es für die Frauen ist, sich nicht als Rabenmutter zu fühlen. Und es geht auch um ihre gewonnene Freiheit sowie um die Herausforderung, mit ihrem Status als Wochenendmutter fertig zu werden. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 20.09.2016ZDF
  • Folge 885 (30 Min.)
    Joachim G. will seine Söhne wiederhaben. Sven und Kai sind im Oktober 2014 an der syrischen IS-Front verschwunden – als überzeugte Anhänger des angeblichen Gottesstaates. Der eine Sohn studierte an einer Schauspielschule in Berlin, der andere Fotografie. Danach kehrten sie zurück nach Kassel und absolvierten im väterlichen Betrieb eine Lehre als Immobilienkaufmann. In dieser Zeit, Anfang 2014, nahm sie ein Freund mit in die Moschee. Das deutsche Ehepaar G. hat sich vor zehn Jahren getrennt. Die Söhne lebten bei der Mutter, sind aber oft beim Vater.
    Und dann ohne jede Vorankündigung sind Sven und Kai weg, melden sich erst, als sie die syrische Grenze schon überschritten und sich der IS-Terrortruppe angeschlossen hatten, per SMS beim Vater: „Es tut uns leid, dass wir dich anlügen mussten, aber wir kämpfen jetzt für den einzig wahren Allmächtigen.“ Anfangs reist Joachim G. mehrfach ins türkisch-syrische Grenzgebiet und will seine Söhne treffen. Das misslingt in den Wirren des Krieges.
    Der Vater lässt nicht locker, knüpft Kontakte zu Mittelsmännern, zum Verfassungsschutz, sucht nach Verantwortlichen in der Kasseler Moschee. Die Söhne brechen mit ihm, per Video auf WhatsApp. „Du bist ab jetzt der schlimmste Feind, auch wenn du unser Vater bist, weil du das größte Verbrechen begehst. Du kämpfst gegen Allah.“ Im März 2015 bekommt Joachim G. noch eine Nachricht per Handy von einem Unbekannten: „Deine Söhne sind niedergeschossen worden, gefallen im Kampf für Allah.“ Einen weiteren Beweis für den angeblichen Tod seiner Söhne Sven und Kai gibt es nicht.
    Joachim G. will es nicht glauben und klammert sich an Gerüchte, die behaupten, seine Söhne seien nicht tot, sondern in kurdischer Gefangenschaft. Diese Hoffnung lässt den Vater weiterkämpfen. „Der Salafismus nahm mir alles, was mich als Mensch ausgemacht hat“, sagt Dominic S. heute, nach acht harten Jahren in der extremen Salafistenszene. Damit meint der 28-Jährige aus Mönchengladbach nicht nur seine geistige, kulturelle und religiöse Freiheit, sondern „wirklich alles“.
    Neben dem Salafismus gab es nichts mehr, er schrieb vor, „wie du zu denken, zu handeln und zu fühlen hast“. Dominic S. konvertiert vom rheinischen Katholizismus zum Islam. Sein Werdegang klingt wie ein Klischee: Scheidungskind Schulschwänzer Salafist. Er wird als Dickerchen gehänselt, leidet zusätzlich unter der Trennung seiner Eltern. Er vermisst den Vater, einen Polizisten, unterhält ein schwieriges Verhältnis zur Mutter.
    Er kifft, hört laute Musik, schaut Videos. Bis ihn eines Tages ein Schulfreund mit in die Moschee nimmt. Dort findet er, wonach er sich insgeheim immer gesehnt hat: „Grenzen, Strenge, Vaterersatz, Liebe.“ Dort lässt er „mit den Schuhen auch alle Sorgen vor der Tür“, wie er sich heute die Anziehungskraft der autoritären Institution erklärt. Wichtig ist für ihn nur noch das gottgefällige Leben. Er trennt sich von der Freundin, verschenkt seine Hip-Hop-CDs, trägt den Fernseher in den Keller, tauscht die Jeans gegen Pluderhosen und lässt den Bart sprießen.
