„Eine verhängnisvolle Affäre“: Serienremake des 80er-Erfolgsfilms bleibt leidenschaftslos – Review

Lizzy Caplan zerstört als Femme Fatal Joshua Jacksons Leben

Marcus Kirzynowski
Rezension von Marcus Kirzynowski – 30.04.2023, 13:30 Uhr

„Eine verhängnisvolle Affäre“ – Bild: Paramount+
„Eine verhängnisvolle Affäre“

Scheinbar hat Dan Gallagher (Joshua Jackson, „The Affair“) alles, was sich ein Mann wünschen kann. Er arbeitet als Staatsanwalt, ist in seinem beruflichen Umfeld angesehen und erfolgreich. Seine Ehe mit Beth (Amanda Peet, „Togetherness“) ist glücklich, er liebt seine kleine Tochter Ellen. Bald will die Familie in ein neues größeres Haus mit Swimming Pool in der Vorstadt ziehen. Doch dann begegnet ihm im Gericht die Kollegin Alex Forrest (Lizzy Caplan, „Masters of Sex“), die eine große Anziehungskraft auf ihn hat. Dan kann nicht ahnen, dass diese zufällige Begegnung in kürzester Zeit sein Leben zerstören wird.

Der Kinofilm „Eine verhängnisvolle Affäre“ von Adrian Lyne war 1987 ein riesiger Publikumserfolg. Glenn Close bekam für ihre Hauptrolle der durchgedrehten Geliebten, die die Familie ihrer Affäre bedroht, eine Oscar-Nominierung, ebenso wie das Drehbuch von James Dearden. Für Michael Douglas, der den untreuen Ehemann spielte, war es eine seiner bekanntesten Rollen. 35 Jahre später produzierte Paramount jetzt ein Remake in Form einer achtteiligen Miniserie für seinen Streamingdienst. Aber kann es funktionieren, einen Kultfilm der 80er mit neuer Besetzung in die Gegenwart zu retten?

Was bei der Serienneufassung auffällt, ist das gezügelte Erzähltempo. Die Tatsache, dass die DrehbuchautorInnen um Alexandra Cunningham und Kevin J. Hynes jetzt statt knapp zwei Stunden fast die achtfache Zeit zur Verfügung haben, nutzen sie leidlich aus. So dauert es bis zum Beginn der zweiten Episode, bis die Affäre zwischen Dan und Alex wirklich in Gang kommt. In der Auftaktfolge sind es zunächst nur kleine Blicke, ein angedeutetes Lächeln, die der Staatsanwalt und die Opferbegleiterin im Justizgebäude austauschen. In Dans Stammbar, wo sich viele Mitarbeiter aus dem Umfeld des Gerichts nach Feierabend auf einen Drink treffen, kommen sich die Beiden dann langsam näher. Als in einer anderen Bar später mitten im angeregten Gespräch die Sprinkleranlage losgeht, ist das der Anlass für den durchnässten Dan, seine Bekanntschaft nach Hause zu begleiten.

Date im künstlichen Regen: Eine zufällig (?) ausgelöste Sprinkleranlage sorgt für Romantik. Paramount+

Die junge Justizangestellte wirkt zu diesem Zeitpunkt noch sympathisch, ausgeglichen und wie eine berufstätige Single-Frau, die mitten im Leben steht. Für Dan soll es nur eine kurze Affäre sein, während Frau und Tochter übers Wochenende verreist sind. Erste Probleme deuten sich erst gegen Ende der zweiten Episode an, wenn Alex plötzlich sauer wird, als Dan nach dem Geschlechtsakt zu seiner Familie nach Hause aufbrechen will. Erst macht sie ihm eine Szene, verschwindet dann im Bad und behauptet, eine Menge Tabletten geschluckt zu haben. Damit beginnt für den Familienvater der Psychoterror, der sich schnell über unangemeldete Besuche der (Ex-)Geliebten bei seiner Gattin über sein mit giftigen Baustoffen beschmiertes Auto bis zur ohnmächtig im Pool treibenden Schwiegermutter steigern wird.

