bisher 17 Folgen, Folge 1–17

  • Folge 1
    Der Schriftsteller Wladimir Kaminer blickt für 3sat hinter die Kulissen der Dresdner Semperoper. Er begleitet die Arbeit an einer Inszenierung von den ersten Ideen bis zur Premiere. Wie beginnt die Arbeit an einer Inszenierung, und welche großen und kleinen Katastrophen passieren auf dem Weg zur Premiere? Er begleitet die Regisseurin Elisabeth Stöppler, die vor der schwierigen Aufgabe steht, zwei Opern an einem Abend auf die Bühne zu bringen. „Oedipus Rex“ von Igor Strawinsky und den Einakter „Il prigioniero“ von Luigi Dallapiccola, ein zeitgenössisches Werk, das für Wladimir Kaminer so brachial klingt, als „sei ein Panzer über die Noten gefahren“.
    Wladimir Kaminer ist dabei, als am Wohnzimmertisch die Ideen für das Bühnengeschehen entstehen. Er fiebert mit, weil einer der Hauptdarsteller ausfällt und als während der wichtigen ersten Bühnenprobe plötzlich die gesamte Oper evakuiert werden muss. Auf dem Weg zur Premiere taucht Kaminer tief ein in den Opernkosmos. Er hilft in der Schneiderei bei der Anprobe und fährt mit dem Logistik-Team Bühnenbilder quer durch die Stadt in die Außenlager.
    An der Semperoper entsteht ständig so viel Neues – dem Schriftsteller kommt es vor, als könnte man bald ganz Dresden mit den Bühnenbildern ausfüllen. Der südafrikanische Nachwuchstenor Khanyiso Gwenxane arbeitet hart für seinen Auftritt in Stöpplers Inszenierung, aber für ihn geht es in dieser Spielzeit um noch viel mehr: Er kämpft um seine berufliche Zukunft und muss nebenbei verschiedene Vorsingen vorbereiten. Ob er ein Anschluss-Engagement an einer anderen Oper bekommt oder ob er doch zurück muss nach Südafrika, das ist am Anfang der Dreharbeiten völlig unklar.
    Und Wladimir Kaminer hat seine Zweifel, dass der junge Sänger es tatsächlich schaffen kann, das schwere Kostüm, das er für die neue Produktion der Semperoper verpasst bekommt, zum Leben zu erwecken. Am Anfang der Proben sieht das nach einer unerfüllbaren Mission aus. Dass am Premierenabend trotz aller Schwierigkeiten tatsächlich „der Lappen hochgeht“, wie die Opernleute sagen, ist für den Schriftsteller aus Berlin am Ende ein genauso großes Wunder wie für die, die tagtäglich daran arbeiten. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 20.10.20183sat
  • Folge 2
    Was ist Heimat? Längst wird sie nicht mehr mit Spießigkeit verbunden, sondern mit dem Wunsch nach Zugehörigkeit. – Eine Suche nach dem Heimatgefühl in den 3sat-Ländern mit Wladimir Kaminer. In Deutschland, Österreich und der Schweiz geht er der Frage nach: Wie unterscheiden sich die Vorstellungen von Heimat von Land zu Land, von Stadt zu Stadt, von Mensch zu Mensch? Die Suche beginnt in Österreich. Für Wladimir Kaminer ist Österreich ein kleines Land mit großer Geschichte. Die Schnitzel müssen groß sein, statt Kaffee bestellt man einen „Verlängerten“: natürlich lauter Klischees.
    Wladimir Kaminer begibt sich auf die Suche nach den wahren Heimatgedanken der Österreicher. Für die einen ist und bleibt Heimat das österreichische „Sound of Music“-Berg-Idyll mit Trachten und Tradition. Andere finden sie im säuerlichen Geschmack von Obstsorten wie Mispeln oder in schwarzhumoriger Wiener Popkultur. Wenn Österreichs selbst ernannter „Volks-Rock-’n’-Roller“ Andreas Gabalier zum Konzert ruft, schlüpfen bis zu 75 000 Menschen in Dirndl und Lederhosen. Die Sehnsucht nach der „heilen Welt“ wird von ihm perfekt inszeniert und vermarktet.
    Anders im oberösterreichischen Hallstatt. Dort erfährt Wladimir Kaminer die bröckelnde Fassade der Postkartenidylle „als unwahr, wie in einem Märchen“. Seit Hallstatt in China nachgebaut wurde, tummeln sich bis zu eine Million Tagesgäste pro Jahr in der kleinen Gemeinde mit 700 Einwohnern. Die Hallstätter Wirtin Verena Lobisser fühlt sich zwar noch heimisch, doch auch ihr ist der Trubel zu viel. Für Köchin Haya Molcho geht die Heimat, ganz klar, durch den Magen. Am Wiener Naschmarkt hat sie nach zahlreichen kulinarischen Reisen ihre ganz persönliche Heimat gefunden: „Es ist bunt hier.
    Ich habe die ganze Welt hier. Das ist für mich Heimatgefühl!“ Kaminer bereist mit ihr dort die Vielfalt des Geschmacks von Orient und Okzident. Schattige Idylle und sonnige Skurrilität. Karikaturist Gerhard Haderer illustriert Österreichs Seele mit spitzer Feder: „Man kritisiert halt alles, was man liebt. Alles andere kann man ja ignorieren oder ablehnen. Aber ich persönlich verwende ja den Begriff ‚Heimat‘ für mich nicht. In Österreich ist dieser Begriff schon mehrmals missbraucht worden, das darf man nicht vergessen.“ Um die politische Debatte des Heimatbegriffs kommt Wladimir Kaminer auch mit der Bloggerin Christl Clear nicht herum, die das Internet als ihre „virtuelle Heimat“ betrachtet.
    Man kann demnach auch mehrere Heimaten haben – so wie die digital-österreichische Christl, die sich nicht nur durch ihren Geburtsort, sondern erst durch die „richtige Mischung aus Charme und Grant“ als Wienerin definiert. Die Dokumentation von Constanze Grießler und Franziska Mayr-Keber zeigt: Heimat kann man sehen, schmecken, riechen, hören und fühlen. Aber für die meisten braucht es für das wahre Heimatgefühl dann doch eher den sechsten Sinn. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereMi 21.08.20193satDeutsche Online-PremiereMo 19.08.20193sat-Mediathek
  • Folge 3
    Die Schweizer – ein jodelndes Alpenvölkchen mit versteckten Bankkonten, denkt sich Wladimir Kaminer. Doch wer fühlt sich abseits dieser Klischees in der Schweiz wirklich heimisch? Eine etwas schräge Annäherung an das kleinste 3sat-Land. Wladimir Kaminers Reise beginnt nicht in der Schweiz, sondern in seiner Wahlheimat Berlin. Die dort wohnhafte Schweizer Schauspielerin Ursina Lardi gibt ihm einen Crashkurs in den vier Landessprachen. Wladimir fühlt sich gut gewappnet und besucht als Erstes den berühmtesten und zugleich schweigsamsten aller Schweizer: den Emmentaler-Käse.
    In dessen Heimatregion, dem Emmental, tüftelt der Hobby-Käser Beat Wampfler an nichts Geringerem als an einer Innovation des Käsemachens. Er beschallt Käse mit Musik und erzielt damit erstaunliche Resultate. Wladimir schnappt sich ein Stück Hip-Hop-Käse und besucht anschließend den Schweizer Rapper Marash Pulaj. Seit seiner Jugend rappt Marash über seine Identität als Secondo und über seine Eltern, die wegen der Jugoslawienkriege in die Schweiz flüchteten und hier eine neue Heimat suchen mussten.
    In der Schweiz eine neue Heimat gefunden, das hat die gebürtige Kenianerin Yvonne Apyio Brändle-Amolo. Ausgerechnet in Appenzell-Innerrhoden, einem der konservativsten Kantone der Schweiz, lernte sie jodeln und fand Freunde. Heute kämpft die Politikerin und Künstlerin gegen Rassismus und Vorurteile. Schweizer Folklore liebt sie noch immer, und so nimmt sie Kaminer mit an ein Schwingfest. Schwingen, das ist eine etwas archaische Art des Ringens und Schweizer Nationalsport.