    Bald kommt es zur Heirat mit einer bekennenden Salafistin, die er vorher zweimal zehn Minuten lang getroffen hatte. Aus dieser Zwangsehe hat er zwei Kinder, um die er sich liebevoll kümmert. Wenig später pilgert er mit dem Hassprediger Pierre Vogel nach Mekka und kommt vollends berauscht zurück: „Der Salafismus gibt dir alles vor: Disziplin, Struktur, Grenzen du gibst dich aus der Hand“, weiß er heute. Dominic S. wird radikaler, dreht Propagandavideos, wird so etwas wie ein Kommunikationsmanager des Salafismus.
    Sein brüderliches Umfeld zieht es in den Gotteskrieg zum IS. Einer seiner besten Freunde geht nach Syrien, schwärmt vom blutigen Kampf und fordert ihn auf, nachzukommen. Dominic ist auf dem Sprung. Aber dann erkennt er plötzlich, wie sehr sein komplettes Handeln, Denken und Fühlen von anderen diktiert wird. Er kehrt sich vom Salafismus ab, bleibt aber Moslem. Mutig beginnt er eine Videokampagne gegen den radikalen Salafismus im Internet.
    Sein Engagement bringt ihm nicht nur Lob ein, sondern vor allem auch Verfolgung bis hin zu Morddrohungen der alten Weggefährten. Es sind zwei Geschichten aus entgegengesetzten Perspektiven, die zwar nicht vollständig erklären, warum junge Leute sich autoritären und mörderischen Religionsgemeinschaften anschließen bis hin zum Märtyrertod. Aber die Psychogramme sowohl der Aussteiger als auch der Hinterbliebenen lassen eine Ahnung aufkommen, mit der man diesem todessehnsüchtigen Phänomen einer fundamentalen Sinnkrise innerhalb eines subtilen Generationskonflikts näher kommt. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 27.09.2016ZDF
  • Folge 886 (30 Min.)
    Lesbisch oder schwul und trotzdem ein Kinderwunsch. Wie erfüllen sich Homosexuelle ihre Sehnsucht nach einem Baby? Biologische, soziale und rechtliche Hürden zwingen sie zu Kreativität. Sverre ist ein biologisches Meisterwerk. Er hat drei leibliche Elternteile. Eines zu viel? Zumindest für das deutsche Recht, und somit wird es kompliziert. Aurelias Eltern waren nie ein Liebespaar und wollen auch keines werden. Können Freunde Eltern sein? Annika (38) und Regina J. (44) erfüllen sich ihren Kinderwunsch zusammen mit Nils K. (38).
    Ihr Sohn Sverre entsteht in einer Kinderwunschklinik in Holland. Annika ist die Eizellenspenderin. Ihre Eizelle wird im Labor mit Nils’ Sperma befruchtet und Regina eingepflanzt. Regina ist also die Bauchmutter. Sie bringt das Baby zur Welt und steht als Mutter in der Geburtsurkunde. Annika hingegen hat keinen rechtlichen Anspruch auf Sverre: „Das Schlimmste wäre, wenn Regina etwas passiert, dass Sverre ins Heim kommt, dass er mir weggenommen wird. Weil ich einfach rechtlich nicht sein zweiter Elternteil wäre.“ Damit Sverre abgesichert ist, muss Annika ihn adoptieren.
    Doch der Ausgang des langen belastenden Adoptionsverfahrens ist ungewiss. Der Weg zum Wunschkind ist voller Hindernisse. Die Familie ist zunächst skeptisch, das Umfeld reagiert irritiert, und vor allem das deutsche Rechtssystem tut sich schwer. Annika und Regina müssen immer wieder beweisen, dass sie gute Eltern sind. Gelingt am Ende die rechtliche Absicherung von Sverre? Und wird sich Nils, der mehr als ein Samenspender sein will, auch im Alltag als Vater einbringen? Rüdiger L. (41) möchte gerne Vater sein mit allem Drum und Dran.
