Folge 661

  • Zwischen Tsingtao und Wuhan – Deutsche Spuren in China

    Folge 661
    „J.F. Weule, Bockenem am Harz“ steht auf der Kirchturmuhr der evangelischen Christuskirche – in Tsingtao. Dort findet in den frühen Achtzigerjahren sonntags sogar eine Messe statt. Die Erben Maos waren nämlich ein klein wenig liberaler geworden und Hans Wilhelm Vahlefeld – bereits seit Ende der Fünfzigerjahre der erste Ostasien-Korrespondent der ARD – suchte 1982 für den NDR nach deutschen Spuren in China. Dazu reiste er zunächst nach Tsingtao, immerhin von 1897 bis 1914 Hauptstadt des „Deutschen Schutzgebiets Kiautschou“ und somit deutsche Kolonie.
    Zum Bahnhof in Tsingtao, erbaut im deutschen Stil von den Kolonialherren, führte einst die „Kieler Straße“. Der Bahnhof stand 1982 noch, aber die Straße war längst umbenannt, denn das offizielle China verleugnete diese deutsche Epoche. Von Tsingtao fährt Vahlefeld weiter nach Shanghai und dort zu den deutschen Arbeitern, die auf der damals einzigen deutschen Baustelle in ganz China eine Aromatenanlage errichten, mit der aus Rohöl Kunstfasern hergestellt werden können. Shanghai war und ist Chinas größte Stadt: 1980 lebten dort 12 Millionen Menschen.
    Das erste Großprojekt zwischen Deutschland und China hatte es hingegen in Wuhan gegeben, der dritten Station von Vahlefelds Reportage: ein Stahlkombinat, das 1978 nach einiger Verzögerung die Arbeit aufgenommen hatte. Die Facharbeiter für dieses Werk wurden z.T. in Deutschland ausgebildet: Mit einem von ihnen konnte sich Vahlefeld tatsächlich auf Deutsch unterhalten. Er sagt, das moderne deutsche Management habe ihn während seiner Zeit in Deutschland am meisten beeindruckt. Ans deutsche Essen habe er sich mit der Zeit gewöhnt und das deutsche Pils habe ihm
    geschmeckt.
    Die Eingewöhnung der deutschen Arbeiter und deren Familien, die in China auf Auslandseinsatz sind, scheint wegen der Sprachbarriere hingegen schwieriger zu sein. Begeistert sind die Frauen der deutschen Arbeiter aber von der medizinischen Versorgung für sie in China. Die chinesische Medizinprofessorin kann ebenfalls Deutsch, sie lernte es vor Jahrzehnen in Shanghai auf der Universität, wo sie von deutschen Medizinern ausgebildet wurde. Und auf einmal ist dort im fernen China von München die Rede: Ende der Dreißigerjahre verliebte sich eine aus dem Allgäu stammende angehende Medizinstudentin in einen am Schwabinger Krankenhaus arbeitenden chinesischen Arzt.
    Heute, also im Jahr 1982, sind sie seit Jahrzehnten verheiratet, und leben in Wuhan: Er ist dort Professor am Universitätskrankenhaus und einer der berühmtesten Chirurgen in ganz China. Mit chinesischen Studenten, die Deutsch gelernt haben und demnächst in Westdeutschland studieren wollen, spricht Vahlefeld auch über das geteilte Deutschland – ganz offen, wie er sagt und nicht mehr ideologisch eingefärbt wie noch wenige Jahre zuvor.
    Einer der Studenten sagt in diesem Jahr 1982: „Eines Tages sollte Deutschland doch wiedervereinigt sein.“ Und dann rezitiert ein anderer Student fast fehlerfrei die letzten Zeilen des Gedichts „Prometheus“ von Goethe, dessen 150. Todestag man damals auch an der Universität in Peking feierte. Die Probleme, die diese jungen Menschen mit ihren Eltern haben, unterscheiden sich zumindest in einem Punkt nicht von den Problemen der jungen Menschen in Deutschland. Sie erzählen, dass ihre Eltern mit ihrem Musikgeschmack nichts anfangen können, sogar böse werden, wenn sie z. B. die Musik der Beatles hören. (Text: ARD-alpha)
    Deutsche TV-PremiereFr 12.02.2021ARD-alpha

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15:00–15:45
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Mo 15.02.2021
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