2018, Folge 252–265

  • Folge 252 (45 Min.)
    Stürme, Starkregen und Sturzfluten: Immer häufiger wird Deutschland von schweren Unwettern heimgesucht. Im Juli 2017 wurde nach sintflutartigen Regenfällen im Landkreis Goslar in Niedersachsen der Katastrophenalarm ausgerufen. Kleine Bäche waren zu reißenden Flüssen geworden, traten über die Ufer und fluteten Hunderte Häuser. Auch das Fachwerkhaus von Doris und Peter Schrader in Rhüden/​Seesen wurde durch die Wassermassen zerstört. Als sie das Haus vor 30 Jahren kauften, galt die Lage noch als vollkommen unbedenklich. Heute steht ihr Eigentum in der höchsten Unwetterisikozone und ist nicht mehr versicherungsfähig.
    NDR Autor Sebastian Bellwinkel hat Familie Schrader nach dem Unwetter über mehrere Monate mit der Kamera begleitet und dokumentiert, wie sie versucht, der Lage wieder Herr zu werden. Vom Schlammschippen nach der Flut bis zur Auseinandersetzung mit der Versicherung, die sich plötzlich auf Klauseln im Kleingedruckten beruft. Noch schlimmer traf es ein Jahr zuvor Anfang Juni 2016 völlig überraschend das niederbayrische Simbach am Inn. Nach starken Regenfällen brach auch hier eine Sturzflut über den beschaulichen Ort herein und zerstörte ganze Straßenzüge.
    Sieben Menschen starben. Der Ort ist dennoch bis heute in die niedrigste Unwetterrisikozone eingestuft. Die Dokumentation zeigt am Beispiel der Bäckerfamilie Braumiller, wie die Menschen dort mehr als ein Jahr später immer noch mit den Folgen der Katastrophe zu kämpfen haben. Der ARD-Wetterexperte Sven Plöger verdeutlicht, welche Rolle bei den zunehmenden Unwettern der Klimawandel spielt. Und Versicherungsexperten erklären, welche Folgen das für Hausbesitzer hat. In Niedersachsen sind zum Beispiel nur 16 Prozent der Hausbesitzer gegen die sogenannten Elementarschäden durch Hochwasser versichert.
    Der Rest muss im Fall der Fälle selber in die Tasche greifen. Dabei geht der größte Rückversicherer Deutschlands Munich Re davon aus, dass es in Zukunft immer häufiger zu durch Starkregen verursachte Überschwemmungen kommen wird. Die Dokumentation thematisiert dabei auch, wie der Mensch durch Flussbegradigungen, fehlende Rückhaltebecken und riskanten Maisanbau in Hanglagen Bedingungen schafft, die die wetterbedingten Folgen zusätzlich verschlimmern. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 08.01.2018NDR
  • Folge 253 (45 Min.)
    Die Erkältung nimmt ihren Lauf, ob mit oder ohne Medikamente, so wird es oft gesagt. Ist das wirklich so? Zwei bis drei Mal pro Jahr sind Erwachsene statistisch gesehen erkältet, Kinder sogar bis zu acht Mal. Betroffene greifen zu den verschiedensten Arzneimitteln, in der Hoffnung, damit ihre Beschwerden zu lindern oder am besten ganz frei davon zu werden. Allein von den zehn meistverkauften Erkältungsmedikamenten gehen jedes Jahr über 50 Millionen Packungen über den Tresen. Ein gigantisches Geschäft. Aber wirken diese Mittel überhaupt? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 15.01.2018NDR
  • Folge 254 (45 Min.)
    Wie entscheidet man sich beim Einkaufen: mit dem Kopf oder mit dem Bauchgefühl? Viele Kunden glauben, ihre Entscheidung sei rational gesteuert. Die vermeintlichen Kriterien: Preis, Qualität, Nutzwert. Marketingexperten wissen es besser: Über 70 Prozent aller Einkaufsentscheidungen würden „aus dem Bauch heraus“ fallen. Spontan und unbewusst. Sind Kunden tatsächlich so irrational? Und so leicht verführbar? Früher gab es den sogenannten Versorgungskauf: Man brauchte etwas, das Angebot war überschaubar, die Entscheidung schnell getroffen.