    Stämmige Männer und Frauen versuchen, sich in Sägemehlkreisen auf den Rücken zu legen. Von Sonia Kälin, der vierfachen Schwingerkönigin, lässt sich Wladimir das Schwingen demonstrieren, bevor er selbst in den Ring steigen muss – Muskelkater garantiert. Im traditionsreichen und berüchtigten „Café Odeon“ in Zürich, wo einst die intellektuelle Elite Europas verkehrte, trifft Kaminer außerdem den Journalisten und ehemaligen „ZEIT“-Chefredakteur Roger de Weck. Die Schweiz, ein so modernes und zugleich so traditionelles Land, was hält sie eigentlich zusammen? Zum Schluss kann Wladimir noch seine in Berlin erworbenen Fremdsprachenkenntnisse unter Beweis stellen.
    Die Olivenbäuerin Claudia Knapp lädt ihn ins hinterste Tal des Engadins auf ein Abendessen ein. Am Tisch sitzen Gäste aus allen Sprachregionen. Es wird wild durcheinandergeredet, getrunken und gelacht, und Wladimir Kaminer kommt zu einer überraschenden Erkenntnis. Was ist Heimat? Längst wird sie nicht mehr mit Spießigkeit verbunden, sondern mit dem Wunsch nach Zugehörigkeit (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereMi 21.08.20193satDeutsche Online-PremiereMo 19.08.20193sat-Mediathek
  • Folge 4
    Wie kaum ein Zweiter beobachtet, hinterfragt, persifliert Wladimir Kaminer die Deutschen. Als Einwanderer genießt er Narrenfreiheit und betrachtet Land und Leute aus der Vogelperspektive. Auf Rügen trifft Kaminer eine der wenigen Bernsteinfischerinnen Deutschlands und spricht mit ihr über die Heimat Meer. In Bamberg lauscht Kaminer den Musikern von Kellerkommando und Boxgalopp, die mit ihren traditionellen Instrumenten moderne Volksmusik machen. Damit begeistern sie vor allem ein junges Publikum. Mitten im Ruhrgebiet begleitet er Hochzeitsplanerin Tülay Koca, die türkische Hochzeiten veranstaltet. Und im Geiseltal besucht Kaminer einen Winzer, der auf einer ehemaligen Abraumhalde einen Weinberg gepflanzt und aus der verschwundenen Heimat eine neue geformt hat.
    Mit Waldläufer Ben unternimmt Kaminer in Baden-Baden eine Survival-Tour durch dessen Heimat, den Schwarzwald. Schließlich fliegt er noch nach London und trifft, kurz vor dem Brexit, eine deutsche Familie, die vor 25 Jahren auswanderte und jetzt, fern der deutschen Heimat, mit typisch deutschen Klischees ihr Geld verdient: mit Bratwurst, Sauerkraut und Weißbier. Auf der Suche nach der deutschen Heimat stellt Kaminer fest: Mit klassischen Klischees hat Deutschland heute wenig zu tun. Tradition und Bräuche sind wichtig, aber immer im Wandel. Und Heimat am Ende ein Gefühl, das verbindet. Was ist Heimat? Längst wird sie nicht mehr mit Spießigkeit verbunden, sondern mit dem Wunsch nach Zugehörigkeit. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereMi 21.08.20193satDeutsche Online-PremiereMo 19.08.20193sat-Mediathek
  • Folge 5
    Berlins „Broadway“ liegt an der Friedrichstraße: Der legendäre Friedrichstadt-Palast, das größte Revuetheater Europas, feierte 2019 seine 100-jährige Bühnengeschichte. Der Schriftsteller Wladimir Kaminer besuchte den Palast das erste Mal 1984 als junger Student. Jetzt ist er wieder hier, „Inside: Friedrichstadt-Palast“, auf gründlicher Entdeckungstour. Sechs Monate lang schaut er sich hinter den Kulissen des Theaters um. Am 29. November 1919 eröffnete der Theaterimpresario Max Reinhardt das „Große Schauspielhaus“. Damit begann die wechselvolle Geschichte des 1947 in „Friedrichstadt-Palast“ umbenannten Hauses als eines der meistbesuchten Theater der Republik.
    Und das durch alle zeitgeschichtlichen Phasen Deutschlands: durch die 1920er-Jahre im Swinging Berlin, als Theater des Volkes im Zweiten Weltkrieg, als Gute-Laune-Fabrik der DDR und nach dem Mauerfall durch die schwierige Postwende-Zeit bis heute. Der Friedrichstadt-Palast ist ein Haus der Superlative: Er beherbergt die weltgrößte Theaterbühne, ausgestattet mit unzähligen technischen Finessen. Mehr als 100 Künstler spielen allabendlich die Show – vor fast 2000 Gästen.
    „Wie ein Flug zum Mars“, das ist Wladimir Kaminers erster Eindruck von der aktuellen Inszenierung „Vivid“. Die Show ist ein gigantischer Farbenrausch: Modernste Technik sorgt beim Publikum für Wow-Effekte, spektakuläre Kostüme und Hutkreationen, atemberaubende Show-Acts faszinieren Abend für Abend das Publikum. 500 Vorstellungen sind geplant, die Produktion hat zwölf Millionen Euro gekostet und läuft über zwei Jahre. Im Anschluss feiert gleich die nächste Show Premiere. Wladimir Kaminer begleitet die junge Musical-Darstellerin Jaqueline Reinhold, die sich eine Hauptrolle in „Vivid“ erobert hat, bei ihren ersten Schritten auf der Bühne, bei den Proben und schließlich bei ihrer Bühnenpremiere.
    Mit dem Engagement ist für sie ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen: „Ich habe mein Leben lang dafür gearbeitet, ich habe immer Unterricht genommen, immer dafür gekämpft – und dann zahlt sich das am Ende auch aus.“ Mit dem Intendanten Dr. Berndt Schmidt spricht Wladimir Kaminer über die bewegte Geschichte des Hauses – und darüber, wie er die Zukunft sieht: „Alles, was wir machen, wird bewusst oder unbewusst im Kontext dieser Geschichte gesehen.
    Und wir sind ja eigentlich ‚the last man standing‘, der letzte Mohikaner aus den 1920er-Jahren“, so Schmidt. Wladimir Kaminer besucht die dienstälteste Mitarbeiterin des Friedrichstadt-Palasts zu Hause: Helga Molling war fast 55 Jahre lang am Friedrichstadt-Palast tätig, 20 davon als Tänzerin, bis 1980: „Das war eine wunderschöne Zeit, wir waren sozusagen das Aushängeschild der DDR und auf drei Jahre im Voraus ausverkauft. Das kann sich heute keiner mehr vorstellen, das war schon etwas ganz Besonderes.“ Beim Tischtennismatch unterhält er sich mit Kreativdirektor Oliver Hoppmann über die Herausforderung, alle zwei Jahre eine neue Show auf die Bühne zu bringen – und sich dabei jedes Mal wieder selbst zu übertreffen.
    „Wir gehen von einer Art kreativen Anarchie in eine Ordnung und dann in eine Lebendigkeit. Denn am Ende soll der Zuschauer ja denken, es ist fast improvisiert, authentisch, real. Wir wollen ihn mitnehmen auf eine Reise in eine fremde Welt.“ Nachts, nach Ende der Show, proben die Akrobaten von Navas Troupe in ihren achteinhalb Meter hohen, rotierenden Stahlrädern, auf denen sie Seilspringen und Salti darbieten.
    Wladimir Kaminer darf selbst ins Laufrad. „Das ist Adrenalin pur, das tollste Gefühl der Welt, wenn das Publikum den Atem anhält, begeistert klatscht. Das genieße ich seit 18 Jahren, seitdem ich als Artist arbeite“, erzählt ihm Ray Navas. So entdeckt Wladimir Kaminer von Besuch zu Besuch, von Gewerk zu Gewerk, das geheime Leben hinter der Bühne des legendären Revuetheaters kennen. „Kaminer Inside: Friedrichstadt-Palast“ ist eine spannende und unterhaltsame Entdeckungsreise, die den Zuschauer in Räume blicken lässt, die ihm sonst verborgen bleiben. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 30.11.20193sat
  • Folge 6
    Wladimir Kaminer unternimmt eine Reise durch die drei 3sat-Länder Deutschland, Schweiz, Österreich – nach Oberammergau, Montreux und Semmering. Doch 2020 ist ein Kultursommer mit Hindernissen. Die Passionsspiele in Oberammergau werden wegen Corona verschoben, das Jazzfestival in Montreux fällt aus, am Semmering findet der Kultursommer unter besonderen Bedingungen statt. Wird der Sommer 2020 als verlorener Kultursommer in die Geschichte eingehen? Aufgrund der Corona-Krise fallen im Sommer 2020 die meisten Festspiele, Volksfeste, Konzerte aus.