    Lange Zeit scheint es, als ob sein Wunsch nicht in Erfüllung gehen könnte: „Das war auch schon ein bisschen schmerzhaft, dass da jetzt so eine Sache im Leben ist, die man, wenn man schwul ist, halt nicht so einfach haben kann.“ Bis er in einem Internetportal auf die lesbische Bibiane W. (34) trifft. Sie nehmen sich lange Zeit, um sich kennenzulernen, werden Freunde und bekommen eine Tochter.
    Die beiden teilen sich das Baby, sie haben es nicht gemeinsam: Co-Elternschaft heißt dieses neue Familienmodell. Vorbilder dafür gibt es kaum. Schon bald nach der Geburt wird es schwierig. Bibiane hat Probleme damit, ihre Tochter loszulassen. Das muss sie aber. Nur so kann Rüdiger der aktive Vater sein, der er sein möchte. Schaffen die beiden Freunde es, im turbulenten Babyalltag als Eltern zu bestehen? „37°“ begleitet die beiden Regenbogenfamilien über mehr als ein Jahr. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 18.10.2016ZDF
  • Folge 887 (30 Min.)
    Wenn die 19-jährige Franzi nach Hause fährt, freut sie sich nicht nur auf das Wiedersehen mit ihren Eltern, sondern neuerdings auch auf Basel (23) und Omar (22), ihre „neuen syrischen Brüder“. Die beiden sind im vergangenen Herbst bei Susanne und Ulrich eingezogen, gerade als Franzi, jüngstes ihrer vier Kinder, zum Studium fortging. „Wir hatten Platz, wir waren neugierig, wir wollten helfen.“ Rasch hat sich das engagierte Paar entschieden. Zwei junge Männer aus einem benachbarten Flüchtlingsheim zogen kurz darauf in die leerstehenden Kinderzimmer.
    „Wir kannten sie über die Kirchengemeinde. Sie hatten schon ihre Anerkennung, waren auf der Suche nach einer neuen Bleibe, aber bezahlbare Zimmer sind hier nicht leicht zu finden, und viele scheuen sich auch, an Flüchtlinge zu vermieten“, erzählt Susanne. In ihrer gutbürgerlichen Siedlung sind Omar und Basel inzwischen bekannt und akzeptiert. „Wir haben gleich bei allen Nachbarn geklingelt, unsere beiden Jungs vorgestellt, zu einem kleinen Willkommensfest eingeladen.“ Mit fremden Menschen dauerhaft den Alltag teilen? Kann das gut gehen? Wie muss es laufen, damit es gut geht? Andrea hat sich darüber anfangs kaum Gedanken gemacht.
    Als ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuerin wurde die Göttingerin von einer Ärztin angesprochen. Es gäbe da die junge Burtugala aus dem Sudan, die ihr Kind möglichst nicht in einer Massenunterkunft gebären sollte. Und deren Freundin Aliaa, die Mann und fünf Kinder in Syrien zurücklassen musste und ganz allein über die Balkanroute nach Deutschland kam. Beide Frauen leben nun schon seit Monaten bei Andrea und ihrem Mann in einer kleinen Dachwohnung.
    Für Burtugalas Baby ist sie Ersatzoma, für beide Frauen Begleiterin bei sämtlichen Behördengängen, Trösterin in dunklen Stunden, immer ansprechbar. „Unsere Mutter Teresa“, sagt Aliaa, die den Tag herbeisehnt, an dem ihre Familie nachkommen darf. „Ich habe kaum mehr Zeit für mich, im Haushalt bleibt viel liegen, im Garten auch“, sagt Andrea. Ihr Leben hat sich komplett verändert. Früher war es geordnet, jetzt ist jeder Tag ein Abenteuer. Trotzdem kann sich die 55-jährige ehemalige Jugendleiterin gar nicht vorstellen, dass ihre beiden „Quasi-Töchter“ irgendwann einmal wieder ausziehen.
