2021, Folge 1029–1047

  • Folge 1029 (30 Min.)
    2013 haben sie ihr großes Haus in der Schweiz verkauft, sich und ihre fünf Kinder bei den Behörden abgemeldet, um fortan auf einem Schiff über die Weltmeere zu segeln. Frei sein. Nach einem Jahr Renovierung und Reparaturen ist das alte Segelschiff endlich hochseetauglich, und Michael und Corina haben genügend Segelpraxis, dass sie aufbrechen können in ihr großes Abenteuer. Wie wird es werden, das Leben auf dem Boot? „Wir beide sind so Freigeister, wir lassen uns nicht gerne vorschreiben, was wir zu tun haben. Wir leben selbstverantwortlich, auch für unsere Kinder“, erzählt Michael (54). Sechs Jahre segelt die Großfamilie über die Weltmeere. Ohne Ziel, immer getrieben von dem Motto „Der Weg ist das Ziel“, entfernen sie sich nicht nur von der Heimat, sondern viel weiter weg noch von einem bürgerlichen Leben, von Konventionen.
    Die Kinder wachsen ohne Schule oder Kindergarten auf. Freundschaften bleiben sporadisch, finden in den Marinas, den Häfen dieser Welt, statt. Sie lernen frei, ohne Lehrpläne, wann, was und wie sie wollen. Doch auch ohne Schule beherrschen sie nicht nur Schreiben, Lesen und die Grundrechenarten. Sie sprechen Englisch und Spanisch, verstehen physikalische Prozesse, wissen, wie man den Schiffsmotor repariert, wie schnell der Wind sich drehen kann und was die Menschheit mit der Umwelt anrichtet. Für Corina und Michael ist das Dasein auf dem Schiff das reine Glück. Es könnte immer so weitergehen. Doch ihre Kinder wollen nach sechs Jahren auf See nicht mehr, vermissen Freunde und einen geregelten Schulalltag. Saskia, die Älteste, ist die Triebfeder zur Veränderung. Sie drängt darauf, wieder sesshaft zu werden, dem Bootsleben endlich ahoi zu sagen.
    „Ich will mich beweisen, in die Schule gehen und wie andere Teenager leben“, sagt sie mit einer Mischung aus Überzeugung und Unsicherheit, denn sie weiß auch, dass sie mit ihrem Entschluss den Eltern eine große Bürde auferlegt. Im Sommer 2019 bringt die Familie das Schiff in die portugiesische Werft, in der das Abenteuer vor sechs Jahren begann. Aber was jetzt? In Georgien pflegt Michael schon seit Jahren enge, geschäftliche Beziehungen. Ein Land im Aufbruch. Hier wollen sie es versuchen mit der Sesshaftigkeit. Zwei der Kinder entschließen sich, die deutsche Schule in Tiflis zu besuchen. Die anderen bleiben zu Hause, helfen beim Hausbau, beim Anlegen eines Nutzgartens und lernen weiter wie gewohnt das, wonach ihnen der Sinn steht.
    Ein Teil der Familie praktiziert enthusiastisch das neue Lebensmodell, der andere Teil, allen voran Corina, die Mutter, leidet unter der Enge, der Kälte und der Unterordnung in ein Schulsystem, das sie hinter sich lassen wollte. Die Sehnsucht nach dem Schiff brennt in ihr, als sich völlig unerwartet noch einmal alles verändert. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 05.01.2021ZDF
  • Folge 1030 (30 Min.)
    Es geht um Kinderpornografie oder Kindesmissbrauch, wenn die Spezialeinheit des LKA ausrückt. Der Film begleitet das Team bei der Vorbereitung und den Einsätzen. Wenn die Einheit tätig wird, dann liegen bereits handfeste Hinweise des Bundeskriminalamtes vor. Für die Verdächtigen steht viel auf dem Spiel. „Hier spricht die Polizei. Bitte öffnen sie die Tür!“ Schritte sind zu hören in der Wohnung des Mehrfamilienhauses am Hamburger Stadtrand. Die drei Fahnder des LKA treten von der Tür zurück – sie wissen nie, wie jemand reagiert, der überraschend durchsucht werden soll. In diesem Fall öffnet ein Mann mittleren Alters. Der Kommissar zeigt ihm den Durchsuchungsbeschluss der Staatsanwaltschaft. Sein Kollege und eine weitere Kommissarin beginnen, Schränke zu öffnen, Handys in Plastiktüten zu packen.
    Der Kommissar konfrontiert den Bewohner mit dem Anlass der Polizeiaktion: der Verdacht auf den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie. Den Besitz räumt der Betroffene dann auch schnell ein. Einen unmittelbaren Kindesmissbrauch nicht. Einer von vielen tausenden, die „nur“ Bilder von missbrauchten Kindern anschauen. „Sie sind eben nicht harmlos deshalb, sondern sie sind es, die am Ende den zahllosen Missbrauch in Auftrag geben durch ihre Nachfrage“, so die Erfahrung des Kommissars. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 12.01.2021ZDF
  • Folge 1031 (30 Min.)
    Warum gehen Männer und Frauen fremd? Warum riskieren sie für einen Seitensprung das Ende ihrer Beziehung? Fragen, die sich auch Mina und Arndt sowie Christiane und Michel stellten. Der Film lässt Menschen zu Wort kommen, die mit dem Fremdgehen konfrontiert wurden, sei es mit der Untreue eines Partners oder mit der eigenen. Eine Erfahrung haben fast alle gemacht: Auch scheinbar unkomplizierte Affären hatten Konsequenzen, die nicht geplant waren. Michael hat den Seitensprung vor seiner Ehefrau lange geheim gehalten. Denn der habe nichts mit seiner Beziehung zu tun gehabt, rüttelte nicht daran und nahm ihr nichts weg, sagt der 50-jährige Mann aus Hamburg. Er arbeitet freiberuflich im IT-Bereich. Seine Geliebte hat er in seinem beruflichen Umfeld kennengelernt. Es sei etwas gewesen, was nur ihn und diese Frau betraf und ihre Gefühle füreinander.
    Bis seine Ehefrau eines Tages sein Handy in die Hand bekam und den Chatverlauf zwischen den beiden las. Es folgte eine lange Aussprache zwischen den Eheleuten, Gespräche, wie sie in den 25 Jahren kaum stattfanden und die am Ende zur Trennung führten, erzählt Michael. Sein Tipp: „Schaue nie ins Handy deines Partners!“ Mina (39) und Arndt (50) leben mit ihren zwei Kindern (15 und 6 Jahre alt) in Wien. Die Berliner sind dorthin gezogen, weil Mina ein interessantes Jobangebot bekam. Mittlerweile haben sich die beiden dort etabliert. Arndt arbeitet als Projektmanager, Mina als Personalcoach und Sozialpädagogin, singt außerdem in einer Band. Ihre Beziehung ist ziemlich turbulent, seit Mina ihrem Lebensgefährten von ihrer Affäre erzählte. Zuerst wollte sie es ihm verheimlichen, aber Arndt spürte, dass etwas nicht stimmte.
    Ein Trennungsgrund war die Affäre für das Paar nicht. Im Gegenteil. Sie nahmen sie zum Anlass, um nach den Gründen zu suchen und zu schauen, was sie in ihrer Beziehung anders machen müssen, um sie zu erhalten. Sie einigten sich darauf, dass Mina Arndt sagt, wenn sie sich wieder mit einem anderen Mann treffen möchte. Diese schonungslose Offenheit ist nicht immer leicht zu ertragen. In den 14 Jahren ihres Zusammenlebens ist Mina dreimal ausgebrochen. „Ich habe das Gefühl, dass die Außenbeziehungen mich Arndt wieder nähergebracht haben. Und ich vorher nicht gesehen habe, was er alles noch an Schätzen in sich trägt“, sagt Mina. Trotzdem fällt es Arndt nicht leicht, mit solchen Situationen umzugehen und seine Eifersucht zu überwinden. Er ist deswegen schon zweimal ausgezogen, kam aber immer wieder zu Mina und den Kindern zurück.
    „Ich schöpfe meine Kraft und die Möglichkeit, damit umzugehen, tatsächlich aus den Gefühlen, dem Besonderen, was wir haben. Und vor allem reden wir offen darüber, wo wir stehen und was die Basis ist“, sagt Arndt. Christiane (53) aus Wiesbaden hatte früher das, was man eine heile Welt nennt. Verheiratet, zwei Kinder, Haus mit Garten, einen guten Job in der IT-Branche. Bis sie eine Affäre mit einem Mann einging und ihrem Ehemann das irgendwann beichtete. Sie wollte den Seitensprung zum Anlass nehmen, um über Probleme in ihrer Ehe zu sprechen, aber es folgte die Scheidung. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Moment zu spät erkannt wird, wenn eine Beziehung auseinandergeht. Und dann ist ein Zurück nicht mehr möglich.“ Christiane ist eine Frau, die beide Seiten kennt.
