2022, Folge 1066–1082

  • Folge 1066 (30 Min.)
    Das Berufsleben beendet, die Kinder aus dem Haus. Da stellt sich vielen die Frage, was sie noch vom Leben erwarten. „37°“ begleitet Menschen, die es wagen, noch einmal etwas Neues zu beginnen. Oft stehen Krankheiten oder körperliche Beschwerden im Weg, jetzt auch noch die Pandemie. Wie können Rentner ihr Traumprojekt mit ihren Partnern oder Kindern vereinbaren? Es braucht Mut und Kraft, Angst vor dem Scheitern sollte es nicht geben. Realistisch mit über 60? Jürgen ist 64 und seit fast zwei Jahren in Rente. Zweifel lässt er nicht zu, er ist ein Bauchmensch.
    Und wenn er ein Ziel hat, kann ihn fast nichts bremsen. Von einer Skoliose ist sein Rücken gebeugt, die Knie sind kaputt und schmerzen. Doch die Berge und das Abenteuer haben ihn seit jeher begeistert. Als er während eines Italienurlaubes das Bergdorf San Giorgio oberhalb des Comer Sees entdeckt, weiß er sofort: Das ist sein Ort für die Rente. Entgegen allen Warnungen kauft er eines der Häuser, die ursprünglich von Arbeiterfamilien aus dem nahe gelegenen Steinbruch bewohnt wurden. Inzwischen ist das Dorf nahezu verwaist, es führt keine Straße hinauf.
    Zwei Stunden muss Jürgen aus dem Tal nach oben wandern, er lebt dort wochenlang in Einsamkeit. Seine Frau Barbara teilt Jürgens Traum nicht. Sie bleibt im heimischen Dorf in Niedersachen. „Wir waren schon immer sehr unterschiedlich“, sagt sie. „Aber wir akzeptieren uns und finden es gut, dass jeder zeitweise sein eigenes Leben lebt.“ Cornelia ist 65 und hat seit dem Tod ihres Mannes vor fünf Jahren mit dem Alleinsein zu kämpfen. „Geplant war, dass wir gemeinsam in den Ruhestand gehen und dann etwas Schönes machen“, sagt sie.
    Jetzt ist sie oft traurig und sehnt sich nach dem Gefühl, gebraucht zu werden. Durch einen Zeitungsartikel bekommt sie Inspiration: als Au-pair-Oma in die weite Welt reisen. „Am meisten reizt mich der Gedanke, für andere da zu sein. Dass ich dabei noch Orte kennenlerne und fremde Kontinente bereisen kann, ist toll.“ Doch Corona macht ihr einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Von Australien, Abu Dhabi oder Schanghai muss sie sich gedanklich verabschieden.
    Dann nimmt sie Kontakt zu einer Familie in Österreich auf: zu einem Mann mit zwei Mädchen, deren Mutter vor drei Jahren starb. Der Vater ist Hopfenbauer und schafft es nicht allein, sich um Töchter, Schule und den Hof zu kümmern. Für Cornelia wird es ernst, sie beschließt, ihre Wohnung in Berlin unterzuvermieten und nach Österreich zu gehen. Beim Kofferpacken kommt allerdings ein bisschen Panik auf: „Ich hoffe, dass ich die Erwartungen nicht zu hoch gesteckt habe und nachher enttäuscht bin.“ Sorgen vor Enttäuschung hat auch Jianni ab und zu.
    Doch dann verdrängt er die negativen Gedanken und blickt wieder nach vorn. Der 60-Jährige will noch einmal hoch hinaus und die Lizenz zum Fluglehrer machen. Seit jeher begeistern ihn Flugzeuge, doch lange waren sie unerreichbar. Jianni stammt aus armen Verhältnissen. Als er drei Jahre alt war, kam sein Vater mit der Familie als Gastarbeiter aus Griechenland nach Deutschland. Nach der Schule machte er eine Lehre in einer Polsterei, arbeitete in diesem Beruf, bis ihn eine Krebserkrankung aus der Bahn warf.
    „Ich war 46, als die Ärzte mir sagten, dass ich nur noch wenige Monate leben würde“, erinnert sich Jianni. „Da habe ich gedacht, entweder ist es jetzt mit dir vorbei, oder du startest durch.“ Für die Fluglehrer-Lizenz muss er zunächst eine theoretische Prüfung absolvieren, die es in sich hat. Jianni drückt noch mal die Schulbank und kommt oft an seine Grenzen. „Früher hatte ich nie Probleme mit Lernen oder Prüfungen. Einmal durchlesen, und gut war es“, sagt er. „Aber jetzt merke ich, dass mein Speicher viel kleiner ist, ich mir die Fakten nicht mehr so gut merken kann und mir die Sachen immer wieder durchlesen muss – und sie dann trotzdem durcheinanderbringe.
    Das Lernen ist sehr mühsam.“ Bis zuletzt zittert er: Schafft er die Prüfung? „37°“ begleitet die Rentner ein Jahr lang, erlebt ihre Hoffnungen und Enttäuschungen mit. Die Zuschauer klettern mit Jürgen zu seinem einsamen Bergdorf, erleben die Sorgen seiner Familie, begleiten Cornelia bei ihrem Versuch, in einem ganz neuen Leben Fuß zu fassen, und zittern mit Jianni um seinen Traum, das Rentnerdasein vor allem über den Wolken zu verbringen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 11.01.2022ZDF
  • Folge 1067 (30 Min.)
    Reisen, Sport, Musikstunden – ihr Kind soll alles haben. Aber nicht jedes Kind möchte so ein Leben. Es gibt welche, die ausbrechen und lieber auf der Straße leben. Ein Albtraum für Eltern. „Was haben wir falsch gemacht, warum passiert uns das?“, fragen sich die verzweifelten Eltern dann. Sorge und Angst halten Einzug in die bisherige Familienidylle. Wo ist unser Kind? Diese Extremsituation wird manchmal ein jahrelanger Dauerzustand. Die Paare Janne und Ingo, Heike und Rajco sowie Gesine mit ihrem Mann haben eines gemeinsam. Sie gaben – nach ihrer Einschätzung – ihr Bestes für ihre Kinder und trotzdem sind die von zu Hause weggelaufen, um auf der Straße zu leben, bald abhängig von Drogen.
    Als es losging, waren die Kinder zwischen 13 und 15 Jahre alt. Die 57-jährige Richterin Janne gießt die Blumen im weitläufigen Garten und geht danach durch ihr sonnendurchflutetes Haus. Es steht in Berlin Zehlendorf, beste Lage. Ihr Mann ist Chefarzt im Ruhestand, oft draußen bei den eigenen Pferden. Zwei Kinder sind aus dem Haus und studieren. Gäbe es da nicht das dritte Kind Amelie, würde Jannes und Ingos Leben so aussehen, als sei es einer Werbung entsprungen.
    Doch seit fünf Jahren durchlebt das Paar die Hölle. Sie sind in ständiger Angst um ihre Tochter Amelie, die irgendwo auf der Straße lebt. Wo, das wissen die Eltern nicht. Heike und Raico betreiben eine eigene Zimmererwerkstatt in Schwaikheim. Die Familie lebt ein glückliches Leben bis zum 14. Lebensjahr ihres Sohnes. Tim verändert sich innerhalb weniger Wochen, bleibt nachts oft weg. Heike schiebt zuerst alles auf die Pubertät. Doch dann der Schock: Tim gesteht seinen Eltern, dass er heroinsüchtig ist.
    Gesine und ihr Mann hatten große Erwartungen an ihre drei Kinder und genaue Vorstellungen, wie deren Leben sein sollte. Sie würden Abitur machen, erfolgreich werden. Doch die älteste Tochter Marie macht ihnen einen Strich durch die Rechnung. Mit 13 Jahren fängt sie an, die Schule zu schwänzen, Drogen zu nehmen und immer länger von zu Hause wegzubleiben. Die Eltern sind außer sich. Ihr ganzes bürgerliches Wertesystem, ihr Plan, ihr ganzes Leben fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. In Deutschland leben schätzungsweise 40 000 Kinder auf der Straße.
    Manche von ihnen kommen aus wohlhabenden bürgerlichen Elternhäusern – wie in den beschriebenen Fällen. Weder von der Polizei noch vom Jugendamt lassen die Jugendlichen sich zwingen, nach Hause zurückzukehren. Was tun? Heike, Gesine und Janne haben sich in Selbsthilfegruppen organisiert, um sich gegenseitig zu unterstützen. Hilfe von außen gibt es kaum. Im Gegenteil: Oft werden die betroffenen Eltern schief angesehen, weil ihre Kinder nicht bei ihnen bleiben wollten. Das muss ja Gründe haben, so oft die Unterstellung der anderen. „37°“ fragt, wie Eltern solch eine schwierige Situation durchstehen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 18.01.2022ZDF
  • Folge 1068 (30 Min.)
