Patricia Aulitzky („Blind ermittelt“, „Lena Lorenz“): „Ich bin nicht Schauspielerin geworden, um nur eine Rolle zu verkörpern“

Interview über die neue Krimireihe und ihren „Lena Lorenz“-Ausstieg

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 28.02.2020, 15:23 Uhr

  • Seite
Patricia Aulitzky als Sophie Haller in „Blind ermittelt“ – Bild: ARD Degeto/Philipp Brozsek
Patricia Aulitzky als Sophie Haller in „Blind ermittelt“

Nach der erfolgreichen Pilotfolge im Jahr 2018 lief gestern Abend im Ersten eine neue Folge der Wiener Krimireihe „Blind ermittelt“. Kommenden Donnerstag (5. März) wird um 20:15 Uhr ein weiterer 90-Minüter gezeigt. Anlässlich der Ausstrahlung sprach fernsehserien.de-Redakteur Glenn Riedmeier mit Schauspielerin Patricia Aulitzky, die in der weiblichen Hauptrolle der Schwester Sophie des blinden Ermittlers Alex Haller (Philipp Hochmair) zu sehen ist.

Patricia Aulitzky erläutert im Interview nicht nur, was „Blind ermittelt“ von anderen Krimireihen unterscheidet, sondern spricht auch ausführlich darüber, weshalb sie nach 14 Folgen auf eigenen Wunsch aus der ZDF-Serie „Lena Lorenz“ ausgestiegen ist, in der sie die Titelrolle verkörpert hat. Außerdem spricht die in Salzburg geborene Schauspielerin darüber, was ihrer Ansicht nach deutsche und österreichische Produktionen voneinander unterscheidet, und weshalb sie vom Ergebnis der kurzlebigen RTL-Serie „Block B – Unter Arrest“ enttäuscht war.

Patricia Aulitzky Max Sonnenschein

fernsehserien.de: Liebe Frau Aulitzky, Sie spielen in der neuen Krimireihe „Blind ermittelt“ eine der Hauptrollen. Wie würden Sie generell die Serie beschreiben?

Patricia Aulitzky: „Blind ermittelt“ ist ein junges, actionreiches Format, das in Wien spielt und durchaus für eine junge Zielgruppe angelegt ist. Es ist eine gelungene Mischung aus Action und Krimi.

Was unterscheidet „Blind ermittelt“ von anderen Krimis?

Patricia Aulitzky: Die Besonderheit ist, dass der von Philipp Hochmair gespielte Ermittler Alex Haller blind ist. Die Sequenzen, in denen er Dinge hört und wahrnimmt, sind sehr modern inszeniert – mit funky Flashbacks und Freeze-Momenten – mich erinnert das ein wenig an die Machart von „Sherlock“ mit dem tollen Benedict Cumberbatch.

Ist dies auch den jungen Regisseuren Jano Ben Chaabane („Druck“, „Culpa“) und David Nawrath („Atlas“) zu verdanken?

Patricia Aulitzky: Ja, Jano Ben Chaabane hat die ersten beiden Teile inszeniert, die sich wiederum sehr von dem dritten Teil unterscheiden, bei dem David Nawrath Regie geführt hat – aber jeder Film ist auf seine Art großartig geworden. Teil 1 und 2 sind sehr schnell und actionlastig, während es beim dritten Teil stärker in die Emotionalität und schauspielerische Differenzierung geht.

Patricia Aulitzky und Andreas Guenther in „Blind ermittelt“ ARD Degeto/​Tivoli Film/​Philipp Brozsek

Sie verkörpern die Schwester Sophie des blinden Ermittlers Alex Haller. Wie würden Sie Ihre Rolle charakterisieren?

Patricia Aulitzky: Sophie ist Alex’ jüngere Schwester. Nachdem er Ermittler geworden ist, hat Sophie die Leitung des Familienhotels übernommen. Nach dem Attentat, bei dem Alex erblindet ist und seine Frau ums Leben kam, haben sich die Gewichte anders verteilt. Plötzlich war nicht mehr er der große Bruder, der auf seine Schwester aufgepasst hat, sondern sie muss fortan auf ihn schauen – ohne ihn in seinem Freiraum einzuschränken und ohne, dass sein Selbstbewusstsein darunter leidet. Durch die doppelte Belastung mit dem Hotel und ihrem Bruder leidet Sophies eigenes Privatleben und ihre eigenen Befindlichkeiten bleiben auf der Strecke.

Hat es Sie schauspielerisch besonders herausgefordert, auf einen Drehpartner zu reagieren, der einen Blinden spielt?