    Heute ist alles sofort in großer Auswahl verfügbar. Handelsunternehmen sprechen von gesättigten Märkten. Es gibt kaum noch Lücken im Angebot. Wenn aber viele Anbieter die gleichen Waren verkaufen wollen, müssen sie die Kunden heute anders überzeugen. Hirnforscher versuchen deshalb, Konsumenten quasi neurologisch zu entschlüsseln: Welche Regionen des Kopfes sind aktiviert, wenn man sich für ein Produkt entscheidet? Wann obsiegt die Kauflust? Wie wird die Vernunft ausgeschaltet? Das sogenannte Neuromarketing zielt auf die Emotionen der Kunden.
    Sie sollen sich im Geschäft wohlfühlen, möglichst lange bleiben und natürlich mehr kaufen. Dabei spielen Licht, Duft, Haptik und Musik in den Geschäften eine immer größere Rolle. Von Musikduschen, Airdesignern und Handschmeichlern ist die Rede. Riecht es gut im Geschäft, bleibt der Kunde. Sanfte Musik lässt den Kunden Textilien als weich empfinden. Und wenn sich etwas gut anfühlt, dann will man es haben. Studien belegen solche Effekte und zeigen: Der Kunde ist über seine Sinne steuerbar.
    Märkte der Zukunft werden den Verbraucher gezielt und raffiniert in bestimmte Stimmungen versetzen: warmes Licht bei sogenannten „inspirativen“ Waren wie Dekoartikel, nüchternes Licht im Handwerkerbereich, Kaffeeduft bei den Lebensmitteln. All das lässt den Kunden fokussierter vorgehen. Die Waren wandern schneller in den Einkaufswagen. „45 Min“ begleitet Verkaufsforscher und Strategen, die dem Kunden „in den Kopf schauen“, damit sein Bauchgefühl beim Einkauf entscheidet. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 29.01.2018NDR
  • Folge 255 (45 Min.)
    In Deutschland leben so viele Wildschweine auf so engem Raum wie nirgendwo sonst in Europa. Zerstörte Felder auf dem Land, durchwühlte Gärten in den Städten, zuletzt sogar aggressive Tiere in der Fußgängerzone einer Kleinstadt. Jetzt hat der Konflikt eine neue Dimension bekommen: Nur 300 Kilometer entfernt von der deutschen Grenze sind Wildschweine an Afrikanischer Schweinepest erkrankt. Das Virus ist hochansteckend und tötet Wild- wie Hausschweine innerhalb weniger Tage. Wird die Seuche auch nach Deutschland eingeschleppt, trifft das einen großen Wirtschaftszweig. Die deutsche Schweinefleischindustrie könnte über viele Jahre lahmgelegt werden, denn gegen die Afrikanische Schweinepest gibt es keinen Impfstoff.
    Aus Angst vor Milliardenverlusten wird nun noch stärker als bisher gefordert, die Zahl der Wildschweine in Deutschland zu reduzieren. Jeder Tag bringt neue Maßnahmen: Schonzeiten werden aufgehoben, Prämien für jedes geschossene Wildschwein gezahlt, die Zulassung von Lebendfallen, Nachtzielgeräten und Schalldämpfern für Jäger diskutiert. Die Politik macht Druck: Jäger sollen mehr Wildschweine schießen, falls nötig offenbar auch mit bisher verpönten Methoden. „45 Min“ fragt: eskaliert jetzt der Kampf Mensch gegen Wildschwein? Noch vor 60 Jahren waren Wildschweine beispielsweise in Schleswig-Holstein fast ausgerottet.
    Doch milde Winter und ein üppiges Nahrungsangebot auf den Feldern haben dazu geführt, dass sich die Tiere rasant vermehren konnten. Inzwischen erschließen sich Wildschweine immer neue Reviere und wagen sich zunehmend auch in die Städte. Dort finden sie Ruhe vor Jägern, machen jedoch vielen Anwohnern Angst. Nach einem Vorfall in Heide, als zwei Wildschweine in der Innenstadt in Panik gerieten und vier Menschen verletzten, fordern jetzt viele klare Grenzen zwischen dem Lebensraum der Menschen und dem Revier der Wildschweine.