    Nina ist 33, als sich nach einem Krankenhausaufenthalt ihr Leben für immer verändert. Die zweifache Mutter erleidet eine lebensbedrohliche Sepsis, die ihre Organe schädigt. Mit großer Willenskraft kämpft sich die heute 41-Jährige zurück in ein weitgehend normales Leben. Die „37°“-Langzeit-Beobachtung begleitet Nina im Alltag und vor Gericht, wo sie um Schmerzensgeld und Schadensersatz kämpft. Nina (33) hat zwei kleine Söhne und einen guten Job. Dann verändert im Sommer 2013 ein Krankenhausaufenthalt ihr Leben von einem Tag auf den anderen. „Ich hatte plötzlich höllische Schmerzen, schlimmer als jede Wehe“, erinnert sich Nina.
    Sie fährt sofort in die nächstgelegene Klinik nach Gehrden bei Hannover. Der Grund für Ninas stechende Bauchschmerzen sind Nierensteine, die die Ärzte zunächst über das Wochenende beobachten wollen. Doch einer der Steine führt zu einer Nierenentzündung, die den gesamten Körper in Mitleidenschaft zieht. Aus der Entzündung wird eine lebensgefährliche Sepsis, die erst nach zweieinhalb Tagen erkannt wird, als die Nierensteine operativ entfernt werden. Als sich ihr Zustand dramatisch verschlechtert und die Lunge aussetzt, wird die junge Frau zu Spezialisten in die Medizinische Hochschule Hannover überwiesen.
    Dort retten die Ärzte Ninas Leben. Insgesamt liegt Nina zwei Monate im Krankenhaus, vier Wochen auf der Intensivstation, davon zehn Tage im Koma: „Das Schlimmste ist für mich die Vorstellung, dass meine Familie Angst um mein Leben hatte“, erinnert sich die heute 41-Jährige. Bis auf die Daumen mussten ihre Finger und Teile ihrer Füße amputiert werden. Doch schon nach ihrer Verlegung in die Medizinische Hochschule Hannover geht es ihr allmählich besser: Privat-Videos aus dem Krankenzimmer dokumentieren ihren unbeugsamen Willen, dem sie ihre schnellen Fortschritte verdankt.
    Dennoch hat sich Ninas Alltag seit dem folgenschweren Krankenhausaufenthalt enorm verändert. Schmerzen und Medikamente gehören ebenso dazu wie Physiotherapie und eingeschränkte Belastbarkeit in ihrem Job im Schreibwarenladen des Familienbetriebes. Nina ist ein Leben lang auf medizinische Betreuung angewiesen. Im Alter wird ihr Pflegebedarf noch steigen und hohe Kosten verursachen. Ob bei Behandlungen möglicherweise Fehler gemacht werden, können Patienten von der Schlichtungsstelle der Ärztekammer prüfen lassen.
    In Ninas Fall haben die unabhängigen Gutachter im Oktober 2014 festgestellt: „Im vorliegenden Fall sind Mängel in der Befunderhebung festzustellen … so dass wir empfehlen, die Frage einer außergerichtlichen Regulierung zu prüfen.“ Die zuerst behandelnde Klinik in Gehrden widerspricht jedoch dem Gutachten der Schlichtungsstelle. Damit beginnt für Nina ein Kampf, der anfangs aussichtslos erscheint. Das Landgericht Hannover weist im ersten Prozess ihre Klage ab; das Oberlandesgericht Celle jedoch stimmt der Revision zu und lässt neu verhandeln.
    Den Großteil der Kosten hat zwar die Rechtsschutzversicherung übernommen, dennoch musste Nina für Gutachten und zusätzlich anfallende Anwaltskosten über 15 000 Euro bezahlen. Acht Jahre sind seit dem Klinikaufenthalt bis zur zweiten Verhandlung vor dem Landgericht in Hannover Ende 2021 vergangen. Wie wird der Richter entscheiden? Wie wird das endgültige Urteil lauten? Ein Film über eine Frau, die auch in den schlimmsten Momenten nicht daran gedacht hat, aufzugeben. Vier Jahre lang hat „37°“ Ninas Alltag begleitet. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 25.01.2022ZDF
  • Folge 1069 (30 Min.)
    Als Kinder oder Jugendliche wurden sie Opfer von sexualisierter Gewalt und bleiben ein Leben lang gezeichnet. Das Erlebte bestimmt nach Jahrzehnten noch ihr Fühlen, Denken und Handeln. Die Reportage zeigt, wie Betroffene es schaffen, sich selbst zu helfen und das Erlebte zu verarbeiten. Ob im Sport oder im kirchlichen Kontext – es gibt sowohl hier wie da Strukturen und Konstellationen, die den Missbrauch zu begünstigen scheinen. „Mein größter Traum war es, Priester zu werden.“ Klaus Schmidt (48) lebt in Ahrweiler und war als Jugendlicher Messdiener.
    Die Kirche, die Religion und sein Glaube gaben ihm Halt und die Orientierung, die er in seiner Familie vergeblich suchte. Drei Priester an unterschiedlichen Orten nutzten ihre emotionale Macht über den jungen Mann aus, und am Ende zerbrach sein Traum vom Leben als Geistlicher. Eine Zeit lang war er Angestellter bei der Post, kann aber wegen seiner posttraumatischen Belastungsstörung seinem Beruf schon lange nicht mehr nachgehen. Ulrike Breitbachs Leidenschaft war von Kindheit an die Leichtathletik. Schon früh galt sie als Talent, ging gern zu Wettkämpfen und wurde gefördert.
    Ihr Trainer hätte ihre Liebe zum Sport fast zerstört: „Diese Verbindung von emotionaler Erpressung und dem körperlichen so engen Kontakt, das war unerträglich.“ Ulrike Breitbach (43) erzählte über 20 Jahre lang niemand etwas über die Geschehnisse auf und abseits des Trainingsplatzes. Aus Scham und auch aus Unsicherheit, was das Erlebte überhaupt war: „Ich hatte dafür gar keine richtigen Worte.“ Sie lebt in Berlin, ist verheiratet und arbeitet heute als Mental Coach. Das Thema Missbrauch spielt auch in ihrem Berufsalltag eine Rolle, weil ihre Klient*innen, oft aus dem Bereich Sport, immer wieder davon berichten.
    „Ich habe nur noch trockene Tränen geweint.“ Detlev Zander (60) wurde in einem Kindereim jahrelang missbraucht und schwer misshandelt. Als er 14 Jahre alt war, wollte er sich das erste Mal das Leben nehmen. Jahrzehntelang verdrängte er das Leid, das er als Kind erlebte, bis er schließlich unter dieser Last zusammenbrach. Der frühere Krankenpfleger ist wegen seiner posttraumatischen Belastungsstörung schon seit Jahren arbeitsunfähig.
    Heute bezeichnet er sich als Aktivist und kämpft dafür, dass sich die evangelische Kirche ihrer Verantwortung stellt und die Taten, die unter ihrem Dach geschehen sind, aufklärt. Warum schweigen Menschen ihr halbes Leben über das Erlebte? Wo sind Gemeinsamkeiten in den Institutionen, in denen der Missbrauch geschieht? Und wo beginnt er? „37°“ erzählt die Geschichten dreier Menschen, deren Leben schon früh durch sexualisierte Gewalt erschüttert wurde, die sich heute engagiert zur Wehr setzen, ihr Leid öffentlich machen und für andere Missbrauchsopfer ihre Stimme erheben. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 08.02.2022ZDF
  • Folge 1070 (30 Min.)
    Die Einsatzorte von Industriekletterern und Dachdeckern sind vielseitig und schwer zugänglich: Brücken, Kirchtürme, Strommasten, Windräder, Hochhäuser oder eben Dächer.
    Die Industriekletterer am Kölner Dom hangeln sich an brüchigem Kalkstein, entlang, die Leitungsbauer in Schleswig-Holstein erstellen mit großer Anstrengung die Grundlagen der Energiewende und sind ständig Risiken ausgesetzt. Ebenso die Dachdecker.
