Gottschalk-Abschied, Raab-Sinkflug, „Klar“-Eklat und Wahl-TV XXL: Das deutsche Fernsehjahr 2025 im Rückblick

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Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 27.12.2025, 09:00 Uhr

Neuer Rundfunkstaatsvertrag: Reform von ARD und ZDF kommt

ARD/​ZDF/​Deutschlandradio

Bereits vor über einem Jahr tagten die Ministerpräsidenten der Bundesländer auf einer Konferenz über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Rundfunkkommission der Länder legte einen Entwurf zur Reform von ARD, ZDF und Deutschlandradio vor, der auf der Konferenz einstimmig beschlossen wurde. Damit der neue Reformstaatsvertrag in Kraft treten kann, bedurfte es jedoch noch der Zustimmung aller 16 Landtage – was sich erwartungsgemäß als Hängepartie erwiesen hat. Denn hätte auch nur ein Landesparlament die Reform abgelehnt, hätten die Änderungen nicht wie geplant umgesetzt werden können. Am 19. November erteilte Brandenburg als letztes aller 16 Bundesländer seine Zustimmung – dies gelang jedoch nur mit Hilfe der Opposition. Die Mehrheit kam durch die Stimmen der CDU zustande. Somit konnte die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum 1. Dezember in Kraft treten.

Reduzierung des Angebots an TV- und Radiosendern

Das öffentlich-rechtliche Angebot soll insgesamt digitaler und effizienter werden. Der neue Reformstaatsvertrag beinhaltet vor allem eine deutliche Reduzierung der öffentlich-rechtlichen Sender. So soll rund die Hälfte der TV-Spartensender gestrichen bzw. fusioniert werden. Von den Sendern phoenix, tagesschau24, ARD alpha und ZDFinfo, die dem Bereich Nachrichten, Bildung und Information zugeordnet werden, sollen nur noch zwei Kanäle bestehen bleiben. Welche das sein werden, bleibt ARD und ZDF überlassen. Außerdem sollen drei Angebote erhalten bleiben, die sich in dem Bereich Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene betätigen. Aktuell gibt es KiKA, ZDFneo, One sowie das Online-Angebot funk. Welches dieser vier Angebote wegfällt, bestimmt ebenfalls der ÖRR selbst. Dass der Kinderkanal KiKA erhalten bleibt, ist aber ein klarer Wunsch der Ministerpräsidenten. Am logischsten wäre der Verzicht auf den ARD-Spartensender One, der schon seit Jahren auf der Kippe steht. arte soll zu einer europäischen Kulturplattform weiterentwickelt werden, in die womöglich künftig auch die kulturellen Angebote von 3sat integriert werden.

SWR/​Patricia Neligan

Außerdem sollen die aktuell 70 ARD-Hörfunkwellen auf 53 reduziert werden. Dem Sparkurs zum Opfer fallen vor allem Spartenkanäle wie der Jazzsender NDR Blue, MDR Klassik, die Jugendwellen BR Puls und MDR Tweens sowie gleich drei Schlagersender: MDR Schlagerwelt, NDR Schlager und BR Schlager. Als Ersatz soll es ein neues digitales Schlager-Angebot in der ARD Audiothek geben, die im März 2026 in ARD Sounds umbenannt wird. Auch das Maus-Radio des WDR soll künftig nur noch online verbreitet werden. Die jungen Wellen des SWR, hr und SR – DasDing (SWR), You FM (hr) und UnserDing (SR) – sollen künftig unter dem Leitgedanken „gemeinsam geiler“ zusammen veranstaltet werden. Wie das genau umgesetzt werden soll, bleibt abzuwarten.

Deckelung der Ausgaben für Sportrechte und strengere Regulierung der Online-Aktivitäten

Darüber hinaus beinhaltet der Reformstaatsvertrag auch die Deckelung der Kosten für die teuren Sportübertragungsrechte auf nur noch fünf Prozent der Gesamtausgaben. Bisher lag der Anteil der Sportrechte bei der ARD bei ca. acht Prozent, beim ZDF bei ca. zehn Prozent. Somit dürfte ein spürbarer Einschnitt der Sportübertragungen bei den Öffentlich-Rechtlichen unvermeidbar sein. Darüber hinaus wird im Rahmen eines weiteren Staatsvertrags der Jugendmedienschutz ausgeweitet. Des Weiteren ist eine strengere Regulierung der Online-Aktivitäten der Sender zu erwarten. Die betrifft „presseähnliche“ Erzeugnisse, also journalistische Artikel auf Seiten wie tagesschau.de oder sportschau.de. Private Zeitungsverleger kämpfen schon seit Jahren gegen die in ihren Augen stetig wachsende Zahl von Texten in den Online-Angeboten, vor allem der ARD-Anstalten. Dies sei nach Ansicht des BDZV eine beitragsfinanzierte Konkurrenz.