    Sie hat nicht nur ihren Mann mit einem anderen betrogen, sondern sie wurde Jahre später, als sie wieder ein Verhältnis einging, selbst betrogen. „Wenn man dieses Wort ‚betrügen‘ überhaupt in dem Zusammenhang gebrauchen sollte“, sagt Christiane. „Es klingt so negativ, so anklagend.“ Christiane denkt viel über Untreue und die Folgen nach. Ab wann beginnt das Fremdgehen? Beim ersten Kuss oder gar schon in Gedanken an einen anderen? Oder muss es erst zu Sex kommen, um vom Fremdgehen zu sprechen? „Für mich ist der Betrug immer der Betrug an meiner Erwartungshaltung. Ich habe ja eine Erwartungshaltung, dass mein Partner so oder so agiert. Dass er mir treu ist, mit mir die meiste Zeit verbringt, nur mit mir ins Bett geht. Der Betrug ist an dieser Erwartungshaltung, und das verletzt dann auch so“, sagt sie.
    Christiane lebt immer noch allein. Ihre Kinder sind aus dem Haus. Manchmal reagiert sie auf Kontaktanzeigen. Die meisten sind „unglücklich“ verheiratet, wie sie Christiane glaubhaft machen wollen, suchen ein erotisches Abenteuer. Ob sie je wieder eine feste Partnerschaft eingehen wird? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 19.01.2021ZDF
  • Folge 1032 (30 Min.)
    Fast jeder fünfte katholische Priester in Deutschland stammt heute aus Indien, Nigeria, Uganda oder Polen. Wie ist das, wenn man als Fremder plötzlich vor der neuen deutschen Gemeinde steht? In ihrer Heimat werden Religion und Kirche hochgehalten. Hier erleben sie leere Gottesdienste und wenig Anerkennung. Ein Kulturschock. Können diese Priester den Personalmangel der katholischen Kirche in Deutschland auffangen oder sorgen sie eher für Irritationen? Es ist Shreedhar Lankes letzter Tag in Indien, dann startet er in sein neues deutsches Leben am Niederrhein. Hier soll er als „Import-Priester“ dem Bistum Münster aus einer Not helfen: Es fehlt seit Jahren der deutsche Priesternachwuchs. Zu seiner Verabschiedung sind gut 500 Gläubige gekommen. Der Gottesdienst erinnert mit bunten Lichtern, lauter Musik und Tanzeinlagen fast an einen Bollywood-Film.
    Noch ahnt der indische Priester nicht, was ihn in Deutschland erwartet: Gottesdienste in halb leeren Kirchen, streikende Frauen, offene Kritik an Würdenträgern, Missbrauchsskandale. Kaplan Uchenna Aba möchte sich nicht damit abfinden, dass der katholischen Kirche in Deutschland außer den Priestern auch die Gläubigen abhandenkommen. Deswegen macht er vieles anders als seine deutschen Priesterkollegen. Er singt afrikanische Lieder im Gottesdienst, witzelt in seiner Predigt über die Fußballbundesliga und geht als Vampir im Karnevalszug mit. Jeder kennt Uche, wie er in seiner Gemeinde im niederrheinischen Pfalzdorf genannt wird. Keiner siezt ihn, und wer in Pfalzdorf oder einer angrenzenden Gemeinde heiratet, der möchte nur von ihm getraut werden. „Der ist nicht so abgehoben wie mancher seiner Vorgänger“, sagt eine Frischvermählte.
    Auch Uchenna Aba war 2014 als „Import-Priester“ nach Deutschland gekommen, nachdem ihm sein Bischof in der nigerianischen Heimat den Wechsel nahegelegt hatte. „Es war hart am Anfang“, sagt er. „Ich dachte, ich schaffe das nicht.“ Aber dann lernte er schnell die neue Sprache und startete eine Charme-Offensive in der neuen Gemeinde. Unangemeldet stand er Abend für Abend bei den Pfalzdorfern vor der Tür und stellte sich vor. Schnell sprach sich rum, dass „der Neue“ ein super Typ ist und in jeder Hinsicht anders als man es gewohnt war von der katholischen Kirche. Noch heute macht Uchenna Aba seine Spontanbesuche und hat auf diese Weise schon so manchen wieder zurückgeholt, der sich von der Kirche abgewandt hatte. Für den Inder Shreedhar Lanke läuft es von Anfang an holprig in Deutschland.
    Er tut sich schwer mit der Sprache und in seiner neuen Gemeinde und knüpft kaum Kontakte. In Indien kamen die Gläubigen zu ihm und baten um seinen Beistand, in Deutschland kommt niemand. Er verbringt viel Zeit in seiner kargen Wohnung, kocht sich indisches Essen und skypt mit seiner Familie in der Ferne. Die Organisatorin des weltweiten Priesteraustauschs im Bistum Münster, Renate Brunnett, ist unzufrieden mit Shreedhars Start in der Gemeinde. „Vereinzelt kommt es vor, dass wir Priester auch wieder in ihre Heimat zurückschicken“, sagt sie. Auch bei Shreedhar sei das denkbar, wenn er die Kurve nicht noch kriege. Der will es irgendwie schaffen in Deutschland, eine Rückkehr nach Indien wäre ein Gesichtsverlust. Er lernt fleißig Deutsch, besucht 80-jährige Jubilare und bereitet sich auf seine erste Taufe vor.
    Aber dann werfen ihn Corona und eine traurige Nachricht aus Indien wieder zurück. Schließlich kündigt Renate Brunnett ihr Kommen an. Wird sie Shreedhar noch eine zweite Chance geben? „37°“ begleitet die beiden Priester mehr als zwei Jahre lang auf ihrem Weg, sich in eine völlig neue Kultur und Kirche zu integrieren. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 09.02.2021ZDF
    ursprünglich für den 26.01.2021 angekündigt
  • Folge 1033 (30 Min.)
    Jährlich gewinnen ein paar Tausend Deutsche beim Lotto, bei der Klassen- oder Postcodelotterie oder in Quizsendungen richtig viel Geld. Aber was wollen und sollen sie damit machen? Mit dem Gewinn endet meist die Fron am Arbeitsplatz und das Leben in der engen Mietwohnung. Aber wie geht man mit der Überdosis Glück und dem fetten Konto um? Wem von den Freunden kann man überhaupt noch trauen, wem davon erzählen? Es sind Geldsorgen der anderen Art. Das Schicksal von Lotto-Lothar, der 1994 knapp vier Millionen gewonnen hat, sich Goldketten, Lamborghini, Protz und Prunk kaufte und fünf Jahre später an Magendurchbruch und Leberzirrhose starb, ist bekannt.
    Was aber machen vernünftige Menschen, wenn sie plötzlich zu viel Geld kommen? „37°“ hat drei gefunden, die ihr neues Leben zeigen – unter Corona-Bedingungen, die auch sie vor große Herausforderungen stellen. Leon hat die Million am Ende seines Psychologie-Studiums gewonnen. Er kauft mit einem beträchtlichen Teil des Geldes ein abgewracktes Schiff und baut es um zum Partyboot. Mittlerweile hat er mit seiner Crew 40 Arbeitsplätze geschaffen. Das Schiff läuft dreimal am Tag proppenvoll mit Gästen aus: Frühstücksfahrten, Weinproben, Hochzeiten, Partys. Der Rubel rollt – bis Corona alles stilllegt. Der 34-jährige Leon ist allerdings so verliebt in sein Projekt und sein Team, dass er „den letzten Knopf dafür hergeben würde“. Ob sie den Winter 2020/​2021 unter den erforderlichen Hygienebedingungen durchstehen, wissen sie nicht.
    Leon ist optimistisch. Für ihn ist die Million der Gewinn von Freiheit. Damit konnte er sich vom „Sicherheitsdenken und der dazugehörigen Maloche als Unternehmensberater freikaufen“ und die Dinge machen, die ihn eigentlich interessieren: Bücher, Bühnenshows und Podcasts zu psychologischen Themen produzieren und eben das Schiff betreiben. Svenja hat sich im Februar 2020 ein Los der Postcodelotterie gekauft und auf Anhieb mehrere Hunderttausend Euro gewonnen. „Unfassbar“ für die 26-jährige Erzieherin. Für sie war sofort klar, dass sie sich ein sportliches Auto für mehr als 30 000 Euro kauft. „Ein Jugendtraum“, sagt sie. Doch der Weg ist steinig. Erst hindert sie der Lockdown daran, dann eine Darmerkrankung. Da halfen auch Hunderttausende Euro nichts. Statt eine Probefahrt mit dem Sportwagen zu machen, kommt sie mit dem Notarzt in die Klinik.