    2020 erlitten 850 von ihnen schwere Unfälle, so die Berufsgenossenschaft Bau. Acht davon waren tödlich. Doch die Freude am Handwerk, das sie in großer Höhe ausführen, und die herrliche Aussicht, die sie jeden Tag genießen, entschädigt meist für die großen Herausforderungen, vor denen sie stehen.
    Raffaela und Maik sind Industriekletterer in Berlin. Einer ungewöhnlichen Herausforderung müssen sie sich an der Heilig-Kreuz-Passionskirche in Kreuzberg stellen. In einer Höhe von 50 Metern sollen sie Pflanzen, die sich selbst ausgesät haben, entfernen, denn auf Dauer zerstören diese Pflanzen das Mauerwerk. Leider befinden sich die kleinen Bäume oft an unzugänglichen Stellen. Raffaela und Maik seilen sich von der Spitze der Kuppel ab. Sie müssen ihr gesamtes Können aufbringen, um ihre Aufgabe zu erfüllen.
    Die Dachdecker-Familie Grimm aus Emmerling bei München baut seit sechs Generationen Dächer, flache, steile, hohe. Sie wissen, was sie machen, dennoch hat jeder von ihnen schon erlebt, dass das Leben schnell vorbei sein kann. Der jüngste Dachdecker in der Familie, Andreas Grimm, ist einmal von einem Dach abgerutscht. Mit Glück konnte er sich retten und kam mit dem Schock davon.
    Pilot Torben Koopmann muss seinen Hubschrauber im ruhigen Schwebeflug halten, weil ein Monteur, der auf einer Halterung außerhalb des Helikopters sitzt, am Erdungskabel einer Überlandleitung arbeitet. Die Rotorblätter dürfen auf keinen Fall ein Seil berühren. Das hätte fatale Folgen.
    Der Aufstieg zur Turmspitze am Kölner Dom löst bei Wolfgang Schmitz, der seit vielen Jahren seinen „Berg“, den Dom, erklettert, immer noch besondere Gefühle aus. Es ist die Weite, die Größe, die Entrücktheit. Wer ganz oben in 157 Metern Höhe auf der Spitze steht, kann sich dem einfach nicht entziehen.
    „37°“ begleitet Menschen, die sich den ganzen Tag in großen Höhen befinden. Alle Filmaufnahmen und Interviews wurden in der Höhe durchgeführt. Keine einzige Einstellung wurde auf dem Boden gedreht. Eine Reportage über Menschen, die einen Job mit Ausblick haben. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 15.02.2022ZDF
  • Folge 1071 (30 Min.)
    Obwohl es in Deutschland eine Versicherungspflicht gibt, waren 2019 laut Statistischem Bundesamt 61 000 Menschen ohne Krankenversicherung.
    Experten und Verbände schätzen die Zahl sogar auf mehr als eine Million, weil viele Betroffene in der Statistik nicht vorkommen. Wer zurück in den normalen Versicherungsschutz will, muss die vollen Beiträge der vergangenen Jahre nachzahlen.
    Helga S. ist 74 und schwer an Rheuma erkrankt. Die ständigen Schmerzen gehören zu ihrem Alltag, und nur teure Medikamente könnten sie lindern, wenn ihr nicht die private Krankenkasse fristlos gekündigt hätte. Seitdem lebt sie ohne jeden Versicherungsschutz und damit auch ohne ärztliche Hilfe. Dabei bräuchte sie dringend eine medizinische Versorgung, weil neben ihrem Rheuma auch ein Verdacht auf Hautkrebs besteht. Der müsste dringend entfernt und im Labor untersucht werden, aber eine Behandlung aus eigener Tasche kann sie sich nicht leisten. Sie ist arm, bekommt nur eine Rente von 683 Euro. Weil sie jahrzehntelang privat versichert war, gäbe es in ihrer Notlage nur noch einen Basistarif bei jeder privaten Versicherung, aber auch dieser kostet knapp unter 1000 Euro und ist für sie unbezahlbar. Das Amt will sie finanziell nicht unterstützen, und für einen Anwalt hat sie kein Geld. In ihrer Verzweiflung spricht sie immer öfter davon, ihrem Leben ein Ende zu setzen.
    Alexandra T. ist Mitte 40 und hatte als selbstständige Logopädin eine eigene Praxis. Dann wurde sie zahlungsunfähig und ist nun völlig überschuldet – in erster Linie bei ihrer Krankenkasse. Hier haben sich bereits Beitragsschulden im fünfstelligen Bereich angehäuft. Deshalb ist sie nur noch im Notfalltarif versichert. Das bedeutet: Solang sie ihre Beitragsschulden nicht zurückgezahlt hat, wird sie vom Arzt nur noch dann behandelt, wenn sie kurz vor dem Kollabieren ist, zahnärztliche oder andere medizinische Grundbehandlungen werden nicht mehr übernommen.
    Sie kann es sich also auf keinen Fall erlauben, krank zu werden, und verdrängt deshalb jedes Anzeichen dafür. Dabei müsste sie schon seit Jahren zum Zahnarzt, kann sich vor Karies kaum noch retten. Ein Teufelskreis: Denn die Schulden schnüren ihr die Kehle zu, und auch das macht krank. Und sie schämt sich für ihren Zustand, lässt sich gehen, weil sie sich nicht mehr als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft empfindet. Nun will sie alles dafür tun, um ihre Schulden zurückzuzahlen und so schnell wie möglich wieder normal krankenversichert zu sein.
    Marcel W. ist 28 Jahre alt und schwer an Multipler Sklerose erkrankt. Vor drei Jahren verlor er seinen Job, konnte seine Miete nicht mehr zahlen und wurde wohnungslos. Weil er damit auch seine Krankenversicherung nicht mehr stemmen konnte, hat er Beitragsschulden von mehr als 10 000 Euro. Monat für Monat fordert die Kasse ihr Geld zurück, steigt der Betrag durch Strafzinsen und Versäumniszuschläge, und die Krankenkasse droht ihm mit dem Notlagentarif. Der wäre fatal für Marcel W., weil er allein 2021 mehrere Krankheitsschübe hatte und im Notlagentarif keine medizinische Hilfe mehr bekäme.
    Wenigstens hat er wieder ein Dach über dem Kopf: eine Einrichtung für junge, wohnungslose Erwachsene betreut ihn. Und er lebt von Hartz IV, steckt in einer Umschulungsmaßnahme, bei der er 40 Stunden die Woche in einer Steuerkanzlei für deren Computertechnik zuständig ist. Vielleicht wird die Kanzlei ihn übernehmen, noch aber kann er vom Hartz-IV-Satz seine Schulden nicht begleichen. Und so schwebt die Angst vor dem Abstieg in den Notlagentarif ständig wie ein Damoklesschwert über ihm und belastet ihn noch zusätzlich im täglichen Kampf gegen die tückische Krankheit MS.
    Die „37°“-Reportage beobachtet den Alltag von Menschen ohne Krankenversicherung und begleitet sie auch auf dem Weg aus dem Teufelskreis aus Armut, Krankheit und immer mehr Schulden. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 22.02.2022ZDF
  • Folge 1072 (30 Min.)
    Immer mehr Betroffene auf dem ruinösen Wohnungsmarkt beschreiten neue Wege. Reduzierung von Hab und Gut, Reduzierung von Wohnraum auf wenige Quadratmeter ist der neue Hype: Tiny Houses. Die neue ökologische Bescheidenheit findet auf rund zehn Metern Länge und 2,5 Metern Breite statt. So wenig Raum ist für die meisten unvorstellbar, für manche aber ist gerade das ein Gewinn. Was treibt Tiny-House-Besitzer an? Wie lebt es sich in einem solchen Minihaus? Familie G. aus dem Allgäu hat sich nach einem schweren Schicksalsschlag, der ihnen „den Boden unter den Füßen weggezogen“ hat, für eine neue Lebensphilosophie entschieden.
    Nach dem Tod des zweiten Sohnes kurz vor der Geburt reduzierten die Lehrerin und der Holztechniker ihre Arbeitszeiten und bauten ein Tiny House, um die Fixkosten zu reduzieren. Wichtig war ihnen, mehr Zeit mit ihren beiden anderen Kindern zu verbringen und die konsequente Haltung eines ökologisch intakten Lebens. Was die neue Wohnform mit sich bringt, sind Höhen und Tiefen, Freude, aber auch Krisen – das alles zu viert auf immerhin 36 Quadratmetern. Ganz anders sieht das Leben von Angelina H. aus Esslingen am Neckar aus.
