„Big Brother“-Comeback: 5 Wünsche an den Großen Bruder

Livestream, vielfältiger Cast, authentische Produktion und mehr

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 30.01.2020, 10:00 Uhr

"Big Brother"-Comeback: 5 Wünsche an den Großen Bruder – Livestream, vielfältiger Cast, authentische Produktion und mehr – Bild: Sat.1

Die Rückkehr der Mutter aller Realityshows ist in greifbarer Nähe: Am 10. Februar bringt Sat.1 „Big Brother“ in seiner Ursprungsfassung zurück auf die deutschen Fernsehbildschirme. 20 Jahre nachdem die erste Staffel 2000 für Furore gesorgt hat, soll die 13. Staffel dem seit Jahren maroden Sat.1-Vorabend zu einem Aufschwung verhelfen. Nach der großen Einzugsshow zur Primetime um 20:15 Uhr geht es ab dem 11. Februar montags bis freitags um 19 Uhr mit den regulären Tageszusammenfassungen weiter – also auf dem Sendeplatz, auf dem „Big Brother“ viele Jahre auch bei RTL Zwei zu sehen war. Das ist eine gute Voraussetzung, doch damit das Comeback auch erfolgreich wird, gibt es noch einige weitere Faktoren, die Sat.1 und die Produktionsfirma Endemol Shine Germany unbedingt beherzigen sollten. fernsehserien.de nennt 5 Wünsche für ein gelungenes Comeback.

1. Ein Livestream ist das unverzichtbare Herzstück von „Big Brother“

Nachdem die Nachricht des „Big Brother“-Comebacks bei den alteingesessenen Fans zunächst für Euphorie sorgte, folgte schon bald ein Dämpfer: Denn nach aktuellem Stand ist kein Livestream geplant, über den das Geschehen im Haus 24 Stunden lang verfolgt werden kann – und das, obwohl „Big Brother“-Chef Rainer Laux wenige Wochen zuvor im Interview mit W&V einen 24-Stunden-Kanal ins Gespräch brachte. Es wäre die allererste reguläre deutsche „Big Brother“-Staffel ohne Livestream – das Herzstück des Formats. In der ersten Staffel 2000 gab es sogar noch die Möglichkeit, kostenlos(!) im Internet aus mehreren Kameraperspektiven das Geschehen in unterschiedlichen Räumen zu verfolgen. Auch in späteren Jahren gab es stets entweder einen Internet-Livestream und/​oder einen linearen 24-Stunden-Livekanal bei Partnersendern wie Sky – dies war bis vor ein paar Jahren auch noch bei „Promi Big Brother“ der Fall.

Aleksandra Bechtel und Oliver Geissen moderierten die zweite und dritte „Big Brother“-Staffel RTL Zwei

Zum Comeback in Sat.1 ist jedoch nichts dergleichen geplant. Wirklich nachvollziehbar ist dies nicht: Schließlich würde sich ein Livestream-Angebot hervorragend dazu eignen, um das neue Online-Portal Joyn zu pushen – insbesondere aufgrund der ebenfalls suboptimalen Tatsache, dass an Sams- und Sonntagen auch keine Tageszusammenfassungen geplant sind. Was zwischen Freitag und Montag passiert ist, erfahren die Fans also erst stark komprimiert in der Montagsfolge. Allgemein gibt es keine Möglichkeit mehr, sich selbst live ein Bild von bestimmten Situationen zu machen, sondern man muss vollends auf den Zusammenschnitt vertrauen. Es wäre Sat.1 sehr anzuraten, noch einmal über einen Livestream nachzudenken. Als Vorbild könnte CBS All Access in den USA dienen: Auf dem kostenpflichtigen Angebot kann „Big Brother“ nicht nur live aus vier verschiedenen Kameraperspektiven verfolgt werden, Abonnenten haben zudem die Möglichkeit, in der Zeit zurückzuspringen und anhand von eingefügten Marken sogar besonders markante Szenen nachzuholen, die sie vielleicht verpasst haben.

