2017/2018, Folge 216–233

  • Folge 216 (26 Min.)
    Wie soll man mit Schmerzen umgehen? Soll man sie medikamentös ausschalten, weil sie im Alltag lästig sind? Soll man sie schätzen, weil sie beweisen, dass man am Leben ist? Wer Schmerzmittel aus Prinzip ablehnt, gilt bisweilen als Masochist. Doch ist die konsequente Flucht vor Schmerz nicht auch eine Abkehr von Leben und Körperlichkeit? Mit der Philosophin und Psychoanalytikerin Cynthia Fleuri und dem Journalisten Matthieu Firmin werden diese Fragen diskutiert. Im Christentum wird der Schmerz etwa als notwendiges Opfer auf dem Weg zur Erlösung angesehen, in der rosaroten Ideologie mancher Weltverbesserer dagegen als Übel, welches niemand verdient. Doch wo liegt die Balance zwischen den beiden Extrempositionen? Ist das Aushalten von Schmerz eine wesentliche Lektion in der Schule des Lebens – frei nach Nietzsches Motto: „Was mich nicht umbringt, macht mich stärker?“ (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 02.09.2017arte
  • Folge 217 (26 Min.)
    Was flößt „Respekt“ ein? Was bedeutet es, wenn man zu jemandem „Respekt!“ sagt? Beruht Respekt immer auf Gegenseitigkeit? Respektiert man Vorschriften auf dieselbe Weise, wie man einen Menschen respektiert? Ist Respekt ein Recht oder eine Errungenschaft? Dürfen bestimmte Menschen aufgrund ihres Alters oder ihrer sozialen Stellung behaupten, dass man ihnen „Respekt schuldet“? Oder muss man sich den Respekt der anderen immer verdienen? Diese und weitere Fragen werden mit den Gästen Danielle Moyse und Brice Girardot diskutiert.
    Moyse ist Doktorin der Philosophie und ist als Wissenschaftlerin am Pariser interdisziplinären Institut für sozialwissenschaftliche Forschung (ISIS) als Dozentin tätig. In zahlreichen Veröffentlichungen beschäftigt sie sich mit ethischen Fragen im Zusammenhang mit der Pränataldiagnostik und der Betreuung von Menschen mit Behinderung. Sie ist Mitglied der Ethikgruppe der Vereinigung gelähmter Menschen in Frankreich (APF). Brice Cirardot ist Französischlehrer im Pariser Raum. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 09.09.2017arte
  • Folge 218 (26 Min.)
    Ist Strafe Rache oder Abschreckung? Ist das Strafrecht als Opferrecht zu verstehen, oder wird die Strafe im Interesse des Verbrechers verhängt? Werden die wahren Ziele einer Bestrafung letztlich weniger aus den offiziellen Gesetzestexten als aus der tatsächlichen Strafpraxis ersichtlich? Wie wird bestraft? Warum ersetzte man im Laufe der Geschichte Körperstrafen durch Freiheitsentzug? Unter welchen Bedingungen dient die Strafe der Erziehung und der moralischen Besserung des Delinquenten? Sind Strafen, die keine Läuterung zum Ziel haben, überhaupt sinnvoll? Kann man bei der Erziehung auf Macht und Dominanz verzichten? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 16.09.2017arte
  • Folge 219 (26 Min.)
    Spätestens seit Edward Snowden ist der Begriff des Whistleblowings allseits bekannt. Doch worin unterscheidet sich Wahrsprechen von Demagogie? Warum gibt es in demokratischen Gesellschaften immer mehr Akte des Ungehorsams? In einer Diktatur wäre der Widerstand gegen das repressive Regime relativ einfach zu legitimieren. In einer Demokratie jedoch hat das Volk per Definition die Macht, kollektiv die Gesetze zu ändern. Was bedeutet es, wenn jemand in einer Demokratie seine Freiheit über die Gesetze stellt, wenn er Ungehorsam übt und dabei nur seinem Gewissen folgt? Ist der Ungehorsam eine neue, legitime Form des politischen Handelns? In der heutigen Folge von „Philosophie“ werden diese und weitere Fragen diskutiert.