    Was geschieht an den Orten, die sonst Jahr für Jahr Austragungsort prestigeträchtiger Kulturveranstaltungen sind und von Besuchermassen überrollt werden? Wie ist die Stimmung vor Ort? Und wo und vor allem wie geht es langsam wieder los? Wladimir Kaminer erlebt auf seiner Reise, vor welche Herausforderungen die Corona-Pandemie die Verantwortlichen und die Bewohner stellt. Er trifft Veranstalter, Künstler und Anhänger, um herauszufinden: Was bedeutet der Sommer ohne Festspiele, wie gehen die Betroffenen damit um, und wie schauen sie in die Zukunft?
    In der fast 400-jährigen Geschichte wurden die Passionsspiele in Oberammergau bislang nur 1940 abgesagt – und einmal verschoben: vor genau 100 Jahren, 1920, wegen der Millionen Toten, die der Erste Weltkrieg und die Spanische Grippe gefordert hatten. Und jetzt Corona. Wladimir Kaminer trifft Christian Stückl, der die Festspiele schon zum vierten Mal leitet. Die Proben hatten schon vor einem Jahr begonnen. Nur wer seit mindestens 20 Jahren in Oberammergau lebt, darf mitspielen: Mit fast 2500 Bewohnern sind so viele an der aktuellen Produktion beteiligt wie nie zuvor.
    Die Absage hat Stückl emotional enorm mitgenommen, aber zuversichtlich ist er trotzdem: „Wir machen unsere Passion.“ Kaminer erfährt von Frederick Mayet, der nach 2010 zum zweiten Mal den Jesus darstellen sollte, dass „die Absage ein Schock für das ganze Dorf ist, so von hundert auf null runterzufahren. Aber wenigstens wissen wir, dass es weitergeht, und können uns jetzt auf die ‚Passion 2022‘ freuen.“ Oberammergau lebt mit und von den Spielen: Hotels, Gaststätten, Souvenirläden und viele weitere Betriebe sind finanziell von der „Passion“ abhängig, 37 Millionen Euro hat die Gemeinde 2010 durch die Passion verdient.
    Und jetzt? Null. Hotelier Anton Preissinger hatte gerade Mitarbeiter eingestellt für den Sommer, die Zimmer aufwendig renoviert. Außerdem sollte er als Pilatus mit seinem Sohn Anton jr. gemeinsam auf der Bühne stehen. „Die ‚Passion‘ ist schon ein Fixpunkt hier, um den sich vieles dreht. Unser Hotel ist seit dem 19. Jahrhundert in Familienhand, wir werden das überleben.
    Aber das ist natürlich eine Katastrophe, ausgerechnet im Passionsjahr. Wenigstens haben wir die Chance auf ein Ausnahmejahr in zwei Jahren.“Es ist der erste Sommer seit 53 Jahren, dass das legendäre Jazzfestival in Montreux nicht stattfindet. Fast alle Größen des Jazz, aber auch aus Rock und Pop haben hier gespielt: Charles Lloyd, Keith Jarrett, Nina Simone, Ella Fitzgerald, Count Basie, Marvin Gaye, Al Jarreau und David Bowie. Seit 2013 gehört das Musikarchiv des Festivals zum UNESCO-Weltdokumentenerbe: Jeder Ton, der hier je gejammt wurde, wurde aufgezeichnet.
    Wladimir Kaminer trifft Festivaldirektor Mathieu Jaton und spricht mit ihm über die Zukunft der Musik- und Veranstaltungsbranche: „Aus Krisen entstehen auch immer neue Impulse. Wir sind ein sehr berühmtes Festival, aber eigentlich sehr klein. Wir haben so die Chance, zurück zu unseren Wurzeln zu kehren.“ Der 37-jährige Lucien Müller ist hier aufgewachsen. Mit ihm pilgert Kaminer zu den fast schon mystischen Orten der Stadt, wie den Mountain-Studios, dem Casino, dem „Montreux Jazz Café“ und dem „Fairmont Le Montreux Palace“.
    „Ich habe noch nie einen Sommer ohne Festival erlebt, aber das musikalische Herz der Stadt schlägt weiter. Alles hier atmet Geschichte.“ Im Haus des verstorbenen Festivalgründers Claude Nobs (1936–2013) erfährt Kaminer eine besondere Ehre: Im exklusiven Vorführraum, da, wo schon viele Stars in den First-Class-Sesseln saßen, darf er Prince, David Bowie und andere Festival-Highlights noch einmal hautnah erleben.Seine Reise führt Wladimir Kaminer weiter nach Österreich, auf den Semmering, ins mondäne „Südbahnhotel“.
    Im ehemaligen Grandhotel auf 1000 Metern Seehöhe traf sich einst die feine Wiener Gesellschaft, Adel und Intellektuelle, zur Sommerfrische. Hier trifft Kaminer den politisch engagierten Pianisten Florian Krumpöck, der seit 2015 als Intendant des „Kultur.Sommer.Semmering“ fungiert. „Kunst lebt von Interaktion. Daran gehen die vielen Online-Konzerte der letzten Zeit völlig vorbei.“ Stattdessen will Krumpöck „die Fahne der Kultur hochhalten“.Der „Kultur.Sommer.Semmering“ ist ein kleines Festival mit insgesamt rund 10 000 Besuchern, das mit namhaften Künstlern aufwartet.
    In den weitläufigen Räumlichkeiten des „Südbahnhotel“ hat der Veranstalter alle Möglichkeiten, mit einem umfangreichen Sicherheitskonzept dem Virus zu trotzen. Kaminer besucht die „Pilgerreise zu Beethoven“ mit Intendant Krumpöck und dem Ausnahme-Schauspieler Fritz Karl – eine einmalige Gelegenheit im Beethovenjahr, das ansonsten vielerorts ins Corona-Wasser fiel. Mit Schauspielerin Gerti Drassl spricht Kaminer außerdem über die Folgen der Corona-Krise und wie es weitergehen wird mit der Kultur. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 29.08.20203sat
  • Folge 7
    Die Spanische Hofreitschule in Wien ist ein kulturelles Juwel Österreichs. Seit über 450 Jahren wird hier die Hohe Schule der klassischen Reitkunst in absoluter Perfektion gepflegt. Das weiße Ballett, 70 prachtvolle weiße Lipizzanerhengste, residiert mitten in der Stadt. Ihre Bühne ist der schönste Reitsaal der Welt. Der Schriftsteller Wladimir Kaminer geht hinter den Kulissen dieser einmaligen Kulturinstitution auf eine spannende Entdeckungstour. Mehr als 300 000 Besucher bewundern jedes Jahr die Künste der Hochleistungspferde in der barocken Winterreithalle im Michaelertrakt der Wiener Hofburg, erbaut unter Karl dem VI.
    im 18. Jahrhundert. Es ist ein fast mystischer Ort, der scheint, als sei er aus der Zeit gefallen. Tradition steht über allem an der Spanischen Hofreitschule: Von der Uniform bis zur Ausbildung, alles ist genau festgelegt und geregelt. Wladimir Kaminer erhält exklusive Einblicke in die Abläufe an der „Spanischen“, wie die Wiener zu sagen pflegen. Er ist unter anderem bei den ersten Sprungversuchen einer jungen Bereiteranwärterin – also einer Auszubildenden – dabei, trifft Gestütsleiter und Zuchtmeister, Oberbereiter und die Direktorin der Schule.
    Außerdem besucht er auch den Hutmacher, der die berühmten Zweispitze fertigt – genau so wie vor 200 Jahren. Die Hohe Schule der Reitkunst, das ist Pferdedressur im höchsten Schwierigkeitsgrad. Die Tiere vollbringen die Übungen mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit. Unmerklich für den Zuschauer, auf Schenkeldruck, lassen die Bereiter ihr Pferd zu unglaublichen Sprüngen ansetzen. Die Wurzeln des klassischen Renaissanceprogramms reichen bis in die griechische Antike zurück.