    Was, wenn Aliaas Antrag auf Familiennachzug positiv beschieden wird? Was, wenn Burtugala vielleicht doch kein Asyl bekommt? „Darüber denke ich nach, wenn es soweit ist“, sagt Andrea, die Pragmatikerin. Auch Susanne (55) und Ulrich (60) verschwenden nicht viele Gedanken an die Zukunft. „Wenn unsere beiden syrischen Jungs irgendwann aus dem Haus gehen, dann wird es so sein wie bei unseren eigenen Kindern auch, als sie flügge wurden.“ Basel möchte nach dem Deutschkurs vielleicht ein Studium beginnen, Omar sucht eine Lehrstelle als Automechaniker.
    Franzis „neue Brüder“ mögen Rap, die gleiche Musik wie sie selbst. Sie haben kein Problem damit, dass ihre bayerischen Zweiteltern gelegentlich ein Glas Bier trinken und einen guten Schweinebraten zu schätzen wissen. Wie funktioniert das Zusammenleben unter einem Dach? „Viel unproblematischer, als wir anfangs dachten“, so Ulrichs Bilanz nach dem ersten halben Jahr. Wie aus Fremden Familienmitglieder werden „37°“ hat das spannende Experiment begleitet. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 25.10.2016ZDF
  • Folge 888 (30 Min.)
    Gold ist allgegenwärtig: der Ring, die Kette, die Zahnkrone oder die Währungsreserven von Staaten. Doch kaum jemand fragt nach, unter welchen Bedingungen das Luxusprodukt gewonnen wird. Oft geschieht das in gefährlicher Arbeit unter Tage oder unter Wasser. Auch mit Hilfe von Kindern, die schon ab sieben Jahren schwer arbeiten. Der Run auf Mineralien wie Gold oder Coltan kennt kaum Rücksicht. Oft finanzieren Rebellengruppen ihren Kampf mit wertvollen Rohstoffen. Und dort, wo es in der Nähe Rohstoffe wie Gold oder Coltan gibt, wird es gewalttätig, werden wie im Kongo immer wieder Dörfer überfallen.
    Viele dieser Konfliktmineralien werden letztlich für Handys in aller Welt gebraucht. Die „37°“-Dokumentation „Goldkinder – Der Konflikt um Mineralien“ fragt nach, woher das Gold für unseren Schmuck kommt und entdeckt, dass neben Gold auch andere Mineralien existieren, um die es gefährliche Konflikte gibt. Die Dreharbeiten führen Autor Manfred Karremann unter anderem auf die Philippinen und in den Kongo. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 08.11.2016ZDF
  • Folge 889 (30 Min.)
    Die Vorurteile sitzen tief: Wer seelisch erkrankt, gilt oft als labil oder faul. Doch vier Millionen Deutsche leiden an einer Depression. Immer mehr bekennen sich offen zu ihrer Krankheit. Die Berliner Bloggerin Jana Seelig wird durch einen spontanen Tweet über Nacht zur Vorzeige-Depressiven. Und Familienvater Uwe Hauck versucht mühsam, wieder Fuß im Job zu fassen. Zwei bekennende Depressive – wie leben sie mit der Diagnose? Jana Seelig (28) geht offensiv mit ihrer Krankheit um. Die Diagnose Depression mit Anfang 20 hat sie als Befreiung empfunden. Sie sieht sich als Aufklärerin in Sachen Depression und schreibt darüber Kolumnen und ein Buch.