Streaming vs. lineares Fernsehen: Aufspaltung des Publikums

Eine im Jahr 2025 von ARD/​ZDF durchgeführte Medienstudie hat ergeben, dass inzwischen 85 Prozent der Menschen in Deutschland mehr als eine Streaming-Plattform nutzen. Im Durchschnitt werden 2,5 Angebote pro Person genutzt. Spitzenreiter aller Angebote ist allerdings weder Netflix noch Prime Video oder die Mediatheken deutscher Sender – sondern die Video-Plattform YouTube, die auch 2025 weiterhin Platzhirsch an der Spitze vor allen anderen Anbietern war. Konkret erreichte YouTube im Jahr 2025 laut den Ergebnissen der Studie 72 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren. Die öffentlich-rechtlichen Streaming-Netzwerke von ARD, ZDF, arte und 3sat kommen insgesamt auf über 60 Prozent. Dicht dahinter landen allerdings bereits Netflix und Amazon Prime Video. Betrachtet man allerdings die regelmäßige Nutzung, liegt Netflix mit 35 Prozent einer täglichen oder wöchentlichen Nutzung vorne.

ARD/​ZDF Medienstudie 2025

Insgesamt setzt sich – wenig überraschend – über alle Mediengattungen betrachtet der Trend in der deutschen Bevölkerung fort, bei der Mediennutzung verstärkt auf digitale Angebote zu setzen. Die Unter-50-Jährigen nutzen überwiegend noch lineare Angebote. Von den Unter-30-Jährigen sieht dagegen nur noch weniger als die Hälfte wöchentlich fern – was sich auch immer mehr erheblich in den Reichweiten und linearen Einschaltquoten bemerkbar macht.

ARD/​ZDF Medienstudie 2025

Die ARD hat damit begonnen, auf die Entwicklung zu reagieren und Produktionsbudgets anders zu verteilen. Die Rede ist hier – auch im Zusammenhang mit dem Sparkurs – von einer strategischen Umschichtung, die notwendig sei, um unser Publikum auf allen Ausspielwegen zukunftsfähig zu erreichen und non-linear in der Unterhaltung neue Impulse zu setzen. So wurde die Anzahl der Samstagabendshows im Ersten in diesem Jahr moderat reduziert, um Mediathek-Projekte wie die TV-Adaption des bekannten Gesellschaftsspiels „Die Werwölfe von Düsterwald“ umsetzen zu können. Mit dem Strategie-Reality-Gameshow „Werwölfe – Das Spiel von List und Täuschung“ will man gezielt jüngere Menschen ansprechen als im linearen Fernsehen.

Der ARD-Vorsitzende Florian Hager erläuterte in einem Interview: Da ist einfach ein völlig anderes Publikum unterwegs. Im Digitalen würden Produkte für andere Zielgruppen entsehen, die für das normale Fernsehen niemals entstanden wären, weil es keinen erfolgversprechenden Platz dafür gäbe. Um 20:15 Uhr hätte etwa eine Serie für ein gezielt junges Publikum keine Chance mehr, deshalb hält er auch nichts mehr davon, sie im linearen Fernsehen zu versuchen, sondern sie direkt für die Mediathek zu produzieren. Das Ziel, Menschen von da zurück ins Lineare zu ziehen, haben wir natürlich als Idee irgendwann gehabt. Im Sinn von: Lass doch die Jungen mal älter werden, die kommen dann schon um acht Uhr in die ‚Tagesschau‘. Aber haben wir vor ein paar Jahren gemerkt, dass das nicht mehr funktioniert. Nach Ansicht von Hager verändere sich die Mediennutzung so radikal, dass es auch inhaltlich kein Brückenbauen zurück gebe.

Bundestagswahl 2025 mit so vielen TV-Debatten wie nie zuvor

Louis Klamroth und Jessy Wellmer moderierten die „Wahlarena“ WDR/​Julia Sellmann/​NDR/​Morris Mac Matzen

Gefühlt ist es bereits eine Ewigkeit her, doch Anfang des Jahres wurde in Deutschland gewählt. Nachdem der ehemalige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an der Vertrauensfrage gescheitert war, kam es am 23. Februar zur vorgezogenen Bundestagswahl, die letztendlich die Unionsparteien CDU und CSU mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz gewannen. Im Vorfeld der Wahl wurde im Fernsehen umfangreich Vorberichterstattung geleistet. Dabei kam es gar zu so vielen TV-Debatten zwischen den Spitzenkandidaten wie nie zuvor. Sie trafen unter anderem in Formaten wie „Schlagabtausch“, „Klartext!“, „Wie geht’s, Deutschland?“ und „Wahlarena“ aufeinander.

