Hauptsache extrem und bizarr! Manchen Menschen ist jedes Mittel recht, um sich vom Durchschnitt abzugrenzen, sie wollen Auffallen um jeden Preis. Ob Fahrradschlauch-Lippen, Augapfel-Tattoos, Zungenspaltungen – das Wichtigste für solche Optik-Optimierer ist es, aus der Masse herauszustechen. Ihr individuelles Lebensgefühl soll sofort im Äußeren sichtbar werden. Selbstverwirklichung macht auch nicht vor der Wohnungseinrichtung Halt: Der Dracula-Fan schläft nicht im biederen Doppelbett, sondern klappt allabendlich den Deckel seines Eiche-Rustikal-Sargs zu. Der Science-Fiction-Liebhaber wohnt nicht im banalen Reiheneckhaus, er
lässt seinen Häusertraum im Stil eines Raumschiffs wahr werden. Anders sein als die Anderen – nicht jeder ist das mit eigener Absicht. Manche rücken auch unfreiwillig in den Mittelpunkt. Wer beispielsweise als Folge einer Tumorerkrankung mit einem deformierten Gesicht leben muss, für den ist jeder Tritt vor die Haustür ein Spießrutenlauf vor entsetzten und mitleidigen Blicken. Was ist heutzutage überhaupt noch normal? Warum wird der Drang immer größer, sich bewusst eigen- und andersartig von der Gesellschaft abzugrenzen? Wie kann aus einem vermeintlichen Makel ein Markenzeichen werden? (Text: SWR)