    Auf YouTube beantwortet Jana Fragen zur Krankheit, von der sie sagt: „Ich bin nicht die Depression, ich bin viel mehr.“ Die hellen Monate lebt sie intensiv mit ihren Freunden in Berlin, bis es wieder für viele Wochen dunkel in ihrem Leben wird. Dann fehlt ihr sogar die Kraft, ihre Wohnung zu verlassen. Wenn sie eine depressive Episode hat, wird Jana immer wieder unterstellt, sie würde sich nicht genügend Mühe geben, solle doch Sport treiben oder einfach mal ein heißes Bad nehmen.
    Jana ringt darum, einen selbstbestimmten Umgang mit der Krankheit zu finden. Wie viele Menschen, die unter einer dauerhaften Depression leiden, nimmt Jana Medikamente. Doch die verändern ihre Wahrnehmung. Als sie ihre Medikamente absetzt, stürzt sie in eine Krise. Schließlich sucht sie Hilfe bei einem Berliner Psychiater. Wird Jana es schaffen, ihr Leben in den Griff zu bekommen? Und kann sie akzeptieren, dass die Depression immer ein Teil von ihr sein wird? Für Uwe Hauck (49) ist es die zweite und auch letzte Chance. Nach einem Suizidversuch hat der Informatiker fast ein Jahr in der Psychiatrie verbracht und wagt jetzt ein zweites Mal die Wiedereingliederung in seinen Job bei einem großen Versicherungsunternehmen.
    Der erste Versuch scheiterte bereits nach zwei Wochen: Uwe hatte einen schweren Rückfall. Uwes Frau Sibylle und seine drei Kinder stärken ihm immer den Rücken – und leiden schwer unter seiner Krankheit. Auf den ersten Blick lebt die Familie in einer schwäbischen Bilderbuchidylle. Wäre da nicht die allgegenwärtige Angst um Uwe. Die Familie muss ihren gesamten Alltag um Uwe herum bauen, immer auf der Hut vor seinen Wutausbrüchen.
    Sibylle unterstützt Uwe selbstlos im Kampf gegen die Depression. Und sie wünscht sich ihren „alten“, nicht von der Krankheit gezeichneten Mann zurück. Wird Uwe es schaffen, den Weg zurück in sein früheres Leben zu finden? Denn „so vieles macht keinen Spaß mehr, wenn man depressiv ist. Und das merken die Kinder natürlich auch“, weiß Uwe aus Erfahrung. Kann er wieder werden wie damals, als die Kinder noch keine Angst vor seinen Stimmungsschwankungen hatten? Als er für sie der liebevolle Vater war, der er gerne auch heute sein möchte? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 22.11.2016ZDF
  • Folge 890 (30 Min.)
    Meetings einberufen, E-Mails und SMS beantworten – Juttas Alltag ist ein ständiger Balanceakt. Sie ist Analphabetin, niemand weiß davon. Mit Tricks hat sie sich jahrelang durchgeschlagen. Harald steht ratlos vor den Angeboten im Jobcenter. Lesen kann er sie nicht. Seine Kindheit war voller Gewalt, in der Schule verlor er deshalb rasch den Anschluss. Ohne lesen und schreiben zu können, findet er keine Arbeit. Wie schafft er es, das zu ändern? Juttas Erinnerungen an die Schulzeit sind keine glücklichen. Sie ist Legasthenikerin, leidet unter einer Lese- und Rechtschreibschwäche.
    Aber so etwas ist vor mehr als 50 Jahren noch völlig unbekannt. Sie gilt einfach als dumm und schwer von Begriff. In einer Klasse von über 40 Kindern versucht sie, irgendwie durchzukommen. Blindes Auswendiglernen ist eine Methode. Wegen ihrer naturwissenschaftlichen Stärken findet sie später Arbeit in der Elektrobranche. Und sie lernt ihren Mann und einzigen Vertrauten kennen. Als sie immer öfter mit E-Mails arbeiten muss, fotografiert sie alles und schickt es per Handy an ihren Mann. Nur so kann sie beruflich überleben.
