Die Westfassade des Speyerer Doms ist eine neo-romanische Zutat aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, als der Bayernkönig Ludwig I. sich entschließt, den Dom zu ‚einem Denkmal der großen deutschen Geschichte‘ zu machen und die Fassade von Heinrich Hübsch komplett neu entwerfen zu lassen.
Bild: SWR
Die Zeit der Romanik ist bis heute eine Epoche, die jede Menge ungelöste Rätsel aufgibt. Was brachte die Menschen um die Jahrtausendwende dazu, Kirchen zu errichten, die so mächtig wie Burgen Gottes in den Himmel ragten, und die einen regelrechten Wettstreit um Größe und Pracht der Kathedralen auslösten? In der Johanniskirche zu Mainz wird ein Sarkophag geöffnet, der seit 1.000 Jahren verschlossen war. In ihm ruht Erzbischof Erkanbald. Er ließ mit dem Mainzer Dom den damals größten Kirchenbau des Abendlands bauen, denn Mainz sollte mit dem Repräsentationsbau zum zweiten Rom aufsteigen – und sein Erzbischof so zum Stellvertreter des Papstes avancieren. In Speyer
entwarf nur wenig später König Konrad einen Dom, um seinem Salier-Geschlecht eine Grablege zu schaffen, die in ihrem Ausmaß dem Anspruch nachkäme, den Gott selbst mit der Einsetzung der Salier als Kaisergeschlecht und damit oberste Weltenherrscher gesetzt habe. Der Konflikt mit den Ambitionen der Kirchenmänner war unausweichlich. In Worms dagegen etablierte sich im 12. Jahrhundert ein weiterer Mitspieler um die Macht: das aufstrebende Bürgertum. Eine neue Epoche begann, in der das starre Machtgefüge der Romanik, das sich auch in ihren massiven Bauten abbildete, langsam aufbrach und Raum schuf für eine Baukunst, die der Offenheit und dem Licht huldigt: der Gotik. (Text: arte)
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