    Aber wie soll das funktionieren? Der Film begleitet Menschen, deren Leben derzeit von Wildschweinen bestimmt wird: Ute Voss und ihre Nachbarn in Itzehoe, deren Gärten seit dem Herbst immer wieder von Wildschweinen zerstört werden. Den Wissenschaftler Dr. Hinrich Zoller, der erforscht, wie die Ausbreitung der Wildschweine gestoppt werden kann. Und Jäger, die aufgerufen sind, Wildschweine zu reduzieren und sich oft degradiert fühlen: vom Waidmann zum Schädlingsbekämpfer. Lässt sich die Afrikanische Schweinepest überhaupt noch aufhalten? Und um welchen Preis? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 19.02.2018NDR
  • Folge 256 (45 Min.)
    „45 Min“ zeigt eine erschreckende Fehlentwicklung in deutschen Krankenhäusern. Viele Patientenbehandlungen zielen nur darauf ab, möglichst viel Geld einzubringen. Grund hierfür ist, dass die Krankenhäuser seitens der Politik, im Rahmen von Einsparungen, in einen harten Wettbewerb geschickt wurden. Gleichzeitig sanken die staatlichen Zuschüsse dramatisch. Immer mehr Klinken sind von der Insolvenz bedroht. In einer aufwendig angelegten Studie befragten ein langjähriger Krankenhaus-Manager und ein Professor, deutschlandweit Ärzte und Geschäftsführer persönlich. Die Interviews ergaben, dass fast alle medizinischen Entscheidungen von finanziellen Erwägungen beeinflusst seien.
    Das seit 2003 in Deutschland eingeführte Bezahlsystem zwingt die Krankenhäuser dazu, möglichst viele Patienten in möglichst kurzer Zeit zu behandeln. Dabei gilt es so viele „lukrative Fälle“ wie möglich zu gewinnen. Lukrativ sind vor allem bestimmte Operationen und der Einsatz teurer Apparate. Krankenhausmitarbeiter berichten, dass diese an Profiten ausgerichtete Medizin oft zu Lasten der Patienten geht. „45 Min“ spricht mit Opfern dieses Systems. Patienten, die nutzlose Operationen hinter sich haben oder in einem hektischen Klinikalltag große Angst und Unsicherheit erlebten. Insider berichten von lebensgefährlichen Situationen für Patienten, die von überlastetem Personal versorgt werden. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 26.02.2018NDR
    • Alternativtitel: Die Geldeintreiber - Milliardengeschäft Inkasso
    • Alternativtitel: Milliardengeschäft Inkasso - Die Geldeintreiber und ihre Opfer
    Folge 257 (45 Min.)
    Anke R. ist Finanzbeamtin im gehobenen Dienst. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass sie mal vor einem Berg Schulden enden würde. Doch ihr verstorbener Mann scheiterte als Freiberufler, verließ die Familie und weigerte sich, Unterhalt zu zahlen. Anke R. blieb mit den Schulden zurück. „Wenn es klingelte, hab ich den Kindern gesagt, sie sollen bloß nicht aufmachen. Weil ich Angst hatte, dass draußen die Leute vom Inkassounternehmen stehen.“ So wie Anke R. geht es immer mehr Deutschen. Mit den Schulden kommen die Inkassobriefe. Und wer die Raten nicht bezahlen kann, bekommt immer neue Forderungen ins Haus.
    Da ist man schnell mit dem Doppelten oder Dreifachen des eigentlichen Betrages in den Miesen. Anke R. zum Beispiel schätzt, dass ein Drittel ihrer Schulden allein Inkassogebühren sind. Für die Inkassoindustrie ist das ein extrem lukratives Geschäft. Rund fünf Milliarden Euro setzt sie in Deutschland jährlich um, Tendenz steigend. Denn der Onlinehandel und ein wachsender Konsum bringen immer mehr unbezahlte Rechnungen mit sich. Schon heute sind knapp sieben Millionen Deutsche überschuldet: jeder zehnte Erwachsene. Dabei sind bei weitem nicht alle Inkassoforderungen rechtens.
    Häufig finden sich Rechnungen mit Fantasiegebühren, überhöhten Zinssätzen und mehrfach gestellte Forderungen. Oder Minderjährige werden illegal in Ratenzahlungen gedrängt, so wie es Christian G. ergangen ist. Mit 19 steckt der Auszubildende so tief im Schuldensumpf, dass er allein nicht mehr rauskommt. Besonders dubios: die sogenannte ‚doppelte Ernte‘. Auf eine offene Forderung hin mahnen sowohl ein Inkassobüro als auch eine Anwaltskanzlei. Da landet der Schuldner bei einer Forderung von 20 Euro schnell bei einem Gesamtbetrag von 150 Euro.
