„Pastewka“ in Topform: Endlich regiert wieder das Chaos – Review

Neunte Staffel glänzt mit Mischung aus altem Charme und neuen Kniffen

Dennis Braun
Rezension von Dennis Braun – 24.01.2019, 17:23 Uhr

Die neunte Staffel von „Pastewka“ startete am 25. Januar bei Prime Video – Bild: 2018 Amazon.com Inc., or its affiliates
Die neunte Staffel von „Pastewka“ startete am 25. Januar bei Prime Video

Fast auf den Tag genau ein Jahr nach der Premiere von Staffel 8 steht seit dem 25. Januar die neunte Staffel von „Pastewka“ bei Amazons Streaming-Angebot Prime Video zum Abruf bereit. Die neuen Folgen der Comedyserie wurden erneut von Brainpool Pictures im Auftrag von Minestrone TV produziert, das Drehbuch stammt neben Hauptdarsteller Bastian Pastewka von Sascha Albrecht und Erik Haffner. Letztgenannter und Tobi Baumann nahmen im Regiestuhl Platz.

Das gesamte Ensemble aus den vergangenen Staffeln ist wieder mit von der Partie: Neben Bastian Pastewka in der Rolle seines Lebens gibt es ein Wiedersehen mit Sonsee Neu („Wilsberg“, „Tatort“) als Bastians Ex-Freundin Anne, Matthias Matschke („Ladykracher“, „Professor T.“) als Bastians Halbbruder Hagen, Cristina do Rego („Unter Gaunern“, „Club der roten Bänder“) als dessen widerspenstige Tochter Kim, Dietrich Hollinderbäumer („heute-show“, „Schatz, nimm Du sie!“) als Bastians Vater Volker Pastewka, Sabine Vitua („Axolotl Overkill“, „Frauenherzen“) als Regine Holl, Bastians Managerin, und Bettina Lamprecht („Bettys Diagnose“, „Helen Dorn“) als ungeliebte Schwägerin Svenja Bruck.

Die vergangene achte Staffel brachte eine neue Erzählweise mit sich: Durch die Trennung von Anne und Bastian und der daraus resultierenden Midlife-Krise des Comedians entwickelte sich eine Geschichte, die sich horizontal über die gesamte Staffel erstreckte. Die im Vergleich zu den in Sat.1 gezeigten Folgen hochwertigere Optik stieß bei vielen Fans auf Gefallen, zugleich bemängelten einige jedoch eine bislang nicht gekannte Dramatik und fast schon melancholisch-gedrückte Stimmung, die nicht so recht zur Serienrolle Bastian und seiner in jeder Hinsicht unverblümten Art passen wollte. Auch etwas zu großzügige Sex- und Nacktszenen wurden kritisiert.

Nun, ein halbes Jahr nach seinem spektakulären Einsatz als Geburtshelfer der kleinen Mafalda, Hagens und Svenjas Tochter, scheint Bastian sein Leben wieder in den Griff bekommen zu haben. Die erste Folge von Staffel 9 („Ein Engel für alle Fälle“ mit doppelter Länge) beginnt im Studio von „Markus Lanz“, wo Bastian von seiner „Heldentat“ berichtet – und sich wie so häufig verplappert. Als Patenonkel, der er in Wirklichkeit noch gar nicht ist, habe er selbstverständlich ein Sparbuch für seine Nichte angelegt. Da auch diese Angabe natürlich nicht stimmt, geht er tags darauf etwas widerwillig zur Bank. Dort wird Bastian ins Büro seines Beraters zitiert, der ihm eröffnet, dass er quasi völlig pleite ist – horrende Hotelkosten, die Verschrottung des Wohnmobils, sein Ausstieg aus der Serie „Frier“ und nicht zuletzt fehlende Einnahmen haben ihn in diese Situation manövriert.

Ob Bastians Plan, wieder in die Kirche aufgenommen und Patenonkel zu werden, aufgeht? Brainpool/​Frank Dicks

Um sein Image aufzupolieren und endlich wieder zu Geld zu kommen, hört er auf den drängenden Rat seiner Managerin Regine und besucht seinen Bruder Hagen und dessen Frau Svenja mit dem Ziel, eine Taufe für Mafalda zu organisieren und den Medien eine herzerwärmende Geschichte als stolzer Patenonkel zu liefern. Dumm nur, dass sich vor allem Svenja hartnäckig weigert, ihre Tochter taufen zu lassen. Erst durch ein Vier-Augen-Gespräch zwischen Bastian und Hagen lässt sie sich breitschlagen. Hagen, der sich mal wieder von seinem Bruder erfolgreich hat einlullen lassen, ist ihm so dankbar, dass er ihm anbietet, mit auf dem gemeinsamen Biohof zu wohnen – allerdings nicht ohne Hintergedanken …

Auch an prominenten Gastauftritten mangelt es in der Auftaktfolge nicht: Anke Engelke verhaftet Bastian im Hotelrestaurant für ein gemeinsames Charity-Projekt, bei dem der Höchstbietende ein gemeinsames Abendessen mit den beiden Komikern gewinnen kann. Ausgerechnet Hugo Egon Balder erhält den Zuschlag, der den beiden nicht nur den Spiegel vorhält, sondern auch die Idee zu seiner neuesten Promi-Nonsens-Show präsentiert – eine absolute Highlight-Szene der ersten Folge. Gleiches gilt für Bastians Besuch bei Kollege Chris Tall, der in einer protzigen Villa residiert und mit dem Geld im wahrsten Sinne des Wortes nur so um sich wirft.