    Seit 2016 gehört die Klassische Reitkunst der Spanischen Hofreitschule zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Hinter dem ganzen Glanz steckt harte Arbeit. Die Ausbildung ist anspruchsvoll, langwierig und streng hierarchisch, für die Pferde wie die Menschen. Rund acht bis zehn Jahre dauert die reiterliche Ausbildung vom Eleven zum Bereiter, die der Pferde meist sogar noch länger, nämlich mindestens zehn Jahre. Vor vier Wochen wurde Elevin Paula Behrens zur sogenannten Bereiteranwärterin ernannt, ein großer Erfolg, denn rund 80 Prozent der Eleven scheitern auf ihrem Weg.
    Paula Behrens reitet seit ihrem siebten Lebensjahr, und trotzdem verbringt sie jetzt mindestens zwei Jahre an der Spanischen allein damit, den perfekten Sitz zu trainieren. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Ausbildung eines Junghengstes. Nur wenn sie es schafft, ihn für die Vorführungen zu schulen, kann sie selbst Bereiterin werden. Das Wissen um die Hohe Schule der klassischen Reitkunst wird bis heute ausschließlich mündlich weitergegeben, von Generation zu Generation.
    Paulas Ausbilder Herbert Seiberl reitet schon seit 30 Jahren an der Spanischen, seit einem Jahr ist er Oberbereiter. Immer und immer wieder werden dieselben Bewegungsabläufe trainiert, bis zur Perfektion. Fast alle Bereiter besitzen auch noch ihre eigenen Pferde. Nach der Arbeit an der Spanischen fährt er nach Hause in seinen Stall. „Mein Beruf ist meine große Leidenschaft. Ein Leben ohne Pferde ist für mich nicht vorstellbar, schon seit Kindesbeinen ist das das Einzige, was ich immer wollte“, sagt Seiberl.
    Erst seit 2008 sind Frauen überhaupt zugelassen an der Spanischen Hofreitschule, 2016 wurde die erste Frau zur Bereiterin ernannt. Seit einem Jahr leitet Sonja Klima die Geschicke der altehrwürdigen Institution: „Traditionen sind wichtig und sollen auch beibehalten werden, aber diese Traditionen sollen auch in das nächste Jahrhundert geführt werden. Darum ist es sehr, sehr wichtig, dass hier auch Frauen Bereiterin werden dürfen oder Elevin, und das ist auch ein Schritt in die Zukunft.“ Wladimir Kaminer reist auch in die Kinderstube der Lipizzaner – nach Piber in der Steiermark, zum Gestüt der Spanischen Hofreitschule.
    Gestütsleiter Erwin Movia führt ihn herum, zeigt ihm, wie die Pferde aufwachsen und trainieren – und weiht ihn ein in die Geheimnisse der Zucht. Die Lipizzaner bilden die älteste Kulturpferderasse der Welt und gelten als besonders lernwillig, intelligent und sensibel. 1580 ließ der österreichische Erzherzog Karl II. spanische Hengste mit dort heimischen schweren Karststuten anpaaren, damals noch im slowenischen Lipiza, daher stammt auch ihr Name.
    Über Jahrhunderte wurden sie züchterisch optimiert, bis heute. Noch immer werden die Zuchtbücher handschriftlich geführt, das älteste stammt aus dem Jahr 1729. Besonders herausragende Deckhengste werden regelmäßig aus Wien zurück nach Piber gebracht, um die Zucht weiter zu perfektionieren. Nur die talentiertesten Junghengste gehen dann zur Ausbildung nach Wien. Erwin Movia hat sein ganzes Leben den Lipizzanern verschrieben: „Wenn Du ihnen in die Augen schaust, kannst du in ihre Seele blicken“, meint er. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 10.10.20203sat
  • Folge 8 (40 Min.)
    Ein Schloss wie aus einem Traum: Auf einen zerklüfteten Felsen in 1000 Metern Höhe gebaut, gilt Neuschwanstein als berühmtestes Märchenschloss der Welt. Der Schriftsteller Wladimir Kaminer besucht Schloss Neuschwanstein und wandelt auf den Spuren seines Bauherrn, König Ludwig II. von Bayern. Aufgrund der Coronapandemie war das Schloss lange geschlossen – eine einmalige Gelegenheit für Kaminer, es zu erkunden. Der „Kini“ ließ seine idealisierte Vorstellung einer alten deutschen Ritterburg ab 1869 errichten.
    In der Abgeschiedenheit der Bergwelt plante er, den Werken seines Freundes und Idols Richard Wagner den idealen Raum zu geben. Die Bühnenbilder zu den Opern des Komponisten und die Wartburg waren seine Inspirationsquellen. Doch bei aller Romantik wollte Ludwig II. nicht auf den Komfort verzichten, den seine Zeit bereits zu bieten hatte. So ist Neuschwanstein hinter den Kulissen mit für das 19. Jahrhundert modernster Technik ausgestattet: einer Zentralheizung, einem Telefon und einer Toilette mit automatischer Wasserspülung.
    Aufgrund der Coronapandemie war Neuschwanstein monatelang geschlossen – eine einmalige Gelegenheit für Kaminer, das Schloss so zu erleben, wie es sich Ludwig II. gewünscht hatte: als Rückzugsort, vollkommen allein, ohne die Tausenden Besucherinnen und Besucher, die normalerweise durch die Gänge strömen. Denn Neuschwanstein gehört zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der Welt, jedes Jahr pilgern 1,5 Millionen Gäste ins beschauliche Schwangau, um Ludwigs Märchenbau live zu erleben. Das hat Spuren hinterlassen: Touristinnen und Touristen tragen Staub und Schmutz in das Schloss. Außerdem bringen sie mit der Atemluft, ihrem Schweiß und mit regennasser Kleidung viel Feuchtigkeit hinein.
    Die Folge: Textilien schimmeln, die Wandfarben verblassen, das Parkett ist kaputt. Für mehr als 20 Millionen Euro wird Neuschwanstein jetzt erstmals seit 130 Jahren restauriert. Ein Mammutprojekt: 93 Räume und mehr als 2300 Einzelobjekte, Gemälde, Möbel, Textilien, Fenster, Türen und Wände werden aufgearbeitet. Wladimir Kaminer lässt sich die nötigen Restaurationsarbeiten erklären, erkundigt das Allerheiligste des Königs, begegnet hingebungsvollen Fans des Monarchen und begibt sich auf die Spuren von dessen rätselhaftem Tod. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 28.08.20213sat
  • Folge 9 (40 Min.)
    Der Schriftsteller Wladimir Kaminer und der Sänger Heino im Gespräch über deutsches Liedgut.
    Gibt es den typischen Klang eines Landes? Die musikalische Seele der Nation? Wladimir Kaminer reist durch Deutschland und befragt Musiker aus Klassik, Pop und Rock: Wie klingt Deutschland? „Musik ist mein Leben“, meint der russisch-deutsche Schriftsteller Wladimir Kaminer. „Musik erzählt Geschichten. Und Musik ist ein Spiegel der Gesellschaft.“ Wie sich Geschichte, Seele und Wirklichkeit in Deutschland musikalisch ausdrücken, interessiert Kaminer. Auf der Suche nach dem Klang Deutschlands trifft Wladimir Kaminer den Sänger der erfolgreichsten Band des Landes: Klaus Meine von den Scorpions.
    Über 110 Millionen Tonträger haben die Scorpions im Laufe ihrer mehr als 50 Jahre umfassenden Karriere verkauft. Sie haben internationale Rockgeschichte geschrieben. Und deutsche: Bis heute ist der von Klaus Meine verfasste Song „Wind of Change“ so etwas wie die inoffizielle Hymne der deutschen Wiedervereinigung. Wladimir Kaminer besucht einen der größten Popstars des Landes in seinem Berliner Studio: Mark Forster. Anders als die Scorpions singt Mark Forster vom Beginn seiner Karriere an auf Deutsch: Kaminer spricht mit ihm über die Rolle von Sprache und warum deutschsprachige Musik, von Schlager bis Hip-Hop so boomt wie nie zuvor.
    Oder klingt Deutschland, als Heimat der großen Komponistinnen und Komponisten, nicht doch eher klassisch? Deutschland ist ein Land der großen Orgeln und Orgelbauerdynastien. Wladimir Kaminer lauscht in der Hamburger Elbphilharmonie einem nächtlichen Privatkonzert der Organistin Iveta Apkalna. Sie probt nachts, sobald die Besucherinnen und Besucher den berühmten großen Saal verlassen haben, denn hier thront ihr Instrument: die 15 mal 15 Meter große Orgel, eine der modernsten der Welt.