    Besonders erschreckend: Selbst große und bekannte Unternehmen sind an dieser Praxis beteiligt und versuchen mit allen Mitteln, eine Berichterstattung zu vermeiden. Für seine aufrüttelnde Dokumentation ist Grimme-Preisträger Michael Richter durch die halbe Republik gefahren, um Schuldner zu treffen, die sich trotz Scham an die Öffentlichkeit trauen. Sein Film erzählt, wie eine Industrie für ihren Profit bewusst in Kauf nimmt, dass Menschen immer tiefer abrutschen. Auch weil die Gesetzeslage den Inkassounternehmen zu viel Spielraum lässt, das räumt sogar das verantwortliche Bundesministerium im Film ein. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 12.03.2018NDR
  • Folge 258 (45 Min.)
    Die Zahl der alten Menschen steigt. Und mit dem Alter auch der Medikamentenkonsum. Doch viele Tabletten helfen nicht immer viel, im Gegenteil: Denn im Alter verändert sich der Stoffwechsel. Medikamente, die bei 40- oder 50-Jährigen gut wirksam sind, haben bei 70-Jährigen plötzlich ganz andere Auswirkungen. Die Leistungskraft von Leber und Niere nimmt bei älteren Menschen ab. Der Körper braucht länger, um die Substanzen abzubauen. Die Faustregel lautet: Wer mehr als fünf Medikamente einnimmt, läuft Gefahr, dass der gewohnte Pillencocktail den Gesundheitszustand nun sogar negativ beeinflusst.
    Meist hat kein Arzt den Überblick über all die verschiedenen Medikamente, die der Patient einnimmt. Denn neben dem Hausarzt schreiben auch Fachärzte den alten Menschen fleißig Rezepte aus. Das kann schwere Folgen haben wie Desorientierung oder Zerstreutheit. Seit Oktober 2016 haben Patienten, die mehr als drei Medikamente täglich einnehmen, endlich einen Anspruch auf einen sogenannten bundeseinheitlichen Medikationsplan, auf dem alle eingenommenen Präparate aufgelistet werden.
    Im Idealfall führt der Plan dazu, dass einige der Pillen abgesetzt werden können. Aber dem Hausarzt fehlt häufig die Zeit, sich länger mit den Wirkungen der einzelnen Arzneimittel untereinander auseinanderzusetzen. Da bedarf es schon des Fachwissens und der Zeit eines Geriaters, einem Spezialisten für die Behandlung älterer Leute. In Krankenhäusern arbeiten zwar schon viele dieser Fachärzte, doch im ambulanten Bereich sind sie bisher wenig verbreitet. Und die Versorgung variiert je nach Bundesland.
    Besonders groß ist die Unterversorgung mit Geriatern in ländlichen Regionen. Liselotte Gärtner ist fast 80 Jahre und recht gebrechlich. Sie lebt allein in ihrem Haus in der Nähe von Ueckermünde und nimmt zehn unterschiedliche Tabletten täglich sein. Ihre größte Sorge ist es, dass sie in ein Heim ziehen muss. Ihre Hausärztin Sabine Meinhold ist gleichzeitig Geriaterin. Sie empfiehlt der alten Dame eine spezielle dreiwöchige ambulante geriatrische Reha in ihrer Praxis. Jetzt hat sie die Patientin unter Beobachtung und kann auch die Tabletten überprüfen.
    In dieser Zeit trainiert Frau Gärtner mit Physio- und Ergotherapeuten, damit sie wieder fit wird und zu Hause wohnen bleiben kann. Dieses besondere Konzept hat die Ärztin gemeinsam mit Krankenkassen entwickelt. Denn aufgrund des demografischen Wandels muss die Versorgung von alten Menschen neu organisiert werden. Der Film aus der Reihe „45 Min“ begleitet unterschiedliche ältere Menschen, spricht mit Geriatern und fragt: Wer behandelt Menschen im Alter? Und wie ist es, alt zu werden? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 19.03.2018NDR
  • Folge 259 (45 Min.)
