„Young Sheldon“: Mehr als ein „Big Bang Theory“-Spin-Off (Kurzkritik)

Serienableger gelingt ordentlicher Start

Bernd Krannich
Rezension von Bernd Krannich – 26.09.2017, 14:18 Uhr

"Young Sheldon": Mehr als ein "Big Bang Theory"-Spin-Off (Kurzkritik) – Serienableger gelingt ordentlicher Start – Bild: CBS

Am gestrigen Montag hat der US-Sender CBS die Auftaktfolge seiner neusten Serienhoffnung ausgestrahlt, „Young Sheldon“. Die Comedy handelt von der Jugend des neunjährigen Genies Sheldon Cooper, der als Erwachsener in der Erfolgscomedy „The Big Bang Theory“ zu sehen ist.

Worum es geht: Der junge Sheldon Cooper ist ein Genie. Mit seinen neun Jahren hätte er das Zeug dazu, auf eine renommierte Privatschule zu kommen und eine große, wissenschaftliche Karriere zu beginnen. Alleine: Die Finanzen und Struktur seiner Familie lassen das nicht zu: Seine Mutter Mary ist Hausfrau, sein Vater George hat einen Job als Football(-hilfs-)coach an der örtlichen Highschool – und neben Sheldon müssen sich die beiden noch um ihre beiden anderen Kinder kümmern. So bleibt der Familie nur, ihren Sohn sechs Klassen auf einmal überspringen zu lassen, wodurch der neunjährige Sheldon zeitgleich mit seinem älteren Bruder George Jr. auf die Highschool wechselt.

Mary Cooper (Zoe Perry) am ersten Schultag ihres Sohns Sheldon (Iain Armitage) zwischen Sorge und Hoffnung


Zu Sheldons Intelligenz gesellt sich eine gewisse soziale Fehlentwicklung: Sheldon ist einerseits sehr regeltreu und kann nicht akzeptieren, wenn andere das nicht sind. Daneben ist er sich seiner Intelligenz bewusst, was einen deutlichen Hang zur Arroganz mit sich bringt, weswegen er auch keine Scheu hat, seine Meinung deutlich zu äußern – egal, wie sehr er damit aneckt. Und schließlich lebt Sheldon in seiner eigenen Welt. Zwar bezweifelt er etwa die Aussagen der Bibel über die Schöpfungsgeschichte vehement, dass seine geliebte Mutter diese trotzdem „glaubt“, kreidet er ihr aber nicht als „Dummheit“ an, sondern sieht es als liebenswerte Gutgläubigkeit und Naivität.

Die Grenzen im Cooper-Haushalt sind deutlich gezogen. Mutter Mary umsorgt ihren klugen, aber in vielen Situationen einfach zu unangepassten Sohn voller Hingabe und kämpft für ihn – insbesondere, dass er trotz aller Schwierigkeiten die neue Schule besuchen darf, um seine Entwicklung nicht ganz auszubremsen. Vater George hingegen versteht Sheldon nicht und sieht vor allem die Probleme, die er bereitet. Er ist seinem ältesten Kind, George Jr. am nächsten, der beim Wechsel auf die Highschool auch direkt im Footballteam mitwirkt, bei dem der Vater zum Coaching-Team gehört.

Zwischen den Fronten ist Sheldons spitzfindige Zwillingsschwester Missy, die sich damit herumschlagen muss, dass ihr Zwilling fast immer seinen Willen bekommt.

Gleich bricht zwischen den Kindern der Familie Cooper ein Streit aus, bei dem Gemüse fliegen lernt


Die Auftaktfolge von „Young Sheldon“ stellt die Figuren vor. Dabei nutzt die Serie die bekannt ironisch-arroganten Bemerkungen von Sheldon in Form von Voice-Overn von dessen „Big Bang“-Darsteller Jim Parsons. Der von sich selbst überzeugte Sheldon hat seinen ersten Tag in der Highschool. Dabei ist er – immerhin erst ein neunjähriges Kind – durchaus ängstlich, was in seiner Mutter die Löwinneninstinkte weckt. Vater George versucht, die widerstrebenden Interessen in seinem Umfeld so gut wie möglich zu manövrieren. Einerseits will er das Beste für seinen Sohn, anderseits versteht er auch, warum andere von Sheldon genervt sind – dazu gehören Georges Lehrerkollegen ebenso, wie Sohn George Jr, der für seinen Bruder gleich mitgehänselt wird (Spitzname „der dumme Cooper“).

