2021, Folge 385–405

  • Folge 385
    Nach Millionenverlusten durch die Greensill-Pleite werfen viele Anleger der Bankenaufsicht Versäumnisse vor. Die BaFin wehrt sich und weist das zurück. Wer ist schuld am Bankenskandal? Wiesbaden 20 Millionen, Köln 15 Millionen, Gießen zehn Millionen: Viele Städte hatten bei Greensill Steuergelder angelegt. Die Bank hatte Zinsen versprochen, die andere nicht mehr zahlten. Nach der Insolvenz fürchten sie nun einen Totalverlust ihrer Anlagen. Städte wie Wiesbaden machen der Bankenaufsicht Vorwürfe. Sie hätte früher über die Schieflage der Bank berichten müssen.
    Raimund Röseler, Chef der Bankenaufsicht (BaFin), weist das gegenüber „ZDFzoom“ zurück: „Wir hätten uns strafbar gemacht. Wir unterliegen strengen Vertraulichkeitsregeln, und wir dürfen nichts sagen. Das ist strafbewehrt. Davon abgesehen: Jeder Kämmerer hätte nur mal googeln müssen und hätte gesehen, dass wir da aktiv sind. Das sollte eigentlich professionelle Anleger zum Nachdenken bringen.“ Ein ehemaliger Greensill-Mitarbeiter erzählt „ZDFzoom“, wie es hinter den Kulissen der Bank zuging.
    Wie sie in kürzester Zeit von einer Klitsche zum aggressiven Player wurde. Mit einem verlockenden Angebot: Statt der üblichen Negativzinsen bot Greensill attraktive Renditen. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Christina Bannier von der Universität Gießen sagt, die Anleger hätten skeptisch sein müssen: „Werden hohe Zinsen geboten“, so die Expertin, dann müsse „ein großes Risiko im Hintergrund stehen.“ Bankengründer Lex Greensill werden auch strafrechtliche Vorwürfe gemacht.
    Nach Überzeugung von Experten wird es vermutlich Jahre dauern, bis die Pleite der Bank juristisch aufgearbeitet sein wird. Solange müssen die öffentlichen Anleger warten, bis sie erfahren, ob sie ihr angelegtes Geld jemals wiederbekommen. „ZDFzoom“ erklärt das Geschäftsmodell von Greensill und zeigt, warum das System zusammengebrochen ist. „ZDFzoom“ fragt auch: Was sind die Lehren aus dem Fall Greensill? Brauchen wir mehr Transparenz in der Finanzwelt? Wie anfällig ist der Finanzplatz Deutschland für kriminelle Machenschaften? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 16.06.2021 ZDF
  • Folge 386
    In Deutschland fehlen Pflegekräfte. Doch der Arbeitsmarkt ist leer gefegt. Daher setzen immer mehr medizinische Einrichtungen auf die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland. Ein Großteil wird über private Personalvermittlungsagenturen angeworben – ein lukratives Geschäft. Bis zu 21 000 Euro zahlen Kliniken für die Anwerbung einer Pflegekraft. Doch der Markt ist völlig unreguliert. „Wir werden es ohne die internationale Pflege nicht schaffen“, so die Pflegedirektorin eines großen Krankenhauses. 2020 blieben im Schnitt rund 36 000 Stellen in der Pflege unbesetzt.
    Die Zahl ausländischer Pflegekräfte ist in den letzten Jahren rasant gestiegen. Im vergangenen Jahr waren rund 208 000 Beschäftigte ohne deutschen Pass. Fast dreimal so viele wie noch 2013. Mehr als die Hälfte kommt dabei inzwischen aus Ländern außerhalb der EU wie Bosnien, Serbien und den Philippinen. Aber auch aus Lateinamerika. Wie läuft das Geschäft der Vermittlung von ausländischen Pflegekräften? „ZDFzoom“-Reporterin Carolin Hentschel blickt hinter die Kulissen der Rekrutierung.
    Die Vermittler sichern den Pflegekräften ihre Dienste meist kostenlos zu: Arbeitsvertrag mit einer deutschen Klinik, Deutschkurs, Hilfe im Umgang mit den Behörden und bei der Wohnungssuche. Doch in den Vermittlungsverträgen finden sich oft versteckte Kosten und Bindungsklauseln. Läuft es nicht wie vorgesehen, sollen die Pflegekräfte oft mehrere Tausend Euro zahlen. Summen, die viele von ihnen nicht aufbringen können. Christiane Tenbensel vom Projekt „Support Faire Integration“ in Dortmund berät täglich Pflegerinnen und Pfleger, die für den deutschen Markt angeworben wurden.
    Hilfesuchende mit Schulden, die unter hoher psychischer und körperlicher Belastung stehen, seien keine Einzelfälle. Die Politik kennt die Probleme auf dem Vermittlungsmarkt. Sie setzt dennoch auf Freiwilligkeit, statt verbindliche gesetzliche Regelungen zu schaffen: Vermittler, die nach fairen und ethischen Standards vermitteln, können sich demnächst für ein freiwilliges Gütesiegel bewerben. Kann das die Lösung sein? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 30.06.2021 ZDF
  • Folge 387
    16 Jahre lang war Angela Merkel Regierungschefin, als erste Frau überhaupt im Kanzleramt. In ihrer Amtszeit ist beim Frauenanteil im Bundestag wenig passiert. „ZDFzoom“ fragt, woran das liegt: Was bremst Frauen in der Politik? Im Gespräch mit Politikerinnen und Expertinnen spürt das Autoren-Duo Dorthe Ferber und Sebastian Galle den Strukturen der männlich geprägten Politik nach. Frauen erleben Benachteiligung und Sexismus. Eliza Diekmann, seit vergangenem Jahr Bürgermeisterin im westfälischen Coesfeld, berichtet: „Es gab Sprüche, ich würde nur gewählt, weil ich hübsch sei auf den Plakaten.“ Zu jung, zu unerfahren, lautete die Kritik, erzählt die parteilose 34-Jährige, und: „Warum hat sie überhaupt Kinder bekommen, wenn sie jetzt so ein Amt übernimmt?“ Ein Blick auf den Frauenanteil in der Politik zeigt: Frauen sind in allen Bereichen unterrepräsentiert.