    Jahrelang geht das so. Ihr Mann formuliert die Antworten auf Anfragen von Kunden oder Vorgesetzten, schickt alles per Handy zurück oder bespricht abends mit ihr die Inhalte bestimmter Schreiben. Aber es sind nicht nur die E-Mails. Auch ein Essen mit Kollegen, ein Albtraum. Sie kann doch die Speisekarte nicht lesen! Die SMS eines Kollegen, ein Schock! Was steht da? Ist es wichtig? Wie soll sie antworten? Irgendwann geht es nicht mehr. Jutta ist am Ende ihrer Kräfte. Sie will nicht mehr lügen und so tun, als könnte sie lesen und schreiben.
    Harald ist erst Mitte 40 und möchte endlich schreiben und lesen lernen, um doch noch eine richtige Arbeit zu finden. Zielstrebig und voller Ehrgeiz versucht er, im Unterricht für Erwachsene alles nachzuholen. Er hofft auf eine bessere Zukunft. Jutta lernt, ihrem Umfeld die Wahrheit zu sagen. „Die Lüge ihres Lebens“ soll nicht mehr alles bestimmen. Sie will nicht ständig voller Angst sein, ihr Geheimnis könnte auffliegen. Ihr großer Traum: mit ihrer Freundin zu verreisen und alles allein zu buchen und zu organisieren. Mal sehen, ob sie diesen Traum umsetzen kann. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 29.11.2016ZDF
  • Folge 891 (30 Min.)
    Zwei Familien, zwei Traditionsbetriebe: Eine Bäckerei in Frankfurt, ein Bauernhof im Badischen. Die einen kämpfen gegen Konkurrenz und Nachwuchsmangel, die anderen für einen fairen Milchpreis. Verena Gangel führt die älteste Backstube Frankfurts weiter, seit 1860 in Familienhand. Andreas Schleicher hat den alten Hof seiner Eltern übernommen. Lange, anstrengende Arbeitstage, ein Ringen um Existenz, Werte, Tradition und Qualität von Grundnahrungsmitteln. In jeweils sechster Generation führen sie das, was ihre Familien erarbeitet haben, weiter: Verena Gangel und Andreas Schleicher.
    Die Bäckerei Gangel gibt es seit 1860. Sie ist damit die älteste Backstube in der Mainmetropole Frankfurt. Der Längental-Bauernhof der Schleichers im Badischen ist ebenfalls seit über 150 Jahren in Familienhand. Bäcker und Bauern: Sie ernähren uns seit Jahrhunderten. Doch wie lange wird es sie in dieser Art noch geben? Die „37°-Dokumentation handelt von Generationenbetrieben im Wandel der Zeit, von Werten und Werteverlust und den heutigen Herausforderungen im massiven Preiskampf um Grundnahrungsmittel.
    Verena Gangel (37) hat als Kind ganz selbstverständlich mitbekommen, wie es nach frischem Teig roch, wie Öfen qualmten, wie Tag für Tag Brote und Brötchen hergestellt, Kuchen und Torten gebacken wurden, zubereitet nach überlieferten Familienrezepten. Heute sieht sie sich in einem anderen Zeitalter wieder. Supermärkte, Discounter, Selbstbedienungsbackshops und Bäckereiketten sind zur harten Konkurrenz geworden. „Backen im Akkord“, heißt dort die Devise.
    Das können kleinere Bäckereien nicht leisten. Doch die Gangels versuchen, dem etwas entgegenzusetzen, in Form von Service und Qualität. Die Verwendung von Fertig-Teiglingen kommt für sie nicht in Frage. Nach wie vor bereiten sie ihre Backwaren täglich per Hand frisch zu, mit Zutaten aus der Region. Auch Andreas Schleicher (43) betreibt den Längentalhof in Dauchingen regional und nachhaltig. Er hat 70 Milchkühe. Wenn Kälbchen geboren werden, sind seine Frau Nicole und die Kinder Theresa (8), Julius (6) und Lydia (2) häufig auch mit im Stall.