    Zu Gast ist die Philosophin und Dozentin Sandra Laugier, die zu diesen Themen forscht und an der Sorbonne in Paris lehrt. Nach dem Studium der analytischen Philosophie brachte sie neue philosophische Ansätze nach Frankreich, wie die Philosophie der normalen Sprache und die feministische Care-Ethik sowie Forschungen zum zivilen Ungehorsam und zur radikalen Demokratie. Als zweiter Gast ist Nicole Marie Meyer geladen, die als vormals hohe Beamtin vom französischen Außenministerium entlassen wurde, nachdem sie die Veruntreuung von Geldern aufgedeckt hatte. Sie gilt als eine der ersten Whistleblowerinnen Frankreichs und leitet heute bei der NGO Transparency International den Bereich Whistleblowing. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 23.09.2017arte
  • Folge 220 (26 Min.)
    Zwischen der traditionellen Unterscheidung von Stadt und Land existieren heute die Zwischenräume des suburbanen Raumes: Verkehrsarme Pufferzonen mit seelenlosen Vorstadtsiedlungen zwischen Kreisverkehr und Gewerbegebiet, in denen nichts zu Fuß erreichbar ist. Diese städtische Grauzone ist dem historischen Stadtkern ebenso fern wie dem Land. Das Leben dort ist das Los vieler Franzosen und wird von Bruce Bégout in „Suburbia“ (2013) beleuchtet. Ist „urban“ unweigerlich gleichbedeutend mit „trist“? Oder kann man in vorstädtischen Bausünden auch erbauliche Ästhetik finden? Was geht verloren in der Peripherie, der Stadt jenseits der Stadtgrenzen? Welches philosophische Interesse liegt in der Erfahrung der Leere von Betonlandschaften? Und wie kann eine sich zunehmend verdichtende städtische Architektur nachhaltiger gestaltet werden? In der heutigen Folge von „Philosophie“ werden diese und weitere Fragen diskutiert.
    Der französische Philosoph und Schriftsteller Bruce Bégout, der als Dozent an der Universität Bordeaux III lehrt, veröffentlichte mehrere philosophische Werke, Essays und wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Aufbauend auf seinem Roman „L’Eblouissement des bords de route“ (2004) entstand die Doku-Fiktion „Suburbex“. Als zweiter Gast ist der französische Architekt und Stadtplaner Edouard François geladen, der als Pionier einer nachhaltigen urbanen Architektur gilt. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 30.09.2017arte
  • Folge 221 (26 Min.)
    Wie steht es heute um das demokratische Ideal? Wenn die Bevölkerung eine Reform massiv ablehnt, heißt es häufig, die Regierung habe diese nicht pädagogisch genug vermittelt als ob eine Regierung damit aufhören kann, das Volk zu repräsentieren, wenn sie ihre Politik nur gut erklärt. Und wenn sich Bürger im öffentlichen Raum versammeln, um die Demokratie „neu zu erfinden“, werden Andersdenkende allzu oft ausgegrenzt mit der Begründung „Lügen sind keine Meinung“. Wie kommt man zurück zu einer echten Demokratie? Welche Rolle spielt die Bildung in diesem Kontext? Und welche Konsequenzen hat es für das jeweilige Individuum, als demokratischer Machthaber die Macht im Namen aller innezuhaben? In der heutigen Folge von „Philosophie“ werden diese und weitere Fragen diskutiert.
    Zu Gast ist Marcel Gauchet, französischer Philosoph und Historiker. Als emeritierter Professor am Centre de recherches politiques Raymond Aron gilt er als einer der wichtigsten Demokratietheoretiker Frankreichs und gibt zudem als Chefredakteur die intellektuelle Zeitschrift „Le Débat“ heraus, die er 1980 gemeinsam mit Pierre Nora gegründet hat. Als zweiter Gast ist der Politiker des linken Flügels der französischen Sozialisten Arnaud Montebourg geladen. Montebourg war Wirtschaftsminister unter François Hollande und gilt als Erfinder des Konzepts der „Entglobalisierung“. Als Präsidentschaftskandidat 2017 schied er bereits bei den Vorwahlen aus. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 07.10.2017arte
  • Folge 222 (26 Min.)