Patricia Aulitzky: Vor dem Dreh der ersten Folge habe ich mich sehr über Blindheit und den Umgang mit Blinden informiert. Für meine Rolle Sophie ist es natürlich wichtig zu wissen, wie sie ihrem Bruder helfen kann, ohne übergriffig zu werden, denn Alex ist ja ein erwachsener Mann, der trotz seiner Beeinträchtigung ein sehr fähiger Ermittler ist. Ich glaube, es war vor allem für Philipp Hochmair schwer, ins Nichts zu schauen, obwohl ihm jemand gegenübersteht. Aber dadurch, dass Philipp oft seine Brille trägt, war es für uns andere nicht so schwer, darauf zu reagieren.

Der blinde Ex-Kommissar Alexander Haller (Philipp Hochmair) und sein Chauffeur Niko (Andreas Guenther, l.) ARD Degeto/​Phkilipp Brozse

Was war für Sie der Grund, das Rollenangebot anzunehmen?

Patricia Aulitzky: Mich hat die Rolle sehr gereizt und das erste Drehbuch hat mich sehr angesprochen. Es war damals ja noch gar nicht klar, ob aus „Blind ermittelt“ eine Reihe wird oder es bei einem Piloten bleibt. Ich habe mich umso mehr gefreut, dass es weiterging und mich mein Kollege Philipp Hochmair danach eingeladen hat, mit ihm die Buhlschaft in „Jedermann Reloaded“ an der Burg zu spielen.

Viele Zuschauer kennen Sie natürlich noch als „Lena Lorenz“. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit der Arbeit an der Serie?

Patricia Aulitzky: Sehr schöne Erinnerungen, denn ich habe die Rolle gerne gespielt und die Lena wirklich liebgewonnen. Das ganze Team, mit dem ich im Berchtesgadener Land in den Bergen eine wunderbare Zeit verbracht habe, war wirklich super. Wir haben viele Geschichten erzählt und Themen angesprochen, die es wert sind, einem breiten Publikum nähergebracht zu werden und die zum Nachdenken anregen. Ich habe viele Schauspielkollegen und Regisseure kennengelernt und während dieser Zeit viel dazugelernt.

Patricia Aulitzky als Lena Lorenz ZDF/​Thomas K. Schumann

Dennoch haben Sie die Serie nach 14 Folgen auf eigenen Wunsch verlassen. Weshalb haben Sie diese Entscheidung getroffen?

Patricia Aulitzky: Es wurde einfach Zeit für etwas Neues, weil ich die Figur im Laufe der Zeit einfach schon sehr gut kennengelernt habe. Als Schauspielerin habe ich eine unglaubliche Lust und Neugier auf neue Figuren und neue Menschen.

Also ähnlich wie Kollegen, die nicht ihr Leben lang „Tatort“-Ermittler sein möchten, wollten sie nicht auf die Rolle der Lena Lorenz festgelegt werden?

Patricia Aulitzky: Ja, definitiv. Ich wollte einfach auch andere Rollen spielen – und das war beim Dreh von vier 90-Minütern pro Jahr kaum möglich. Die einzige Option für die Produktion und für mich war dann der Abschied, um wieder mehr zeitlichen Freiraum zu schaffen – auch wenn ich dadurch von einem ziemlich sicheren Einkommen wieder in eine totale Unsicherheit gegangen bin, bei der man nicht weiß, was die Zukunft bringt. Das ist keine Entscheidung, die man leichtfertig trifft. Aber ich bin nicht Schauspielerin geworden, um nur eine Rolle zu verkörpern.

Patricia Aulitzky Max Sonnenschein

Eine durchaus mutige Entscheidung, schließlich war und ist „Lena Lorenz“ eine sehr erfolgreiche Reihe. Würden Sie sagen, dass Sie durch diese Rolle auch einem größeren Publikum bekannt geworden sind?

Patricia Aulitzky: Einem anderem Publikum, würde ich sagen. Viele haben mich zuvor schon in dem Kinofilm „Falco – Verdammt, wir leben noch!“ kennengelernt, in dem ich die weibliche Hauptrolle gespielt habe. Aber dem Fernsehpublikum bin ich sicherlich am meisten als Lena Lorenz im Gedächtnis geblieben. Ich wurde auch häufig als „Lena“ angesprochen, was einerseits heißt, dass ich meinen Job gut gemacht habe, andererseits denke ich mir aber: Ich bin nun mal Patricia und nicht Lena. Deshalb habe ich mich für den unsicheren Weg entschieden, der mich aber wach und engagiert hält.

Haben Sie „Lena Lorenz“ mit Ihrer Nachfolgerin Judith Hoersch weiterverfolgt?

Patricia Aulitzky: Nein, ehrlich gesagt habe ich noch nichts davon gesehen.

Auf der nächsten Seite erläutert Patricia Aulitzky, was ihrer Ansicht nach deutsche und österreichische Produktionen voneinander unterscheidet, weshalb sie vom Ergebnis der kurzlebigen RTL-Serie „Block B – Unter Arrest“ enttäuscht war und welche Bedeutung die Theaterbühne für sie hat.

weiter

weitere Meldungen