    Die studierte Theaterpädagogin befürchtet, in einem Jahr gleich dreimal hart getroffen zu werden: Sie hat Angst, ihre Wohnung, ihre Engagements in Alten- und Pflegeheimen sowie den besten Freund zu verlieren. Nach monatelanger, sehr harter Zeit rafft sich die „Rebellin“ auf und kommt auf die Idee des kleinen Wohnens. Explodierende Mieten, kaum Wohnraum und keine Stellflächen für Tiny Houses in der Stadt – das hält die „Aktivistin für eine lebenswerte Umwelt“ nicht von ihrem Plan ab. Sie kommt auf die ungewöhnliche Lösung, Tiny Houses auf flache Garagendächer zu bauen, und löst dabei im neureichen Neckartal nur Kopfschütteln aus.
    „37°“ begleitet ihren aufreibenden Kampf gegen die städtische Bürokratie und gegen schwäbische Häusle- und Autobauer. Gut vernetzt mit fortschrittlichen Architekten und Medien erobert sie indes mehr und mehr Terrain. Am vorläufigen Ende kommen selbst die städtische Wohnungsbaugesellschaft und das Bauamt nicht mehr um sie herum. Ihr Traum scheint in greifbarer Nähe. Total begeistert von Tiny Houses ist der 14-jährige Florian D. aus Freising schon seit zwei Jahren.
    Der damals zwölfjährige Junge wünschte sich als Abschluss-Projekt seiner Montessorischule, ein solches selbst zu bauen. Sein Vater dachte erst an ein Vogelhäuschen, so wie es Gleichaltrige als Praktikumsarbeit machen. Er merkte aber rasch, dass Florian es ernst meinte. Seitdem unterstützt er ihn finanziell und handwerklich. Der Vater ist nicht ganz fachfremd, betreibt eine Firma, die VW-Transporter zu Campingbussen umbaut. Aber vor dem Tiny House hatte er „Respekt, das ist ein Riesenprojekt“.
    Zwei Jahre arbeitet Florian daran, kann fast alles selbst machen: Holzrahmen, Außenverkleidung, Dusche, Terrasse, Dach – alles wurde kurz vor dem Abnahmetermin in der Schule tatsächlich fertig. Angetrieben nicht nur von seinem handwerklichen Ehrgeiz und Geschick, sondern auch von seinem gefestigten Umweltbewusstsein hat er seine Idee in 3000 Arbeitsstunden perfekt auf vier Räder gestellt. „Aus dem kleinen Jungen ist ein reifer, junger Mann geworden“, schwärmt die Mutter, die lange nicht an die Fertigstellung geglaubt hat. Die „37°“-Sendung steht am Sendetag ab 8:00 Uhr in der ZDFmediathek zur Verfügung. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 01.03.2022ZDF
  • Folge 1073 (30 Min.)
    Jede vierte Frau trinkt Alkohol in der Schwangerschaft und sei es nur das Gläschen Sekt. Doch es gibt keinen Zeitpunkt und keine Menge, die ungefährlich wäre für das ungeborene Kind.
    Die dadurch entstandenen Schädigungen ziehen sich durch das ganze Leben der Betroffenen und werden in Fachkreisen FASD (Fetal Alcohol Spectrum Disorder) genannt. „37°“ begleitet drei Betroffene
    FASD ist schwer zu erkennen: ein Potpourri aus Verhaltens- und Lernstörungen bis hin zu schweren körperlichen und geistigen Behinderungen. Allein in Deutschland werden jedes Jahr zwischen 10.000 und 20.000 Kinder mit FAS geboren (Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung 2018). Die Dunkelziffer ist groß, denn Alkohol in der Schwangerschaft ist ein Tabuthema.
    In Nathan (3) brodelt ein Vulkan. Er braucht Betreuung rund um die Uhr. Schon im Kindergarten wirft er mit Tischen und Stühlen, macht die Nacht zum Tag. Mit der Diagnose FASD vor einem Jahr läuft ein Hilfesystem an – für Eltern und Kind.
    Schon im Grundschulalter wird Melissa (21) depressiv, nimmt später Drogen und Alkohol. Durch einen Wink des Schicksals bekommt sie die Diagnose. Die heute 21-Jährige wird gerade in einem Berufsbildungswerk zur Fachpraktikerin für Holzverarbeitung ausgebildet und hofft auf eine Anstellung in einer Schreinerei.
    Auch Mylenes (29) Leben war geprägt von Depressionen und Schlafstörungen. Sie lebte alkoholabhängig auf der Straße, als ein Mitarbeiter der Wohnungslosenhilfe aufmerksam wurde. Nun wohnt sie im „Sonnenhof“ in Berlin, der bundesweit ältesten Beratungsstelle für alkoholgeschädigte Menschen in Deutschland. Hier hat sie zum ersten Mal die Chance auf ein geregeltes Leben. Gemeinsam mit einer Sozialpädagogin werden neue Tagesstrukturen geschaffen. Nur selten verlässt sie das Haus. Unbekannte Wegstrecken und andere Menschen überfordern sie. Trotzdem macht sie es sich zur Aufgabe, vor Schulklassen ihre Geschichte zu erzählen.
    „37°“ begleitet Betroffene in unterschiedlichen Lebensphasen: Erwachsene, die spät die Diagnose bekommen haben und endlich die Gründe für ihr Scheitern kennen. Jugendliche, an der Weggabelung zwischen Kriminalität und Berufsausbildung. Mütter, die sich große Vorwürfe machen, weil sie während der Schwangerschaft Alkohol getrunken haben. Und Kinder, die nach einer frühen Diagnose durch Unterstützung eine echte Chance bekommen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 15.03.2022ZDF
  • Folge 1074 (30 Min.)
    Das Zuchthaus Cottbus war das größte Gefängnis der DDR. Heute ist dort ein Menschenrechtszentrum. Die früheren Insassen haben das Gefängnis gekauft als Mahnmal für erlittenes Unrecht. „37°“ begleitet drei Protagonisten, die an dem Projekt mitarbeiten. Allen ist im Zuchthaus Cottbus massives Unrecht widerfahren. Die Folgen der Haft dauern bis heute an. Auch ein ehemaliger Aufseher des Zuchthauses kommt zu Wort.
    Als die Familie von Peter 1975 einen Ausreiseantrag stellt, beginnt für den damals 16-Jährigen eine schwierige Zeit. Er wird von der Erweiterten Oberschule verwiesen, ein Studium in der DDR wird damit unmöglich. Man übt Druck auf ihn aus, er soll sich vom Ausreiseantrag der Familie distanzieren. Sechs Jahre kann er es ertragen, dann will er über Ungarn fliehen und wird festgenommen. Er landet im Gefängnis Cottbus, wird freigekauft und kann zu seiner Familie nach Essen. Dort stellt er fest, dass nicht nur sein Bruder für die Staatssicherheit gearbeitet hat, sondern auch Onkel und Tanten. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung ändert Peter sein Leben: Er verkauft seine Tanzschule in Essen und beginnt, Geschichte zu studieren. Er versteht nicht, dass es noch immer Menschen gibt, die den Jahrestag der DDR-Gründung feiern und auf die guten Seiten der DDR verweisen. Er will sich dieser Verklärung der DDR-Geschichte entgegenstellen.
    Burkhardt ist noch heute schwer traumatisiert durch seine Erfahrungen mit dem DDR-Regime. Er wächst in einem Spezialkinderheim auf, weil er dem Regime zu staatsfern ist. Seine Versuche, sich anzupassen, scheitern immer wieder. Schließlich entzieht man ihm den Personalausweis. Er muss Ostberlin verlassen und flieht in die Prager Botschaft der BRD. Dort kann man ihm nicht helfen. Beim anschließenden Versuch, über die ungarische Grenze zu fliehen, wird er erwischt und landet im Zuchthaus Cottbus, wo er von 1977 bis 1978 inhaftiert ist. Burkhardt engagiert sich in Cottbus, weil er Geschichte nicht den Historikern überlassen will. Für ihn geht es um die Frage, was man aus der Vergangenheit gelernt hat. Und was getan werden kann, damit so etwas nie wieder passiert.
    Wenige Tage nach der Geburt ihrer Tochter muss Margot ihre Haftstrafe im Zuchthaus Cottbus antreten. Ihr Kind wird zur Adoption freigegeben. Geschwächt durch die Geburt, ohne medizinische Versorgung und hohem psychischen Druck ausgesetzt, wird sie dennoch zur Zwangsarbeit eingeteilt. Erst nach 33 Jahren trifft sie ihre Tochter wieder. Margot gewinnt nach der Wiedervereinigung Deutschlands einige Gerichtsprozesse mit Bezug zur politischen Verfolgung in der DDR. Heute berät sie Menschen, die Opfer dieser Verfolgung sind.