    Die Orgel gilt als Königin der Instrumente – und als ein urdeutsches noch dazu. Keiner prägte die Volksmusik so sehr wie er: Mit seinen Liedern von heiler Welt und Heimatidyll wurde Heino in den 1960er-Jahren zum Superstar der Volksmusik. Bis heute hat er mehr als 50 Millionen Tonträger verkauft und mehr als 200 Alben veröffentlicht. Mit Sonnenbrille und hellblonden Haaren machte er sich selbst unverwechselbar und einzigartig – angeblich kennen ihn sage und schreibe 97 Prozent der Deutschen. Dabei löst der Begriff Heimatmusik hierzulande bis heute widersprüchliche Reaktionen aus und wird oft gleichgesetzt mit Hurrapatriotismus und Deutschtümelei, nicht zuletzt aufgrund der Vereinnahmung der Volkslieder durch die Nationalsozialisten.
    Auf einem ausgiebigen Waldspaziergang tauschen sich Wladimir Kaminer und Heino aus. Der Sound der Jugend ist der Hip-Hop, und vor allem deutschsprachiger Hip-Hop, nicht amerikanischer oder französischer. Seit ein paar Jahren feiert sogenannter Mundart-Rap riesige Erfolge. Das Duo Dicht und Ergreifend macht bayerischen Hip-Hop, niederbayerischen genauer gesagt, und füllt damit die Konzertsäle.
    In Regensburg besucht Wladimir Kaminer das Abschlusskonzert ihrer Tour. Etwa 14 Millionen Deutsche musizieren in ihrer Freizeit, singen im Chor oder spielen Instrumente. In Zinnowitz auf Usedom besucht Kaminer ein Konzert der UHUS – der Unter-Hundertjährigen – einem Posaunenchor unter der Leitung von Martin Huss, dem Landesposaunenwart Mecklenburg-Vorpommerns. Was es mit seinem Job auf sich hat und wie deutsch die Posaune ist, darüber spricht Kaminer mit dem in Argentinien geborenen Huss. Singen verbindet.
    Und Singen macht glücklich. Wenn die Profimusikerin Katrin Höpker zum Gesang bittet, kommen die Menschen in Scharen und schmettern unter ihrer Anleitung Klassiker aus allen Jahrzehnten. Wladimir Kaminer ist ihr einziger Gast – singt aber umso lauter und will wissen, wie wichtig Musik für ein Gemeinschafts- oder gar Zugehörigkeitsgefühl ist. Gibt es so etwas wie das kollektive Musikgedächtnis einer Nation? Und gibt es das wirklich, den Klang eines Landes? Wie entsteht und wie wirkt er? Wladimir Kaminer unterwegs in der Republik: eine spannende musikalische Reise auf der Suche nach dem „Sound of Germany“. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 22.01.20223sat
  • Folge 10
    Wladimir Kaminer bereist die Schweiz mit öffentlichen Verkehrsmitteln und trifft sich mit Musikern. Auf seiner Suche lernt er die sprachliche und klangliche Vielfalt des Landes kennen. Wie klingt die Schweiz? Nach Kuhglocken und Alphörnern? Und nach dem metallenen Klacken von Goldbarren, die sich stapeln? Mag sein, dass diese Klischees zutreffen. Wladimir Kaminer will es genau wissen und macht sich auf, den Klang der Schweiz zu entdecken. Dabei merkt der Erfolgsautor schnell, dass das kleinste 3sat-Land mehr zu bieten hat als die herkömmlichen Klischees. Ja, das Gebimmel von Kuhglocken gibt es durchaus, und auch ein Alphorn kommt vor. Dieses aber interpretiert Eliana Burki ganz neu: Sie fügt dem archaischen Klang des traditionellsten aller Schweizer Instrumente jazzige Elemente zu und experimentiert mit Popmusik.
    Kaminer trifft Burki, die mit ihrem Alphorn auf der ganzen Welt unterwegs ist, auf dem Weissenstein bei Solothurn. In Zürich trifft Wladimir Kaminer den kongenialen „Individual-Anarchisten“, so die Selbstbezeichnung, Dieter Meier. Der Konzeptkünstler machte als Stimme des Elektropop-Duos „Yello“ Weltkarriere. Doch der Tausendsassa mit fünf Wohnsitzen ist noch viel, viel mehr. Auf seiner Suche stellt Wladimir fest, dass der Klang der Schweiz mehrsprachig ist. In Lausanne besucht er Andres Andrekson, der unter dem Namen „Stress“ als Rapper erfolgreich ist.
    Im östlichen Bergkanton Graubünden trifft er zwei rätoromanische Künstler*innen: den Dirigenten Clau Scherrer und die Multiinstrumentalistin Corin Curschellas, die beide die rätoromanische Kultur in die Zukunft führen. In Appenzell schließlich lernt Wladimir Kaminer von Josef Rempfler, wie die urtümliche Schweiz klingt. Der Sohn eines Bauern schwingt eine Münze in einer Schüssel und entlockt dieser romantische, reine Naturtöne. Ob dies Wladimir auch gelingt? Am Schluss seiner Reise durch die Schweiz kürt Wladimir aus der klanglichen Vielfalt seinen ganz persönlichen Favoriten. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 22.01.20223sat
  • Folge 11
    Autor Wladimir Kaminer tourt durch die Klänge Österreichs, trifft dabei auf Weltstars wie Wanda, auf Nachwuchstalente der Rap-Szene und spielt mit den Wiener Sängerknaben Fußball. Mit seiner ihm typischen deutsch-russischen Vogelperspektive führt Wladimir Kaminer durch die Dokumentation und geht der Frage nach: Wie klingt das kleine Land Österreich mit seiner großen Musiktradition wirklich? Beschwingt, heiter, melancholisch – diese Mischung findet Kaminer in den Wiener Weinbergen. Dort trifft er auf das Schrammelquartett „Neue Wiener Concert Schrammeln“ und die Sängerin Tini Kainrath. Sie pflegen den Wiener Klang der Monarchie, Tänze, Märsche und das Wienerlied.
    „Damals sind viele östliche Einflüsse nach Wien gekommen. In Ungarn und Tschechien gibt es sehr viele Moll-Tonarten in der Volksmusik, und das prägt die Wiener Volksmusik bis heute“, erfährt Kaminer bei einem Gläschen Wein. Heute diese Tradition zu pflegen ist für Tini Kainrath ein politischer Akt: „Das Wienerlied galt in meiner Familie als reaktionär und rechtes Gedankengut. Es war verpönt! Doch ich finde, man darf Traditionen nicht einfach einer politischen Gesinnung überlassen.“ Über den Dächern von Wien, auf der 54 Meter hohen „Michaelerkuppel“ der Wiener Hofburg, trifft der „Russendisko“-Autor auf Marco Wanda, den derzeit erfolgreichsten österreichischen Rock-Export.
    Die Texte, die er in ausverkauften Hallen singt, sind zwar deutsch, doch die Sprache der Musik ist universell. Trotzdem spielt die Stadt Wien eine wichtige Rolle beim Selbstverständnis der Band: „Wien ist in unseren Texten eine ‚Bühne ohne Eigenschaften‘, auf der sich Dramen entfalten. Wien als Stadt ist so mächtig besetzt, dass es völlig reicht, wenn du Wien singst – du brauchst nur das Wort ‚Wien‘ singen, und jeder hat ein Bild … du musst es nicht ausformulieren.“ Beflügelnd und andächtig hingegen klingt der Gregorianische Choral im Stift Heiligenkreuz.
    Man nennt ihn auch den „Gesang der Engel“. Die Zisterziensermönche pflegen die Tradition des gesungenen lateinischen Gebets seit 900 Jahren. Überraschend stürmten sie 2008 die internationalen Charts, überholten sogar DJ Ötzi. „Wir leben in einer Welt, die sehr schnelllebig und manchmal oberflächlich geworden ist. Was auf der CD zu hören ist, ist echt, das ist Leben, das ist authentisch – und das ist das, was die Menschen heute suchen“, meint Pater Johannes Paul Chavanne und schickt Wladimir Kaminer zur Chorprobe. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 22.01.20223sat
  • Folge 12
    Seit 1634 finden alle zehn Jahre die Passionsspiele in Oberammergau statt. 2020 mussten sie wegen der Pandemie verschoben werden. Umso größer ist die Freude über die 42. Passion jetzt.
