Schätze der Welt Folge 251: Die Reichenau – Klosterinsel im Bodensee (Deutschland)
Folge 251
Die Reichenau – Klosterinsel im Bodensee (Deutschland)
Folge 251 (15 Min.)
SWR-Kameramann im Boot eines Bodenseefischers. Im Hintergrund die Insel Reichenau.
Bild: BR/SWR
Wer den Namen Reichenau hört, assoziiert damit Gemüse oder vielleicht auch Segeln oder Baden. Doch die vom Klima so begünstigte Insel hat mehr zu bieten als Salatköpfe, Gurken und Bootsanleger. Und deshalb hat die Unesco die Reichenau im November 2000 zum Weltkulturerbe ernannt. Die Reichenauer Benediktinerabtei ist ein Musterbeispiel mittelalterlicher Klosterarchitektur in Zentraleuropa. Sie entwickelte sich im 10. und 11. Jahrhundert zu einem geistigen und kuturellen Zentrum des Heiligen Römischen Reiches. Ihre Malschule prägt die europäische Kunstgeschichte des 10. und 11. Jahrhunderts. Das Marienmünster ist die größte der drei romanischen Kirchen. Als ehemalige Klosterkirche wurde sie im frühen 9. Jahrhundert erbaut. Zur gewaltigen dreischiffigen Basilika gehört eine reiche Schatzkammer mit Reliquien und Schreinen. Der Klostergarten geht auf Abt Walahfrid Strabo zurück, Verfasser des ersten deutschen Buches über den Gartenbau. Aus seiner Feder stammt auch die „Visio Wettini“, die Vision des Mönches Wetti. Eingerahmt in die apokalyptische Vision des Mönches spiegelt diese göttliche Komödie das christliche Weltbild des frühen
Mittelalters wieder. Zeugen der Vergangenheit: Die Kirche St. Georg in Oberzell ist berühmt für die monumentalen ottonischen Wandmalereinen aus dem 10. Jahrhundert. Bishof Egino von Verona stiftete die Kirche 793. Sein Anliegen war eher profan: er wollte seinen wohlverdienten Lebensabend eben am Bodensee verbringen. Bedeutend ist die romanische Apismalerei, das letzte große und bis heute erhaltene Werk der Reichenauer Malerschule. Zu den kunstgeschichtlichen Zeugnissen dieser Zeit gehören auch die einzigartigen Handschriften der Reichenau, die in Bilderzyklen des Neuen Testaments, das Leben Jesu und die Evangelien illustrieren. Der Geist dieser Vergangenheit ist heute noch zu spüren: An drei zusätzlichen Feiertagen, die nur hier auf der Insel gefeiert werden, tragen die Insulaner im Rahmen einer feierlichen Prozession die Reliquienschreine aus der Schatzkammer über die Insel. An den restlichen 362 Tagen bestimmen dann doch die Salatköpfe den Alltag der Reichenauer. Rund 100 Familien leben ausschließlich vom Gemüseanbau. Vom Fischfang, jahrhundertelang vom Kloster überwacht, können sich nur noch 20 Berufsfischer über Wasser halten. (Text: SWR)