    Es gibt derzeit vierzehn Ministerpräsidenten und gerade mal zwei Ministerpräsidentinnen. Nur neun Prozent Bürgermeisterinnen. Im Bundestag ist der Frauenanteil von der vergangenen Legislaturperiode zur aktuellen sogar gesunken, von 36,5 auf 31,4 Prozent. Seit dem Einzug der AfD in den Bundestag habe sich das Klima dort verändert, sagt Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth: „Es ist aggressiver und anmachender geworden.“ Politikwissenschaftlerin Helga Lukoschat analysiert: In sozialen Netzwerken seien Frauen wüsten Beschimpfungen ausgesetzt, das führe auch dazu, dass junge Frauen sich zurückzögen.
    Es sei wichtig, Frauen sichtbarer zu machen, sagt Michelle Müntefering, Staatsministerin im Auswärtigen Amt: „Wir haben erst in dieser Legislaturperiode überhaupt die ersten Räume nach Frauen benannt.“ In einem Ministerium mit traditionell geringem Frauenanteil spiele auch Vernetzung eine besondere Rolle. Braucht es eine Quote? Die ehemalige CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich mit dieser Forderung nicht durchsetzen können: „In einer Volkspartei wie der CDU funktioniert eigentlich alles immer nach Quoten.
    Es wird geschaut, wie sich die Konfessionszugehörigkeiten, Arbeitnehmer, Unternehmer auswirken, und das ist auch nie ein Problem, außer wenn es um Frauen geht.“ Es gibt auch Gegnerinnen der Quote wie Corinna Herold. Die gleichstellungspolitische Sprecherin der AfD-Fraktion Thüringen findet: „Wer eine Quote braucht, ist zum Arbeiten entweder ungeeignet, aus Dummheit, Faulheit oder wie auch immer oder für Karrierewege mit Charme und Witz und weiblichen Vorzügen eben offensichtlich zu unansehnlich.“ (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 14.07.2021 ZDF
  • Folge 388
    Bordelle waren geschlossen, Prostitution während des Lockdowns vielerorts verboten. Doch viele Frauen tauchten ab, schafften auf dem Straßenstrich oder in Appartements an. Vermieter und Freier nutzten das oft gnadenlos aus: Sie forderten billigen Sex ohne Kondom, verlangten Wuchermieten. Das Prostituiertenschutzgesetz von 2017 soll Frauen vor Gewalt, Menschenhandel und Zuhälterei schützen. Doch gelingt das wirklich? Ein Jahr lang hat „ZDFzoom“ Prostituierte begleitet. Betreiber klagten, sie hätten alle gesetzlichen Vorschriften des Prostituiertenschutzgesetzes erfüllt, Notfallknöpfe eingebaut, nur angemeldete Frauen beschäftigt. Nun seien ihre Puffs leer und die Frauen auf der Straße. Ordnungsämter und Polizisten klagten, dort sei es viel schwerer, an die Frauen heranzukommen, Hilfe anzubieten.
    Geht doch, sagen dagegen Prostitutionsgegner und fordern ein Sexkaufverbot auch in Zukunft. Doch Huren wehren sich und bestehen darauf, dass sie nicht unter Zwang arbeiten. Der Staat habe sich nicht in die Sexualität erwachsener Menschen einzumischen. Viele Frauen kommen aus Südamerika oder Osteuropa, sie wollen eine bessere Zukunft für ihre Kinder. Von ihrem Geld leben ganze Familien. „ZDFzoom“ fragt: Ist das Prostituiertenschutzgesetz ein wirksamer Schutz vor Zuhälterei und Gewalt? Wo muss nachgebessert werden? Das Prostitutionsverbot wegen Corona – eine Blaupause, die zeigte, was geschieht, wenn käuflicher Sex per Gesetz verboten würde. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 21.07.2021 ZDF
  • Folge 389
    Deutsche Behörden sind schlecht gerüstet für den digitalen Fortschritt. Wohnort ummelden, Auto anmelden und Personalausweis beantragen wird meistens zum Geduldsspiel. Digital lassen sich meist nur Termine buchen, die in anderen Ländern online erledigt werden können. Bürger und Beamte sind sauer: Egal, worauf man blickt – auf Verwaltung, Polizei oder Gesundheitsdienst – Deutschland ist digital oftmals abgehängt. Veraltete Software und Betriebssysteme, überforderte IT und fehlende Ausstattung haben gravierende Folgen. Das hat insbesondere die Pandemie schonungslos offengelegt. Es gab stapelweise Fax-Nachrichten aus Laboren, die von den ohnehin schon überlasteten Angestellten der Gesundheitsämter händisch in die Computer getippt werden mussten.
    Dies hat nicht nur Menschenleben gefährdet, sondern auch den Glauben an die gut organisierte deutsche Verwaltung erschüttert. Beinahe zehn Jahre dauerte es, bis das Programm zum einheitlichen Datenaustausch der Labore fertig wurde – ein Paradebeispiel für die IT-Misere in den Behörden. Besonders erschreckend beim deutschen Digital-Desaster ist die Lage bei der Polizei. Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sind so schlecht vernetzt, dass sie noch immer nicht per Knopfdruck detaillierte Daten über Ermittlungen oder Straftäter untereinander austauschen können.
    Die Konsequenz: Verbrechen werden mitunter nicht strafrechtlich verfolgt. Die Gründe: jahrzehntelanger Software-Wildwuchs, fehlende bundesweite Standards und Schnittstellen, Personalmangel, unzureichende Kenntnisse, kaum Problembewusstsein und fehlender politischer Wille. Die „ZDFzoom“-Autoren Steffen Mayer und Joachim Ottmer machen sich auf Spurensuche, fragen nach bei Betroffenen und Verantwortlichen, um herauszufinden: Werden deutsche Behörden digital komplett abgehängt? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 28.07.2021 ZDF
  • Folge 390
    Musikstreaming boomt. Doch die meisten Musiker*innen haben fast nichts davon. Nur wer Millionen von Klicks bekommt, verdient gut. Das führt zu einem Klick-Kampf – auch mit unfairen Mitteln. Schuld ist das Bezahlmodell der Streamingdienste, wie beim Marktführer Spotify. „ZDFzoom“ zeigt, wie viel Geld die Plattformen und Labels kassieren. Newcomer und Stars wie Peter Maffay haben allesamt kaum eine Chance auf ein vernünftiges Einkommen. „Ich kann nicht von Streaming leben. Seit Corona kann ich nur von meinem Ersparten leben und das ist, finde ich, eigentlich der Skandal“, sagt Musikerin Balbina. Sie ist seit zehn Jahren im Musikgeschäft, hat bereits vier Alben veröffentlicht und spielt normalerweise vor bis zu 2000 Menschen.