    Diese Fragen diskutieren in der heutigen Ausgabe von Philosophie Robert Badinter und Benoît Basse. Robert Badinter ist ehemaliger französischer Justizminister. Als Gegner der Todesstrafe sorgte er in seiner Amtszeit für deren Abschaffung. Benoît Basse ist Doktor der Philosophie und unterrichtet in Paris Oberstufenklassen. Er beschäftigt sich intensiv mit Fragen der moralischen und politischen Philosophie. In seiner Doktorarbeit über die Todesstrafe aus philosophischer Sicht untersucht er unter anderen die Positionen von John Locke, Cesare Beccaria, Jean-Jacques Rousseau, Emmanuel Kant, Jeremy Bentham und John Stuart Mill. Die Arbeit wurde 2016 in überarbeiteter Form veröffentlicht („De la peine de mort en philosophie“, Verlag L’Harmattan). (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 14.10.2017arte
  • Folge 223 (26 Min.)
    In Zeiten von Massenüberwachung und Big Data wirken Anonymität und Unsichtbarkeit wie neue Versprechen von Freiheit. Dabei ist das Verbergen der eigenen Identität eine uralte Strategie, angewandt etwa von Autoren, die unter Pseudonymen veröffentlichen. Romain Gary, Daft Punk und die Hackergruppe „Anonymous“ nutzten und nutzen das Maskenspiel zu ganz unterschiedlichen Zwecken. Ist Anonymität die neue Freiheit unserer Zeit? Der 1977 in Paris geborene Yann Perreau war stellvertretender Kunstattaché im französischen Generalkonsulat in Los Angeles. Er ist Schriftsteller, Journalist und Kunstkritiker. In seinem letzten Buch beschäftigte er sich intensiv mit der Thematik der Anonymität. Isabelle Falque-Pierrotin ist die französische Staatssekretärin und seit dem 21. September 2011 Präsidentin der französischen Datenschutzbehörde CNIL. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 21.10.2017arte
  • Folge 224 (26 Min.)
    „La nuit, je mens …“ „Nachts lüge ich …“ sang Alain Bashung über seine nächtlichen Eskapaden. Nachtschichten, Schlaflosigkeit, Partyleben wie lange können Menschen ohne Tageslicht auskommen? Was kann man wirklich nur nachts erleben? Bietet die Nacht mehr Freiheiten als der Tag mit all seinen Sitten und Konventionen? Mit Michaël Foessel und Aurélien Dubois werden diese und weitere spannende Fragen diskutiert. Michaël Foessel wurde 1974 geboren, promovierte in Philosophie und besuchte die französische Eliteschule Saint-Cloud. Nach einer Dozentur an der Universität Dijon wurde er 2013 als Professor der Philosophie an die renommierte Elitehochschule École polytechnique berufen.
    Ferner berät er die Herausgeber der Zeitschrift „Esprit“ und leitet seit 2014 zusammen mit Jean-Claude Monod die Publikationsreihe „L’Ordre philosophique“ des Seuil-Verlags. In seinem letzten Buch beschäftigte er sich intensiv mit der Nacht. Aurélien Dubois ist der Gründer des berühmten Pariser Nachtclubs „La Concrète“. Außerdem ist er Mitglied und Sprecher des Verwaltungsrats der französischen Berufskammer für Kabaretts und Diskotheken. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 28.10.2017arte
  • Folge 225 (26 Min.)
    Ein großes Paradox im Umgang mit Behinderung ist, dass man als gesellschaftliche Maxime den Betroffenen ohne Mitleid begegnen soll und zwar aus Respekt. Gleichzeitig herrscht nach wie vor eine eklatante Ungleichbehandlung; selbst im alltäglichen Leben werden Menschen mit Behinderung allzu häufig als Sonderfall behandelt. Das birgt ein großes Spannungsfeld in sich. Doch wie kann man ohne Herablassung oder Verleugnung über Behinderung sprechen? Als die 21-jährige Mélanie Ségard, eine junge Frau mit Downsyndrom, am 14. März 2017 die Wettervorhersage auf France 2 moderierte, wurde das ein großer Fernseherfolg: Mélanie bekam über Nacht mehr als 200.000 Internet-Follower und die Wettervorhersage brach alle Zuschauerrekorde.