    Das Altenheim ist kein Ort, wo ältere Menschen gerne einziehen. Es ist die letzte Station im Leben, über die viel Schlechtes berichtet wird: Pflegemängel, Personalnotstand, vernachlässigte Patienten. Das verunsichert ältere Menschen und ihre Angehörigen und macht Pflege zum Tabuthema innerhalb der Familie. Trotzdem ist der Einzug in ein Altenheim häufig unausweichlich. Die 92-jährige Großmutter der „45 Min“-Reporterin Caroline Rollinger lebt noch in ihrer eigenen Wohnung. Aber was ist, wenn das nicht mehr möglich ist? Caroline Rollinger und ihre Oma gehen deshalb zusammen auf eine Reise durch mehrere Altenheime in Hamburg und schauen sich um.
    Sie fragen sich: Wie finden wir das richtige Heim? Worauf kommt es an, was ist wichtig? Und wie verhindern wir, dass etwas schief läuft? Beide führen Zwiegespräche darüber, was Altenpflege für sie persönlich bedeutet. Sie sprechen über Ängste und Verantwortung und kommen mit Heimbewohnern, Heimleitern und Pflegern ins Gespräch. Aus der Perspektive einer Enkelin und ihrer Großmutter wird in diesem Film das hochaktuelle, brisante Thema Altenpflege erzählt. (Text: Tagesschau24)
    Deutsche TV-PremiereMo 30.04.2018NDR
  • Folge 260 (45 Min.)
    Die Zahl der Menschen in Deutschland, die unter Allergien leiden, nimmt von Jahr zu Jahr zu, besonders was Heuschnupfen und Asthma betrifft. Fast jeder Vierte leidet hierzulande im Laufe seines Lebens an Atemwegsallergien. Es gibt nicht nur mehr unterschiedliche Allergien, die Erkrankungen dauern auch länger und sind heftiger. „45 Min“ will wissen: Welchen Einfluss hat die Umwelt auf die Zunahme der Allergien? Pollen werden offenbar umso aggressiver, je mehr Stickoxide in der Luft sind und wenn die Ozonwerte steigen.
    Straßenverkehr und Klimawandel verstärken Heuschnupfen, ist die These von Wissenschaftlern. Birken gelten neben Gräsern als Hauptallergene für die Atemwege. Birkenpollen zählen für die Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann zu den Hauptursachen der ansteigenden Allergien. Zusammen mit ihren Studenten sammelt sie Birkenpollen in der freien Natur und an viel befahrenen Straßen, um sie zu testen. In einer einzigartigen Klimakammer beobachtet sie ein kleines Birkenwäldchen, das sie verschiedenen Umwelteinflüssen aussetzt.
    So dokumentiert sie die Wirkung von Kohlendioxid, Stickoxiden, Feinstaub und Ozon auf die Pollen und den menschlichen Körper. Wer seinen Heuschnupfen nicht oder falsch behandelt, muss im schlimmsten Falle damit rechnen, an Asthma zu erkranken. In der Medizin hinkt Deutschland hinterher, was Prävention und Behandlung von Allergien betrifft. So fordert der Leiter vom Allergie-Centrum-Charité in Berlin Professor Torsten Zuberbier einen sofortigen Aktionsplan: „Wir müssen der Prävention und Behandlung von Allergien genauso viel Aufmerksamkeit schenken, wie den Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“ Eine Möglichkeit sei die Früherkennung im Rahmen der Schuleingangstests und die Fortbildung von Ärzten und Patienten.
    Finnland setzt seit zehn Jahren auf Fortbildung und Prävention, mit Erfolg. Dort gehen die Zahlen der allergiebedingten Atemwegserkrankungen zurück. Autorin Antje Büll ist nach Helsinki gereist, um zu zeigen, warum die Finnen in Sachen Allergiebehandlung Vorbild für Deutschland sein sollten. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 07.05.2018NDR
  • Folge 261 (45 Min.)
    Einst war Spargel eine teure Delikatesse, heute ist er fast für jedermann erschwinglich. Kein Gemüse in Deutschland hat mehr Anbaufläche. Doch der Spargel-Boom hat auch Folgen: Der Spargel wächst vielfach unter Plastikfolie. Für Vögel ist es schwieriger, Nahrung zu finden, denn Insekten sterben aus. Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Spargelanbau unter Folie und dem Aussterben von Vogelarten? Ein aktuelles Gutachten im Auftrag der Staatlichen Vogelschutzwarte Brandenburg stellt fest, dass das Flächen- und Nahrungsangebot für die untersuchten Vogelarten „drastisch zurückgegangen“ ist.
