Folge 6

  • 6. Kultursommer mit Hindernissen

    Folge 6
    Wladimir Kaminer unternimmt eine Reise durch die drei 3sat-Länder Deutschland, Schweiz, Österreich – nach Oberammergau, Montreux und Semmering. Doch 2020 ist ein Kultursommer mit Hindernissen. Die Passionsspiele in Oberammergau werden wegen Corona verschoben, das Jazzfestival in Montreux fällt aus, am Semmering findet der Kultursommer unter besonderen Bedingungen statt. Wird der Sommer 2020 als verlorener Kultursommer in die Geschichte eingehen? Aufgrund der Corona-Krise fallen im Sommer 2020 die meisten Festspiele, Volksfeste, Konzerte aus.
    Was geschieht an den Orten, die sonst Jahr für Jahr Austragungsort prestigeträchtiger Kulturveranstaltungen sind und von Besuchermassen überrollt werden? Wie ist die Stimmung vor Ort? Und wo und vor allem wie geht es langsam wieder los? Wladimir Kaminer erlebt auf seiner Reise, vor welche Herausforderungen die Corona-Pandemie die Verantwortlichen und die Bewohner stellt. Er trifft Veranstalter, Künstler und Anhänger, um herauszufinden: Was bedeutet der Sommer ohne Festspiele, wie gehen die Betroffenen damit um, und wie schauen sie in die Zukunft?
    In der fast 400-jährigen Geschichte wurden die Passionsspiele in Oberammergau bislang nur 1940 abgesagt – und einmal verschoben: vor genau 100 Jahren, 1920, wegen der Millionen Toten, die der Erste Weltkrieg und die Spanische Grippe gefordert hatten. Und jetzt Corona. Wladimir Kaminer trifft Christian Stückl, der die Festspiele schon zum vierten Mal leitet. Die Proben hatten schon vor einem Jahr begonnen. Nur wer seit mindestens 20 Jahren in Oberammergau lebt, darf mitspielen: Mit fast 2500 Bewohnern sind so viele an der aktuellen Produktion beteiligt wie nie zuvor.
    Die Absage hat Stückl emotional enorm mitgenommen, aber zuversichtlich ist er trotzdem: „Wir machen unsere Passion.“ Kaminer erfährt von Frederick Mayet, der nach 2010 zum zweiten Mal den Jesus darstellen sollte, dass „die Absage ein Schock für das ganze Dorf ist, so von hundert auf null runterzufahren. Aber wenigstens wissen wir, dass es weitergeht, und können uns jetzt auf die ‚Passion 2022‘ freuen.“ Oberammergau lebt mit und von den Spielen: Hotels, Gaststätten, Souvenirläden und viele weitere Betriebe sind finanziell von der „Passion“ abhängig, 37 Millionen Euro hat die Gemeinde 2010 durch die Passion verdient.
    Und jetzt? Null. Hotelier Anton Preissinger hatte gerade Mitarbeiter eingestellt für den Sommer, die Zimmer aufwendig renoviert. Außerdem sollte er als Pilatus mit seinem Sohn Anton jr. gemeinsam auf der Bühne stehen. „Die ‚Passion‘ ist schon ein Fixpunkt hier, um den sich vieles dreht. Unser Hotel ist seit dem 19. Jahrhundert in Familienhand, wir werden das
    überleben.
    Aber das ist natürlich eine Katastrophe, ausgerechnet im Passionsjahr. Wenigstens haben wir die Chance auf ein Ausnahmejahr in zwei Jahren.“Es ist der erste Sommer seit 53 Jahren, dass das legendäre Jazzfestival in Montreux nicht stattfindet. Fast alle Größen des Jazz, aber auch aus Rock und Pop haben hier gespielt: Charles Lloyd, Keith Jarrett, Nina Simone, Ella Fitzgerald, Count Basie, Marvin Gaye, Al Jarreau und David Bowie. Seit 2013 gehört das Musikarchiv des Festivals zum UNESCO-Weltdokumentenerbe: Jeder Ton, der hier je gejammt wurde, wurde aufgezeichnet.
    Wladimir Kaminer trifft Festivaldirektor Mathieu Jaton und spricht mit ihm über die Zukunft der Musik- und Veranstaltungsbranche: „Aus Krisen entstehen auch immer neue Impulse. Wir sind ein sehr berühmtes Festival, aber eigentlich sehr klein. Wir haben so die Chance, zurück zu unseren Wurzeln zu kehren.“ Der 37-jährige Lucien Müller ist hier aufgewachsen. Mit ihm pilgert Kaminer zu den fast schon mystischen Orten der Stadt, wie den Mountain-Studios, dem Casino, dem „Montreux Jazz Café“ und dem „Fairmont Le Montreux Palace“.
    „Ich habe noch nie einen Sommer ohne Festival erlebt, aber das musikalische Herz der Stadt schlägt weiter. Alles hier atmet Geschichte.“ Im Haus des verstorbenen Festivalgründers Claude Nobs (1936–2013) erfährt Kaminer eine besondere Ehre: Im exklusiven Vorführraum, da, wo schon viele Stars in den First-Class-Sesseln saßen, darf er Prince, David Bowie und andere Festival-Highlights noch einmal hautnah erleben.Seine Reise führt Wladimir Kaminer weiter nach Österreich, auf den Semmering, ins mondäne „Südbahnhotel“.
    Im ehemaligen Grandhotel auf 1000 Metern Seehöhe traf sich einst die feine Wiener Gesellschaft, Adel und Intellektuelle, zur Sommerfrische. Hier trifft Kaminer den politisch engagierten Pianisten Florian Krumpöck, der seit 2015 als Intendant des „Kultur.Sommer.Semmering“ fungiert. „Kunst lebt von Interaktion. Daran gehen die vielen Online-Konzerte der letzten Zeit völlig vorbei.“ Stattdessen will Krumpöck „die Fahne der Kultur hochhalten“.Der „Kultur.Sommer.Semmering“ ist ein kleines Festival mit insgesamt rund 10 000 Besuchern, das mit namhaften Künstlern aufwartet.
    In den weitläufigen Räumlichkeiten des „Südbahnhotel“ hat der Veranstalter alle Möglichkeiten, mit einem umfangreichen Sicherheitskonzept dem Virus zu trotzen. Kaminer besucht die „Pilgerreise zu Beethoven“ mit Intendant Krumpöck und dem Ausnahme-Schauspieler Fritz Karl – eine einmalige Gelegenheit im Beethovenjahr, das ansonsten vielerorts ins Corona-Wasser fiel. Mit Schauspielerin Gerti Drassl spricht Kaminer außerdem über die Folgen der Corona-Krise und wie es weitergehen wird mit der Kultur. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereSa 29.08.20203sat

Sendetermine

Sa 29.08.2020
20:15–21:15
20:15–
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