    E. war Aufseher im Gefängnis zu DDR-Zeiten. Heute setzt er sich für das Menschenrechtszentrum ein. Er hat für die ehemaligen Häftlinge von Cottbus und für das Menschenrechtszentrum bei der Bundesregierung und beim Land Brandenburg um Unterstützung gebeten. E. nennt die ehemaligen Gefängnisinsassen heute seine neuen Freunde. Er weiß, dass das Regime, dem er gedient hat, unschuldigen politischen Gefangenen großes Leid angetan hat. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 22.03.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 22.03.2022ZDFmediathek
  • Folge 1075 (30 Min.)
    Nicht einsam, sondern in Gemeinschaft im Rentenalter leben: Alternative Wohnprojekte gibt es immer mehr. Das Passende zum richtigen Zeitpunkt zu finden, ist aber schwer.
    Zwei Paare und eine Seniorin sind auf der Suche nach alternativen Lebensformen. Wohnprojekt oder Seniorenheim? Die Wahl ist abhängig vom Alter, vom Anspruch und vom Geldbeutel. Vor allem aber braucht man einen langen Atem. „37°“ begleitet den Neustart.
    Martina und Thomas, beide Anfang 60, leben in Oberbayern in Weilheim. Bald sind die Sozialarbeiterin und der Exportkaufmann im Ruhestand. Nach ihrer aktiven beruflichen Phase wollen sie mit Menschen verschiedenen Alters in einem Mehrgenerationen-Projekt leben. Schon lange beschäftigen sie sich mit dem Gedanken, wie sie im Alter leben möchten. „Wir wollen nicht als einsames Paar in die Geschichte eingehen, sondern gern mit jüngeren Leuten und Senioren noch ein bisschen Gemeinschaft leben“, so ihr Anspruch. Sie informieren sich auf verschiedenen Plattformen im Internet. Es gibt Angebote, innerhalb einer Gemeinschaft Eigentum zu erwerben, zu mieten oder Mitglied einer Genossenschaft zu werden.
    Martina und Thomas favorisieren das Genossenschaftsmodell. Sie würden eine Miete zahlen, wären aber durch die Genossenschaftsanteile gleichzeitig Eigentümer, könnten so mitbestimmen und mitgestalten. Gern würden sie in den Norden Richtung Küste ziehen oder in die Nähe von Köln, wo Martinas Familie lebt. In einem Mehrgenerationsprojekt in der Vordereifel können sie trotz Corona einen Besichtigungstermin vereinbaren. Das Gehöft ist komplett saniert. Hier sollen bis zu 20 Personen leben. Martina und Thomas könnten sofort eine Wohnung mieten für rund fünf Euro pro Quadratmeter. Ein sehr gutes Angebot, allerdings gibt es bisher nur eine Bewohnerin. Die beiden haben viele Fragen an den Gründer des Projekts.
    Parallel nehmen sie Kontakt zum Wohnprojekt staTThus an der Ostsee in Husum auf. Das staTThus ist eine denkmalgeschützte ehemalige Grundschule mit viel Außengelände. Hier leben rund 40 Menschen, vom Kleinstkind bis zur 80-Jährigen, Alleinerziehende, Familien und Singles. Martina und Thomas fühlen sich sofort wohl, allerdings sind die Wohnungen im Altbau längst belegt. Deshalb plant die Gemeinschaft einen Neubau, in dem sich Martina und Thomas für eine Dreiraumwohnung interessieren. Problem: die Finanzen. Noch ist nicht klar, wie viel der Quadratmeter kosten wird, zumal die Reserven der Gemeinschaft fast aufgebraucht sind und die Baukosten aktuell stark steigen. Ob sie sich das dann überhaupt leisten könnten?
    Erika ist mit 91 Jahren noch immer vital und fit. Sie lebt in ihrem Haus am Stadtrand von Braunschweig. Den Haushalt schafft sie noch allein und wenn sie Hilfe benötigt, ist ihr Sohn zur Stelle. Dennoch gibt es Tage, wo es nicht mehr ohne Hilfe geht. Solange sie noch einigermaßen mobil ist und selbst entscheiden kann, will sie einen Platz in einem Seniorenheim suchen. „Es gibt ja viele Heime, aber ich möchte mir das vorher aussuchen, nicht dass die Kinder mich dann hinbringen müssen.“ Mit ihrem Sohn Ralf informiert sie sich im Internet. Erika hat genaue Vorstellungen. Das Heim soll nicht so groß sein, sie möchte ein Einzelzimmer, wenn möglich mit Balkon. Sie vereinbaren einen Termin im AWO Wohn- und Pflegeheim in Heidberg. Neugebaut für rund 130 Bewohner. Sie besichtigt ein Einzelzimmer einer Bewohnerin und ist angetan. Allerdings haben die Zimmer keinen Balkon. Erika müsste einen Eigenanteil von 1780 Euro zahlen. Mit ihrer Rente plus der Witwenrente würde das klappen.
    Ihr zweiter Besuch führt sie in das noble Augustinum. Bekannte haben ihr darüber berichtet. Das Konzept: Betreutes Wohnen mit vielen Zusatzleistungen. Die Appartements sind unterschiedlich groß und sehr ansprechend. Das kleinste würde rund 1500 Euro kosten, inklusive einer Hauptmahlzeit. Nicht im Preis enthalten sind Frühstück, Abendbrot, eine Pauschale von 97 Euro und monatlichen 500 Euro Solidarfonds im Pflegefall. Das mitgerechnet müsste Erika etwa 3000 Euro im Monat bezahlen. Ihre Rente würde dafür nicht ausreichen.
    Dann bekommt sie überraschend einen Anruf aus einem familiengeführten Heim im Nachbarort Cremlingen, ein Heimplatz sei frei geworden. Allerdings müsse sie sich innerhalb weniger Tage entscheiden, denn die Warteliste sei lang. Das Zimmer ist relativ groß, mit Terrasse und schönem Ausblick. Die Kosten liegen mit 1800 Euro Eigenanteil unter dem bundesweiten Durchschnitt von 2100 Euro.
    Sigrun und Helmuth sind bereits im Ruhestand und wagen jetzt einen Neustart. Sie ziehen in den Uhlenbusch, ein Wohnprojekt für Senioren in Bosau bei Plön. In ihrem gemütlichen Haus in Hamburg hätten sie bleiben können, allerdings ist es sehr verwinkelt und nicht behindertengerecht. Den Uhlenbusch hatten sie bereits im Visier, allerdings war bisher kein Häuschen frei, was sie hätten mieten können. Nun geht auf einmal alles ganz schnell. Sie packen ihre Kisten und ziehen um. Ihr Sohn wird das Familienhaus übernehmen.
    Das alternative Wohnprojekt wurde von einem Hamburger Ehepaar geplant und gebaut. Entstanden sind 30 Holzhäuser, ein großes Gemeinschaftshaus, Werkstätten und eine eigene Solaranlage. Für ihr kleines Reihenhaus mit einer Wohnfläche von knapp 80 Quadratmetern zahlen sie eine Kaltmiete von rund 1000 Euro.
    Sigrun und Helmuth wollten im Alter unbedingt in einer Gemeinschaft mit anderen Senioren wohnen. Ob das wirklich funktioniert, wissen sie allerdings nicht. „Wir haben keinen Plan B und im Grunde genommen ist es in so einer Gemeinschaft wie überall. Man kann es so machen, man kann sich hinsetzen und sagen, ich will jetzt Entertainment haben. Und wenn nichts passiert, kann man meckern. Oder man kann auch mal was selber machen.“
    Nach einem knappen halben Jahr treffen wir sie wieder. Ist der Uhlenbusch der richtige Ort für Sigrun und Helmuth? Sind sie bereits heimisch geworden? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 29.03.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 29.03.2022ZDFmediathek
  • Folge 1076 (30 Min.)
    Höher, schneller, weiter: gesünder essen, den Tag optimal nutzen, dabei die Leistungsfähigkeit von Körper und Geist im Blick. So lieben es die Selbstoptimierer.
    Der Trend zur Optimierung des „Ich“ ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, Trendforscher bezeichnen das 21. Jahrhundert als „Zeitalter der Selbstoptimierung“. Schon 2016 fühlte sich ein Drittel der Deutschen als Selbstoptimierer.
    Heute geht das Optimierungsbestreben weiter – achtsamer, glücklicher, besser erholt soll man sein. Aber ist alles, was „mich“ besser macht, auch gut? „37°“ begleitet Menschen, die sich und ihr Leben optimieren. Was treibt sie an? Wo liegen die Gefahren der Selbstoptimierung?