2. Vielfältige, diverse Bewohnerauswahl

Eine Realityshow steht und fällt mit den Teilnehmern. „Big Brother“ hob sich vor allem in frühen Staffeln von artverwandten Formaten dadurch ab, dass eine bunte Mischung an Bewohnern einzog, die das breite Spektrum der Bevölkerung widerspiegelte. Denn genau darum geht es im Kern: Wie gut können sich zusammengewürfelte Menschen aus den unterschiedlichsten Lebensumständen und verschiedensten gesellschaftlichen Klassen miteinander arrangieren? Dieses Grundprinzip darf Sat.1 nicht aus den Augen verlieren und bloß nicht den Fehler machen, einen Haufen gleichförmiger Mittzwanziger mit viel Bizeps und mangelndem Intellekt aus den örtlichen Fitnessstudios und Schönheitssalons einziehen zu lassen. Models, Fitnessgurus und Social-Media-Influencer, die auf Instagram und Co. ihren Waschbrettbauch oder ihren Size-Zero-Bikini-Body zur Schau stellen, haben in Sendungen wie „Love Island“ oder „Der Bachelor“ ohnehin bereits genügend Plattformen.

„Big Brother“-Bewohner der ersten und zweiten Staffel feierten bei Luke Mockridges 2000er Show ein Wiedersehen Sat.1/​Screenshot

Anders als bei derlei Trash-Formaten, in denen es vielen Zuschauern vorrangig darum geht, sich über die extravaganten und extrovertierten Charaktere aus einer elitär-distanzierten Perspektive zu amüsieren, soll es bei „Big Brother“ im Optimalfall so sein, dass man sich mit bestimmten Kandidaten identifizieren kann und mit ihnen mitfiebert. Voraussetzung ist daher, dass Bewohner aus verschiedensten Regionen, Kulturkreisen, Altersklassen und mit unterschiedlichen Bildungsgraden und sexuellen Orientierungen dabei sind. Der Handwerker sollte genauso vertreten sein wie der Student, die Lehrerin, der Nerd oder die vielzitierte Supermarktkassiererin. Und zur Erinnerung: Es handelt sich um das Normalo-„Big Brother“, das heißt, es sollten Kandidaten sein, die noch nicht das Licht der Öffentlichkeit gesucht haben und schon durch zig andere Doku-Soaps oder Trash-Formate getingelt sind. Da bei „Promi Big Brother“ inzwischen sogar YouTuber und Influencer als Promi durchgehen, sollte hier eine klare Grenze zu „Big Brother“ gezogen werden. Der Fokus sollte auf Bewohnern der Sorte „Nachbar von nebenan“ und weniger der Sorte „Ich bin exzentrisch und werde das allen auch beweisen!“ liegen.

3. Authentische Szenen statt verfremdende Postproduktion

In den vergangenen Jahren vollzog sich in zahlreichen deutschen Realityformaten eine Entwicklung in der Darstellung des Geschehens. Anstatt das Originalmaterial so unbearbeitet und authentisch wie möglich zu übernehmen, werden die Szenen künstlich dramatisiert und mit effekthascherischen Filtern nachbearbeitet. Einfrierende Bilder, dramatisch einsetzende Musik, Echo-Sound und eine meinungsbildende Kommentierung durch einen Off-Sprecher sind inzwischen leider gängige Praxis. Auch davor, bei nachdenklichen oder schlafenden Kandidaten deren angebliche Denkblasen oder Träume bildlich darzustellen, wird nicht zurückgeschreckt.