Dabei krankt die Grundkonstellation an zwei Dingen: Zum einen nimmt man Lizzy Caplan die Femme Fatale einfach nicht ab. Ohne Zweifel ist sie eine sehr attraktive Schauspielerin, hat aus bisherigen Serienrollen aber eher das Image des kumpelhaften Mädchens von nebenan. Auch hier wirkt sie weder wie eine Frau, für die ein Mann von einem Tag auf den anderen sein geordnetes (Familien-)Leben riskieren würde, noch überzeugt die Wandlung zur eiskalten Psychopathin. Das vielleicht noch größere Problem ist, dass Dan Gallagher als zentrale Figur eine Leerstelle bleibt. Joshua Jacksons Gesichtsausdruck bleibt fast immer gleich, egal ob er flirtet, sich leidenschaftlich in seine neue Affäre stürzt oder seine leblose Schwiegermutter aus dem Swimming Pool fischen muss. Einmal wird er kurz wütend, als man ihm eine sicher geglaubte Beförderung versagt, aber was ihn im Innersten antreibt, bleibt völlig unklar.

Überzeugender sind da schon die Nebenfiguren: Amanda Peet spielt Beth Gallagher ganz down to earth als liebende Ehefrau und Mutter, die langsam anfängt, Verdacht zu schöpfen. Der immer tolle Toby Huss (mit HBOs „Carnivàle“ und AMCs „Halt and Catch Fire“ in gleich zwei sträflich unterschätzen Serien dabei) verkörpert den Privatermittler Mike Gerard, Dans väterlichen Freund und Mentor, der 18 Jahre später versucht, dessen Unschuld zu beweisen. Damit wären wir auf der zweiten Handlungsebene, die die Serienfassung im Gegensatz zum Film neu aufmacht. Wir erfahren gleich zu Anfang, dass Dan für den Mord an Alex verurteilt wurde und nun aus der Haft entlassen wurde. Um Bewährung zu bekommen, musste er sich auf einen sogenannten Plea Deal einlassen und seine Schuld anerkennen, behauptet aber in seinem privaten Umfeld weiterhin, Alex nicht getötet zu haben.

So nah und doch so fern: Alex (Lizzy Caplan) himmelt Staatsanwalt Dan (Joshua Jackson) an. Paramount+

Während er daran arbeitet, seinen Fall neu aufzurollen, versucht er gleichzeitig, die Beziehung zu seiner inzwischen erwachsenen Tochter Ellen (Alyssa Jirrels) wieder aufzunehmen. Die spricht zwischendurch immer wieder mit ihrer Therapeutin über die schwierige Tochter-Vater-Beziehung und die traumatischen Ereignisse ihrer Kindheit. Das ist insgesamt ziemlich viel Stoff für acht Folgen, aus dem die AutorInnen aber in der ersten Staffelhäfte zu wenig machen. Die Geschichte ist grundsätzlich zwar interessant, wird aber zu gemächlich erzählt. Die Motive der wichtigsten ProtagonistInnen bleiben zu unklar. Zwar rücken später Perspektivwechsel Szenen, die wir schon einmal gesehen haben, in ein neues Licht; was genau mit Alex nicht stimmt, erfahren wir aber (vorerst?) nicht. Die Gegenwartshandlung wirkt zudem aufgesetzt und bremst die Kerngeschichte immer wieder aus, wenn diese an den spannendsten Stellen unterbrochen wird.

Paramount+ verkauft sein Remake als psychologischen Erotikthriller. Echte Erotik kommt allerdings an keiner Stelle auf. Bei den bieder inszenierten Sexszenen wünscht man sich fast, HBO hätte die Produktion dieser Serie übernommen. Insgesamt traut sich die Serienfassung zu wenig und so kommt auch der untergründige, sich langsam steigernde Horror der Kinovorlage in den ersten vier Folgen noch nicht auf.

So hinterlässt diese Neubearbeitung des Stoffes eher einen Eindruck der Ratlosigkeit. Zwar ist die Handlung einigermaßen interessant und die Besetzung hochkarätig. Gegenüber dem Original sind aber keine stärkeren Aspekte zu erkennen und wer Lizzy Caplan in einer richtig tollen und glaubwürdigen Rolle sehen möchte, sollte es besser mit der Romanverfilmung „Fleishman is in Trouble“ bei Disney+ versuchen.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten vier Episoden von „Eine verhängnisvolle Affäre“.

Meine Wertung: 3,5/​5

Die achtteilige Miniserie startet in den USA am Sonntag, den 30. April mit den ersten drei Folgen bei Paramount+. Die weiteren Episoden werden an den folgenden Sonntagen veröffentlicht. Nach Deutschland kommen die Folgen jeweils einen Tag später.

Über den Autor

Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit „Ein Colt für alle Fälle“, „Dallas“ und „L.A. Law“ auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für fernsehserien.de und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Emergency Room, The West Wing

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Ohje, das funktioniert als Film, aber gewiss nicht als zäh-langegezogene Serie!

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