    Dass die Optimierung des Berufs- und Privatlebens nicht immer positiv, sondern auch ein Kampf mit drastischen Folgen sein kann, weiß Sophia Thiel (26). Sie ist Fitness-Influencerin, gefeierter Star ihrer Branche. Auf Instagram, YouTube und Facebook folgen ihr jeweils rund eine Million Menschen. 2012 begann Sophia mit Diäten, sie nahm 30 Kilogramm ab, entdeckte das Bodybuilding für sich und ließ die Öffentlichkeit über die sozialen Medien an ihren Erfahrungen teilhaben. Sie schrieb Bücher, wurde Kraftsport-Star, entwickelte ein erfolgreiches Fitnessprogramm.
    Doch 2019 verschwand sie plötzlich von der Bildfläche. Kein Post, bis zu ihrem Comeback 2021. Sophia war zusammengebrochen, auf ihr lastete zu viel Druck, außerdem verschwieg sie der Öffentlichkeit, dass sie unter Essanfällen litt. Erst durch eine Therapie konnte sie ihre Essstörung aufarbeiten. „Es gibt immer Tage, wo man sich schlecht fühlt. Früher hätte ich gesagt, durchziehen und gut. Heute muss ich mich dann auch nicht zum Post zwingen.“
    Auch der 48-jährige Andreas Breitfeld ist ein Ich-Vermesser, ein sogenannter Biohacker. Biohacker versuchen, ihren Körper zu „hacken“, also wie Computer-Hacker in ein System einzudringen, um es zu verändern. Andreas nutzt dafür technische Hilfsmittel, und er macht vieles anders als andere: Jeden Morgen steht er um 6:30 Uhr mit einer Lampe auf, die die natürliche Morgenröte imitiert, steigt danach ins Eisbad. Das wichtigste Ritual: Andreas trägt einen Ring mit viel Elektronik; der misst seine Vitalwerte und seinen Schlaf. Mittlerweile hat Andreas die Optimierung von Körper und Geist zum Beruf gemacht und ein Biohacking-Lab in München gegründet. Für ihn steht fest: Diese Art der Selbstoptimierung rettete ihm nach einem Burnout 2016 das Leben.
    Höher, schneller, weiter: Für Karina Löckener (31) und Philip Wrozyna (32) aus Braunschweig haben diese drei Worte keine große Bedeutung, doch auch sie sind Selbstoptimierer. Sie wollen zu sich selbst finden, sich von materiellen Dingen trennen, demnächst in einen Bulli umziehen. Dafür verändern sie Schritt für Schritt ihr Leben. Beide sind Rohveganer, gekochte oder gebratene Nahrung halten sie für schädlich, sie essen alles roh und verzichten auf tierische Produkte. „Selbstoptimierung sehen wir als Weg, zu sich zurückzufinden“, davon ist Philip überzeugt. Karina war, bevor sie Philip kennenlernte, verheiratet, wohnt noch immer in der Eigentumswohnung von damals und möchte sie nun verkaufen. „Ich hab’ früher gedacht, dass das, was man beigebracht bekommt, so ist. Ich hab’ irgendwann gemerkt: Das bist du nicht. Dein Leben ist da draußen, die Natur. Dafür bin ich bereit, vieles hinter mir zu lassen.“ (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 19.04.2022ZDF
  • Folge 1077 (30 Min.)
    Jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden. Was romantisch begann, endet oft im kurzen Prozess. Doch nicht für jeden. Es gibt auch das Ja zur Krise und den Kampf um die Ehe.
    Unterschiedliche Charaktere, Affären oder neue Lebensphasen sind Herausforderungen, an denen die Liebe zerbrechen kann. „37°“ begleitet Paare, die den Weg zueinander wiederfinden wollen.
    Vier Affären hatte Björn, drei vor der Hochzeit mit Regina, eine danach. Das Paar aus Gummersbach hat sich in einer Dorfdisco kennengelernt. „Ich habe unheimlich viel getrunken und war auf jeder Party zu Hause“, erzählt Björn. Regina dagegen hat zu dieser Zeit schon zwei kleine Kinder aus erster Ehe und führt ein Leben voller Verpflichtungen. Trotz aller Gegensätze werden die beiden ein Paar.
    Doch Björn lässt das unstete Leben nicht los, er geht fremd. Trotz der ersten drei Affären hält Regina an ihm fest, macht ihm einen Heiratsantrag. Die beiden bauen ein Haus, bekommen zwei weitere Kinder. Dann die böse Überraschung: Regina findet ein zweites Handy mit Nachrichten, die auf eine weitere Affäre hinweisen. „In dieser Zeit ist mir mit Sicherheit der Respekt und sämtliche Wertschätzung, die ich meinem Mann gegenüber entgegenbringen möchte, total abhandengekommen“, so Regina. Und doch bleiben die beiden zusammen, kämpfen darum, gemeinsam eine neue Grundlage für ihre Liebe zu schaffen.
    Julia und Holger aus Karben bei Frankfurt sind seit 13 Jahren zusammen und seit neun Jahren verheiratet. Drei junge Kinder lassen kaum Raum für die Privatsphäre des Paares, hinzu kommen unterschiedliche Vorstellungen vom Leben: Sie würde gern in der Stadt wohnen, ihm gefällt es auf dem Dorf.
    Auch die Rollenverteilung sorgt immer wieder für Streit: Sie wünscht sich, dass beide Teilzeit arbeiten und sich in gleichem Maß um die Kinder kümmern. „Manchmal denke ich, eine Trennung wäre vielleicht die Lösung, und ich wohne dann mit den drei Kindern alleine in der Stadt“, erzählt Julia. Doch die beiden suchen Hilfe bei Therapeut Eckhard Roediger und arbeiten an ihrer Beziehung. „Der Haupteffekt, den wir in Paartherapien haben, ist gar nicht, dass wir die Menschen verändern“, so Roediger. „Sondern wir verändern die viel zu hoch geladenen Erwartungen aneinander.“
    Die drei Kinder von Tanja und Dirk aus Lünen bei Dortmund sind erwachsen und ausgewandert. Das große Haus ist plötzlich leer und still, zurück bleibt die Frage: Was verbindet uns jetzt noch? Während Dirk den Auszug der Kinder eher pragmatisch betrachtet, leidet Tanja stark unter der Distanz zu ihnen und den beiden Enkeln, die in Australien leben. „Ich habe oft den Eindruck, er versteht mich nicht richtig, und dann bin ich ihm gegenüber vielleicht manchmal auch nicht ganz ehrlich“, gesteht sie. „Es besteht schon die Gefahr, zu sagen: Man kennt den anderen, und das reicht. Sich dann noch mal tiefer in den Partner hineinzuversetzen, hat auch etwas damit zu tun, den Hintern hochzukriegen“, sagt Dirk. Die beiden suchen die Nähe zueinander neu, fangen an, sich über ihre Gefühle und Bedürfnisse auszutauschen und sogar eine gemeinsame berufliche Perspektive zu entwickeln.
    „37°“ begleitet drei Paare durch ihre persönlichen Krisen – eine Zeit, die sich in Streit und Versöhnung, Gegeneinander und Miteinander, Verzweiflung und Hoffnung zeigt, aber von dem Glauben an die Verbindung Ehe getragen wird. Sie wollen herausfinden, was sie als Paar ausmacht, was von den guten Zeiten übrig ist und wohin es gemeinsam noch gehen kann. Es wird deutlich, dass die Ehe kein Spaziergang ist, sondern ein Weg, der herausfordernd und steinig sein kann, den diese Paare aber gemeinsam gehen wollen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 26.04.2022ZDF
  • Folge 1078 (30 Min.)
    Drohbriefe, verbale Aggressionen, sexistische Gewaltandrohungen in den sozialen Netzwerken bis hin zu tätlichen Angriffen – das ist Teil des Alltags von Politikern geworden.
    Es trifft Bürgermeister, Abgeordnete oder Kandidaten für politische Ämter. Wie verändert ständige Bedrohung das Leben der Betroffenen? Welchen Einfluss hat es auf ihre Arbeit? „37°“ begleitet Politiker, die mit Anfeindungen, Hass und Hetze leben.