    Monate später – wieder gesund – hat sie mit ihrem Freund einen neuen Plan. Sie wollen ein Haus mit Werkstatt und großem Garten für den Gemüseanbau kaufen. Aber auch hier liegen jede Menge Stolpersteine im Weg. Ralf sitzt 2010 mit viel Witz bei Günther Jauch, erobert die Million und die Herzen der Zuschauer. Die Fragen sind ihm vertraut, weil er seit Jahren selbst so ein Quiz für seine Kaffeehausbesucher veranstaltet und sich ähnliche Fragen ausdenkt. In seinem Leben hat sich seit dem Gewinn kaum etwas verändert. Der gelernte Konditor backt nach wie vor Kuchen, bedient seine Gäste, fährt sein altes Auto und verlässt seinen geliebten Stadtteil in Hannover nur, wenn es unbedingt sein muss.
    Im Herbst 2020 aber geht es an die Substanz, gerät das Café in Gefahr, weil COVID-19 seine beliebten Fragespiele nicht mehr zulässt und überhaupt die Umsätze unter die Betriebskosten treibt. „37°“ hat die drei Gewinner ein Jahr lang begleitet, durch Höhen, Tiefen und die Ungewissheit, was jetzt kommt. Entstanden ist eine Dokumentation über Menschen, die ihr Glück durch schwierige Zeiten bringen müssen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 16.02.2021ZDF
    ursprünglich für den 09.02.2021 angekündigt
  • Folge 1034 (30 Min.)
    Wer sich in Rumänien gegen die Abholzung von Bäumen in Naturschutzgebieten wehrt, stört ein Millionengeschäft. Und er lebt gefährlich. Zwei Förster wurden getötet, als sie Holzfäller-Kolonnen in flagranti erwischt haben. Auch die Waldschützer der Organisation „Agent Green“ sind schon verprügelt worden. In Rumänien gibt es scheinbar unendlich viel Wald. Darunter auch die letzten Urwälder in Europa. Die Waldschützer von „Agent Green“ möchten diese Gebiete erhalten. Sie sind zugleich Lebensräume von Braunbären, Wölfen, Luchsen und zahlreichen anderen Tierarten. Holzfirmen, die Bretter, Bauholz und Möbel in die ganze Welt liefern, auch nach Deutschland, sehen in den Wäldern vor allem eines: wertvolles Holz, das billig zu haben ist.
    Die EU hat Waldgebiete unter Schutz gestellt, doch die allgegenwärtige Korruption in Rumänien macht es möglich, dass trotzdem im großen Stil abgeholzt wird. Sogar der Ikea-Konzern stuft Rumänien als „Hochrisiko-Land“ ein, was illegales Abholzen betrifft. Die EU hat inzwischen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Rumänien wegen der Abholzungen in Schutzgebieten eingeleitet. Es soll vor dem Europäischen Gerichtshof verhandelt werden. Autor Manfred Karremann begleitet die Waldschützer von „Agent Green“ quer durch Rumänien, trifft dabei auch auf illegale Holztransporte. Mit dabei: ein EU-Parlamentarier, selbst Forstwirt, der die Lage vor Ort einschätzt. Es scheint fünf vor zwölf zu sein für Europas letzte Urwälder. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 23.02.2021ZDF
  • Folge 1035 (30 Min.)
    Kerstin Held ist Pflegemutter von vier behinderten Kindern. Sie hat ihr ganzes Leben dieser Aufgabe gewidmet. Auf politischer Ebene kämpft sie um die Rechte aller Kinder mit Behinderung. Als Vorsitzende des Bundesverbandes behinderter Pflegekinder e.V. setzt sich Kerstin dafür ein, dass behinderte Kinder wie bei ihr in einer familiären Umgebung aufwachsen dürfen statt im Heim. „Wenn man mir das Mama-Sein abspricht und sagt, wir sind keine Familie, sondern ein Kinderheim, dann ist das das Verletzendste, was man mir sagen kann.“ Kerstin Held ist Pflegemutter mit allen Sinnen. Sie hat ihr ganzes Leben auf ihre Pflegekinder abgestimmt. Da drei der Kinder Intensivpflege benötigen, beschäftigt sie Pflegekräfte, die rund um die Uhr an der Seite der Kinder sind.
    Maximilian, heute sechs, musste nach der Geburt wiederbelebt werden und hat sich – allen Prognosen zum Trotz – gut entwickelt. Bald kommt er in die Schule. Jonathan, der Dreijährige, bringt selbst Kerstin Held emotional an ihre Grenzen. Er wird beatmet, künstlich ernährt und ist fast blind. Regelmäßig besucht ihn seine leibliche Mutter. Fast selbst noch ein Kind, fühlte sich die junge Frau mit der Pflege überfordert. Zu Kerstin Held hat sie ein freundschaftliches Verhältnis. Der Familienalltag ist durchorganisiert. Freizeit hat die Pflegemutter kaum. Als Arbeitgeberin von 14 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen führt Kerstin Held ihre Familie wie ein kleines Unternehmen. Sie schreibt Dienstpläne, verwaltet Gehälter und kämpft sich durch den Behördendschungel, wenn es darum geht, Hilfsmittel für die Kinder zu beantragen.
    Das alles wäre schon ein Fulltime-Job. Doch Kerstin Held engagiert sich auch noch politisch: Kinder mit Behinderung fallen in Deutschland nicht unter das Kinder- und Jugendrecht, sondern unter das Sozialrecht. Da die beiden Gesetze nicht ineinandergreifen, ist vieles ungeregelt. Zum Beispiel gibt es in Deutschland kein Gesetz, das die Unterbringung von Pflegekindern mit Behinderung regelt. Die meisten leben daher in Heimen. Das muss zwar kein Nachteil sein, aber die Chancen für emotionale Bindung und eine positive Entwicklung sind in einer Familie größer. Das zeigt sich bei Kerstin Helds Pflegekindern eindrücklich. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 02.03.2021ZDF
    • Alternativtitel: Unternehmen in Corona-Krise
    Folge 1036 (30 Min.)
    In Deutschland arbeiten 40 Prozent der Beschäftigten in Kleinst- und Kleinunternehmen. Es ist daher entscheidend, wie diese Firmen durch die Corona-Krise kommen. „37°“ zeigt drei Beispiele. Ein Jahr lang begleiten Charlotte Gerling und Enrico Demurray die Besitzer einer Wäscherei, eines Start-ups für Caravan-Vermittlung und eines Restaurants. Sie zeigen, wie schwer die kleinen Unternehmen zu kämpfen haben und wie erfindungsreich die Menschen sind. Immerhin geht es bei den Kleinst- und Kleinunternehmen um mehr als 18 Millionen Menschen in Deutschland, die in diesem Bereich beschäftigt sind. Meist haben die Kleinunternehmen weniger liquide Mittel als größere Betriebe. Sie bekommen keine hohen Kredite.
    Unterstützung von staatlicher Seite ist zwar zugesagt, doch kommt sie an? Der Film ist zum Jahrestag des ersten Lockdowns in Deutschland Mitte März 2020 ein Spiegelbild unserer Gesellschaft mit Höhen und Tiefen, mit Hoffnung und Frustration, mit Einschnitten und Aufwärtstrends. Der Familienbetrieb Hausmann ist eine Wäscherei in Falkensee. Er erzielt den größten Teil seines Umsatzes mit Veranstaltungen. Der Lockdown im März 2020 traf Vater und Sohn hart. Gewaschen wurde nur noch einmal die Woche. Das Kurzarbeitergeld half, die schwerste Zeit zu überbrücken. Für die Beschäftigten war es trotzdem nicht leicht. Sie mussten erhebliche Verluste hinnehmen in einer Branche, die keine tariflichen Spitzenlöhne zahlt. Im Sommer besserte sich die Lage, die Gastronomie kam wieder als Kunde dazu.
    Der Familienbetrieb hatte zwar noch lange nicht das alte Umsatzniveau erreicht, doch die Zuversicht überwog, auch bei den Beschäftigten. Dann kam der Herbst und mit ihm der nächste Niederschlag: ein neuer Lockdown. Das Berliner Start-up PaulCamper erwischte der November-Lockdown 2020 auch hart. Normalerweise wird im Herbst viel Geld verdient, denn dann planen viele Menschen den nächsten Sommerurlaub. Doch nun passierte gar nichts. Wer bucht schon den Urlaub im Lockdown? PaulCamper ist eine Vermietungsplattform. Privatleute können darüber ihren Campingbus oder ihr Wohnmobil an andere Privatleute vermieten. Weil die Camper fast nie über das ganze Jahr genutzt werden, könnte eine Vermietung eine gute Geschäftsidee sein, dachte sich Dirk Fehse, der Gründer von PaulCamper, 2013 und wagte den Schritt.