    Damit gehört die Sängerin, wie sie selbst sagt, zum musikalischen Mittelstand. Trotzdem wird es jetzt in dieser Zeit, in der Konzerte nur vereinzelt wieder stattfinden, langsam eng für sie. Vom Streaming kann sich die Sängerin nämlich im Durchschnitt gerade mal eine Tafel Schokolade leisten. Und Balbina ist kein Einzelfall. Der Widerstand unter Musiker*innen wächst. Auch erfolgreiche deutsche Stars wie Peter Maffay kritisieren das System: „Also in technischer Hinsicht ist das, was da etabliert wurde, ein Meisterwerk.
    Es ist nur geradezu geschaffen, Künstler auszubeuten“, so Maffay. Deswegen hat er sich mit anderen großen deutschen Stars, wie Rammstein oder Sarah Connor, der Initiative „Fair Share“ angeschlossen. Gemeinsam kämpfen sie für eine faire Bezahlung im Musikstreaming. Doch nicht nur die ungerechte Auszahlung macht den Künstler*innen Sorgen. Da aktuell nur der Klick zählt, begünstigt das Modell noch ein ganz anderes Problem: Manipulation. Patrick Vonderau ist einer der wenigen Wissenschaftler, der den Kauf von unechten Klicks untersucht hat. Er weiß, hier tobt ein riesiger Markt in einer rechtlichen Grauzone.
    Aber lassen sich Klickzahlen wirklich leicht manipulieren? Das möchte „ZDFzoom“-Reporterin Viktoria Timkanicova wissen und wagt das Experiment. Mit dem Einverständnis von Peter Maffay kauft sie für einen eher unbekannten Song des Stars Klicks im Netz. Kann sie diesen Titel zu einem seiner meist gestreamten Hits machen? Wird Spotify den Betrug bemerken? Und wie steht der Streamingdienst grundsätzlich zu einer Umstellung auf ein anderes Abrechnungsmodell? „ZDFzoom“ zeigt, wer aktuell von Musikstreaming profitiert und wie die Milliarden im Streaming-Geschäft anders verteilt werden könnten. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 04.08.2021 ZDF
  • Folge 391
    Von einer „Bazooka“ hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz gesprochen. Und tatsächlich sind die Dimensionen gewaltig: 500 Milliarden Euro dürfte die Pandemie den Staat insgesamt kosten. Mit gigantischen Hilfspaketen versucht die Bundesregierung, die Folgen der Coronakrise abzufedern. Aus ihrer Sicht hat es sich gelohnt: Zwei Millionen Arbeitsplätze und 400 000 Unternehmen seien so gerettet worden. Aber wer bezahlt die Corona-Schulden? „Wir, die junge Generation“, befürchtet die Studentin Tabea Engelke. Sie ist Mitglied des Jugendrats der Generationen Stiftung. Sie und ihre Mitstreiter fürchten eine doppelte Belastung durch die Corona-Ausgaben: Junge und kommende Generationen müssten die Schulden bezahlen, während gleichzeitig Zukunftsinvestitionen aufgeschoben würden.
    „Es sind die größten zusätzlichen staatlichen Schulden seit dem Zweiten Weltkrieg“, erklärt Marcel Fratzscher, Direktor des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz verteidigt im Interview mit „ZDFzoom“ die hohen Ausgaben: „Wenn wir schaffen, dass es mit dem wirtschaftlichen Wachstum hinhaut“, sagt Scholz, „dann wird es ganz klar gelingen, dass nicht die junge Generation die Kosten der Krisenbewältigung zahlen muss.“ Neben Wachstum spricht er sich für eine Vermögenssteuer aus.
    Ein Thema, das die Lager spaltet: „Wir Reichen sind mal wieder dran“, findet Millionär und Stiftungsgründer Michael Horbach, der sich um den sozialen Frieden sorgt. Lars Feld, bis Februar Chef der Wirtschaftsweisen, setzt dagegen auf Ausgabenkürzungen im Bundeshaushalt. Die „ZDFzoom“-Reporter Lucas Eiler und Sebastian Galle machen den Kassensturz und fragen: Wer muss die Rechnung bezahlen? Alle Steuerzahler, nur Superreiche – oder die junge Generation? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 11.08.2021 ZDF
  • Folge 392
    Die Pipeline Nord Stream 2 wird, so der Plan, bald über die Ostsee russisches Gas nach Deutschland und Mitteleuropa bringen. So soll die Energieversorgung sichergestellt werden, heißt es.
    Gas sei eine saubere Energiequelle und daher ein Beitrag zum Klimaschutz, so die Befürworter. Politisch hat das Projekt einen Preis – und auch Klimaschützer streiten heftig über seinen Nutzen.
    Sie sehen das Argument der „Brückentechnologie“ kritisch. Viele Experten geben ihnen recht. „Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, dann ist Gas eine Brücke ins Nichts“, sagt Energieökonomin Prof. Claudia Kemfert vom „Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung“. Klimaforscher Ralf Sussmann, der für das „Institut für Technologie“ in Karlsruhe arbeitet, erklärt, wie Erdgas zum Anstieg des Klimakillers Methan beiträgt. In 2962 Metern Höhe misst er auf der Zugspitze die Zusammensetzung der Atmosphäre. „Wir stellen seit Jahren einen dramatischen Methan-Anstieg fest, und Methan ist um ein Vielfaches klimaschädlicher als CO2.“
    Politisch fühlen sich die Ukraine und andere osteuropäische Staaten im Stich gelassen, seit auch die USA den Bau nicht weiter durch Sanktionsdrohungen verzögern wollen. Sie befürchten, dass sie durch die Abhängigkeit Deutschlands und Europas von russischem Gas sicherheitspolitisch auf der Strecke bleiben.