    Wladimir Kaminer hat die Proben begleitet und fiebert mit, wenn ein ganzes Dorf Kopf steht: „Es ist einzigartig zu erleben, wie identitätsstiftend die Passionsspiele wirken, gerade in Zeiten wie diesen, und wie Kultur die Menschen vereint.“
    Dankbar darüber, dass die todbringende Pest endlich abgezogen war, schwor das kleine Dorf Oberammergau, alle zehn Jahre das Leiden, Sterben und die Auferstehung Christi aufzuführen. Und sie haben ihren Schwur gehalten: Längst ist aus den dörflichen Passionsspielen ein kulturelles und spirituelles Großereignis geworden. Auf der größten überdachten Freilichtbühne der Welt stellen fast 1000 Schauspielerinnen und Schauspieler, Statistinnen und Statisten die letzten fünf Lebenstage von Jesu Christi nach.
    Die „Passion“, wie die Einwohner sagen, bestimmt den Lebensrhythmus im Dorf. Gut ein Drittel der Bewohner des 5000-Seelen-Örtchens ist an der Produktion beteiligt, darunter auch 450 Kinder. Das Spielrecht ist streng: Mitmachen dürfen ausschließlich gebürtige Oberammergauerinnen und Oberammergauer, „Zugereiste“ hingegen nur, wenn sie seit mindestens 20 Jahren im Ort leben. 103 Vorstellungen bringen sie auf die Bühne, und das über fünf lange Monate.
    Schon zum vierten Mal leitet Christian Stückl die Festspiele: Aschermittwoch 2021 verkündete er bereits den Haar- und Barterlass, seitdem wurde kein Haar mehr geschnitten, kein Bart mehr rasiert in Oberammergau. So sollen die Darsteller ihr biblisches Aussehen bekommen für die Spiele.
    Für jede Inszenierung schreibt Stückl große Teile des Texts um und passt sie dem Zeitgeist an. Stückl hat mit vielen Traditionen gebrochen – und das nicht immer nur zur Freude der Einwohnerinnen und Einwohner: Dank ihm dürfen jetzt auch verheiratete Frauen auf der Bühne stehen, Muslime spielen mit, es wird auf Hebräisch gesungen. „Ich laufe eigentlich nur noch mit so einer Art Casting-Brille durch den Ort und bin immer auf der Suche nach neuen Darstellern“, erzählt der Spielleiter Wladimir Kaminer.
    Frederik Mayet spielt den Jesus schon zum zweiten Mal nach 2010, er stammt aus einer Holzbildhauer-Familie und stand schon als Kind auf der Festspielbühne. „Man wächst da so rein als Kind, und da ist so viel Herzblut dabei. Das ist tatsächlich etwas ganz Besonderes, wenn man Teil von dem Dorf ist, von der Gemeinschaft. Man wächst so zusammen und bringt zusammen etwas auf die Bühne.“
    Für Monika Lang ist es bereits die siebte Passion. Sie selbst sorgte dafür, dass sie als Mutter und Frau von über 35 Jahren überhaupt mitspielen darf. Bis 1990 waren verheiratete Frauen und alle jenseits dieser Altersgrenze ausgeschlossen vom Spiel. Mit ihrer Klage erwirkte Lang, dass nun Gleichberechtigung herrscht. So spielt in diesem Jahr auch erstmals ein Muslim eine Hauptrolle: Cengiz Görür gibt den Judas.
    Nunmehr zum dritten Mal obliegt Bühnenbauer Stefan Hageneier die heikle Aufgabe, für die 2000 Jahre alte Bibelgeschichte immer wieder eine neue Ästhetik zu setzen. Zwei Jahre arbeitet er an den Entwürfen. Insgesamt 50 Schneider, Tischler, Bühnenmaler, Bildhauer, Requisiteure und sonstige Gewerke setzen seine Ideen um, fertigen 2500 Kostüme an, ebenso das 40 Kilogramm schwere Kreuz und zahlreiche überdimensionierte Engelsschwingen.
    Oberammergau lebt von und mit der Passion: Hotels, Souvenirläden, Restaurants – sie alle sind wirtschaftlich abhängig von den Festspielen. Das „Hotel zur Post“ ist älter als die Passion und seit dem 19. Jahrhundert in Familienhand der Preisingers. Manche Stammgäste feiern 2022 ihre achte Passion, für Anton Preisinger Senior selbst ist es die sechste. Wie in vielen Oberammergauer Familien gehört das Schauspielen zur Tradition: Antons Großvater spielte zweimal den Jesus und war danach Festspielleiter, sein Vater gab ebenfalls den Pilatus, und sein Sohn spielt diesmal den Johannes.
    Wladimir Kaminer reist natürlich auch zur Premiere wieder an. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 23.07.20223sat
  • Folge 13
    Die documenta in Kassel gilt als wichtigste Kunstausstellung weltweit. Doch was 2022 als großes Fest der Kunst geplant war, geriet zum Skandal.
    Der Schriftsteller Wladimir Kaminer ist nach Kassel gereist, um auf dieser politisierten „documenta fifteen“ zu fragen: „Was und wo ist eigentlich die Kunst?“
    An 32 Ausstellungsorten, über die ganze Stadt verteilt, werden noch bis zum 25. September 2022 Millionen von Besucherinnen und Besuchern entdecken können, was die Ausstellungsmacher der 15. documenta als Gegenwartskunst präsentieren. Mehrfach hat Wladimir Kaminer Kassel und die Weltkunstschau besucht und sich im Gespräch mit Profis der Szene einem gänzlich neuen, sehr politisch geprägtem Kunstbegriff angenähert.
    Erstmals hat ein indonesisches Künstlerkollektiv in Kassel die künstlerische Leitung übernommen: Ruangrupa entwickelt für die „documenta fifteen“ ein radikal neues Konzept, angelehnt an das indonesische „lumbung“, eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune, in der die überschüssige Ernte zum Wohle der Gemeinschaft gelagert wird. Es geht um die Idee des Teilens von Ressourcen zum Wohle aller. Mit Farid Rakun, einem der Ruangrupa-Künstler, spricht Wladimir Kaminer über Sinn und Zweck: „Kunst ist Leben. Und ‚lumbung‘ ist eine Lebensweise. Wir wollen Gemeinschaft und Nachhaltigkeit in den Vordergrund bringen.“
    Doch statt der Gemeinschaft zu feiern, provozierte die „documenta fifteen“ gleich zu Beginn einen handfesten Skandal. Auf einem prominent platzierten Banner des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi wurden antisemitische Darstellungen entdeckt. Bereits im Vorfeld waren antisemitische Anschuldigungen gegen Ruangrupa laut geworden. Die Künstler und Kollektive haben sich entschuldigt und die Vorwürfe von sich gewiesen, doch welche Konsequenzen der Antisemitismus-Eklat nach sich ziehen wird, ist noch unklar. Fest steht: Der Skandal überschattet die gesamte Kunstausstellung, bei der es ausgerechnet um Dialog und Miteinander gehen sollte, und die politischer ist als all ihre Vorgänger.
    „Worum geht es hier eigentlich, um Politik oder Kunst“, fragt Wladimir Kaminer? „Wo ist denn hier die Kunst, wo sind die wunderschönen Gemälde, die ich mir im Wohnzimmer an die Wand hängen kann?“ Er trifft Künstler wie Njoki Ngumi und Sunny Dolat von „The Nest Collective“, die Altkleiderballen zu einem riesigen Pavillon aufgetürmt haben. Mit einem Film im Innern will die Installation „Return to Sender“ auf die Müllproblematik aufmerksam machen, mit der unbrauchbare Altkleider aus dem globalen Norden nach Afrika verschickt werden. Politischer Aktivismus mit einer klaren Botschaft, meint Kaminer – aber: Kunst?
    Kaminer spricht mit dem rumänischen Künstler Dan Perjovschi, der eine gigantische Zeitung auf den Asphalt zeichnet und die Säulen des ehrwürdigen Fridericianums in Kolumnen verwandelt. Mit den Vertretern von „Trampoline House“ spricht Kaminer über das rigide Asylsystem Dänemarks. „Wir machen politische Kunst, sozial engagierte Kunst. Darum geht es hier bei der documenta 15, um neue Modelle des Miteinanders zu zeigen und voneinander zu lernen“, erklärt Tone Olaf Nielsen.