    Diese Reaktionen zeigen Freude doch gleichzeitig erklären sie das Ganze zur Ausnahme. Gibt auch andere Arten des Umgangs mit Behinderung statt der zweifelhaften Alternative von Gleichgültigkeit und Gutmenschentum? Diese und weitere Fragen diskutieren die beiden Gäste bei „Philosophie“: Der Behindertenexperte Jean-Baptiste Hibon hat einen Hochschulabschluss in Psychologie der Kommunikation, Kognition und Selbstdarstellung und studierte am Hirnforschungszentrum Institut Vittoz IRDC.
    Außerdem ist er der Gründer von Le Réseau Humain, einer kollaborativen Plattform zu den Themen Behinderung und Abhängigkeit. Er informiert und begleitet Menschen in sozialen oder medizinischen Tätigkeiten, Unternehmensführer sowie die Personalabteilungen großer Konzerne. Jonathan Tribodet ist Personalleiter der landwirtschaftlichen Versorgungskasse Armorique in Saint-Brieuc, die als Vorbild für die Integration behinderter Menschen gilt. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 04.11.2017arte
  • Folge 226 (26 Min.)
    Ist derjenige zynisch, der das System anprangert, oder derjenige, der vorgibt, daran zu glauben? In der Antike war der Kyniker ein Bettelphilosoph, der von seiner Verachtung für gesellschaftliche Konventionen keinen Hehl machte und unverfroren seiner geistigen Freiheit frönte. Heute ist der Zyniker ein Egoist, der Regeln zum eigenen Vorteil nutzt und sich hinter dem Schutzschild der Legalität über die Moral hinwegsetzt. Wer von beiden ist zynischer, das heißt subversiver? Die Sendung beleuchtet unter anderem Zynismus in der Politik. Ist Machtstreben zwangsläufig zynisch? Sind Kommunikation, Parolen und Strategie die „machiavellische Essenz der Politik“, wie es Raymond Aron ausdrückte, oder deren Verirrung?
    Zu Gast ist in dieser Sendung Jean-François Balaudé. Der Professor für Philosophie ist Spezialist für Philosophie der Antike und Präsident der Universität Paris-Nanterre sowie Präsident der Wissenschaftsallianz Athéna (Alliance thématique nationale des sciences humaines et sociales). Veröffentlichungen (Auswahl): „Les théories de la justice dans l’Antiquité“ (2005); „Le vocabulaire des Présocratiques“ (2011); „Épicure et l’épicurisme“ (2016). (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 20.01.2018arte
  • Folge 227 (26 Min.)
    Laut Sartre ist Scham die alternative Bezeichnung für die Erfahrung des Anderen. Wenn man um die Gegenwart eines Anderen weiß, fühlt man sich wie ein Objekt betrachtet und schämt sich dafür. Wäre es gemäß dieser Theorie möglich, seine Scham zu kontrollieren und ihr nie mehr zum Opfer zu fallen? Liegt die Scham nur am Blick des Anderen? Kann man sich nicht auch vor sich selbst schämen? Auf der einen Seite hat die Scham pädagogische Wirkung: „Schäm dich!“, sagt man, wenn man einem Kind beibringen möchte, ein Fehlverhalten nicht zu wiederholen. Auf der anderen Seite kann Scham aber auch daran hindern, legitime Worte auszusprechen: Wie viele Frauen schweigen aus Scham bei sexuellen Übergriffen? Diese Folge beleuchtet das paradoxe und zutiefst menschliche Gefühl der Scham.
    Hadi Rizk ist Lehrer für Philosophie am Pariser Lycée Henri-IV. Auswahl seiner Werke: „Comprendre Spinoza“ (2008); „Spinoza: L’expérience et l’infini“ (2012); „Individus et multiplicités: Essai sur les ensembles pratiques dans la Critique de la raison dialectique“ (2014); Mit Jean-Paul Doguet: „Philosophie 160 notions et concepts: Vocabulaire pour la dissertation, perspectives historiques“ (2017). (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 27.01.2018arte
  • Folge 228 (26 Min.)