    Und selbst in Mecklenburg-Vorpommern, wo viele Firmen am Pipeline-Geschäft beteiligt sind, regt sich Widerstand. Im benachbarten Brandenburg trifft „ZDFzoom“-Reporter Arne Lorenz den Besitzer eines Ackers, der von den Behörden wegen des Pipeline-Baus enteignet wurde und deshalb vor dem Bundesverfassungsgericht klagt. Auch das Europäische Parlament hat sich mehrfach gegen das Projekt ausgesprochen. „Aber Deutschland schert sich nicht darum“, klagt der Europaabgeordnete Sergej Lagodinski.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und der amerikanische Präsident Joe Biden haben sich darauf geeinigt, Sanktionen vorerst auszusetzen und die Pipeline fertigstellen zu lassen. Doch der Streit um Nord Stream 2 geht in die nächste Runde. Ob und wann tatsächlich Gas durch Nord Stream 2 fließen wird, ist offen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 18.08.2021 ZDF
  • Folge 393
    Wasserfluten, Waldbrände, Hitzewellen: Der Weltklimarat IPCC warnte kürzlich erneut vor einer weiteren Erderwärmung, wenn nicht umgehend der Ausstoß von Treibhausgasen verringert würde.
    Eine CO2-Reduktion will die EU mit dem „Green Deal“ erreichen. Europa soll bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden. Auch in Deutschland werden die Klimaschutzziele ehrgeiziger. Doch wie vorbereitet ist das Land auf ein klimaneutrales Leben eigentlich?
    Bereits in Berlin beschlossen: die Reduktion von Treibhausgasen in Deutschland um 65 Prozent zum Ende des Jahrzehnts, gemessen am Jahr 1990. Deutschland könnte – als größtes Industrieland und größter CO2-Verursacher der EU – Vorbild für Europa werden.
    Die deutsche Wirtschaft steht damit vor einem gigantischen Umbau. „ZDFzoom“-Autor Kersten Schüßler fragt bei Industrie, Politik und Menschen vor Ort nach. Können wir bald CO2-neutral leben? Oder sind die Klimaschutzziele nur heiße Luft?
    Wie schwer die Umkehr ist, zeigt die Autobranche. Brandneue Verbrenner und Hybride seien eine „Cash Machine“, heißt es bei Mercedes noch Anfang 2021. Noch werden Topmodelle verkauft, die mehrere Tonnen wiegen und in der Praxis weit über zehn Liter verbrauchen. Dabei ist die Branche tief verunsichert. „Zu sagen, wir wüssten heute, was in 20 Jahren die beste Technologie ist, ist kühn“, verteidigt die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, den Verbrenner.
    Doch dessen Aus in wenigen Jahren ist absehbar. „Steh-zeuge“ seien die meisten Fahrzeuge, meint DIW-Expertin Prof. Claudia Kemfert und fordert statt Autos künftig Mobilitätsdienstleistungen per App und eine rasche Mobilitätswende. Weg von der Straße, hin zur Schiene.
    Wie das ginge, zeigt die Schweiz: Dort wurde der Schwerlastverkehr mit einer Abgabe belastet, um große Tunnel für den transeuropäischen Güterverkehr zu bauen. Doch die deutschen Anschlüsse lassen immer noch auf sich warten: Die Planungen für die Fertigstellung reichen bis ins Jahr 2041.
    „Die Chance haben wir, es zu verbocken“, fürchtet der Chef der Salzgitter AG, Gunnar Groebler. Experten sind sich einig: Es fehlen riesige Kapazitäten erneuerbarer Energien, es fehlen schnelle Genehmigungsverfahren, es fehlen Leitungen, und es fehlen klare politischen Leitplanken. Groebler will eigentlich bald Stahl mit grünem Wasserstoff als Energielieferanten produzieren, um die Firma klimafreundlich und zukunftsfähig zu machen, aber er warnt: „Ich kann keinem Aufsichtsrat der Welt, keinem Aktionär der Welt erklären: Wir geben jetzt mal 1,4 Milliarden Euro aus. Mal sehen, was am Ende des Tages rumkommt!“
    Mit dem „Green Deal“ hat die EU immerhin einen Plan – bis hin zur Steuerung von Geld- und Finanzströmen in nachhaltige Investitionen. Das mag nicht jeder: „Man muss sich vorstellen, man will die gesamte wirtschaftliche Aktivität danach klassifizieren, ob sie nachhaltig ist oder nicht“, kritisiert Prof. Clemens Fuest, Präsident des renommierten ifo Instituts. Er warnt: „Wir brauchen keine Planwirtschaft.“
    Der Klimawandel aber ist längst in Deutschland angekommen. Noch bevor der europäische „Green Deal“ durch die nationalen Parlamente kommt, nimmt der Umbau der Wirtschaft rasant Fahrt auf. Die Konzepte liegen auf dem Tisch, die Probleme bei der Umsetzung auch. Es könnte eine Achterbahnfahrt werden. „Das Tempo muss sich verdoppeln“, mahnt Umweltministerin Svenja Schulze, „der Umbau betrifft die ganze Gesellschaft.“ In welchem Umfang, das hätten vielleicht manche gern ein wenig früher gewusst. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 25.08.2021 ZDF
  • Folge 394
    Die Nervosität bei den Behörden wächst. Es drohe die Gefahr, dass die kommende Bundestagswahl aus dem In- oder Ausland beeinflusst werden könnte, warnte der Bundesinnenminister kürzlich. Im deutschen Cyber-Abwehrzentrum bereitet man sich zur Bundestagswahl auf hohe Aktivitäten ausländischer Hacker vor. Neben Cyberangriffen auf Parteien weist der Verfassungsschutz auch auf Desinformationskampagnen und damit vor Wahlbeeinflussung aus dem Ausland hin. Bereits bei der Bundestagswahl 2017 gab es Versuche, die Wahl zu beeinflussen. „ZDFzoom“-Autor Christoph Kürbel zeigt die akute Bedrohungslage vor der anstehenden Wahl im September.
    Häufig führen die Spuren von Desinformationskampagnen und Cyberangriffen nach Russland. „Das inzwischen erreichte Niveau kannten wir bislang nur aus Zeiten des Kalten Kriegs“, sagt der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang. Er warnt vor Desinformation, Spionage und organisierten Cyberangriffen: „Die Methoden werden immer ruppiger und die Mittel brutaler.“ Social-Media-Plattformen wie Facebook arbeiten bereits eng mit den deutschen Sicherheitsbehörden zusammen, um mögliche Einflussnahmen und Fake-News-Kampagnen früh zu erkennen und abzustellen.