    Von Andrea Linnenkohl, General Coordinator der Ausstellung und Mitglied des künstlerischen Teams, lässt sich Kaminer die Ziele und Ausrichtung der „documenta fifteen“ erklären: „Es geht documenta-Ausstellungen nicht darum, eine Ästhetik zu zeigen, die ausschließlich glücklich macht, sondern zu zeigen, was gerade in der Welt passiert – und eben auch Missstände aufzuzeigen und sie an das Publikum so zu transportieren.“
    Einen der bekanntesten Kunstsammler Deutschlands, Harald Falckenberg, bittet Kaminer um eine Einschätzung über die Grenzen zwischen Kunst und Politik. „Diese Sprache über die Bilder, die unsere ganze Gesellschaft mehr und mehr beherrscht, die wird hier konsequent abgebildet. Die documenta ist ein Spiegelbild der Wirklichkeit. Und da kann man sagen, diese Wirklichkeit ist sehr blöd und doof. Oder man kann sagen, sie ist gut“, meint Falckenberg.
    Vom Kassler Szenebar-Besitzer Dirk „Bob“ Wachholder erfährt Kaminer, wie sehr die documenta die Kleinstadt und ihre Einwohner prägt. Erstmals werden nun Wachholders Bar und der umliegende Hof zum Ausstellungsort der Kunstschau. Allerdings: Auch dort gibt es kaum Kunstwerke im klassischen Sinne. Stattdessen finden Besucher eine radikal neue Interpretation des Kunstbegriffs: Veranstaltungen, Partys, Workshops – es geht um Gestaltung.
    Was genau ist Kunst denn nun eigentlich, fragt sich Wladimir Kaminer und findet Antworten auf dieser sehr besonderen documenta. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 27.08.20223sat
  • Folge 14 (45 Min.)
    Wladimir Kaminer beim Currywurst-Tasting in Berlin.
    Wladimir Kaminer unternimmt eine kulinarische Entdeckungsreise quer durch Deutschland. Was sind landestypische Gerichte? Und was verraten sie über die Menschen, ihre Geschichte, ihre Kultur? Du bist, was Du isst, sagt ein Sprichwort. Was bedeutet das für die deutsche Küche? Gibt es identitätsstiftende Gerichte? Wladimir Kaminer besucht berühmte Köchinnen und Köche des Landes und ergründet mit ihnen, wie viel deutsche Seele in ihren Kochtöpfen brodelt. Was wird angebaut in den unterschiedlichen Regionen und was ist Kult auf deutschen Tellern? Essen, das ist Kunst, Kultur, Vergangenheit und Zukunft sowie ein Feld, auf dem es immer auch Skurriles zu entdecken gibt.
    Ob Forelle in Bierteig mit Bratkartoffeln, Currywurst, Döner, Grünkohl, Riesling oder Sauerteig: Wladimir Kaminer geht den Spezialitäten auf den Grund. In Berlin diskutiert er über die Herkunft der Currywurst, isst den liebsten Imbiss der Deutschen, einen Döner, und schaut im Berliner Gourmetrestaurant „Nobelhart & Schmutzig“ vorbei.
    Hier wird „brutal regional“ gekocht. In Erfurt besucht Wladimir Kaminer die „Bachstelze“, in der Maria Groß, 2013 jüngste Sterneköchin Deutschlands, die alte deutsche Küche neu interpretiert und ab und zu auch den guten, alten Goldbroiler serviert. Zusammen mit dem Frankenwinheimer TV-Bäcker Axel Schmitt, dem „World Baker of the Year 2022“, backt Kaminer einen Frankenlaib und verarbeitet einen 50 Jahre alten Sauerteig. Seit 1758 wird in Bodenwöhr Bier gebraut und im „Brauereigasthof Jacob“ oberbayerische Spezialitäten serviert.
    Wladimir Kaminer probiert Bierbrauerschnitzel und Bratkartoffeln. 60 Kilogramm Grünkohl, Berge von Kasseler und Pinkel: Wladimir Kaminer ist dabei, wenn im „Bümmersteder Krug“ in Oldenburg alles für die traditionelle „Kohltour“ vorbereitet wird. Und zum Abschluss gibt es im Rheingauer Kloster Eberbach, dem ältesten und größten Weingut der Republik, den berühmten Rheingauer Riesling. Wladimir Kaminer verkostet und wirft einen Blick in die Wein-Schatzkammer des Klosters. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 26.08.20233satDeutsche Online-PremiereFr 25.08.20233sat-Mediathek
  • Folge 15 (45 Min.)
    Wladimir Kaminer unternimmt eine kulinarische Reise durch die Schweiz, um einen Blick in viele Kochtöpfe zu werfen. Neben Traditionellem entdeckt er so manche Neuheit. Auch solche, die seinen Geschmacksnerven nur bedingt schmeicheln. Geht es ums Essen in der Schweiz, kommt der Schriftsteller Wladimir Kaminer um drei Nahrungsmittel nicht herum: Käse, Rösti und Schokolade. Wenn man so will, die kulinarische DNA der Schweiz. Weshalb sind die Eidgenossen – in einem der reichsten Länder der Welt – noch immer so versessen auf Käse und Kartoffeln? Wieso passt Rotwein perfekt zu Schokolade? Diesen Fragen geht Kaminer hoch oben in den Walliser Alpen beim Open-Air-Raclette-Essen, im besten Rösti-Lokal im Emmental und in einer Schokoladenmanufaktur mitten in Zürich nach.
    Die Schweiz ist so globalisiert, dass man von a wie äthiopisch bis z wie zyprisch alles bekommen kann. Und wer hätte gedacht, dass es weltweit kein Land gibt, das im Verhältnis zur Bevölkerung mehr Michelin-Sterne hat? Kaminer besucht Sternekoch Andreas Caminada in dessen Schloss „Schauenstein“ und erhält tiefe Einblicke in die Küche eines der besten 50 Restaurants der Welt. Stadtmensch Kaminer trifft auch Rebecca Clopath, die nichts Geringeres als „den Geschmack de Alpen“ verspricht.
    Die Naturköchin verkocht alles, was Wiesen und Wälder so hergeben. Das Ergebnis auf dem Teller ist dann eine Erfahrung der besonderen Art. Zu guter Letzt versucht Wladimir Kaminer das Geheimnis der Streuwürze „Aromat“ zu lüften. Das gelbe Pulver wurde in den 1970er-Jahren in jeder Schweizer Küche gebraucht und macht noch heute satte Umsätze, obwohl es scheinbar niemand mehr verwendet. „Kaminer Inside: Wie isst die Schweiz?“ kommt im Kaminer-üblichen Sound daher. Unterhaltend, humorvoll, schräg. Die Zuschauerinnen und Zuschauer sollen aber auch etwas lernen über die Schweiz im Allgemeinen und zu einzelnen Gerichten im Speziellen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 26.08.20233satDeutsche Online-PremiereFr 25.08.20233sat-Mediathek
  • Folge 16 (45 Min.)
    Wladimir Kaminer ist wieder auf Roadtrip. Diesmal geht es durch das kulinarische Österreich. Es wird sehr süß, so, wie es sich für das kleine Land gehört. Bestsellerautor Wladimir Kaminer kocht Marillenknödel, kostet Mehlspeisen und lernt, was die „Original“ Salzburger Mozartkugel ausmacht. Natürlich dürfen Wein, Schnitzel, Tafelspitz & Co.nicht fehlen. Im Wiener Kunsthistorischen Museum trifft der Autor das Künstler-Duo Sonja Stummerer und Martin Habelsreiter aka „Honey and Bunny“. Bekannt sind die beiden durch ihre Essens-Performance, in ihren Arbeiten reflektieren sie Esskultur, und hinterfragen kulinarische Traditionen.
    Mit Waldimir legen sie einen Gemüse-Farbkreis auf, gehen in ihr Lieblingslokal Schnitzel essen und verraten ihm, was man in Österreich unter „Melanzani“ oder „Fisolen“ versteht. Und natürlich darf der „Wiener Tafelspitz“ nicht fehlen: Lukas Mraz ist ein sogenannter „Junger Wilder“ unter den Köchen. Das mit zwei Michelin-Sternen gekrönte Familienrestaurant „Mraz und Sohn“ betreibt er gemeinsam mit seinem Vater Markus in der Brigittenau in Wien, einem Arbeiterbezirk.