    René Wilke ist Oberbürgermeister von Frankfurt/​Oder und Mitglied der Partei DIE LINKE. Seit seinem Amtsantritt 2018 gab es mehrere Morddrohungen. Wilke musste sogar umziehen, weil Menschen vor seiner Haustür oder im Aufgang seines Hauses auf ihn gewartet hatten. Beleidigungen gehören für ihn zum Alltag. Die Hassbotschaften kommen per E-Mail, über soziale Netzwerke und als Briefe, oftmals nicht anonymisiert.
    Die Strategie des 37-Jährigen: Er hat es sich zur Gewohnheit gemacht, die Menschen, die ihm Drohbriefe schreiben, persönlich zu besuchen. Er klingelt bei ihnen, zeigt ihnen, was sie geschrieben haben, und versucht, darüber zu reden und herauszufinden, ob sich hinter den Drohungen ein wirkliches Anliegen verbirgt. Häufig trifft er auf Menschen, denen es dann zutiefst peinlich ist zu sehen, was sie geschrieben haben.
    Ricarda Lang ist Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der Grünen. Ihre Schwerpunkte sind Bildungs- und Hochschulpolitik, Diversity, Feminismus und Body Positivity. Die Angriffe gegen die 27-Jährige beginnen, zunächst vornehmlich im Netz, als sie 2017 zur Jugendsprecherin der Grünen gewählt wird. Egal zu welchem Thema sie sich äußert, sie erlebt hauptsächlich Bodyshaming in Form von bösartigen Beschimpfungen. Im April 2021 wird ihr Name auf dem Klingelschild ihrer Privatwohnung rot durchgestrichen.
    Nach einem Auftritt bei „Hart aber fair“ im Juni 2021 trendet ihr Name auf Platz eins bei Twitter, ein Shitstorm ergießt sich über die 27-Jährige, wieder wird sie wegen ihrer Figur aufs Übelste beleidigt und diffamiert. In einem Statement sagt sie: „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich stehe da immer komplett drüber“, und weiter, dass sie mittlerweile eine Schere im Kopf habe und häufiger überlegen würde, ob sie etwas so sagen könne. Doch für Ricarda Lang bedeuten die Hassbotschaften auch Motivation: „Das ist genau das, was die wollen. Das Ziel, Frauen mundtot zu machen.“
    Auch Andreas Hollstein, 59, hat Hass, Hetze und Gewalt gegen Amtsträger erlebt. Hollstein war von 1999 bis 2020 Bürgermeister im westfälischen Altena. 2017 wird er in einem Imbiss ganz in der Nähe seines Hauses mit einem Messer angegriffen und verletzt. Zwar sitzt er schon am nächsten Tag wieder in seinem Büro, doch der Angriff wirkt nach. Der erste Gang durch die Stadt nach der Tat kostet Überwindung, in den folgenden Monaten erleidet Andreas Hollstein drei Hörstürze.
    2018 wird der Täter wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Heute wohnt der Täter an seinem alten Wohnort ganz in der Nähe von Hollsteins Wohnung. Auch nach dem Attentat erhält der CDU-Politiker immer wieder Morddrohungen, so auch nach der Festnahme eines Tatverdächtigen im Zusammenhang mit den Ermittlungen im Mordfall Walter Lübcke. Aufgeben werde er nicht, doch er verhalte sich anders als zuvor. Trotzdem kandidiert er 2020 für das Amt des Oberbürgermeisters in Dortmund, unterliegt aber knapp dem Kandidaten der SPD.
    „37°“ begleitet die Protagonisten in den jeweiligen Städten, bei Veranstaltungen und Sitzungen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 03.05.2022ZDF
  • Folge 1079 (30 Min.)
    Bernhard (55) gehört zu den 1,6 Millionen Menschen in Deutschland, die an Demenz erkrankt sind. Seine Familie und seine Freunde wollen ihm möglichst lange das gewohnte Umfeld bieten.
    Drei Prozent der Menschen mit Demenz sind jünger als 65. Für sie und ihr Umfeld ist die Krankheit besonders schlimm, denn sie werden mitten aus einem aktiven Leben gerissen, haben manchmal noch junge Kinder.
    Bernhard (55), verheiratet, Vater von zwei Söhnen (13 und 18), erfolgreicher Ingenieur mit eigener Firma aus Freiburg, ist vor etwa sieben Jahren an Frontotemporaler Demenz erkrankt. Er kann sich nicht mehr sinnvoll artikulieren, versteht Zusammenhänge nicht, wird schnell wütend und kann kein Mitgefühl mehr entwickeln. Ehefrau Ute (52) hat inzwischen eine Generalvollmacht, um alles Notwendige für ihn zu regeln. „Bernhard ist glücklich, und uns geht es gut“, sagt sie über ihren demenzkranken Ehemann und ihre Familie. „Aber ohne unsere Freunde würden wir das so nicht schaffen. Sie sind unser Netz.“
    Ehefrau Ute und die Freunde versuchen, Bernhard ein normales Leben zu ermöglichen: Er fährt jeden Tag zur Arbeit, trifft sich mit seinen Freunden zum Volleyball, macht am Wochenende Ausflüge und bekocht alle mit seiner Paella. Ein außergewöhnliches Leben für einen Menschen mit Demenz. Mit Gelassenheit und Liebe meistert Ute die Betreuerrolle, doch es schmerzt, nach und nach den Partner zu verlieren. Und es kostet sie viel Kraft, die Familie in dieser außergewöhnlichen Situation zusammenzuhalten und allein für die Söhne zu sorgen. Immer wieder steht sie vor dem Dilemma, Bernhard möglichst viel Freiheit gewähren zu wollen, aber dabei die Bedürfnisse der Söhne nicht aus dem Blick zu verlieren.
    Mit dem Fortschreiten der Erkrankung stehen alle vor immer wieder neuen Herausforderungen: Bernhard will unbedingt noch selbst Motorrad fahren, aber das ist nicht mehr zu verantworten. Das Familienkonto muss für ihn gesperrt werden, er verliert zunehmend die Orientierung und verweigert medizinische Untersuchungen.
    Wie gehen Ehefrau Ute und die Freunde damit um? Und wie bereiten sie sich auf die Zukunft vor, wenn Bernhards Erkrankung sich weiter verschlimmert?
    „37°“ über Liebe, Freundschaft und außergewöhnliche Wege, mit der Krankheit Demenz umzugehen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 10.05.2022ZDF
  • Folge 1080 (30 Min.)
    Polizistinnen und Polizisten mit Migrationsgeschichte sind in Deutschland gefragt. Die vielfältiger werdende Gesellschaft stellt auch sie vor neue Herausforderungen.
    Der Film zeigt, was drei von ihnen erleben und leisten. Mal sind sie besondere Vertrauenspersonen, mal sprachbegabte Mittler in Krisensituationen oder kultursensible Türöffner in Einwanderungsmilieus.
    „37°“ schildert, wie es sich anfühlt, immer wieder auch „dazwischen“ zu sein und warum es für manche zum Teil noch keine Selbstverständlichkeit ist, dass Polizisten nicht immer dem im Polizeijargon sogenannten „deutschen Phänotyp“ entsprechen – und was ist das überhaupt? Die besonderen Fähigkeiten von Polizistinnen und Polizisten mit Migrationsgeschichte kommen vor allem in Einwanderungsmilieus zum Einsatz.
    Im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen ohne Zuwanderungsgeschichte lastet auf ihnen eine doppelte Herausforderung: Man erwartet von ihnen auch, dass sie aufgrund ihrer Zuwanderungsgeschichte zwischen den Kulturen vermitteln und immer mit der nötigen interkulturellen Kompetenz ausgestattet sind.
    Derya Yildirim war vor 20 Jahren eine der ersten Polizeibeamtinnen mit türkischen Wurzeln in Hamburg. Vorurteile und Diskriminierungserfahrungen kennt sie aus vielen Perspektiven. Heute ist sie die treibende Kraft im „Institut für transkulturelle Kompetenz“ der Polizei Hamburg und sagt: „Die kulturelle Vielfalt muss sich noch viel mehr in der Polizei widerspiegeln“. Unnachgiebig, kreativ und mit viel Herz erreicht sie Menschen, die sonst nie den Weg zur Polizei finden würden. „37°“ begleitet sie dabei und erfährt, warum es für viele Menschen mit Zuwanderungsgeschichte wichtig ist, sich auch in der Polizei vertreten zu sehen.