    Das Unternehmen hatte Anfang 2020 ungefähr 70 Mitarbeitende. Wegen der schwachen Auftragslage aufgrund der Corona-Pandemie wurde bis zum Juni 2020 mehr als 20 Mitarbeitenden gekündigt. Das Überleben des Unternehmens stand auf dem Spiel. Start-ups verbrennen in der Aufbauphase, die starkes Wachstum liefern soll, meist Geld, Gewinne kommen später. Aber ohne Gewinn gibt es keine Kredite von der Bank. Staatliche Hilfen erhält PaulCamper auch nicht. Der Sommer 2020 brachte zunächst viel Hoffnung, Camper waren so gefragt wie noch nie. Das Unternehmen schien auf dem besten Weg nach oben zu sein. Mitarbeitende wurden wieder eingestellt. Dann kam der zweite Lockdown im November. Für Dirk Fehse steht viel auf dem Spiel. PaulCamper ist sein Baby, seine Idee, sein Werk, für das er viele Jahre gearbeitet hat.
    In Rostock wurden Melanie und Miro, Besitzer eines Restaurants, vom Lockdown im März 2020 hart getroffen. Erst ein Jahr zuvor hatten sie das Speiselokal „Blauer Esel“ eröffnet. Die beiden erfüllten sich einen Lebenstraum, investierten all ihre Ersparnisse und nahmen noch Geld bei der Bank auf. Es schien, als hätten sie zwar viel riskiert, aber alles richtig gemacht. Das erste Jahr lief besser als erwartet, dann der Tiefschlag. Alle 25 Beschäftigen mussten in Kurzarbeit gehen, die Gaststätte war geschlossen. Doch lange hielten sie die Untätigkeit nicht aus. Ein Liefer- und Abholservice wurde auf die Beine gestellt. Und das Ostergeschäft lief mit vorgegarten Menüs viel besser als gedacht. Die Umsätze waren zwar weit entfernt vom normalen Geschäft, aber wenigstens bewegte sich etwas, und die Unterstützung von Land und Bund half.
    Miro, der in Italien aufgewachsen ist und viele Freunde dort hat, die auch selbstständig sind, ist sehr froh, dass er in Deutschland lebt. Denn die Hilfen in Italien kommen nicht an oder sind sehr gering. Im Sommer schien alles wieder gut, als sei alles geschafft. An Corona dachte kaum noch einer, nur die lästigen Masken erinnerten noch daran. Doch dann kam der Herbst 2020. Zwar nahmen sie den Lockdown im November etwas gelassener hin als im Frühjahr, denn Melanie und Miro glaubten zu wissen, was auf sie zukommt. Doch dass der Lockdown überhaupt nicht mehr aufhören will, damit hat das Ehepaar nicht gerechnet. Nun wird es wieder eng, aber irgendwie wird es weitergehen. Die „37°“-Sendung steht am Sendetag ab 8:00 Uhr in der ZDFmediathek zur Verfügung. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 09.03.2021ZDF
    • Alternativtitel: Raus aus der Miete - Abenteuer Hausbau
    Folge 1037 (30 Min.)
    Nie war Bauen so attraktiv wie heute. Niedrige Zinsen machen das Eigenheim für viele erst möglich. Beobachtet werden zwei junge Familien auf ihrem steinigen Weg in die eigenen vier Wände. Über den Zeitraum von mehr als einem Jahr wurden die Protagonisten beobachtet. Der „37°“-Film zeigt, welche unterschiedlichen Wendungen der Traum vom Eigenheim nehmen kann, mit vielen Höhen und Tiefen. Ob die Rechnung beider Familien am Ende aufgeht? Diese Frage stellen sich Marina und Mirko immer wieder. Nach drei Jahren Bauzeit und über 100 strittigen Mängeln an ihrem Rohbau sind sie am Ende, emotional und auch finanziell. 440 000 Euro hatten die zweifachen Eltern kalkuliert für ihren Traum vom eigenen Häuschen in Idar-Oberstein. Inzwischen liegen die Gesamtkosten aber schon fast bei 600 000 Euro.
    Doch der Einzugstermin ist nach wie vor ungewiss, weil der Bau einfach nicht fertig wird. Um in der Bauphase Miete zu sparen, sind der 41-jährige Mirko, seine drei Jahre jüngere Frau Marina, Tochter Elena (4) und Sohn Fabian (2) im Haus von Mirkos Eltern untergekommen, einschließlich dem Großteil ihres Hausstandes. Die Stimmung in der kleinen Wohnung unter dem Dach ist immer wieder gereizt. Denn eigentlich war der Aufenthalt bei den Eltern nur als kurze Übergangslösung gedacht. Und der von allen ersehnte Auszug verzögert sich immer weiter, denn Mirko und Marina haben das Vertrauen in Handwerker verloren. Die meisten der noch am Haus ausstehenden Arbeiten möchte Mirko deshalb kostengünstiger eigenhändig zu Ende bringen. Aber er ist handwerklich eher unerfahren und zudem sehr penibel. All dies verzögert weiter den Einzug.
    Deshalb gestaltet sich alles zeitaufwendiger als gedacht. Inzwischen macht auch die Bank Druck, denn der Baukredit ist gebunden an eine Einzugsfrist. Dass sie für ihr ökologisches Traumhaus emotionale wie finanzielle Kompromisse eingehen müssen, war Hannah (30), Medizinstudentin, und Niklas (32), Mechatroniker, von Anfang an bewusst. Doch das kostenlose Grundstück von Hannahs Familie im bayerischen Straubing-Bogen zu bebauen, war einfach zu reizvoll und angesichts steigender Mieten in ihrem bisherigen Wohnort Regensburg für sie auch eine Vernunftentscheidung. Es bleiben aber noch immer Baukosten von insgesamt rund 500 000 Euro, die die Familie stemmen muss. Niklas ist derzeit Alleinverdiener seiner Familie, zu der auch Tochter Amina (7), Sohn Noam (3) und Tochter Malea (1) gehören.
    Zum finanziellen Druck kommen die vielen kleinen und großen Entscheidungen, auf die sich das Paar im Verlauf der Bauplanung einigen muss. Während Niklas schnell und aus dem Bauch heraus entscheidet, durchdenkt Hannah alles akribisch und mehrfach. So sorgen über 600 anstehende Entscheidungen bei der Bemusterung für deutlich mehr Diskussionsstoff als gedacht. Aber schließlich baut man ja meist nur einmal im Leben. Eine zuweilen teure Erkenntnis, die nicht nur diese Paare fordert, sondern über 100 000 Bauherren und Baufrauen jedes Jahr in Deutschland. „37°“ begleitet ein Jahr lang zwei Familien auf ihrer emotionalen Reise in die eigenen vier Wänden. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 23.03.2021ZDF
    ursprünglich für den 16.02.2021 angekündigt
  • Folge 1038 (30 Min.)
    „Bis dass der Tod uns scheidet“, darauf hoffen Paare, wenn sie heiraten. Doch das Versprechen halten nicht alle ein. Jedes dritte Paar wird in Deutschland geschieden, viele nach über 26 Jahren. Trennungen in dieser Lebensphase sind häufig dramatisch. Ein gemeinsames Leben nach so langer Zeit aufzulösen, ist ein tiefer Einschnitt. Und dann die Frage: Gibt es nicht noch eine Chance, auch den Rest zu schaffen? Oder ist die Liebe endgültig verloren gegangen? Die 51-jährige Heidi ist 23 Jahre verheiratet. Doch in den vergangenen Jahren wurde viel gestritten. Mit der Geburt des Sohnes fingen die Probleme an.
    „Wir waren ja zehn Jahre ‚double income, no kids‘, aber ich wollte ein Kind, so, und das hat auf den letzten Drücker noch so geklappt, und dann wollte man nicht versagen, dran festhalten und sagen, das schaffen wir, wir haben ja auch intensiv daran gearbeitet, wir hatten ja auch Paartherapie und all so was“, so Heidi. Ihr Ehemann, der 52-jährige Jörn, lernte Heidi mit 19 kennen. „Heidi ist mein Mädel, seit über 30 Jahren geht sie den Weg mit mir gemeinsam und ich den ihren.“ Auch er hatte bei der Hochzeit mit Heidi gehofft, dass es für immer ist. Doch auch er muss erkennen, dass er Fehler gemacht hat. Diskussionen und Streitereien über Geld und die Bewältigung des Alltags nahmen in der Beziehung von Heidi und Jörn überhand. Schließlich entschieden sie sich zur Trennung nach 21 Jahren Ehe.
    Wie verarbeiten sie die Trennung nach fast einem halben Leben gemeinsam? Und wie geht ihr Sohn mit der Situation um, der bei der Mutter lebt? Die 59-jährige Petra ist seit 40 Jahren verheiratet. Doch auch in ihrer Ehe fing es schon vor geraumer Zeit an zu kriseln. Ratlos versucht sie, Gründe und Erklärungen zu finden, wie ihre Ehe in diese Situation geraten konnte. „Die Schwierigkeit daran ist ja, dass man nicht einfach den Knopf findet, wo man sagt, jetzt ist es Zeit, jetzt müssen wir alles umändern, vielleicht empfindet auch nur einer das so und der andere gar nicht so“, meint Petra. Petra und ihr Mann haben sich entschieden, erst mal getrennte Wege zu gehen. Sie zieht zu ihren Eltern zurück und hofft, dass die räumliche Trennung wieder Nähe schafft.