    Die Taktik der Angreifer hat sich deshalb geändert. Immer öfter starten sie Phishing-Attacken auf Politikerinnen und Politiker und stehlen dabei Informationen, um dann gegebenenfalls kompromittierendes Material auch über das gehackte Postfach zu veröffentlichen. Die deutschen Geheimdienste nennen dieses Vorgehen „Hack & Leak“. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik schult mittlerweile Bundestagskandidatinnen und -kandidaten in Sachen Cyber-Sicherheit. Hinter den versuchten Manipulationen der Bundestagswahlen steckt häufig auch die Absicht, Verwirrung zu stiften und das politische System zu destabilisieren.
    Mit welchen Methoden das versucht wird, hat der Wissenschaftsjournalist Mirko Drotschmann, alias MrWissen2Go, erfahren. Eine PR-Agentur wendete sich an ihn, mit dem Angebot für Geld öffentlich den Coronaimpfstoff von BioNTech schlecht zu machen. Die vorgeschlagene Ausrichtung: Der Impfstoff habe mehr Todesopfer gefordert als andere Vakzine. Der vermeintliche Beweis der Behauptung: eine gefälschte Studie. Auch hier führen die Spuren nach Russland. Mehr unter www.zoom.zdf.de (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 01.09.2021 ZDF
  • Folge 395
    Zwanzig Jahre später: Der Terroranschlag vom 9. September 2001 ist Teil unserer gemeinsamen Geschichte geworden.
    Wer New York am 11.09.2001 erlebte, hat meist minutiöse Erinnerungen. Manche überlebten den Terroranschlag nur knapp, viele verloren geliebte Menschen. Einige filmten, was sie sahen. Sie waren Zeugen und Protagonisten gleichzeitig: Aus ihren Videos und zahlreichen Audio-Files aus offiziellen Quellen entstand eine Dokumentation, die den Verlauf des 11. September 2001 auf eine ganz besondere Weise erzählt. Es sind teilweise verwackelte Szenen, Wortfetzen, Kommandos aus Rettungsleitstellen und Flugüberwachung, Stimmen von Reporterinnen und Passanten, die zu einem großen Ganzen verdichtet werden und den Tag auf verstörende und beeindruckende Weise wiederaufleben lassen.
    Anthony und Kyra Paris mit ihrem Baby Dashiel, die nur sechs Blocks vom World Trade Center entfernt wohnen, die Reporterin Lucia Davis, die Dokumentarfilmerin Cheryl Dunn: Sie sind nur einige der Menschen, die die Katastrophe aus nächster Nähe erlebten und für diese Dokumentation ihre Aufnahmen zur Verfügung stellten. Das Produktionsteam der britischen Firma Brook-Lapping sammelte darüber hinaus monatelang Tonaufzeichnungen, die in aufwändiger Puzzle-Arbeit mit den Filmaufnahmen zu einem historischen Zeitdokument verwoben wurden.
    Die Bilder dokumentieren nicht nur Panik und Verzweiflung sondern auch Solidarität und Hilfsbereitschaft an diesem sonnigen 11. September, der die ganze Welt in Angst und Schrecken versetzte. Zwanzig Jahre danach: Der Terroranschlag von 9/​11 ist Teil unserer Geschichte geworden. Diese außergewöhnliche Dokumentation setzt all jenen, die an dem Tag Tod und Verlust erlebten, aber auch denen, die ihr Leben aufs Spiel setzten, um anderen zu helfen, ein Denkmal. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 08.09.2021 ZDF
  • Folge 396
    Hubertus Koch begibt sich im Katastrophen- und Wahljahr mitten ins Spannungsfeld der Klimakrise. Am Tagebau Garzweiler spricht er mit Anwohnerin Waltraud, deren Haus dem Braunkohle-Abbau weichen soll. Ebenso wie die Rentnerin sorgt sich auch Aktivist Melchior um die Zukunft angesichts des Klimawandels: „Ich hoffe, ich werde in 50 Jahren noch leben. Aktuell weiß ich nicht, ob ich Kinder kriegen will.“
    Auch Adrian aus dem Ruhrgebiet sorgt sich um den Klimaschutz und die Zukunft seiner Kinder: Mehrere Zehntausend Euro hat der Beamte in eine Solaranlage auf dem Dach seines Hauses investiert. Gerade mal zehn Prozent des erzeugten Stroms nutzen er und seine Familie selbst – den Rest würden sie gern weitergeben. Doch der bürokratische Aufwand ist immens: „Es wird in Deutschland unnötig erschwert. Durch Anträge, Genehmigungen – am einfachsten wäre doch, wenn wir mit unserem Strom machen könnten, was wir wollen.“ Adrian fühlt sich in seinem Engagement gegen den Klimawandel ausgebremst.
    Doch auf seiner Reise begegnet Hubertus Koch auch ganz viel Mut: Claas Helmke etwa entwickelt mit der Initiative GermanZero ein eigenes Klima-Gesetzespaket, das – wenn es nach ihm ginge – noch im Winter im Bundestag zur Abstimmung gebracht werden soll. „Das ist völlig durchgeknallt.“ Das habe es bisher noch nicht gegeben, dass jemand außerhalb der Regierung, nicht in deren Auftrag, ein Gesetz geschrieben habe, schildert der Diplom-Ingenieur und Mitgründer der NGO. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 15.09.2021 ZDF
  • Folge 397
    Moderatorin Ariane Alter greift in ihrer Doku das Thema Geschlechter-Gerechtigkeit auf: Sie ist wütend darüber, dass Männer und Frauen noch immer nicht gleichgestellt sind, Frauen um Job und Alterssicherung viel mehr kämpfen müssen und Sexismus im Beruf oder bei der Familienplanung alltäglich ist.