    Die beiden zeigen Waldimir, wie man einen Tafelspitz der etwas anderen Art kocht, nämlich aus Lamm. Um die Weinkultur des Landes besser kennenzulernen, geht es ins Burgenland, weltberühmt für seinen Rotwein, zum Weingut der Familie Göschl. Dort werden nicht nur Yogastunden angeboten, sondern auch Yogawein, der das klassische Sortiment bereichert. Hintergrund: Das Weingut wird von zwei Jungwinzerinnen, Daniela und Kathrin, geführt, eine von ihnen ist Yogalehrerin.
    Beide hatten andere Pläne, als das Weingut ihrer Eltern zu übernehmen, und sich erst nach Studium und Arbeitserfahrungen in Wien und Niederösterreich, dazu entschlossen. Wladimir erfährt, wie man die Weinstöcke richtig behandelt und warum die Verbindung von Wein und Yoga keine „liaison dangereuse“ ist. Nach einer schweißtreibenden Yogastunde gibt es eine typische Brettljause und die Gelegenheit die Weinsorten der Region (blind) zu verkosten.
    Von der Weintraube ist es zur Marille nicht weit, denn bekannt ist Österreich, besser gesagt, die Gegend „Wachau“ weltweit für eine ganz besondere Frucht: Die „Original Wachauer Marille“ ist eine streng geschützte Marke. Mit Anita Brunner und deren beiden Eseln spaziert er durch einen Marillengarten und erntet die besonderen Früchte. Verkocht werden diese dann zu Marillenknödel mit der Köchinnen-Legende Lisl Wagner Bacher. Sie hat ein ganzes Kochbuch über die Obstsorte verfasst.
    Übrigens: Sag niemals Aprikose zu einer echten Marille! Das muss auch der Autor noch lernen. Noch süßer wird es für den Schriftsteller in Salzburg. Dort lernt er alles über die „Original“ Salzburger Mozartkugel und darf sogar selbst Hand anlegen. Trotzdem: Die Rezeptur ist streng geheim. Mit Blick über die gesamte Stadt kostet er die luftigste Mehlspeise Österreichs, nämlich „Salzburger Nockerln“: Ein luftig-leichtes Dessert, das aus Eischnee besteht, serviert von einem Kellner mit dem Namen Ferdinand – wir sind ja schließlich in Österreich. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 26.08.20233satDeutsche Online-PremiereFr 25.08.20233sat-Mediathek
  • Folge 17 (45 Min.)
    Wladimir Kaminer auf der Neuen Berliner Straße, eine der größten Außenkulissen Europas.
    Wladimir Kaminer geht auf Erkundungstour in den Filmstudios Babelsberg, wo seit 1912 Filmgeschichte geschrieben wird. Ob in der Außenkulisse, im Requisitenfundus oder im volumetrischen Studio – er stößt auf eine Schatzkammer des großen Kinos. Das älteste Großatelier- Filmstudio der Welt steht nicht in Hollywood, sondern in Potsdam Babelsberg. Es ist bis heute das größte Filmstudio Europas. Seit 1912 wurden hier mehr als viertausend Filme produziert. Namhafte Regisseurinnen und Regisseure, Schauspielerinnen und Schauspieler haben hier gewirkt und nationale, wie internationale Filmklassiker geschaffen, darunter Kultfilme wie „Metropolis“ oder „Der Blaue Engel“.
    Ob in den Filmstudios Babelsberg oder ihren historischen Vorläufern Decla Bioscop, Ufa und Defa: die Filmgeschichte Babelsberg spiegelt immer auch deutsche Geschichte wider. Ein mystischer Ort voller Geschichten. Ein Mythos, eine Legende – „Babelsberg, die deutsche Traumfabrik“, staunt Wladimir Kaminer und nimmt die Zuschauer mit auf eine spannende Reise in die Geschichte des deutschen Films.
    Vor über 100 Jahren begann in Babelsberg die Filmgeschichte mit der Gründung des heute ältesten Filmstudios. Asta Nielsen, der damals größte internationale Star, drehte hier 1912 ihren ersten Film „Der Totentanz“ – ein überwältigender Publikumserfolg. Schnell fanden technische Innovationen Einzug in die Filmproduktion. Anfang der 1920er Jahre ermöglichte die „entfesselte Kamera“ den Perspektivwechsel, 1929 feierte der Tonfilm mit „Melodie des Herzens“ sein Debüt.
    Babelsberg ist bis heute ein magischer Ort und ein Spiegel seiner Zeit: Auf die kriegspropagandistischen Stummfilme im ersten Weltkrieg folgte Fritz Langs monumentales Science-Fiction-Epos „Metropolis“, das heute zum Weltdokumentenerbe gehört. Die UFA-Ära der 1930er /​1940er Jahre hat Glanz und Glamour nach Babelsberg gebracht und Stars wie Zarah Leander, Heinz Rühmann, Marlene Dietrich oder Hans Albers in die Welt. Genauso steht diese Ära aber auch für zahlreiche menschenverachtende Werke, die unter der Ägide des nationalsozialistischen Reichspropagandaministeriums entstanden sind.
    Unter sowjetischer Verwaltung wurde in den Nachkriegsjahren die Produktion am Standort schnell wieder aufgenommen. Zu wichtig war das Medium Film für die Propaganda. Bereits im Mai 1946 erfolgte die offizielle Gründung der Deutschen Film AG (DEFA). Der erste Nachkriegsfilm erschien noch im selben Jahr: „Die Mörder sind unter uns“. Dem folgten bis 1990 eintausendzweihundertvierzig Spiel- und Fernsehfilme verschiedener künstlerischer und politischer Ausrichtungen, die auf dem Babelsberger Areal produziert wurden, darunter Meisterwerke wie „Die Legende von Paul und Paula“, oder „Jakob der Lügner“ 1976, aber auch legendäre Märchenfilme wie „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ und „Der Kleine Muck“.
    Die Wende und Wiedervereinigung Anfang der 1990er Jahre hat für den Filmstandort eine neue Epoche eingeläutet. Die Medienstadt Potsdam-Babelsberg wurde geboren. Spiel-, Trick- und Dokumentarfilme, TV-Serien oder auch digitale Formate – „Made in Babelsberg“: Hier entstehen nicht nur nationale Dauerbrenner wie „Gute Zeiten, Schlechte Zeiten“ ,sondern auch internationale Blockbuster, wie „Die Tribute von Panem – Mockingjay“, „Monuments Men“, „Bridge of Spies – Der Unterhändler“, „Men in Black“, „Anonymus“ oder der mit vier Oscars ausgezeichnete Film „Grand Budapest Hotel“.
    Ob Steven Spielberg oder Roman Polanski, George Clooney oder Cate Blanchett – unzählige namhafte, internationale Stars geben sich in Babelsberg die Klinke in die Hand.
    Wladimir Kaminer trifft Schauspielerin Anna Loos zum Walzer tanzen in der Marlene-Dietrich-Halle und schwelgt mit ihr in Erinnerungen. „Hier wird einfach permanent gezaubert, es ist unglaublich, welche großartigen Filme hier schon entstanden sind“, so Anna Loos. Mit Szenenbildner Uli Hanisch erkundet Kaminer die Außenkulisse der Studios, die Neue Berliner Straße, die Hanisch entworfen hat. Im Möbelfundus zeigt Filmausstatter Bernhard Henrich Kaminer seine Lieblingsstücke, von Tom Cruises Stuhl aus „Operation Walküre“ bis hin zum Schreibtisch aus „Bridge of Spies“ und den Kunstwerken aus „Monuments Men“.
    Mit Christine Handke vom Filmmuseum spricht Kaminer darüber, wie der Mythos Babelsberg überhaupt entstanden ist. Sven Bliedung von der Heide weiht ihn ein in die Geheimnisse des volumetrischen Studios und die Zukunft des Films. Und Kunstmaler Robert Krüger zeigt Kaminer, wie er aus 25 verschiedenen Rosatönen den perfekten für „Grand Budapest Hotel“ gefunden hat, und erzählt ihm, wie die Zusammenarbeit mit den berühmtesten Regisseuren unserer Zeit funktioniert. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 04.11.20233satDeutsche Online-PremiereDo 05.10.2023ZDFmediathek

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