    „Das ist ein ganz komisches Gefühl, das ist so einerseits wie ‚ich geh fort in Urlaub‘ und andererseits aber aus dem Urlaub nicht mehr heimkommen.“ Werden Petra und ihr Mann wieder zueinanderfinden? „37°“ begleitet drei Menschen, die sich nach 23 beziehungsweise 40 Jahren getrennt haben. Was waren die Gründe? Wie sortiert man sein Leben neu? Gibt es die Chance auf ein Happy End? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 30.03.2021ZDF
  • Folge 1039 (30 Min.)
    Einmal über die Oberfläche des Smartphones gewischt, und die andere Person auf der Datingplattform ist weg. Der Begriff „Ghosting“ beschreibt das Phänomen, dass Menschen, die man „datet“, sich scheinbar in Luft auflösen. Der andere verschwindet wie ein Geist. Anrufe oder Nachrichten bleiben unbeantwortet. Die Nutzung der größten und erfolgreichsten Dating-App, Tinder, ist mit dem sogenannten Swipen, also dem Wischen nach rechts („gut“) oder links („schlecht“), denkbar einfach. Über eine Million Swipes werden weltweit pro Minute gemacht – in der Hoffnung, ein Date zu bekommen. Zuvor stellt man Fotos und einen kurzen Text von sich auf die Plattform. Man preist sich an, und dann wartet man, bis man nach rechts gewischt wird.
    Auch Werbetexterin Katja (53) aus Frankfurt ist bewusst, dass, wenn sie sich auf einer Dating-App bewirbt, es dem Anpreisen wie in einem Katalog nahekommt. Ja, man preise sich an wie ein Produkt. Aber man wähle ja auch aus. „Man kann in einer Viertelstunde 50 Kandidaten nach links wischen“, so Lucie. „Das ist wie eine Droge. Du willst immer mehr!“ Der Oberflächenreiz muss für das erste Screening reichen. Doch so schnell wie die Menschen auf der Bildschirmoberfläche auftauchen, so verheißungsvoll erste Treffen verlaufen, so schnell verschwinden sie auch wieder. Wortlos. Über 80 Prozent der Jüngeren haben bereits leidvolle Erfahrungen gemacht mit dem Ghosting. Die Suchmaschinen für die Liebe haben den wortlosen Abgang zum Tool des menschlichen Miteinanders gemacht.
    Solche Verletzungen werden im Dating-Zeitalter zunehmen, mahnen Psychologen, weil das Verlassen so einfach geworden sei. Hinzu kommt: Man wagt sich nicht mehr in Beziehungen, weil man vor lauter Angst, falsch zu entscheiden, gar nichts mehr wählt. Es könnte ja immer noch jemand Passenderes kommen. Langfristig betrachtet können also die Folgen für den Ghost wie auch für den Ge-Ghosteten – die Folgen für das soziale Miteinander – extrem schädlich sein. Denn Ghosting verhindert das Verstehen von Beziehungen mit ihren Schwierigkeiten, Neuanfängen und Entwicklungen. Gerade nahe Beziehungen sind wichtig und werden von fast jedem ersehnt. Der „37°“-Film von Tina Soliman und Torsten Lapp zeigt anhand von Beispielen, wie Dating-Apps die Liebe flüchtig machen und das Gefühlsleben zutiefst ungewiss. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 06.04.2021ZDF
  • Folge 1040 (30 Min.)
    Klassische Rollenbilder halten sich hartnäckig in unserer Arbeitswelt. Gesellschaftlich geprägte Stereotype bestimmen noch immer maßgeblich die Berufswahl von Frauen und Männern. Während sich im Vergleich zu 2012 der Anteil von Informatikerinnen um gerade zwei Prozentpunkte auf 15 Prozent erhöhte, sank er bei Maschinen- und Fahrzeugtechnikerinnen im gleichen Zeitraum sogar geringfügig um ein Prozentpunkt auf elf Prozent. Einen wesentlichen Einfluss übt dabei der unterschiedliche Blick auf das Thema Familie aus. Von außen wird Frauen oft fehlende Durchsetzung unterstellt. Vorurteile, Klischees und auch Hohn und Diskriminierung halten Mädchen und junge Frauen ab, sich in sogenannte Männerberufe zu wagen. Die einen versuchen es erst gar nicht, andere geben nach einiger Zeit auf. Nicht so die Protagonistinnen dieses Films.
    Sophia Flörsch ist die erfolgreichste deutsche Rennfahrerin. Sie fährt als einzige Frau mit 19 Jahren in der Formel 3 und strebt einen Startplatz in der Formel 1 an. Beim „Macau Grand Prix 2018“ hatte Flörsch im Alter von 18 Jahren einen schweren Unfall. Sie kollidierte bei einer Geschwindigkeit von etwa 276 Kilometern pro Stunde seitlich mit einem anderen Fahrzeug und verlor die Kontrolle über ihren Wagen. Es folgte eine elfstündige Operation. Jetzt fährt sie in der Formel 3. Und im September 2020 ist sie beim berühmtesten Rennen der Welt dabei, dem 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Sie starte im ersten reinen Frauenteam in der LMP2-Klasse, sagt Flörsch, die sich lautstark beklagt, dass Frauen im Rennsport endlich die gleichen Rechte bekommen sollten wie die männlichen Kollegen. Sie selbst stünde männlichen Rennfahrern in nichts nach.
    Doreen Gaumann aus Bremen übt ein ganz besonderes Handwerk aus: Sie ist gelernte Braumeisterin. In Deutschland ist das eine Seltenheit. Auch in ihrem Betrieb ist sie die einzige Frau. Davon unterkriegen lässt sie sich aber nicht, im Gegenteil, sie möchte auf mehr Gleichberechtigung in ihrem Berufszweig aufmerksam machen. Sie wuchtet schweres Material, fährt Gabelstapler und erfindet neue Biersorten. Leidenschaft und Spaß im Beruf sind für sie entscheidend. Sie sagt, dass manche Männer auf dem Absatz kehrtmachen, wenn sie sehen, dass sie es mit einer Expertin zu tun haben. Lisa Schwarz, die Gelbe Engelin, kommt, wenn der Motor streikt. „Dass da jetzt auch Frauen arbeiten beim ADAC.“ – Frauen freuen sich, Männer sehen ihr Ego in Gefahr, wenn sie mit dem Auto liegen bleiben und eine Pannenhelferin kommt.
    Ihre Zahl bundesweit ist einstellig, es sind sechs von 1700. Sie bocken Autos auf, kriechen unter gestrandete Fahrzeuge, überbrücken Batterien und wechseln Reifen. Gleichzeitig schultern sie Vorurteile und kontern blöde Sprüche. Lisa Schwarz lebt in Lünen. Dort ist sie auch im Dienst unterwegs. In der Werkstatt, in der sie einst lernte, war sie auch die einzige Frau, und setzte sich mit Kompetenz, Ehrgeiz, aber auch mit Mut, Witz und Charme durch. Die „37°“-Reportage begleitet die Frauen in ihrem Arbeitsalltag und geht der Frage nach, warum diese drei in ihrem Beruf immer noch eine Rarität sind.
    Was treibt sie an, lässt sie durchhalten und für mehr Gleichberechtigung kämpfen? Vorbilder wollen sie alle sein, Mut machen und zeigen, dass sie in einem Beruf, der sonst eher von Männern ausgeübt wird, durchaus ihren männlichen Kollegen das Wasser reichen können – allen Vorurteilen und Klischees zum Trotz. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 13.04.2021ZDF
  • Folge 1041 (30 Min.)
    Rund vier Jahre beträgt der durchschnittliche Altersunterschied bei deutschen Paaren, so das Statistische Bundesamt. Bei mehr als zehn Jahren haben Beziehungen weniger Erfolg. Doch die Liebe kümmert sich nicht um Statistiken, großer Altersunterschied führt nicht immer zur Trennung. Die Herausforderungen liegen im Beziehungsalltag – und in den Vorurteilen der Außenwelt. Das erfahren auch Manuela (49) und Christian (21). Als Christian seiner Familie von der Beziehung erzählt, bricht die Familie den Kontakt zu ihm ab, er fliegt von zu Hause raus und wird enterbt. Auch in ihrem Dorf in der Nähe von Goslar sind die beiden täglich Anfeindungen ausgesetzt. Nun wollen sie endlich weg, sind auf der Suche nach einem neuen Zuhause und friedlichen Leben dort, wo sie niemand kennt. Bereits alles zurückgelassen hat Almut (50) für ihre Beziehung mit Angela (28).