    Sie trifft etwa Moderatorin Arlett von Femotion Radio, die in der Schwangerschaft ihren Job verloren hat. Oder Pflegeassistentin Misa, die als Alleinerziehende große Sorgen um ihre finanzielle Zukunft hat. Notfallsanitäterin Sophie spricht mit Ariane Alter über den alltäglichen Sexismus im Job: „Sprüche wie ‚von Ihnen würde ich auch gern mal Mund-zu-Mund beatmet werden‘ hat mein männlicher Kollege noch nie gehört“, berichtet sie. Sie bedauert: „Oft wird Sexismus ja nicht wahrgenommen, weil er so alltäglich ist.“ (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 15.09.2021 ZDF
  • Folge 398
    14 Millionen Deutsche haben bei der letzten Bundestagswahl nicht gewählt. Auch bei dieser Wahl werden viele nicht an die Urne gehen. Jochen Breyer will wissen, warum. Der ZDF-Reporter möchte mit denen ins Gespräch kommen, die sich abgewandt haben vom politischen System. Warum tun sie sich schwer mit dieser Wahl? Was frustriert sie, warum ist Vertrauen in Politik und Parteien auf der Strecke geblieben? Unter dem Hashtag warumichnichtzurWahlgehe können die Menschen seit Donnerstag, 15. Juli 2021, schildern, was sie beim Thema Bundestagswahl umtreibt, warum sie ihre Stimme nicht abgeben wollen, welche Sorgen sie bewegen. Aus den Rückmeldungen sucht das Team von „Am Puls Deutschlands“ Protagonisten für die Doku und thematisiert die geschilderten Probleme. Bereits seit 2017 fühlt Jochen Breyer der Nation den Puls. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 22.09.2021 ZDF
  • Folge 399
    Mehrere Kinder soll ein Arzt am Universitätsklinikum des Saarlandes missbraucht haben. Dass über Jahre die Eltern darüber nicht informiert wurden, macht das Unfassbare noch schlimmer.
    Vom mutmaßlichen Missbrauch erfuhr eine Mutter durch Zufall. Als sie die Klinik konfrontierte, kam die Wahrheit ans Licht. Auch Staatsanwaltschaft und Landesregierung hatten geschwiegen. „ZDFzoom“ stößt auf weitere Täter – nichts wurde abschließend aufgeklärt.
    Der heutige Direktor des Universitätsklinikums des Saarlandes, Prof. Wolfgang Reith, spricht von einem schweren Versäumnis: „Man hätte damals die Eltern der Kinder schon informieren müssen, was da vorgefallen ist.“
    Der mutmaßliche Täter war ein Arzt der Jugend- und Kinderpsychiatrie am Universitätsklinikum. Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen ihn. Es gab Hinweise, dass er Kinder im Krankenhaus missbraucht haben soll. 2016 starb er eines natürlichen Todes, die Akten wurden von der Staatsanwaltschaft geschlossen.
    Zu keinem Zeitpunkt sahen sich Staatsanwaltschaft oder die Klinik dazu veranlasst, die Eltern der Kinder darüber zu informieren. Auch die saarländische Landesregierung wusste von den Vorwürfen, lehnte aber eine Unterrichtung der Eltern ebenfalls ab. Erst 2019 wurde der Fall öffentlich.
    Eine Rechtsanwältin betroffener Eltern, Claudia Willger, ist darüber fassungslos: „Ich habe wirklich schon viele schwierige Lebensgeschichten gehört, aber das hat einfach meine Vorstellungskraft absolut gesprengt. Ich konnte es mir nicht vorstellen, dass Eltern so wenig Respekt gegenüber gebracht wird, und was ich mir auch nicht vorstellen konnte, die Einstellung der Staatsanwaltschaft.“
    Wieso die Eltern nicht über den mutmaßlichen Missbrauch in Kenntnis gesetzt wurden, sollte ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss klären. Bislang liegt der Abschlussbericht nicht vor.
    Doch damit nicht genug. Auch in einem anderen Klinikbereich des saarländischen Universitätsklinikums sollen Kinder missbraucht worden sein. Betroffen ist die HNO-Klinik. Entsprechende Fälle wurden in Gutachten der Gerichtsmedizin attestiert. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen dennoch ein. Ein Täter konnte nicht ermittelt werden.
    Der saarländische SPD-Landtagsabgeordnete und Mitglied des Untersuchungsausschusses, Jürgen Renner, ist darüber entsetzt: „Es ist eine Niederlage für den Kinderschutz, und es ist ein Riesenmakel für die Hals-, Nasen-, Ohrenklinik.“ Dass kein Täter ermittelt werden konnte, sei „unfassbar und überhaupt nicht nachvollziehbar“, sagt Langer.
    Das Universitätsklinikum hat inzwischen reagiert und ein sogenanntes Schutzkonzept erarbeitet. Über eine Homepage des Krankenhauses können Missbrauchsfälle jetzt online angezeigt werden.
    Die „ZDFzoom“-Autoren Peter F. Müller und Klaus Martens haben über Monate an diesem Fall gearbeitet. Die erste Unterrichtung der Öffentlichkeit erfolgte erst, nachdem die Autoren die saarländische Landesregierung mit ihren Recherchen konfrontierten. Ohne ihre Hartnäckigkeit wären diese Missbrauchsfälle am saarländischen Universitätsklinikum womöglich nie in diesem Umfang veröffentlicht worden. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 06.10.2021 ZDF
  • Folge 400
    Mehr als 180 Tote forderte die Flutkatastrophe im Westen. Viele verloren ihre ganze Existenz. Trotzdem werden die meisten Menschen genau da wiederaufbauen, wo die Flut ihnen alles nahm. Dabei sind die Prognosen eindeutig: Extremwetterereignisse werden zukünftig häufiger auftreten. Experten fordern ein Umdenken bei der Bau- und Landschaftsplanung. Denn bisher wurde zu viel in hochwassergefährdeten Gebieten gebaut. Wird sich das jetzt ändern? Die „ZDFzoom“-Reporterinnen Carolin Hentschel und Katja Duregger gehen der Frage nach, warum Hochwasserrisiken beim Bau oft unterschätzt oder gar in Kauf genommen werden.
    Das Problem: Viele Kommunen brauchen Fläche zum Bauen, denn der Wohnungsmarkt ist auch außerhalb der Metropolen angespannt. So wird in Bochum um den Bau eines Neubaugebiets gestritten: ausgerechnet auf einer Fläche, die bei der Flut im Sommer meterhoch unter Wasser stand. Dirk Jansen, Geschäftsleiter Naturschutz und Umweltpolitik des BUND NRW, kritisiert eine völlig verfehlte Flächenpolitik: „Hier wird de facto Natur zerstört, hier wird Fläche versiegelt und das in Zeiten des Klimawandels, in Zeiten von Flut- und Hochwasserkatastrophen, wo wir jede Fläche, die unversiegelt ist, brauchen.“ Damit sich Hochwasserkatastrophen wie im Sommer nicht wiederholen, müssen mehr Flächen für den Abfluss und den Rückhalt von Wassermassen freigehalten werden.
    Doch tatsächlich werden jeden Tag 52 Hektar Land, also über 70 Fußballfelder, in Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewandelt. Die noch amtierende Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag ein Flächensparziel verankert: Bis 2030 sollen danach weniger als 30 Hektar Fläche pro Tag verbraucht werden.