    Kann man sich noch langweilen im Zeitalter von Massenmedien und sozialen Netzwerken? Kann man noch Däumchen drehen, statt seine Tage damit zu verbringen, das Leben der Anderen im Internet zu verfolgen? Ja, denn Langeweile ist menschlich und viel mehr als bloße Untätigkeit. Pascal nahm an, dass „das ganze Unglück der Menschen allein daher rührt, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen“. Paradoxerweise muss der Mensch seinen Geist beschäftigen, um ihn zu befreien. Befreien, aber wovon? Und welche Rolle spielt die Langeweile dabei? Warum ist das „Boreout“-Syndrom ebenso schlimm wie sein Gegenteil, der „Burnout“? Hatte Schopenhauer letztlich Recht, als er sagte, dass im Leben nur die Wahl zwischen Unruhe und Langeweile bleibt? Zu Gast sind Marie Perret, Philosophielehrerin am Lycée Richelieu in Rueil-Malmaison, und Frédéric Desnard, der in Frankreich seinen Boreout öffentlich machte. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 03.02.2018arte
  • Folge 229 (26 Min.)
    Wer verführen kann, wird oft bewundert. Die Philosophie misstraute dieser hehren Kunst jedoch schon seit Platon: Die Verführung galt als enge Verwandte von Lüge und Täuschung, die den Menschen von der Wahrheit wegführt. Gilles Lipovetsky erklärt, dass Verführung in der Natur omnipräsent ist: Blumen schmücken sich mit bunten Farben, um Bestäuber anzulocken, und Tiere balzen, um potenziellen Geschlechtspartnern zu gefallen. Und die Menschen? Wo ist die Grenze zwischen Verführung und sexueller Belästigung? Eine Aktivistin der feministischen Organisation Paye Ta Shnek gibt Antworten.
    Die nähere Beschäftigung mit dem Phänomen erlaubt eine weitere Hypothese: Was, wenn das wahre Wesen eines Menschen letztlich an der Oberfläche liegt? Wie Nietzsche schon sagte: „Was ist mir jetzt Schein! Wahrlich nicht der Gegensatz irgendeines Wesens was weiß ich von irgendwelchem Wesen auszusagen, als eben nur die Prädikate seines Scheines! Wahrlich nicht eine tote Maske, die man einem unbekannten X aufsetzen und auch wohl abnehmen könnte! Schein ist für mich das Wirkende und Lebende selber, das so weit in seiner Selbstverspottung geht, mich fühlen zu lassen, dass hier Schein und Irrlicht und Geistertanz und nichts mehr ist.“ Zu Gast ist Gilles Lipovetsky, geboren 1944, Dozent für moralische und politische Philosophie.
    2017 erschien sein Buch „Plaire et toucher. Essai sur la société de séduction“ (Gallimard). Außerdem ist eine Aktivistin der feministischen Organisation Paye Ta Shnek eingeladen, die gegen sexuelle Belästigung kämpft. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 10.02.2018arte
  • Folge 230 (26 Min.)
    „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“, rief Jesus Christus bei der Steinigung einer Ehebrecherin. Der Gedanke, dass niemand unschuldig ist, ist paradoxerweise sehr angenehm: Er beruhigt das Gewissen und erinnert daran, dass jeder einmal etwas Böses tut. Ist die Unschuld also für immer verloren? Ist sie ein Relikt aus jenem goldenen Zeitalter, als der Mensch noch tugendhaft und ahnungslos tugendhaft, weil ahnungslos in völliger Unschuld lebte? Kann man den Biss in die verbotene Frucht rückgängig machen? Ja, meint der heutige Gast Emmanuel Caldier alias Manu le Gitan , der berichtet, wie man das „Schuldstigma“ loswird, das jedem ehemaligen Häftling automatisch anhängt. Außerdem kommt Anne Lécu in der Sendung zu Wort. Sie ist Dominikanerin, Philosophin und Ärztin in einer Haftanstalt bei Paris. 2010 schrieb sie in ihrer Doktorarbeit in Philosophie über die Arbeit von Gefängnisärzten. Sie ist Autorin mehrerer Bücher zu den Themen Unschuld, Schmach, Leben und Tod. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 17.02.2018arte
  • Folge 231 (26 Min.)