    Vor sechs Jahren lernen sie sich auf der Hochzeit von Almuts Sohn Martin kennen. Nach monatelangem Ringen beendet Almut ihre 25-jährige Ehe, verlässt Haus, Hund und Heimatstadt und wagt trotz vieler Warnungen den Neuanfang. Ihre Beziehung beschreiben beide als glücklich. Dennoch schwingen Zukunftsängste mit. Angela fürchtet das Alleinsein, Almut hat Sorge, irgendwann ausgetauscht zu werden. Otto (84) und Anita (65) waren schon einmal getrennt. Ihre unterschiedlichen Bedürfnisse sind immer wieder eine Herausforderung für die Beziehung. Anita ist sehr aktiv und braucht viel Zeit für sich. Otto ist pflegebedürftig, hätte gern mehr gemeinsame Zeit und zieht sich mit seiner Musik zurück. Seit er herzkrank ist, versucht Anita immer wieder, offen über die Zukunft zu sprechen.
    Doch Otto möchte nicht über den Tod und das Sterben reden, sondern lieber im Moment leben. Die Dokumentation zeigt, was es braucht, um mit den Herausforderungen eines großen Altersunterschiedes zufrieden zu leben – und wie gesellschaftliche Normen und soziale Regeln unsere Partnerschaften beeinflussen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 20.04.2021ZDF
  • Folge 1042 (30 Min.)
    Vier Millionen Deutsche sind überschuldet – und die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie werden die Zahl noch weiter massiv in die Höhe treiben. „37°“ zeigt, welche Schicksale hinter den nackten Zahlen stehen. Wie es ist, wenn einen der Schuldenberg erdrückt und man nicht mehr weiterweiß. Wenn man aus eigenem Verschulden oder unschuldig in so große Not geraten ist. Und wie kommt man da jemals wieder heraus? Jessica (26) aus Tübingen ging es wie vielen jungen Menschen: Kaum 18, wollte sie alles haben, und zwar sofort – Handyverträge, schöne Kleidung, eine eigene Wohnung, Urlaube. Finanziert über Kredite, Ratenzahlungen, Käufe auf Rechnung. Nach zwei Jahren steht sie vor einem riesigen Schuldenberg. Der Gerichtsvollzieher kommt immer wieder. Selbst ihre Mutter will nicht mehr helfen.
    Jessica wird bewusst, dass sich vieles ändern muss, sie muss radikal auf alles verzichten. Der dramatische Lebenswandel wirft sie um. Sie magert ab, bekommt Haarausfall. Dann kommt ihr Sohn Latif zur Welt. Der Kleine ist für sie die größte Motivation, die Schuldenlast loszuwerden. Jessica spart eisern, und doch muss sie weiter für ihre Fehler büßen: Ein Neuanfang ist fast unmöglich. Die Schulden aus der Vergangenheit lasten wie ein Stigma auf ihr: Ihr SCHUFA-Eintrag ist miserabel. Noch ist ihr Konto gepfändet. Sie braucht dringend einen Kitaplatz, um einen Arbeitsplatz zu finden. Jessica ist gelernte Restaurantfachfrau. Doch wegen Corona stellt keine Gastronomie Personal ein. „37°“ begleitet Jessica auf ihrem Weg, die Schulden der Vergangenheit loszuwerden und ein neues Leben zu beginnen.
    Ihr größter Traum: Wenn ihr Sohn Latif fünf Jahre alt ist, möchte sie ihm ein nagelneues Fahrrad kaufen. Sven (51), seine Frau Andrea (47) sowie die vier Kinder (16, 13, 11, 2) wohnen bei Pforzheim. Sven hat die Schulden mit in die Ehe gebracht, er pflegte seine schwerkranke Mutter bis zu ihrem Tod. Für die Pflege und den Kauf von Geräten geht er in Vorleistung, die Krankenkasse erstattet nicht alles. Er macht erste Schulden, Zinsen und Zinseszinsen wachsen, neue Kredite folgen. Jetzt steht die Familie vor einem Schuldenberg von rund 47 000 Euro. Sven arbeitet als Apotheken-Ausfahrer fast zwölf Stunden am Tag. Doch sein Verdienst reicht niemals aus, um die Familie zu versorgen und die Kredite abzubezahlen. „Meine Frau kann manchmal nur etwas kochen, wenn sie Pfandflaschen einsammeln geht.
    “ Auch die Kinder müssen mit dem knappen Budget in der Familie umgehen, der 16-jährige Sohn wünscht sich nur Batterien zum Geburtstag. Sven fragt bei Sozialstellen nach Essensmarken. Jetzt will er endlich aus den Schulden raus: Ein Berater der Diakonie hilft Sven, aber öffnet ihm auch die Augen. Wie so viele Schuldner verdrängt Sven zu viel. Er muss sich seinen Schulden stellen, kistenweise Mahnschreiben öffnen und sortieren. Erst dann kann er den schweren und verzichtreichen Weg einer persönlichen Insolvenz gehen. Für einen Neuanfang bei null. Andrea ist 57. Die Mutter von drei Töchtern lebt in München. 2008 erkrankt die Alleinerziehende an Krebs. Andrea ist überfordert: Arbeit, Erziehung, Krebserkrankung und die Angst vor der Zukunft. Als sie für einen Umzug einen Kredit aufnimmt, beginnen ihre Schulden.
    Die gute Nachricht: Sie besiegt den Krebs, aber Folge-Erkrankungen werfen sie bis heute immer wieder aus dem Beruf. Andrea ist mit den Nerven am Boden. Sie lässt die Mahnschreiben ungeöffnet liegen. Die Not wird übermächtig. Andrea nimmt ihre ganze Kraft zusammen und beginnt, wieder zu arbeiten. Das muss diesmal klappen. Schafft sie es, aus dem Schuldenstrudel zu kommen? Andrea muss sich ihrer Scham und den Schuldgefühlen stellen, mit dem Gefühl des Versagens umgehen. Jetzt beginnt ihr Weg. Finanziell versagt zu haben, ist ein Tabuthema. Und dann ist da noch die Scham, um Hilfe betteln zu müssen. „37°“ begleitet drei Schuldner über ein halbes Jahr hinweg in der schwierigsten Zeit ihres Lebens. Werden sie es schaffen? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 27.04.2021ZDF
  • Folge 1043 (30 Min.)
    Sie sind Zwillinge und doch grundverschieden: Ein Kind hat das Downsyndrom, das andere nicht. Mehr als hundert dieser besonderen Zwillingspaare gibt es in Deutschland. Je älter die Zwillinge werden, desto mehr driftet ihr Leben auseinander. Eine Herausforderung auch für die Eltern, die beiden Kindern gerecht werden möchten. Was verbindet die ungleichen Zwillinge, was trennt sie? „37°“ hat zwei Familien ein Jahr lang begleitet. In der Humangenetik wird das Phänomen dieser besonderen Geschwister „Diskordante Downsyndrom-Zwillinge“ genannt. Genetisch „diskordant“ bedeutet „ungleich“, das heißt, die Zwillinge können ein unterschiedliches Geschlecht haben, unterschiedliche Blutgruppen – oder auch unterschiedlich viele Chromosomen. So ist es bei Elisabeth und Victoria (18) aus Saalfeld in Thüringen.
    Elisabeth hat Trisomie 21 und damit ein Chromosom mehr als Victoria. Die Schwestern stehen zu Beginn der Dreharbeiten kurz vor ihrem Schulabschluss, danach wollen sie durchstarten. Erst mal jede für sich in einer anderen Stadt, so lautet der Plan. Die bevorstehende Trennung ist ein großer Schritt, denn bisher haben sie einen Großteil ihrer Freizeit zusammen verbracht. Während Victoria mit Einser-Abi alle Türen offenstehen, sind Elisabeths Möglichkeiten begrenzt: Der vorgezeichnete Weg wäre ein Platz in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Das ist für Elisabeth jedoch keine Option, sie möchte einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt. Doch dieser Weg ist voller Hürden, ihre Schwester Vicky findet das ungerecht: „Ich kenne Eli, ich weiß, was in ihr steckt. Und doch wird sie ständig unterschätzt, muss sich alles erkämpfen.
    “ Den Kampf gegen Behörden und Ämter führen auch die Eltern Katharina und Frank schon seit vielen Jahren. Sie wollen beide Töchter auf ein selbstständiges Leben vorbereiten und haben Elisabeth den inklusiven Schulweg ermöglicht. „Obwohl ihre Lebenswege parallel verlaufen, ist es doch so: Victoria fährt auf der Autobahn, während Elisabeth auf dem Feldweg vorwärtskommen muss“, fasst Vater Frank zusammen. Elisabeth wiederum wünscht sich: „Ich bin ein Mensch, die Leute sollen den Menschen sehen, nicht nur das Downsyndrom.“ Auch Benjamin und Magdalena Pfeil (14) aus Eppingen in Baden-Württemberg sind ungleiche Zwillinge. Magdalena übernimmt den Part des Innenministers. Sie kümmert sich um alles, was ihrem Bruder mit Downsyndrom schwerfällt: Termine, Organisatorisches, den Überblick behalten.