Jochen Schropp moderiert die neue „Big Brother“-Staffel Sat.1/​Julian Essink

Diese ausgeprägte Form von redaktioneller Aufarbeitung ist Formaten wie etwa „Bauer sucht Frau“ oder „Das perfekte Dinner“ geschuldet und nahm leider auch bei „Big Brother“ immer mehr zu. Die Verantwortlichen sollten sich fragen, was sie zeigen möchten: eine ernstzunehmende Realityshow oder ein billiges Laientheater, in dem die Postproduktion ihre Fantasien auslebt? Ein Grund dafür, weshalb „Big Brother“ in Deutschland immer noch ein Schmuddelimage hat, sind außerdem die scheinbar unvermeidlichen Duschbilder der Bewohner(innen) – natürlich inklusive Großaufnahmen bestimmter Körperteile und begleitet von romantischer Musik. Diese peinliche Softerotik braucht im Jahr 2020 wirklich keiner mehr. Die Sendezeit sollte für wichtigere Szenen verwendet werden – und zwar mit einem behutsamen Umgang des Originalmaterials.

4. Beschäftigt die Bewohner!

Als „Big Brother“ im Jahr 2000 an den Start ging, wurden die Bewohner noch weitgehend ihrem Schicksal überlassen. Doch alleine dadurch, dass 14 Menschen gemeinsam in einem Haus leben, entstehen noch keine interessanten Geschichten. Die Bewohner müssen regelmäßig neuen Input erhalten und gefordert werden, ohne sie künstlich in eine bestimmte Richtung zu lenken – das ist durchaus ein schmaler Grat. Erhielten die WG-Insassen in der Anfangszeit vor allem Wochenaufgaben, waren es bei „Promi Big Brother“ zuletzt eher sportliche Matches und Geschicklichkeitsspiele, in denen sich die Bewohner beweisen mussten. Doch von banalen Kindergartenspielchen wie „Bälle fangen“ oder „Lippen lesen“ hat der Zuschauer nicht viel.

Zlatko, Kultbewohner der ersten Staffel, kehrte 2019 in „Promi Big Brother“ zurück Sat.1/​Willi Weber

Viel interessanter wären die in früheren Staffeln häufiger eingesetzten Wissensmatches, in denen ans Tageslicht kommt, über welchen Bildungsstand die Bewohner verfügen. Auch wohldurchdachte Psychospielchen oder geheime Missionen, wie es sie vor allem im britischen „Big Brother“ gab, sind äußerst wirkungsvoll, um den Charakter der Kandidaten besser kennenzulernen und sie aus der Reserve zu locken. Zu Beginn einer Staffel in Großbritannien sollten die Bewohner etwa bestimmte Behauptungen und private Details über ihre Mitbewohner richtig zuordnen. Oft handelte es sich hierbei um pikante Dinge, die die Bewohner lieber unerwähnt lassen würden. In einer anderen Aufgabe sollen die Kandidaten tippen, wer vom Publikum oder den Mitbewohnern beispielsweise als verlogenster, nervigster oder langweiligster Bewohner betrachtet wird.

Wichtig zudem: Sollte es in der neuen Staffel wieder unterschiedliche Wohnbereiche geben, müssen alle Kandidaten trotzdem mit all ihren Mitbewohnern kommunizieren können. Eine dauerhafte räumliche Trennung ohne Kontaktmöglichkeit – wie in frühen „Promi Big Brother“-Staffeln – ist kontraproduktiv für das Potenzial interessanter Entwicklungen. Denn mit je weniger Personen ein Kontakt aufgebaut werden kann, umso mehr werden mögliche Konflikte oder Annäherungen beschnitten. Durchaus sinnvoll wäre außerdem die Rückkehr von Diskussionsrunden. In den frühen Staffeln gab der Große Bruder ein Tagesthema vor, zu dem die Bewohner ihre Meinung kundtaten und sich darüber austauschten. In späteren Staffeln gab es dagegen gar Verbote, über bestimmte Themen wie Politik oder Religion zu reden – dabei lernt man als Zuschauer die Kandidaten gerade im Gespräch über derlei gesellschaftsrelevante Themen kennen und erfährt, wie sie ticken.