    Es gibt weniger Rot- und Schwarzmilane, weniger Rohrweiher. Bei Singvögeln ein ähnliches Bild. Grund dafür, da sind sich die Studienerfasser sicher, sei auch „die großflächige Expansion der Spargelanbauflächen“. Doch der Folienanbau ist unter Spargelbauern längst etabliert. Rund 95 Prozent wird nach dieser Methode aufgezogen. Das Anbaugebiet von Peter Strampe im niedersächsischen Neetze ist 70 Hektar groß. Der Spargelbauer sieht vor allem Vorteile durch die Foliennutzung. Er könne so bis zu drei Wochen früher ernten.
    Die Folie ermöglicht es, die Temperatur zu regulieren. Außerdem gäbe es dadurch kaum Unkraut, der Boden bleibe feucht und der Spargel vertrockne nicht so leicht. Auch die Optik der Spargelstangen spielt eine Rolle, kerzengerade sollen sie sein und strahlend weiß. Auch aus diesen Gründen muss Spargel unter Folie wachsen, mit Schutz vor Sonne. Die Deutschen lieben den Spargel leicht süß und dezent bitter, sagt Pierre Lavrijsen, Spargelzüchter bei der niederländischen Firma Limgroup. Am Geschmack, aber auch am Ertrag der Pflanzen wird in Heeze gefeilt.
    40 Mitarbeiter beschäftigen sich mit neuen Züchtungen für alle Klimazonen der Welt. Exportiert wird nach Griechenland oder Peru, aber vor allem nach Deutschland. Doch es gibt auch Betriebe, die keinen Geschmack von der Stange für ihren Spargel wollen. Auf dem Hof von Kirstin Schulze in Havelsee gibt es noch die alten Sorten Epos und Helios, die es nur noch selten auf Wochenmärkten zu kaufen gibt. Der Grund für das Aussterben dieser Spargelsorten: Sie bringen nur rund ein Drittel des Ertrags konventioneller Sorten, wachsen auch mal krumm, man kann sie erst spät in der Saison ernten.
    Der Biobäuerin ist das egal. Sie baut auf „nur“ zehn Hektar Fläche an, verzichtet auf Folie und verkauft nur ab Hof. Der Trend beim Spargel geht dagegen Richtung Expansion. Seit Jahren werden die Anbauflächen kontinuierlich vergrößert. In den vergangenen 15 Jahren stieg die Erntemenge durchschnittlich um vier Prozent pro Jahr. Rund 117.000 Tonnen Spargel wurden 2017 deutschlandweit geerntet. Deutschland ist damit das größte Erzeugerland von Spargel in Europa, liegt weltweit jedoch nur auf Platz vier hinter dem weltweit größten Erzeuger China, dahinter folgen Peru und Mexiko. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 14.05.2018NDR
  • Folge 262 (45 Min.)
    Es gibt wohl wenige Städte weltweit, die schöner sind, aber auch wenige, die durch den Tourismus so sehr bedroht werden. Ungefähr 30 Millionen Touristen kommen jährlich nach Venedig. Bis zu 130.000 fremde Menschen täglich tummeln sich zu Spitzenzeiten in der Lagunenstadt, fast dreimal so viele wie Einwohner. Die Infrastruktur passt sich immer mehr den Bedürfnissen der Touristen an und ermöglicht kaum mehr die Grundversorgung. Der Autor Thomas Niemietz begibt sich auf Spurensuche in Venedig, um herauszufinden, wie sich diese prekäre Situation für die Venezianer zeigt, für die ihre eigene Stadt immer mehr zum Albtraum wird. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 11.06.2018NDR
  • Folge 263 (45 Min.)
    Immer mehr Deutsche schwören auf Nahrungsergänzungsprodukte. Schon lange geben sich die heutigen „Gesundheitsbewussten“ nicht mehr mit Klosterfrau Melissengeist und Buer Lecithin zufrieden. Der absolute Renner in den letzten Jahren sind Produkte mit Omega-3-Fettsäuren. Das exklusivste unter diesen Produkten sind Tabletten aus Antarktischem Krill. Das ist ein kleines Krebstier, das als Nahrung der Walfische bekannt ist, und der wichtigste Baustein des extrem fragilen Ökosystems Antarktis. Ein führender Produzent in Deutschland ist der Flensburger Pharmakonzern Queisser, mit seinen Doppelherz-Produkten.