    Benjamin schlüpft dafür in die Rolle des Außenministers, er ist kontaktfreudig, übernimmt in unbekannten Situationen das Ruder. „Er geht auf fremde Leute zu. Ich bin schüchtern, und durch ihn lerne ich mehr Leute kennen“, so Magdalena. Schon im Kleinkindalter hat Magdalena sich für Benjamin verantwortlich gefühlt: Sie ließ ihm überall den Vortritt und brachte ihm das Spielzeug, wenn er schrie. Ihre Eltern ermunterten sie deshalb, auch auf die eigenen Bedürfnisse zu achten. „Wenn du ein Kind hast, das immer nebenher mitläuft, das ist natürlich einfach für einen als Mama. Doch es ist ein Kind. Es braucht auch genauso Fürsorge und Zeit. Zeit, die man vielleicht dem behinderten Kind mehr schenkt“, beurteilt Nadine, die Mutter der Zwillinge, die Situation rückblickend.
    Bereits nach dem Kindergarten haben die Zwillinge unterschiedliche Wege eingeschlagen: Magdalena wurde ein Jahr vor ihrem Bruder eingeschult, der als einziges Kind mit Behinderung die 7. Klasse einer inklusiven Gesamtschule besucht. Er wird im Unterricht von einer Sonderpädagogin begleitet, doch die Unterstützung wird nur weiterhin bewilligt, wenn Benjamin Leistung erbringt. Die Eltern müssen beständig um einen inklusiven Schulweg für Benjamin kämpfen. In der Pubertät hat sich das Verhältnis der Zwillinge geändert, ihre Gefühle zueinander werden ambivalenter. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 11.05.2021ZDF
  • Folge 1044 (30 Min.)
    „Systemsprenger“ bringen mit ihrer Aggressivität alle an die Grenzen. Die Not dieser schwer traumatisierten Kinder wird oft nicht erkannt. Eltern und Lehrer reagieren zu spät. Und was dann? Luna und Lennard wurden aus ihren überforderten Familien genommen und haben die typische Abstiegsspirale stark verhaltensauffälliger Kinder durchlaufen. Für beide begann eine Odyssee durch die Instanzen der Jugendhilfe. Wo finden sie einen Platz, wer gibt ihnen Halt? Bis zu ihrem 14. Lebensjahr lief alles ganz gut. Vielleicht ein bisschen chaotisch, weil ihre Mutter alleinerziehend war und Luna als ältestes von fünf Kindern sehr viel Verantwortung zu tragen hatte. Aber das Leben auf dem Land in ihrem großen Haus mit ihren Tieren gefiel ihr. „Das Haus war meine Festung, hier konnte ich Spaß haben, traurig sein und mich beschützt fühlen.
    “ Doch dann, als sie gerade in der Schulkantine war, kam der Anruf, dass ihr Haus in Flammen steht. Luna kümmert sich um ihre Geschwister, um ihre Mutter, die unter Schock steht. Das Haus ist nicht mehr bewohnbar, und die Familie bekommt eine Zweizimmerwohnung zugewiesen. Hier geht es vornehmlich um die Not der Kleinen, ihre Ängste stellt Luna hinten an, schluckt sie runter. In dieser Ausnahmesituation tauchen plötzlich lang verdrängte Erinnerungen auf an den Vater, der über Jahre gewalttätig war. Gegen Luna und gegen die kleineren Geschwister, was vielleicht noch schlimmer war, weil sie sich dann so hilflos und schuldig fühlte. Luna ist nicht fähig, diese inneren Bilder zu sortieren, sie kann das alles nur herausschreien: ihre Wut, diese unerträgliche Ohnmacht. Eines Nachmittags zerschlägt Luna die Türen und geht auf die Geschwister los.
    Ihre Mutter ruft die Polizei. „Als ich in diesem Polizeiwagen saß, dachte ich nur, das war’s, jetzt hast du keine Familie mehr. Aber gleichzeitig wusste ich, dass ich selbst schuld war.“ Von da an geht es abwärts. Sie fliegt von der Schule und aus dem Heim, kommt in eine neue Einrichtung und muss auch diese wieder verlassen. Eine Maßnahme folgt auf die nächste. Immer wieder heißt es, Luna sei nicht tragbar, eine Gefahr für die Gemeinschaft. Als letzte Chance bekommt sie eine eigene kleine Wohnung und einen Betreuer, der es gut mit ihr meint. Mittlerweile ist sie 18 und scheinbar ruhiger und ausgeglichener. Bis ein Brief vom Gericht kommt mit schlechten Nachrichten und Luna wieder komplett ausrastet. Lennard (12) würde am liebsten den ganzen Tag mit dem Hund aus der Nachbarschaft spielen.
    „Wenn ich traurig bin, weil ich nicht bei meiner Mama sein kann, tröstet mich der Hund.“ Nicht bei seiner Mutter sein zu können – das ist das Gefühl, das Lennard seit seinem dritten Lebensjahr begleitet. Und das ihn manchmal an seine Grenzen bringt. Zum Ausrasten, wie er das nennt. „Das ist wie beim Strom. Der muss etwas haben, wo er sich entlädt. So ist das bei mir auch. Du brauchst irgendwas, woran du es auslässt. Wenn es die Tür ist, wenn es die Wand ist, wo dann irgendwann ein Loch drin ist oder wenn du es ins Kissen schreist.“ Nach traumatischen Kindheitserlebnissen wurde Lennard von seiner damals noch sehr jungen Mutter getrennt und seitdem durch die Instanzen des Jugendhilfesystems gereicht.
    Mit sieben Jahren hatte er bereits in elf verschiedenen Familien und Einrichtungen gelebt, weil für ihn und seine Wut nirgends dauerhaft Platz war. In seiner zwölften Station, einer betreuten Jungen-WG im Harz, würde er gern bleiben. Die Ausraster sind selten geworden, und einmal im Monat darf er seine Mutter und die kleine Schwester besuchen. Ein Stück Normalität, das sich Lennard schon so viele Jahre wünscht. Aber dann geschieht etwas Unerwartetes. Lennard und Luna geben einen Einblick in die verlorenen Seelen von Kindern, die sich nirgends angenommen fühlen. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 18.05.2021ZDF
  • Folge 1045 (30 Min.)
    Der Blick in den Spiegel ist für immer mehr Menschen ein Problem. Für Ältere, aber auch für jüngere Menschen. Nicht selten heißt es dann: Nachhelfen mit Botox & Co.Die Vorbilder sind Schauspieler und Models von Social-Media-Plattformen. Nur zehn Prozent der Deutschen seien mit ihrem Äußeren zufrieden, besagen aktuelle Studien, und der Hype um die perfekte Schönheit ist ungebrochen, gerade in Zeiten von Corona und Homeoffice. „Selbstoptimierung“ heißt das Zauberwort. Botox & Co.liegen im Trend. Die Klientel: Frauen jeden Alters und immer mehr Männer.
    Was steckt eigentlich hinter diesem Selbstoptimierungswunsch? Tatsächlich nur sozialer Druck? Selbstverliebtheit, Unsicherheit oder ganz einfach Verfügbarkeit? „37°“ schaut in zwei Beauty-Doc-Praxen in München, der Stadt mit den prozentual meisten Schönheitsärzten, und erzählt die Geschichte der früheren Eiskunstläuferin Nicole, heute Mitte 40 und Kosmetikerin, und ihrem Streben nach perfekter Schönheit. Auch ihrer Mutter Karin soll man mit über 70 die Spuren eines schweren Lebens im Gesicht nicht ansehen. Projektmanager Güngör entdeckte beim Blick in den Spiegel die ersten unerwünschten Alterungszeichen in Form von Tränensäcken, als er auf die 50 zuging, und ließ sich „auffrischen“. Wie er steht auch der 60-jährige Norbert, ein ehemaliger Polizist, zu seinen Besuchen beim Beauty-Doc, egal, ob andere darüber lachen.
    Für die ehemalige Chefsekretärin Yasmin stand Botox am Ende einer langen Leidensgeschichte. Von Jugend an fühlte sie sich als hässliches Entlein. Zu klein, zu dick, hässlich. Erst mit Mitte 50 beschloss Yasmin, eine Psychotherapie gegen die Depressionen zu machen, und gönnte sich zur Belohnung die erste Botox-Behandlung. „Stolz wie Oskar“ habe sie sich gefühlt. Aber das Streben nach Schönheit kann zur Sucht werden. Yasmin weiß um den potenziellen Suchtfaktor, doch gerade in Corona-Zeiten fällt es ihr schwer, auf die Besuche beim Beauty-Doc zu verzichten. Besonders junge Frauen und Männer sind empfänglich für die Verlockungen gekaufter Perfektion, davon berichtet Mailin. Alle ihre Freundinnen und Freunde hätten schon „etwas machen lassen“, erzählt die 23-jährige Steuerberatergehilfin.