    Der Bauernalltag hat in der Regel 15 Stunden – sieben Tage die Woche. Das macht Andreas nichts aus. Doch die Sorgen drücken ihn immer mehr: Milchquote, Milchkrise. Landwirte kämpfen ums Überleben. Immer wieder neu muss er überlegen, wie er den Hof halten kann. Seine Frau, die Kinder, Eltern und Geschwister unterstützen ihn, wo sie nur können. Auf dem Bauernhof leben sie alle gemeinsam. Überzeugung und Leidenschaft für das, was man tut, müssen schon vorhanden sein, wenn man wie Verena Gangel und Andreas Schleicher den speziellen Rhythmus und strammen Tagesablauf durchhalten will.
    Obwohl Verena überlegt hatte, Innenarchitektin zu werden, beschloss sie dann doch, die Familienbäckerei zu übernehmen. Mittlerweile leitet sie den Betrieb seit acht Jahren, zusammen mit ihrem Lebensgefährten Miguel Szczes. Er ist Quereinsteiger. Verena stellte ihn vor die Wahl: „Entweder bekommst du mich und die Bäckerei oder keines von beiden.“ Er entschied sich für beides.
    So stehen sie nun Nacht für Nacht gemeinsam in der Frankfurter Backstube. Eine Stunde nach Mitternacht ist Arbeitsbeginn. Wenn die meisten Menschen aufstehen, sind Verena und Miguel bereits stundenlang auf den Beinen. Auf seinem Bauernhof in Dauchingen hat Andreas auch so gut wie keine Pausen, im Grunde nur während der Mahlzeiten mit der Familie, die gleichzeitig als Lagebesprechungen genutzt werden. Er ist mit Leib und Seele Landwirt und immer dann zufrieden, wenn es seine Tiere auch sind, denn dann geben sie auf natürliche Weise gute Milch, die so ist, wie sie sein sollte – entstanden durch grüne Weiden und gutes Futter und auf jeden Fall gentechnikfrei.
    Die Gangels müssen sehr gut planen und viel genauer kalkulieren als die Großbäckereien, die viel Masse für wenig Geld anbieten. Trotzdem wollen Verena und Miguel an ihrem Qualitätsanspruch festhalten und durchhalten. Ob ihre Kinder Max (10) und Maja (7) irgendwann in den Betrieb mit einsteigen (dann in siebter Generation), ist noch offen, auch, wenn sie hier und da gerne in der Backstube mithelfen.
    Die Existenz des Bäckerberufs ist insgesamt gefährdet. Es fehlt immer mehr an Nachwuchs. Wer will schon noch jede Nacht aufstehen und über Stunden in einer heißen Backstube arbeiten, bei einem überschaubaren Verdienst? Die Schleichers sind inzwischen jeden Monat mit 4000 Euro Verlust konfrontiert. Sie versuchen, sich durch Querfinanzierungen, wie mit Kartoffeln und Eiern, über Wasser zu halten und suchen nach immer neuen Wegen aus der Krise. Andreas fühlt sich, wie so viele Milchbauern, von der Politik im Stich gelassen.
    Er hat viel investiert, ließ noch einen sogenannten Wohlfühlstall für seine Kühe bauen. Doch von dem niedrigen Milchpreis kann er auf Dauer nicht existieren oder den Hof in der Form halten. Wie geht es also weiter mit seiner artgerechten Haltung – zum Wohle von Mensch und Tier? Wie selbstverständlich ist es für Verbraucher heute noch, frisch gebackenes Brot und natürlich frische Milch aus der Region zu bekommen? Wie sehr ist echte „Handwerkskunst“ in Gefahr? Gehören die Gangels und die Schleichers zu den letzten ihrer Zunft? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 13.12.2016ZDF

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