    Das Land Rheinland-Pfalz hat im Hochwassergebiet nun zunächst neue Überschwemmungsgebiete festgesetzt, um mehr Fläche für den Rückhalt und den Abfluss von Wasser zu schaffen. Die Landesregierung hat außerdem kürzlich entschieden, dass die meisten Häuser, die von der Flut beschädigt oder zerstört wurden, wiederaufgebaut werden dürfen – selbst wenn sie in einem der Überschwemmungsgebiete liegen. Im stark betroffenen Ahrtal dürfen nur 34 von den Fluten zerstörte Häuser nicht wiederaufgebaut werden. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 13.10.2021 ZDF
  • Folge 401
    Eine Cheftrainerin in der Fußball-Bundesliga? Nahezu undenkbar. Fußball ist Männersache. Kein Verein in den höchsten drei Männer-Ligen beschäftigt auch nur eine einzige Frau im Trainer-Team. Die Strukturen bröckeln. Die Männerdomäne gerät ins Wanken. Frauen kandidieren für Vorstandsposten, schielen auf Trainerjobs, junge Spielerinnen werden von Sponsoren hofiert. Der Fußball lebt von der Vielfalt, und Frauen wollen nicht länger ausgeschlossen sein. Als die beliebteste Sportart Deutschlands hat Fußball eine Vorbildfunktion und damit die Verantwortung, die Gesellschaft abzubilden.
    Diesem Auftrag kommt die Fußballwelt aber bisher kaum nach, sondern verharrt in altbekannten, patriarchalen Strukturen. In den vergangenen Wochen und Monaten tauchen vereinzeln auch im Fußball Regenbogenfahnen auf, knien Sportler*innen vor dem Wettkampf nieder und zeigen so ihre Abscheu gegen Rassismus und Diskriminierung. Aber Sportverbände reagieren darauf oft hilflos, manchmal gar mit Strafen. Unter den 17 Präsidiumsmitgliedern des Deutschen Fußball-Bundes ist nur eine einzige Frau.
    Dabei gilt auch im Fußball: Es ist Zeit für Veränderungen. Denn zurzeit sind im deutschen Fußball so gut wie alle wichtigen Positionen von Männern besetzt. Wenn es Änderungen gibt, müssen zwangsweise Männer auch ihre Positionen aufgeben. Das können Frauen aber nicht allein vorantreiben. Daran müssen alle arbeiten. „Fußball-Frauen“ ist ein diskursfreudiger und unterhaltsamer Film. Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen zeigt er die politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz des Themas auf.
    In den sehr persönlichen Interviews wird auf die Fußballbranche geblickt, deren Missstände die Herausforderungen unserer Gesellschaft wie durch ein Vergrößerungsglas zeigen. Beleuchtet werden dabei vor allem der spannende Istzustand der Branche und innovative Lösungsansätze. Zu Wort kommen Menschen, die das zurückbringen wollen, was die Magie des Fußballs ursprünglich ausmacht: Teamgeist, Gemeinschaft, Spielfreude. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 20.10.2021 ZDF
  • Folge 402
    Alleingelassen und überfordert: Knapp eine halbe Million Kinder und Jugendliche in Deutschland pflegen ihre nächsten Angehörigen zu Hause. Statistisch sind das bis zu zwei Kinder pro Schulklasse. Sie sind sogenannte Young Carers, junge Pflegende, die eine große Verantwortung übernehmen. Doch in der Gesellschaft sind sie meist unsichtbar. Der enorme Druck, der auf ihnen lastet, nimmt ihnen die Kindheit. Die betroffenen Familien bräuchten oft schnelle und unbürokratische Unterstützung. Doch es gibt in Deutschland keinen Leistungsträger, der die ganze Familie im Blick hat.
    Sabine Metzing, Professorin und Pflegeexpertin von der Universität Witten-Herdecke, sieht darin ein strukturelles Problem. Sie sagt: „Deutschland muss dringend die Gesundheits-, Jugend- und Sozialhilfe miteinander vernetzen.“ Sie fordert ein Ministerium oder einen Dachverband, der sich dieser Schnittstelle und damit der alleingelassenen Kinder und Jugendlichen annimmt. Sie fallen bei der Diskussion um häusliche Pflege bisher durch fast alle Raster.
    Drei junge Frauen geben „ZDFzoom“ Einblicke in ihr Leben als „Young Carers“ und erzählen von ihrem Alltag: Haushalt, einen Angehörigen bei der Intimpflege unterstützen oder Geschwister versorgen. „Young Carers“ halten die Familie am Laufen und gehen dabei oft über ihre eigenen Grenzen. Bis hin zu Schulversagen und psychischem Zusammenbruch. Ihre Rolle begleitet sie ein Leben lang. Wer aber steht ihnen zur Seite? Wer hilft den Kindern und Jugendlichen, die sich täglich um die Pflege Erwachsener kümmern? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 27.10.2021 ZDF
  • Folge 403
    Computerspiele können süchtig machen. Vor allem junge Menschen sind gefährdet. Laut DAK-Gesundheit ist das Gaming bei fast 700 000 Kindern und Jugendlichen riskant oder pathologisch. Durch Corona hätten sich die Spiel-Zeiten um bis zu 75 Prozent erhöht. Prof. Thomasius vom Uniklinikum Hamburg-Eppendorf sagt: „Vor zehn Jahren waren die Jugendlichen 16 bis 18. Heute kommen wir immer öfter mit zwölf bis 13-Jährigen in therapeutische Kontakte.“ Er leitet das „Deutsche Zentrum für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters“. Jedes Jahr werden hier circa 1600 Kinder und Jugendliche auf Suchterkrankungen behandelt.
    400 davon sind abhängig von digitalen Medien. Dazu gehören vor allem PC- und Handy-Videospiele. Die Therapie ist interdisziplinär: Ärztinnen, Psychologen, Körper-, Musik- und Ergotherapeutinnen arbeiten auf verschiedenen Ebenen mit den jungen Patienten. Es gibt sogar eine klinikeigene Schule. Prof. Thomasius hat das Suchtzentrum vor Jahren mit aufgebaut. Das Ziel bei Mediensucht: die Kinder und Jugendlichen an einen entspannten Umgang mit der digitalen Welt heranzuführen. Sie sollen lernen, wieder ohne Abhängigkeit und zwanghaftem Verhalten zu leben. Professor Rainer Thomasius und andere Experten sehen aber auch die Spieleindustrie in der Verantwortung, Spielerinnen und Spieler besser zu schützen.