    Die Generation von heute weiß genau, wie sie aussehen will: makellos. Dafür wird alles in Kauf genommen: Schmerzen, Risiken, die hohen Kosten. Und: Der soziale Druck nimmt zu. Aber werden geglättete Stirnfalten, aufgespritzte Lippen, die aufgepeppte Wangen- oder Kinnpartie das mangelnde Selbstvertrauen tatsächlich dauerhaft kurieren? Oder die Angst vor dem Älterwerden stillen? Ist Schönheit eine Garantie für Glück? Diesen Fragen geht „37°“ nach. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 01.06.2021ZDF
  • Folge 1046 (30 Min.)
    Für viele ist Fußball alles, nur nicht schwul! Aber klar gibt es homosexuelle Spieler. Wie groß ist der seelische Druck, nicht offen zu seiner Sexualität stehen zu können? Wie hält man das aus? Thomas Hitzlsperger, Marcus Urban und Benjamin Näßler sprechen über ihre Erfahrungen mit dem Coming-out – und darüber, wie wichtig ein offenes Bekenntnis für die Leistungsfähigkeit auf dem Platz und für das persönliche Glück ist. Bislang gibt es keine Studie zur Anzahl der schwulen Spieler in der Bundesliga – und keinen aktiven deutschen Profispieler, der sich zu seiner Homosexualität bekannte. Thomas Hitzlsperger ist diesen Schritt bisher als Einziger gegangen. Das war 2014, allerdings erst nach seiner aktiven Spielerzeit.
    Als Fußballer hat er ganz oben mitgemischt: Mit dem VfB Stuttgart hat er 2007 die deutsche Meisterschaft gewonnen, mit der Nationalmannschaft wurde er Dritter beim „Sommermärchen“ – der Heim-WM 2006. Seinem knallharten Schuss mit links verdankt er den Spitznamen „Hitz The Hammer“. Und straft damit all jene Lügen, die glauben, Schwule seien zu „weich“ für „echten Männersport“. Es dauerte lange, bis sich der heute 38-Jährige seine Homosexualität eingestand. Als er mit dem Gedanken spielte, sich zu outen, rieten ihm die wenigen Eingeweihten dringend davon ab. „’Du wirst es nicht aushalten’, war ihre Sorge“, erinnert sich Hitzlsperger. „Als Profispieler ist man ohnehin einem enormen Druck und der ständigen Öffentlichkeit ausgesetzt. Einen zusätzlichen Rucksack muss man erst mal tragen können.
    “ Marcus Urban hat der Druck und die innere Zerrissenheit wohl eine Karriere als Profifußballer gekostet. Als Jugendnationalspieler war er ein aufgehender Stern bei Rot-Weiß Erfurt, eines der großen Talente des ostdeutschen Fußballes. „Aber dass ich mich für Männer interessierte, wurde zu einem Riesenproblem für mich. Das darf nicht sein – ich bin Fußballer!“ Urban, der für sein ästhetisches und passgenaues Spiel gefeiert wurde, gab sich zunehmend aggressiv auf dem Platz, pöbelte manchmal sogar mit homophoben Beleidigungen. „Ich wollte mit keiner Geste verraten, dass ich schwul bin.“ Er hatte Angst vor dem Karriereende, Angst davor, zum Außenseiter zu werden. „Vor allem in der Kabine fühlte ich mich verdammt einsam.
    Ich war nie wirklich Teil der Mannschaft, habe einen großen Teil meiner Persönlichkeit vor allen versteckt, auch vor mir selbst. Das war ein ständiges Schwanken zwischen Selbsthass und Depression.“ Schließlich gab er den Traum vom Profifußball auf. „Ein Spiel hat 90 Minuten. Ein Leben, wenn’s gut läuft, vielleicht 90 Jahre. Ich wollte lieber frei sein, als meine Sexualität und mein Wesen der Karriere wegen weiter zu verleugnen.“ Auch Benjamin Näßler hat jahrelang seine Homosexualität vor seiner Familie, seinen Freunden und seiner Mannschaft versteckt. Dabei spielte der heute 31-Jährige bloß in der Kreisliga in seiner schwäbischen Heimat. „Es ging eigentlich um nichts – und doch um alles. Ich wusste, was die Menschen in meiner Umgebung mit dem Wort ‚schwul‘ assoziierten. Das war nie was Gutes.
    “ Benjamin Näßler tat alles, um nicht aufzufallen. „Ich habe Freundinnen erfunden und mich machohaft benommen. Als mir alles über den Kopf wuchs, dachte ich sogar daran, mich umzubringen.“ Nach langen inneren Kämpfen fand er den Mut, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen. 2017 heiratete er seinen langjährigen Freund. Und im Jahr 2020 wagte er sogar den Schritt an die Öffentlichkeit und setzt sich nun als amtierender „Mr. Gay Germany“ mit seinen Kampagnen „Doppelpass“ und „Liebe kennt keine Pause“ gegen Diskriminierung und Schwulenhass im Fußball ein. „Vor allem jungen Spielern will ich es leichter machen, sich zu outen und stolz auf sich zu sein.
    Im Fußball geht es um Erfolg, und dabei ist es völlig egal, wen du liebst!“ Welche Erfahrungen haben prominente Akteure der Branche mit Homophobie im Fußball gemacht? Das fragt „37°“ auch den Ex-Trainer und Technischen Direktor vom FC St. Pauli, Ewald Lienen, die beiden Bundesliga-Spieler Christopher Trimmel und Christian Gentner von Union Berlin sowie den St.-Pauli-Fan und Sänger der Band Kettcar, Marcus Wiebusch. Wo sehen sie die Ursachen für die Tabuisierung? Und welche Ansätze und Signale gibt es aktuell für mehr Toleranz und Diversität? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 08.06.2021ZDF
  • Folge 1047 (30 Min.)
    Jedes siebte Paar ist ungewollt kinderlos. Immer mehr Alleinstehende wünschen sich ein Kind. 120 000 Kinder aus einer Samenspende leben in Deutschland. Wie geht es ihnen später in ihrem Leben? Wie geht es den Spendern? Welche Rolle spielt die biologische Verwandtschaft? „37°“ begleitet eine Frau, die aus einer Samenspende entstanden ist, sowie einen Samenspender, der in den 1980er-Jahren anonym gespendet hat und davon ausgeht, sehr viele Kinder zu haben. Die 40-jährige Astrid aus Karlsruhe weiß erst seit einem Jahr, dass sie aus einer Samenspende entstanden ist. Nachdem sie sich ihr Leben lang mit ihren roten Haaren, ihrer Sportlichkeit und kommunikativen Art in ihrer Familie fremd gefühlt hatte, machten sie und ihre Schwester einen DNA-Test.
    Astrid fand heraus, dass sie, anders als ihre Schwester, nicht das leibliche Kind ihres Vaters ist, sondern aus einer Samenspende entstanden ist. Astrid, die als Gymnasiallehrerin und Mutter von zwei Kindern eigentlich mit beiden Beinen fest im Leben steht, stürzt in eine tiefe Krise. Das Gefühl, nicht dazuzugehören und nicht verstanden zu werden, wird immer größer. Wer ist sie, was macht die Hälfte ihrer Selbst aus, und welche Rolle spielen die Gene wirklich? Wird sie den blinden Fleck, den sie ein Leben lang mit sich herumgetragen hat, endlich ausfüllen können? Auch der 57-jährige Peter ist auf der Suche nach seiner biologischen Familie. Der Kölner Koch hat Ende der 1980er-, Anfang der 1990er-Jahre anonym Samen gespendet, um sich sein Leben zu finanzieren.
    Nachdem er das Thema viele Jahrzehnte verdrängte, hörte er in den Medien von dem Leid einiger Spenderkinder und beschloss nach langem Zögern, sich der Verantwortung zu stellen. Allerdings geht er damit ein großes Risiko ein: Er spendete fünf Jahre lang, zum Teil wöchentlich in der größten Samenbank Deutschlands, und geht davon aus, dass er an die hundert oder gar mehr Kinder haben muss. Würde er also von einer Kinderschar, die inzwischen erwachsen sein dürfte, überrannt werden? Würde er den Anforderungen all dieser Kinder gerecht werden können? Sein Ehemann ist entsetzt, als er erfährt, dass Peter mit dem „Outing“ längst begonnen hat. Doch Peters Neugier ist geweckt, er ist nicht mehr zu bremsen.
    Wie werden seine biologischen Kinder aussehen, welche Charaktereigenschaften werden sie von ihm haben, was werden sie von ihm geerbt haben? „Es ist wie eine Abenteuerreise, auf die ich mich begebe. Man weiß nicht, was am Ende dabei rauskommt“, sagt Peter. „37°“ begleitet Astrid und Peter bei ihrer spannenden Suche nach ihrer biologischen Verwandtschaft. Die „37°“-Sendung steht am Sendetag ab 18:00 Uhr in der ZDFmediathek zur Verfügung. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereDi 13.07.2021ZDF

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