Bastian macht die unangenehme Erfahrung, dass man sich mit Chris Talls Kumpels besser nicht anlegen sollte … Brainpool/​Frank Dicks

Als es schließlich nach Umschiffung sämtlicher Hindernisse doch noch zur Taufe von Mafalda kommt, endet diese „Pastewka“-typisch im absoluten Chaos – allerspätestens hier wird der eingefleischte Fan den bewährten Charme der ersten sieben Staffeln spüren. Als Anne, die mit ihrem neuen Freund Simon (Manou Lubowski) als Patentante ebenfalls der Taufe beiwohnt, ihrem Ex Bastian eröffnet, dass das ZDF in ihrem Krankenhaus eine neue Arztserie dreht, zögert Bastian keine Sekunde: Mithilfe von Regine zieht er fix die Hauptrolle an Land und verwandelt sich so in „Dr. Robert Engel“.

Daran knüpft der Beginn der zweiten Folge „Unverhofftes Wiedersehen“ an. Zu sehen sind der Vorspann und die erste Szene der fiktiven Serie „Ein Engel für alle Fälle“, die kitschiger und klischeebehafteter nicht sein könnten. Dazu passen auch die Titel sämtlicher Episoden der neunten „Pastewka“-Staffel, wie etwa „Schatten der Vergangenheit“, „Und keiner darf es wissen“ oder „Nur das Schicksal kennt den Weg“. Mit liebevollen Details werden hier stereotypische Vorbilder wie „Die Schwarzwaldklinik“ oder „Dr. Stefan Frank“ aufs Korn genommen, unterstützt durch hervorragende Gaststars wie Nora Binder, Steve Windolf oder Katja Woywood, mit der es sich Bastian gleich bei der ersten Begegnung am Set gehörig verscherzt. Zwischen den beiden entwickeln sich schnell weitere Spannungen, die sich auch auf die gemeinsamen Dreharbeiten negativ für Bastian auswirken. Als sich Regine ungefragt in die Situation einmischt und der Schauspielerin den Marsch bläst, macht sie alles nur noch schlimmer. Einer von zahlreichen Fremdschäm-Momenten, die in der Mischung einer gelungenen „Pastewka“-Episode nicht fehlen dürfen.

Bastian als Dr. Robert Engel Brainpool/​Frank Dicks

Neben dem finanziellen Aspekt hat Bastian die Rolle als Bilderbuch-Arzt mit Schmalztolle selbstverständlich nur angenommen, um seiner Verflossenen Anne in den Drehpausen nachspionieren zu können – samt Tablet-Kamera und Sprachtagebuch, mit denen er penibel jeden ihrer Schritte festhält. Unglücklicherweise wird er jedes Mal, wenn es zu einem „zufälligen“ Aufeinandertreffen mit ihr kommen soll, auf unterschiedlichste Weise aufgehalten. Dass Bastian ihr am Ende der Folge selbstverständlich ungeplant und während eines Telefonats mit Regine in die Arme läuft, ist mal wieder bezeichnend für den Protagonisten, dem nach wie vor nichts so richtig gelingen will.

Die neunte Staffel von „Pastewka“ bietet den Zuschauern eine Art „best of both worlds“: Einerseits die mit dem Wechsel zu Amazon eingeführte horizontalere Erzählweise, die dem Handlungsrahmen mehr Zeit zur Entfaltung gibt, andererseits den unverwechselbaren Slapstick-Humor mit einem Bastian Pastewka in Topform. Vorbei die Zeit, in der er in seinem Wohnwagen verlottert vor sich hinvegetierte und auf der Suche nach sich selbst das Bild eines gebrochenen Mannes abgab. Stattdessen besinnt er sich darauf, was er am besten kann: In jedes sich bietende Fettnäpfchen treten, Intrigen zu seinem eigenen Vorteil spinnen (auch gegen seine engsten Vertrauten) und jede noch so banale Situation in eine folgenschwere Katastrophe münden lassen.

So gesehen war Staffel 8 in gleich doppelter Hinsicht eine Art Umbruch. Für die Serie im Sinne des Wechsels vom linearen TV hin zur reinen Streaming-Serie als Resultat einer enorm veränderten Medienlandschaft, für die Protagonisten als Startschuss neuer Lebensabschnitte, mit denen jeder lernen musste, auf seine Weise umzugehen. In den neuen Folgen haben beide Seiten wieder zurück zu ein wenig mehr Leichtigkeit gefunden und lassen zu keiner Zeit Zweifel daran aufkommen, dass auch die Dreharbeiten ein großer Spaß für alle Beteiligten gewesen sein müssen. Dank des seit Jahren perfekt eingespielten Ensembles und starker Drehbücher kommen alle Fans und die, die es noch werden wollen, definitiv auf ihre Kosten. Und wer weiß, sollten die Pastewkas und Brucks Amazon wie im Vorjahr hervorragende Abrufzahlen bescheren, dürfte einer erneuten Verlängerung nichts im Wege stehen. Was einer der qualitativ hochwertigsten deutschen Comedyserien absolut zu wünschen wäre.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten beiden Episoden der neunten Staffel von „Pastewka“.

