Die traditionellen christlichen Kirchen sind in der Krise. Es fehlen Geistliche. Es fehlen Gläubige. Vor allem aber fehlen Ideen, sich in einer modernen Welt zu definieren. Gert Scobel analysiert mit seinen Gästen, ob die Kirchen gegen die anhaltende „Entkirchlichung“ Westeuropas noch eine Chance haben und welche strukturellen Veränderungen den Kirchen möglicherweise einen Weg aus der Krise weisen können. Die Zahl der Kirchenaustritte in Deutschland hat in den letzten Jahren drastische Ausmaße erreicht: Zirka 300 000 Mitglieder verlieren die beiden großen christlichen Kirchen jedes Jahr. 2016 wurden in Deutschland gerade mal 77 Männer zum Priester geweiht. „Heute stehen wir am Abgrund, morgen sind wir einen Schritt weiter“, klagte schon vor einigen Jahren ein deutscher Kardinal. Bislang fehlt es, so viel steht fest, an professionellem Krisenmanagement. Die Kirchen können in Westeuropa nicht an Boden gewinnen und verharren in traditionellen Strukturen und veralteter Glaubenspraxis. Der Islam sucht gleichsam einen Weg, findet zwischen Moderne oder Tradition oft nur den Weg ganz zurück. Von den radikalen Ausprägungen ganz zu schweigen. Die Religionen haben Probleme mit modernen
säkularen Gesellschaften. Um nicht obsolet zu werden, müssen sie sich dringend rundum erneuern. Das gilt besonders in Zeiten großer Umbrüche und Unsicherheiten, nämlich dann, wenn Menschen auf der Suche nach Sinn, Sicherheit und Orientierung sind. Dieses Bedürfnis scheinen andere spirituelle Bewegungen zu befriedigen. Immer mehr Menschen wenden sich zum Beispiel dem Buddhismus und der Meditation zu. Gert Scobel und seine Gäste beschäftigen sich unter anderem mit den Fragen, welche Rolle Glaube in einer liberalen Gesellschaft und globalisierten Welt für die Menschen spielt, ob Wissenschaft eine Bedrohung für den Glauben ist und inwieweit der Friede der Religionen überhaupt realistisch sein kann. Mit folgenden Gästen: Michael Blume ist Religionswissenschaftler und lehrt an der Universität Köln. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Evolutionsbiologie der Religiosität, Religion, Identität und Kultur. Hans Joas ist Soziologe und Sozialphilosoph. Er ist Professor an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin und am Institut für Soziologie der Universität Chicago. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem Religionssoziologie und Wertewandel. (Text: 3sat)