    Die Branche hat zuletzt, wohl auch dank der Coronapandemie, massive Umsatzsteigerungen erzielt. Vor allem mit „Freemium-Games“. Das sind Spiele, die man sich anfangs kostenlos herunterladen kann, bei denen aber besondere Spielfortschritte und Erweiterungen Geld kosten. Insider aus der Games-Branche berichten „ZDFzoom“-Autorin Susanna Zdrzalek, mit welchen Mechanismen Game-Designer versuchen, die Nutzer möglichst lange ans Spiel zu binden. Und mit welchen Kniffen die Spieler dazu gebracht werden, sich das immer mehr kosten zu lassen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 10.11.2021 ZDF
  • Folge 404
    Geimpft oder nicht – darüber wird inzwischen auch angesichts der rasch steigenden Zahl der Neuinfektionen immer heftiger gestritten. Die Impffrage wird zur Glaubensfrage. Auch in der Mitte der Gesellschaft: Was ist richtig, was ist falsch? Und was ist gerecht? Für die einen ist die Impfung ein Akt der Solidarität, für die anderen eine Frage der persönlichen Freiheit. „ZDFzoom“ trifft Menschen auf beiden Seiten der Impfdebatte. Die Autorinnen Sibylle Bassler und Patricia Schäfer beginnen ihre Spurensuche in Rosenheim. Hier wird auf der Intensivstation um das Leben vieler Ungeimpfter gekämpft.
    Eine COVID-Patientin, die nur mit größtem Einsatz der Pflegekräfte gerettet werden konnte, erklärt, sie würde sich auch nach dieser Erfahrung nicht impfen lassen. Kein Einzelfall, sondern im örtlichen RoMed Klinikum die Regel. In Rosenheim gibt es besonders viele Ungeimpfte. So wie den Unternehmer Frank Bauer. Er hat während der Coronakrise sein Vertrauen in die Politik verloren. Bauer fühlt sich ungerecht behandelt: „Die Geimpften gelten als die Guten – dabei können auch die das Virus verbreiten und sich anstecken. Und wir Ungeimpften werden als ‚die Bösen‘ hingestellt, werden ausgegrenzt.
    Da mache ich nicht mit!“. Sachsen: das Bundesland mit der niedrigsten Impfquote. In Görlitz dominieren die Ungeimpften das Meinungsklima. Hier wurden Ärzte bei Impfaktionen beschimpft und bedroht – so erging es dem Görlitzer Kinderarzt Dr. Christian Gottschalk. Ihn mache das traurig und sprachlos: „Die Menschen verwechseln Freiheit oft mit Grenzenlosigkeit und Zügellosigkeit. Aber Freiheit hat auch ihre Grenzen, denn an dieser Grenze fängt Solidarität an.“ Ganz anders die Situation in Bremen. Hier sind 81 Prozent der Menschen geimpft, die höchste Quote bundesweit.
    Der Stadtstaat setzt auf Kommunikation statt Konfrontation und konnte so viele Menschen zur Impfung bewegen. Wie fühlt sich ein Impfskeptiker in diesem „Musterland des Impfens“? Elektrotechniker Andreas Löffl sieht sich nur noch als Ärgernis wahrgenommen und sagt: „Dass führende Politiker mit dieser ‚Pandemie der Ungeimpften‘ und speziell der jüngeren Ungeimpften hausieren gehen, ist in meinen Augen Panikmache.“ Eine Reise durch ein Land, in dem sich Gräben auftun entlang der Frage: geimpft oder nicht? Mit Konsequenzen für unsere Gemeinschaft, für uns alle im Angesicht einer wachsenden Gefahr. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 17.11.2021 ZDF
  • Folge 405
    Sie leben in Autos, Garagen oder Kellern: Bis zu eine Million Menschen in Deutschland gelten als wohnungslos. Trotz Arbeit oder Rente reicht vielen das Geld nicht für ein festes Zuhause. Nach Schätzungen steigt die Wohnungslosigkeit seit 2008 stetig an. Zu lange hat die Politik das Problem verdrängt – bundesweite offizielle Zahlen gibt es bisher nicht. Dabei ist längst die Mitte der Gesellschaft betroffen. Ein überlastetes kommunales Hilfssystem, fehlende Koordination und der angespannte Wohnungsmarkt verschärfen diese Not.
    Für Expertinnen wie Sozialanthropologin Luisa Schneider liegt das vor allem an einer fehlenden nationalen Strategie: „Im Moment befinden wir uns in einer Situation, in der wir Wohnungslosigkeit managen und nicht lösen. Wenn wir unsere Sozialstruktur nicht ändern, werden diese Zahlen explodieren, und sie sind auch mit unserem aktuellen Hilfssystem nicht zu lösen.“ „ZDFzoom“ hat wohnungslose Menschen zu ihren versteckten Rückzugsorten begleiten können. Ihre Geschichten stehen exemplarisch für ein immer gewaltiger werdendes Problem: Immer mehr Menschen sind ohne Obdach oder – weniger sichtbar – in notdürftigen Behausungen untergebracht.
    Bezahlbarer Wohnraum und eine Strategie, um die Betroffenen nachhaltig zu unterstützen, fehlt. Dabei hat sich auch Deutschland in einer gemeinsamen Erklärung der EU-Staaten verpflichtet: Bis 2030 soll niemand mehr auf der Straße leben müssen. SPD-Vizeparteichef Kevin Kühnert sieht darin den nötigen Handlungsauftrag für die kommenden Regierungsjahre: „Das ist wie mit Klimaabkommen, die man schließt.
    Wo man dann auch nicht kurz danach darüber diskutieren kann, ob man es jetzt wirklich ernst gemeint hat. Das Ziel darf nicht mehr zur Diskussion stehen.“ Bisher liegt die Last auf den Wohnungslosen selbst. Viele sind nicht mehr in der Lage, sich Hilfe zu suchen, oder kennen die Hilfsmöglichkeiten nicht. Dazu kommt Scham. Betroffene leben oft versteckt und schlagen sich irgendwie durch. Wie kann es sein, dass sich immer mehr Menschen trotz Job oder Rente kein eigenes Zuhause mehr leisten können, und warum wurde so lange nicht gehandelt? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Mi. 01.12.2021 ZDF

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