Ökonomie und Moral schließen sich nicht aus. Nach Jahren des Neoliberalismus und der Turbo-Globalisierung fordern Wissenschaftler jetzt einen neuen, ethischen Kapitalismus. Denn: Neue Märkte können vielfach nur noch erschlossen werden, wenn die mitverkauften Werte eines Unternehmens mit denen der Kundschaft und der Belegschaft übereinstimmen. Die Qualität eines Produkts ist nicht mehr allein der Faktor für unternehmerischen Erfolg. Wie aber hängen materielle und ethische Werte zusammen? Wieviel Ethik verträgt ein Unternehmen? Und welche Werte müssen sich Unternehmen geben? Es wird höchste Zeit, um über unser Wirtschaftssystem neu nachzudenken. Ein möglicher Weg dahin ist beispielsweise das „Kaizen“ – ein Prinzip aus Japan. Kaizen ist eine japanische Lebens- und Arbeitsphilosophie, die das unendliche Streben nach Verbesserung ins Zentrum stellt. Als methodisches Konzept lässt es sich auch in Unternehmen anwenden. In Europa hat sich das Kaizen-Prinzip unter der Bezeichnung „kontinuierlicher Verbesserungsprozess“ etabliert. Der Ansatz ist dabei humanorientiert und hat die Förderung der Motivation der Belegschaft und deren Identifikation mit den Arbeitsinhalten an ihrem Arbeitsplatz zum Ziel. Um dieses Ziel zu realisieren, werden alle in die Gestaltung von Prozessen von
Anfang an eingebunden. Denn „Unternehmen sollten moralisch fortschrittlicher als der öffentliche Diskurs sein und diesen prägen. Dafür ist eine Ethikabteilung sinnvoll, die nur für das Thema zuständig ist“ – so der Philosoph Markus Gabriel. Welchen Unterschied gibt es zwischen Kaizen und den westlichen Managementkonzepten? Und die Generation Z? Die Geburtenjahrgänge zwischen 1996 und 2010, die eine Welt ohne Technologien nicht kennen, treten in die Arbeitswelt ein. Sie haben oft ein hohes Umweltbewusstsein und legen mehr Wert auf ein ausgeglichenes Verhältnis von Arbeit und Freizeit. Genauso wie auf ein wertschätzendes und vertrauensvolles Verhältnis zur Belegschaft, faire Gehälter und Chancengleichheit, Verantwortung gegenüber der Natur und der Gesellschaft. Aufgrund des Ukraine-Russland-Kriegs und der Coronapandemie besitzen sie ein erhöhtes Sicherheitsbewusstsein. Welche ethischen Anforderungen stellen sie an potenzielle Arbeitgeber? Über diese und viele andere Aspekte des Themas diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen, dem Philosophen Markus Gabriel und dem Ökonomen Marcel Fratzscher. Welche Rolle spielen Marken in der neuartigen Vision eines „guten Lebens“, müssen Unternehmen Vorreiter sein für „ethischen Kapitalismus“, und was heißt in diesem Zusammenhang Eigenverantwortung? (Text: 3sat)