    Kevin Shaikh ist in Magdeburg als Polizeibeamter mit pakistanisch-polnischen Wurzeln eine Seltenheit. Die Prägung durch die Herkunftskultur seiner Eltern und seine besonderen Sprachkenntnisse machen ihn zu einem geschätzten Kollegen in seinem Revier. Sein Einfühlungsvermögen und seine interkulturelle Kompetenz helfen ihm oft, wenn es um Deeskalation in Konfliktsituationen geht. Er kann Ruhe bewahren, auch dann, wenn ein Neonazi ihn provoziert. „37°“ begleitet Kevin Sheikh im Einsatz und erfährt von ihm, wie schwierig es war, als dunkelhäutiges Kind in der Schule um Anerkennung zu kämpfen.
    Auch Dina Brewer aus Ägypten musste kämpfen, um sich ihren Traum vom Polizistenberuf zu erfüllen. Ihre Familie war über den Berufswunsch nicht erfreut und hadert heute noch mit der Entscheidung der zweifachen Mutter. Als eine der wenigen arabisch sprechenden Frauen bei der Berliner Polizei sagt sie, dass es nicht nur die Sprache sei, die ihr einen besonderen Zugang zu den Menschen verschaffe. Es sei vor allem das Wissen um die kulturellen Eigenarten und Besonderheiten. Polizistinnen und Polizisten mit Migrationshintergrund haben dieses Wissen im Gepäck. Die Zukunft der Polizei ist ganz klar: Es wird bunter. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 17.05.2022ZDF
  • Folge 1081 (30 Min.)
    Hauptschüler kämpfen an gegen ein Negativimage. Die Hauptschule gilt als Ort für die, die es sonst nirgends schaffen. Wie begegnen Absolventen einer Hauptschule diesen Problemen? Die Chancen für Hauptschüler auf dem Ausbildungsmarkt werden immer schlechter. Absolventen mit einem mittleren Schulabschluss oder Abitur können sich attraktive Ausbildungsplätze sichern, Hauptschüler bleiben oft außen vor. Shahd, 15, ist mit ihrer Familie aus Syrien über die Türkei nach Deutschland geflüchtet, seit drei Jahren ist sie nun in Deutschland. Shahd ist motiviert, gewissenhaft und will so viel lernen, wie es geht. Sie glaubt, dass sie bereits genug Zeit verloren hat.
    Auf der Flucht und dann in der Türkei musste sie arbeiten, um Geld für die Familie zu verdienen. Shahd spricht bereits gut Deutsch und will nach dem Abschluss weiterlernen mit dem Ziel, das Abitur zu machen und zu studieren. Dominik, 16, hat ein schlechtes Bild von der Hauptschule und sagt, dass Hauptschüler einen Stempel tragen und ohnehin gemieden werden, egal wie sehr sie sich anstrengen. Die Ablehnung würde er häufig erfahren – gerade auch in Bezug auf den weiteren Weg mit einer möglichen Ausbildung. Er schwänzt häufig die Schule und hat keine Unterstützung von seinem Elternhaus.
    Die Klassenlehrerin macht sich Sorgen, ob Dominik den Abschluss schaffen kann. Scarlett, 15, kommt aus dem Kosovo. In ihrer Familie herrscht ein sehr traditionelles Männerbild, gegen das Scarlett rebelliert. Sie muss Rechenschaft ablegen, wenn sie mal länger weg ist, muss sich per SMS bei den Eltern melden. Scarlett ist sehr reflektiert, sehr sozial und zuverlässig. Sie akzeptiert nicht, wie Frauen speziell in ihrem Kulturkreis behandelt werden. Umso mehr tritt sie für die Rechte der Frauen ein. Auch sie will das Abitur machen und studieren. Die „37°“-Sendung steht am Sendetag ab 8:00 Uhr in der ZDFmediathek zur Verfügung. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 21.06.2022ZDFDeutsche Online-PremiereDi 07.06.2022ZDFmediathek
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 15.02.2022
  • Folge 1082 (30 Min.)
    Mit U-Bahn, Bus oder Fähre zur Arbeit oder zum Sport. Die Fahrgäste lehnen sich zurück, die am Steuer tragen die Verantwortung. Wer sind die Menschen, die uns täglich an unser Ziel bringen?
    Mandy steuert sechs Tage die Woche einen Bus durch Berlin, Marcela die U-Bahn durch München, und Markus und Jürgen bringen ihre Fähre oft 16 Stunden am Tag von einem Ufer ans andere und wieder zurück. Eine monotone Arbeit oder eine, die sie erfüllt?
    Mandy meint, es reiche schon, wenn die Fahrgäste mehr lächelten. Die 26-Jährige sitzt seit vier Jahren am Steuer eines Busses in Berlin und führt damit eine Familientradition fort: erst der Großvater, dann der Vater, nun sie. Lieber wäre dem Vater gewesen, die Tochter hätte „etwas Ordentliches gelernt“, erzählt sie. „Eigentlich wollte ich Lkw fahren. In die Ferne. Irgendwohin weg.“ Der Familie und ihres Partners wegen ist es dann doch die Stelle bei den Berliner Verkehrsbetrieben geworden.
    Wegen ihres Schichtdienstes geben Mandy und ihr Freund sich im Alltag oft nur die Klinke in die Hand: Er kommt nach Hause, sie schläft bereits oder andersherum. Manchmal habe sie nur fünf Stunden Schlaf und gleichzeitig die Verantwortung für die Fahrgäste im chaotischen Stadtverkehr. Und trotzdem: Mandy liebt ihren Job und die Herausforderung.
    Wie sehr der Schichtplan das Privatleben bestimmt, spürt auch Marcela (37). Die Mutter einer Tochter im Kindergartenalter navigiert täglich einen Münchner U-Bahn-Zug durch die endlos erscheinenden, spärlich beleuchteten Tunnel. Ein besonderer Beruf, der die gelernte Modeschneiderin stolz macht. Aber einer, der ihr gleichzeitig einiges abverlangt – eingespannt zwischen der Fahrerkabine und einem Kind, das von der Kita abgeholt werden muss und auch mal krank ist. Gerade dann erfährt Marcela, was die U-Bahn-Fahrer ausmacht: „Eine Hand wäscht die andere.“ Man hält zusammen, wenn jemand ausfällt.
    Beginnt Marcelas Schicht, taucht sie ab: „Man ist in einer anderen Welt da unten. Die Einsamkeit in der Fahrerkabine verträgt nicht jeder.“ Für sie ist es ein Durchatmen. Dafür nimmt sie in Kauf, dass die Augen empfindlich werden, wenn sie erst zum Feierabend wieder das Tageslicht sieht.
    Fährmann Jürgen (33) trägt bei seiner Arbeit unter freiem Himmel in Neckarhausen Sonnenbrille und Kurzarmshirt. Zumindest an den guten Tagen. Aber auch bei Kälte und Regen muss er seine Passagiere von der badischen auf die hessische Seite des Neckars bringen oder zurück. Einen Unterstand gibt es nicht. „Wenn du den Job machst, kannst du nicht normal sein“, hieß es von seinen Freunden, als er beschloss, die Ausbildung zum Fährmann zu machen. Der gelernte Stuckateur steht dazu: Er mag die Verantwortung, die Natur und dass jeder Tag etwas Neues bringt.
    „Früher war’s die einzige Möglichkeit, über den Fluss zu kommen. Da hatte der Fährmann eine besondere Stellung, und die hat er heute auch noch“, erzählt sein Kollege Markus. Aber der alte Glanz der Fährmänner schwindet. Es ist schwer, Nachwuchs zu finden. In Urlaub zu fahren oder krank daheimzubleiben, ist fast unmöglich. „Du kannst nie abschalten“, sagt Markus (45). Er habe erst gehadert, den Job zu übernehmen, obwohl schon sein Urgroßvater die Fähre lenkte. Erst vor wenigen Jahren wurde aus dem gelernten Zimmermann ein Fährmann. Die Menschen danken es ihm und seinem Kollegen Jürgen. Mit Worten, mit Trinkgeld und mit ihrem Vertrauen. „Manche Leute erzählen dir hier ihre tiefsten Gefühle“, sagt Jürgen. „Die wissen, was hier auf der Fähre gesprochen wird, bleibt auf der Fähre.“
    Die Busfahrerin fährt zuverlässig die immer gleichen Stationen an. Der U-Bahn-Fahrerin geben die Gleise die Route vor. Der Fährmann pendelt bei Wind und Wetter zwischen den Haltestopps. Was monoton und simpel aussieht, wird zum täglichen Kraftakt.
    „37°“ erkundet genau diese Meisterschaft zwischen zehrenden Schichten und freundschaftlichen Begegnungen und rückt damit jene ins Rampenlicht, die oft übersehen werden, obwohl sie alltägliche Begleiter vieler Menschen sind. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 28.06.2022ZDF

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