    „Ein Multitalent für die Gesundheit“ steht auf den Packungen. Doch die Wahrheit sieht anders aus. Die Ausbeutung der Antarktis ist der letzte Schritt zur Zerstörung des letzten unbelassenen Ökosystems. Auf dem Eisbrecher „Arctic Sunrise“ der Umweltschutzorganisation Greenpeace haben sich Umweltschützer auf den Weg durch das stürmischste Seegebiet der Welt ins ewige Eis des Südkontinents gemacht. An der antarktischen Halbinsel wollen sie die Krillfischerei beobachten. Wale und viele Pinguinarten ernähren sich so gut wie ausschließlich von den kleinen Krebstieren.
    Der Weg zu den Fanggründen ist weit und beschwerlich. Eisige Temperaturen machen jeden Handschlag zu einem Kraftakt! Egal, ob der Treibstoff der Schnellboote eingefroren oder die Crew im dichten Nebel von Eisbergen umzingelt ist, die Umweltschützer müssen einen Weg finden, um die „Arctic Sunrise“ sicher durch die Antarktis zu führen. Doch warum wird Krill überhaupt gefangen? Es geht um das „rosa Gold“, das Krillöl! Das Geschäft mit dem Krill wird für die Fangindustrie sogar immer einfacher! Die durch den Klimawandel schmelzenden Eisdecken der Antarktis ermöglichen erst die Ausweitung der Fanggründe.
    Die Krillbestände jedoch schrumpfen, befürchten die Umweltschützer, da sich der Krill vor allem von Algen ernährt, die unter dem Eis wachsen. Die Erderwärmung bedroht die Antarktis und den Krill also gleich doppelt. Vier Wochen lang hat ein Team des NDR die Antarktisexpedition begleitet. In dieser beeindruckenden Landschaft ist es gelungen, Bilder einer Region einzufangen, die vielleicht in ein paar Jahren so nicht mehr existieren wird. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 06.08.2018NDR
  • Folge 264 (45 Min.)
    Aeneas ist 17 Jahre alt. Er stand vor Gericht wegen Einbruch, Diebstahl und Sachbeschädigung. Sinan ist 15. Er wurde zu drei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Seine Liste an Straftaten ist lang: Drogendealerei, Körperverletzungen, Diebstähle und Beleidigungen. Die beiden jugendlichen Straftäter sind auf dem Segelschiff, um nicht ins Gefängnis zu müssen. Ein Jahr sollen sie an Bord des Therapieschiffes Hochseeschule „Salomon“ bleiben. Das Leben an Bord ist hart, die Regeln streng: feste Essens- und Schlafenszeiten, keine Drogen, keine Gewalt, nur selten ist die Nutzung von Handy und Laptops erlaubt.
    Dafür Arbeit, Schule, Segeln und Struktur. Das Konzept auf dem Schiff setzt auf Erfolgserlebnisse, auf Wertschätzung, auf Beziehungen zu den Betreuern und auf die Enge des Schiffes. „Segeln hat viel mit Selbstwertgefühl zu tun. Ein Junge, der nirgendwo funktioniert hat und hier jetzt die Segel handhaben kann und sogar Vormann wird. Der ist mal was! Den Jungs fehlt ja oft komplett jede Art der Bestätigung“, beschreibt Jonathan Reist, der Leiter der „Salomon“, die Arbeit an Bord. Es ist intensive Jugendhilfe auf hoher See.
    Gute 100.000 Euro investiert das Jugendamt pro Jungen pro Jahr. Soviel kostet auch ein Platz im geschlossenen Heim. Es ist eine Investition von der niemand weiß, ob sie sich am Ende auch wirklich lohnt. Es geht vor allem darum, die Jugendlichen vorm Gefängnis zu bewahren. Denn nach der Haft werden zu viele von ihnen wieder rückfällig, circa 70 Prozent, das belegen Studien. Die eigene Statistik vom Schiff hingegen verspricht, zwei von drei Jungen in ein geregeltes Leben zu führen. Die Filmemacherin Birgit Wärnke begleitet Aeneas und Sinan über anderthalb Jahre.