5. Positiv-Voting

Die regelmäßige Nominierung und die anschließende Rauswahl eines nominierten Bewohners sind wohl die prägnantesten Merkmale von „Big Brother“ – und gleichzeitig seit jeher auch Schwachpunkte im System. Die Zuschauer bestimmen per Telefonvoting über den Verbleib oder Auszug. Zur Auswahl stehen jeweils die Kandidaten, die zuvor von ihren Mitbewohnern die meisten Nominierungsstimmen erhalten haben. Mit entscheidend für das Ergebnis des Votings ist, ob die Frage „Wer soll das Haus verlassen?“ (Negativ-Voting) oder „Wer soll im Haus bleiben?“ (Positiv-Voting) lautet.

Die Bewohner der vorerst letzten deutschen „Big Brother“-Staffel im Jahr 2015 sixx/​Stefan Menne

Ein Negativ-Voting wirkt sich – insbesondere wenn mehr als zwei Leute nominiert sind – negativ auf polarisierende Bewohner aus. Denn es werden vorwiegend Anrufer mobilisiert, die einen bestimmten Bewohner nicht leiden können und diesem einen Denkzettel verpassen wollen, indem sie ihn rausvoten. Dies hatte oft zur Folge, dass die Staffel immer langweiliger wurde, weil genau die Kandidaten rausgewählt wurden, die die Sendung interessant gemacht haben. Dadurch waren am Finaltag vor allem jene Bewohner übrig, die sich im Hintergrund gehalten und durch die Staffel gemogelt haben. Viel wirkungsvoller im Sinne der Unterhaltung ist daher das Positiv-Voting. Denn diese Variante begünstigt, dass polarisiende Bewohner bessere Chancen auf einen Verbleib im Haus haben und Langweiler rausfliegen, für die sich kaum Anrufer motivieren können anzurufen.

Wenn Sat.1 zumindest ein paar dieser Tipps annimmt und keine elementaren Fehler begeht, dürfte einer erfolgreichen Rückkehr von „Big Brother“ nichts im Weg stehen, da die Realityshow nach wie vor über eine treue Fangemeinde verfügt – die allerdings sehr genaue Vorstellungen davon hat, wie die Sendung aussehen sollte.

Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang ’85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“. Auch für Realityshows wie den Klassiker „Big Brother“ hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie „Die Harald Schmidt Show“ und „PussyTerror TV“, hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“, aber auch schräge Mysteryserien wie „Twin Peaks“ und „Orphan Black“. Seit Anfang 2013 ist er bei fernsehserien.de vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

Lieblingsserien: Twin Peaks, Roseanne, Gargoyles – Auf den Schwingen der Gerechtigkeit

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1953) am

    Ich hoffe das noch ein 24 Std. Livestream zustande kommt und angeboten wird. Ich finde die Bewertungen der Bewohner aufgrund von Tageszusammenfassungen nicht so interessant.
    Aussagekräftiger wären sie wenn es den Livestream gäbe.
    • am

      man erfährt nichts Genaues. In der TV Zeitung steht in der Ankündigung 100 Tage für 100.000 €. Am richtigen Wochentag, wo es beginnt, steht etwas von 2 Wochen. Was denn nun ???? Keine Infos, nichts - das wird ein absoluter Flop, da wette ich drauf.
      • am

        Livestream muss sein
        • am

          mein Wunsch, wirklich normale Leute, bitte keine dieser Insta Idio... die man eh in jedem 2. Format sieht.
          • (geb. 1984) am

            Sat.1 steht hinter Manipulation und zerstören von Formaten. Ich sag jetzt scon voraus, dass man diese bescheurten Clips von 2 Minuten vorgesetzt bekommt. Ohne Bezug zum Ablauf und dahingerotzt.
            • am

              Wird eiskalt floppen. 
              Trash bleibt Trash.
              Und dass es den Livestream nicht geben wird, sollte jedem mit etwas Verstand klar sein warum ;) (Stichwort Newtopia ;))

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