Die Stars: Die Star-Rolle in der Serie teilen sich Jim Parsons als Stimme des erwachsenen Sheldon und der Jungschauspieler Iain Armitage, der mit einer Rolle in der HBO-Serie „Big Little Lies“ auf sich aufmerksam machen konnte. Sheldons Mutter Mary wird von Zoe Perry gespielt – die Produzenten konnten somit die Tochter von Laurie Metcalf engagieren, die in „The Big Bang Theory“ Sheldons Mutter darstellt. Vater George wird von Lance Barber dargestellt, der knapp anderthalb Dekaden im Geschäft ist und größere Rollen bei „The Comeback“ und „It’s Always Sunny in Philadelphia“ hatte. Im Serienpiloten noch nicht mit dabei: Annie Potts als Sheldons weise Großmutter. In einer Nebenrolle ist „CSI: Miami“-Mime Rex Linn als gestresster Schulrektor zu sehen.

Kurzkritik: Ganz leicht fällt es nicht, sich aufgrund der Auftaktepisode ein Bild über „Young Sheldon“ zu machen, da die Gags der Folge schon in zahllosen Trailern durchgenudelt wurden. Generell tut sich die Comedy etwas schwer, in Fahrt zu kommen. Parsons Voice-Over leiden darunter, dass sie längere Erzählungen beinhalten und Sheldon teilweise auch etwas sanfter auftritt, als es bei den kurzen, knackigen Sprüchen in „The Big Bang Theory“ üblich ist. Daneben versucht der Pilot ein bisschen zu sehr, Bekanntes einfließen zu lassen: Etwa hat „Professor Proton“, Sheldons Lieblings-Serie, einen Auftritt und seine Angst vor Hühnern wird infolge eines Streiches eingeführt.

Vater George (Lance Barber) ist der Kleber, der insgeheim alles zusammenhällt


„Young Sheldon“ wirkt ein bisschen zerrissen zwischen drei Grundrichtungen: Einerseits als Spin-Off von „The Big Bang Theory“, daneben als Familien-Serie im Stil von „Malcolm mittendrin“, „The Middle“ oder „Speechless“ und schließlich als Retro-Serie, die wie „Die Goldbergs“ oder „Fresh Off the Boat“ damit spielen kann, dass man mit den bekannten, späteren geschichtlichen Entwicklungen spielen kann. Hier etwa bezeichnet Sheldon eine in den USA lange Zeit ikonische, aber mittlerweile eben in der alten Form pleite gegangene Elektronikmarkt-Kette (RadioShack) als „ewig bleibende Größe“. Daneben kann natürlich mit nostalgischer Popmusik schnell Stimmung erzeugt werden.

Grundsätzlich liefert „Young Sheldon“ ein recht vertrautes Figurenensemble: Die kämpferische Mutter; den Vater, der vom Leben gebrochen wurde, aber in einzelnen Situationen Beschützerqualitäten aufblitzen lässt bzw. die Wogen zwischen den dickköpfigen anderen Figuren glättet; ein wilder, aber nur mäßig intelligenter Sohn; ein kluger Sohn; und eine unabhängige, (alt-)kluge Tochter.

Die Stärken des Serienpiloten liegen dann auch abseits des Offensichtlichen: Interessant wird es, wenn nicht der Aspekt als „Big Bang Theory“-Spin-Off im Vordergrund steht, sondern der der Familien-Comedy – meist in Gestalt von Vater George, der es schafft, mit einigen herzlichen Worten zu punkten. Insgesamt erhält der Pilot zu „Young Sheldon“ 3,5 (von 5) Sterne: 4 als reine Familien-Comedy; 3,5 als „Big Bang Theory“-Spin-Off und 3 als Retro-Comedy.

Meine Wertung: 3,5/​5

Über den Autor

Bernd Krannich ist Jahrgang 1974 und erhielt die Liebe zu Fernsehserien quasi in die Wiege gelegt. Sein Vater war Fan früher Actionserien und technikbegeistert, Bernd verfiel den Serien spätestens mit Akte X, Das nächste Jahrhundert und Buffy. Mittlerweile verfolgt er das ganzes Serienspektrum von „The Americans“ über „Arrow“ bis „The Big Bang Theory“. Seit 2007 schreibt Bernd beruflich über vornehmlich amerikanische Fernsehserien, seit 2014 in der Newsredaktion von fernsehserien.de.

Lieblingsserien: Buffy – Im Bann der Dämonen, Frasier, Star Trek – Deep Space Nine

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