    Ihre Reise beginnt auf dem Atlantik vor den Kanaren und endet in Niedersachsen. Sie erzählt die besondere Geschichte der beiden Jugendlichen, die versuchen, Drogen, Diebstähle und Schlägereien hinter sich zu lassen. Seit Jahren stehen auslands- und erlebnispädagogische Maßnahmen in der Kritik. Sie seien zu teuer und würden nichts bringen. Stimmt das? Was bringen solche Maßnahmen? Investiert das Jugendamt klug in die Zukunft von Problemkids? Was passiert, wenn die beiden vom Schiff kommen, werden sie in Deutschland eine Ausbildung beginnen oder sind die Versuchungen von Drogen und illegalen Kicks zu groß? Der Film erzählt nicht nur die Geschichte der Jungen, auch die Geschichte von Menschen, die an die beiden glauben.
    Es sind Menschen wie der Sozialarbeiter Raik Lößnitz, der Sinan nach der Zeit auf dem Schiff zu Hause in seiner Familie aufnimmt, der sich mit seinen Kollegen um Aeneas kümmert, Wohnung und Praktikumsplätze besorgt. Es sind Menschen, die den beiden Jugendlichen Chancen geben, Praktika und Jugendhilfe ermöglichen. Werden Sinan und Aeneas sie nutzen? „45 Min“ mit einem Film über Jugendhilfe mit straffällig gewordenen Jugendlichen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 13.08.2018NDR
  • Folge 265 (45 Min.)
    In vielen ländlichen Regionen Norddeutschlands fehlen Hausärzte. Patienten sind verzweifelt, Ärzte arbeiten am Limit. Dabei gibt es Rezepte gegen den Landarztmangel. „45 Min“ zeigt, welche Konzepte funktionieren, und fragt, warum in manchen Gemeinden die medizinische Grundversorgung nicht mehr gesichert ist. Ein Beispiel: Parchim in Mecklenburg-Vorpommern. Zwölf Hausarztstellen sind dort nicht besetzt. In diesem Jahr schließt eine weitere Praxis. Nachfolger gibt es nicht. Bei den verbliebenen Ärzten herrscht Aufnahmestopp für neue Patienten.
    Die Praxis von Dr. Joachim Hesse etwa ist schon lange überlaufen. Zwölf-Stunden-Arbeitstage sind für ihn die Regel. Hausbesuche schafft er nicht mehr. Die übernimmt sein 80-jähriger Vater, Dr. Peter Hesse. Die Situation ist symptomatisch für viele Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und einigen Regionen Schleswig-Holsteins. Und sie wird sich zuspitzen. Die düstere Prognose der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: bis 2030 werden bundesweit 10.567 Hausärzte fehlen. Kommunen wie Büsum haben das Problem gelöst.
    Die Gemeinde gründete selbst ein Ärztezentrum und schaffte es, sechs Hausärzte dafür zu gewinnen. Die Mediziner sind bei der Kommune angestellt. Teamwork ist für sie selbstverständlich, Teilzeitarbeit möglich. Das Modell, das mittlerweile Schule macht und andernorts kopiert wird, hat auch Nachwuchsmediziner nach Büsum gelockt. Zwei Ärzte werden dort zum Facharzt für Allgemeinmedizin weitergebildet. Einer ist Dr. Klaas Lindemann. Er tritt in die Fußstapfen seines Vaters Dr. Arno Lindemann, der aus seiner Büsumer Einzelpraxis in das Ärztezentrum wechselte.
    Dr. Lindemann sen. kann bald mit gutem Gewissen in den Ruhestand gehen: Seine Patienten werden versorgt, sein Sohn ist nicht von Burn-out bedroht. Im Büsumer Ärztezentrum stimmt die Work-Life-Balance. Ein weiterer Baustein könnten rollende Hausarzt- und Zahnarztpraxen sein. Dr. Kerstin Finger hat ihren Kleinbus mit Zahnarztequipment ausgestattet und fährt damit in entlegene Dörfer der Uckermark. Sie versorgt Patienten, die den Weg in eine Zahnarztpraxis nicht mehr bewältigen können. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 27.08.2018NDR

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