Meine Wertung: 4,5/​5


Dennis Braun
© Alle Bilder: Amazon/​Minestrone TV


Über den Autor

Dennis Braun, geboren einen Tag nach dem Mauerfall, ist ein richtiges Kind der 90er und Retro-Fan. Neben schaurig-schöner Eurodance-Musik kann er sich auch heute noch an diversen Gameshows wie „Geh aufs Ganze!“, „Glücksrad“, „familien duell“ oder „Der Preis ist heiß“ erfreuen, die er damals sehr häufig bei und mit seinen Großeltern geschaut hat. Daneben hat er ein Herz für gut gemachte deutsche Comedy, die allerdings bekanntermaßen recht spärlich gesät ist. Wenngleich er kein wirklicher Serienjunkie ist, laufen ihm dennoch ab und zu ein paar Produktionen wie der „Club der roten Bänder“ oder „The Strain“ über den Weg, die ihn in ihren Bann ziehen. Bereits seit Januar 2013 für fernsehserien.de tätig, verstärkt er seit März 2016 auch die Newsredaktion und kennt sich besonders im nationalen Bereich gut aus.

Lieblingsserien: Pastewka, Club der roten Bänder, Die Dinos

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1977) am

    Super geniale Staffel, in einem Rutsch geschaut. Einfach toll die fiktionale Arztserie und vor allem Katja Woywood.
    Absolut zu empfehlen für Fans.
    Hoffentlich gibt es eine 10. Staffel.
    • am via tvforen.de

      Ich mag "Pastewka" einfach nicht. Es freut mich allerdings für die Fans, dass es weiter geht.
      • am via tvforen.de

        Kate schrieb:
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        > Ich mag "Pastewka" einfach nicht. Es freut mich
        > allerdings für die Fans, dass es weiter geht.

        Die Serie ist sicher nicht jedermanns Sache. Ich bin ein großer Fan - nicht nur wegen Pastewka selbst, sondern auch wegen des großartigen Ensembles und der tollen Drehbuch-Ideen. Und die Gaststars sind immer wieder eine Freude. Legendär fand ich z.B. die Folge mit Roger Willemsen.

        https://www.youtube.com/watch?v=CGUpRpgnMRk

        Oder auch die Folge mit Henning Krautmacher und Dietmar Bär...

        https://www.youtube.com/watch?v=cBY2wFXvGJc

        Die 8. Staffel (also die erste Amazon-Staffel) mit dem Vagabundenleben im Wohnmobil fand ich allerdings schon fast ein bisschen zu abgedreht.

        Wie man hört, soll Bastian in der neuen Staffel die Hauptrolle in einer Arztserie übernehmen, die ausgerechnet in Annes Krankenhaus gedreht wird. Das klingt schon mal vielversprechend...
      • am via tvforen.de

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        > Wie man hört, soll Bastian in der neuen Staffel
        > die Hauptrolle in einer Arztserie übernehmen, die
        > ausgerechnet in Annes Krankenhaus gedreht wird.
        > Das klingt schon mal vielversprechend...

        Nach vier Folgen muss ich leider sagen, dass die Staffel doch sehr langweilig ist. Es gibt nur noch zwei Sets: Krankenhaus und Bauernhof
      • am via tvforen.de

        J_Doe schrieb:
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        > Nach vier Folgen muss ich leider sagen, dass die
        > Staffel doch sehr langweilig ist. Es gibt nur noch
        > zwei Sets: Krankenhaus und Bauernhof

        Ich bin bei Folge 7, und ich bin auch enttäuscht. Die Folgen 2 bis 5 ziehen sich wie Kaugummi. Das Ganze ist mir zu ernst, die Gags zünden nicht so richtig. Katja Woywood ist in ihrer Rolle zwar ziemlich gut, aber die Figur ist zu eindimensional. Die Verwandlung von der Sitcom zur Dramedy hat der Serie insgesamt nicht gut getan.

        Folge 6 und 7 sind allerdings wieder besser. Mal sehen, ob diese Staffel noch die Kurve kriegt...
      • am via tvforen.de

        Meine Frau und ich hatten alle 10 Folgen am letzten WE angeschaut, uns hatte sie wieder sehr gut gefallen. Für mich kam auch noch positiv dazu, dass Katja Woywood in dieser Staffel mitspielt :)

        Zum Schluß er Staffel wirds übrigens einen kleinen Cliffhanger geben (ohne jetzt näher drauf einzugehen, um andere nicht zu spoilern) ;)

        Insgesamt wieder eine tolle Staffel...nur ist Bastis Vater irgednwie ziemlich gealtert, hatte ich das Gefühl....

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