ARD und ZDF veranstalteten zudem zwei Wochen vor der Wahl ein „TV-Duell“ zwischen dem amtierenden Kanzler Olaf Scholz und seinem aussichtsreichsten Herausforderer Friedrich Merz. Dies führte zu Unmut bei den Grünen und der AfD, die eine Teilnahme ihrer jeweiligen Spitzenkandidaten Robert Habeck bzw. Alice Weidel forderten, da man sich im Kampf ums Kanzleramt auf Augenhöhe mit Scholz und Merz sah. ARD und ZDF hielten jedoch an ihren Plänen fest, boten allerdings ein separates Duell zwischen Habeck und Weidel an. Dies wiederum lehnten die Wahlkampfsprecher von Habeck entschieden ab.

„Das Quadrell“: (v. l.) Olaf Scholz (SPD), Pinar Atalay, Robert Habeck (Bündnis 90/​Die Grünen), Friedrich Merz (CDU), Günther Jauch und Alice Weidel (AfD) RTL/​Joerg Carstensen

RTL und ntv zeigten sich deutlich flexibler: Für den 16. Februar war dort ebenfalls ein TV-Duell zwischen Scholz und Merz geplant. Nach der aufgekommenen Kritik wurde daraus jedoch kurzfristig ein „Quadrell“ gemacht – das erste und bis dato einzige der TV-Geschichte -, an dem auch Robert Habeck und Weidel teilnehmen durften. Quotentechnisch waren sowohl Duell als auch Quadrell äußerst gefragt. Das TV-Duell vom 9. Februar sahen im Ersten und im ZDF insgesamt über zwölf Millionen Menschen, die den Marktanteil auf hervorragende 41,2 Prozent (ARD und ZDF kombiniert) trieben. Auch bei den 14- bis 49-Jährigen gab es mit 41,1 Prozent kein Vorbeikommen an dem Duell, das übrigens in direkter Konkurrenz zum Dschungelcamp-Finale bei RTL lief. Das Quadrell von RTL und ntv war eine Woche später ebenfalls ein großer Erfolg: 8,26 Millionen Zuschauer wohnten vor den Fernsehbildschirmen dem Vierkampf bei. Der Marktanteil betrug bei RTL tolle 25,2 Prozent, während in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen mit 3,30 Millionen sogar noch wesentlich stärkere 44,7 Prozent zu Buche standen.

Olaf Scholz in „Kannste (nochmal) Kanzler?“ ProSiebenSat.1 Media SE

Zusätzlich strahlten ARD und ZDF im Vorfeld der Bundestagswahl einige begleitende Dokumentationen und natürlich ihre regulären Polittalks aus. Doch auch ProSiebenSat.1 beteiligte sich mit einem sogenannten „Bürger-Speed-Dating“ mit den Spitzenkandidaten. Darüber hinaus stellten sich Olaf Scholz und Friedrich Merz in „Kannste (nochmal) Kanzler?“ einem Kreuzverhör von Schülern im Klassenzimmer. Katrin Bauerfeind begleitete den damaligen Bundeskanzler vor der Wahl für eine Dokumentation über den „Mensch Olaf Scholz“. Pinar Atalay wiederum interviewte in Spezialausgaben des inzwischen eingestellten Formats „RTL Direkt“ die Spitzenkandidaten aller Parteien. Vier Tage vor der Wahl veranstaltete schließlich auch WELT noch ein separates „TV-Duell“ zwischen Merz und Scholz.

Auch der Wahlabend selbst sorgte für starke Einschaltquoten: Auf das höchste Interesse stieß Das Erste, wo die Berichterstattung ab 17:10 Uhr insgesamt 6,59 Millionen Menschen (28,1 Prozent Marktanteil) anzog. Bei den jungen Zuschauern standen sogar noch bessere 34,8 Prozent zu Buche. Die „Tagesschau“ war um 20:00 Uhr mit satten 10,81 Millionen die meistgesehene Sendung des Tages, die Marktanteile betrugen 35,6 Prozent (Gesamt) bzw. 40,3 Prozent (14⁠–⁠49). Für die „Berliner Runde“ blieben dann noch 7,56 Millionen dran bei überragenden 25,1 bzw. 33,1 Prozent. Die Sendung wurde parallel aber auch im ZDF gezeigt, wo weitere 4,02 Millionen Menschen (13,4 Prozent) zusahen.

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