    Wie werden Menschen zu Verrätern? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, sind in der heutigen Sendung Jean-Christophe Cambadélis, ehemaliger Vorsitzender der Parti socialiste (PS), und der Autor und Soziologie-Professor Sébastien Schehr zu Gast. Schehr hat sich auf die Thematik des Verrats spezialisiert und stellt in der Sendung die Frage in den Mittelpunkt, ob man eher seine Partei oder seine Ideale verraten sollte. Ein Verräter ist nicht unbedingt ein schlechter Mensch. Meist begeht man einen Verrat nämlich nicht, um Böses zu tun, sondern um einem höheren Gut zu dienen. Genau um dieses Dilemma geht es beim Verrat: Was wiegt schwerer die eigenen Überzeugungen oder die Verpflichtungen gegenüber anderen? Welche Beweggründe können wirklich hinter einem Verrat stecken? Was geht in den Köpfen von Geheimagenten vor, die auf beiden Seiten ihres Doppellebens als Verräter gelten? Ist es Verrat, wenn man unter Folter beginnt zu sprechen? Verrät man aus Schwäche oder für einen höheren Zweck? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 24.02.2018arte
  • Folge 232 (26 Min.)
    Wann ist ein Mann ein Mann? Diese Frage stellt sich mehr denn je in einer Gesellschaft, in der weibliche Emanzipations- und Gleichstellungsbewegungen der männlichen Vorherrschaft langsam ein Ende setzen. Das einst „starke“ Geschlecht hat die Orientierung verloren; auf der Suche nach neuen Rollenbildern, biologischem und sozialem Geschlecht sind Identitätskrisen vorprogrammiert. Ist das traditionelle Männlichkeitsideal überholt und wenn ja, was ist an seine Stelle getreten? Über diese Fragen diskutiert Raphaël Enthoven mit zwei Gästen: Olivia Gazalé zufolge diente Männlichkeit als normatives Konstrukt lange dazu, maskulin dominierte Gesellschaftsstrukturen zu rechtfertigen, entpuppte sich aber auch für die Männer oft als Falle.
    Die Philosophin sieht die aktuelle „Krise der Männlichkeit“ als positive Folge der Infragestellung dieser Normen denn warum sollten Männer um jeden Preis versuchen, stark, mächtig und unbesiegbar zu sein? Clément Lescat ist Mitgründer des Vereins „Au Cœur des Hommes“, der Identitätsfindungsworkshops für Männer anbietet.
    Er vertritt die Ansicht, dass sich Männer durchaus ein modernes, alternatives und dennoch ganz und gar erfüllendes Männlichkeitsmodell zu eigen machen können. Olivia Gazalé lehrte 20 Jahre lang Philosophie am Institut d’études politiques in Paris. Als Mitgründerin des öffentlichen Vorlesungszirkels „Les Mardis de la Philo“ macht sie philosophische Debatten für die breite Bevölkerung zugänglich. In ihrem Buch „Le mythe de la virilité“ (2017) widmete sie sich dem Thema der „neuen Männlichkeit“. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 03.03.2018arte
  • Folge 233 (26 Min.)
    „Die Welt ist ein heiliges Gefäß und nicht etwas, woran man handelt. Wer handelt, scheitert dabei. Wer festhält, verliert es“, so Laotse im Tao Te King. Diese These bildet einen krassen Gegensatz zum Handlungs- und Produktionswahn der modernen westlichen Kultur. Der Taoismus ruft dazu auf, der natürlichen Ordnung der Dinge zu folgen, statt sie beherrschen zu wollen. Yin und Yang strukturieren die Welt: zwei konträre Kräfte, in deren Zusammenspiel der Mensch sich einfügen muss. In Begleitung des Philosophen Alexis Lavis wandelt die Sendung auf den Pfaden der fernöstlichen Weisheit. Zu Gast im Studio ist außerdem ein Meister der chinesischen Kampfkunst, der erläutert, wie man diese Denkweise in Körperbewegungen umsetzt und dadurch zu besserer Selbstkenntnis gelangt. Alexis Lavis ist Dozent an der Universität Rouen und Spezialist für indische und chinesische Philosophie. Er ist Übersetzer und Autor zahlreicher Publikationen zu diesem Themenkreis. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 10.03.2018arte

zurückweiter

Erinnerungs-Service per E-Mail

TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn Philosophie online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.

Auch interessant…