Folge 54

  • Abtreibung in Europa – verachtet, verheimlicht, verboten

    Folge 54 (45 Min.)
    Valentina könnte noch leben, davon ist Salvatore Milluzzo überzeugt. 2016 starb seine Tochter – sie war nach einer Schwangerschaftskomplikation mit Zwillingen in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Dort verweigerten ihr die Ärzte trotz akuter Lebensgefahr aus Gewissensgründen einen Schwangerschaftsabbruch. Am Ende starb neben den Ungeborenen auch die 32-jährige Mutter. Viele Frauen, die in Italien eine Abtreibung wünschen, stoßen auf Ablehnung: 70 Prozent der Ärzte verweigern eine Mitwirkung an einem Abbruch, auch dann, wenn dieser vom Gesetz her erlaubt ist. Das Recht auf Abtreibung in Europa – das ist längst nicht selbstverständlich.
    In Polen demonstrieren Frauen seit vergangenem Herbst gegen eine Verschärfung des Abtreibungsrechts. Ein Schwangerschaftsabbruch ist dort inzwischen auch dann verboten, wenn der Fötus schwerste Fehlbildungen aufweist. Marta Lampert organisiert seit Monaten den Protest gegen die PiS-Regierung und die ultrakonservative christliche Lobbyorganisation Ordo Iuris. Sie wehrt sich gegen die kirchliche Bevormundung von Frauen: „Unsere Bewegung ist die Antwort auf eine patriarchale Kultur, auf einen patriarchalen, fundamentalistischen Staat, der Frauen besonders schlecht behandelt.“ Auch in Spanien versuchen christliche Fundamentalisten, das gesetzlich verbriefte Recht von schwangeren Frauen auf Abbruch zu torpedieren.
    Immer wieder erleben Schwangere, wie sie bewusst über den Gesundheitszustand ihres Embryos getäuscht werden, um sie so zu einer
    Geburt eines schwerstbehinderten Kindes zu „zwingen“. Aber auch in Deutschland kämpfen Frauen, die einen Eingriff durchführen lassen wollen, mit erheblichen Hürden, gerade in ländlichen Gebieten. Im katholischen Münster gibt es kaum noch Ärzte, die bereit sind, einen Eingriff durchzuführen.
    Eine Mutter, die sich nach reiflicher Überlegung gegen ein weiteres Kind entschieden hat, erzählt, dass sie auf dem Weg zur Pflichtberatung an einer Gruppe betender Männer vorbei musste, die sie als Sünderin bezeichneten. Für den Eingriff selbst blieb ihr nur der Weg ins etwa 90 Kilometer entfernte Bielefeld. Die Frauenärztin Kristina Hänel betreibt in Gießen eine Praxis, seit Jahren beschäftigt sie ein prominenter Rechtsstreit. Die Informationen auf ihrer Webseite, wie bei ihr ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden kann, wird von Abtreibungsgegnern und Staatsanwaltschaft als Werbung gewertet.
    „Ich als Ärztin erfülle einen Staatsauftrag. Aber ich darf die Frau nicht aufklären, öffentlich“, erklärt sie. Trotz Gesetzesänderung ist es für Ärztinnen und Ärzte nach wie vor hoch problematisch, Patientinnen zu informieren, ohne mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt zu geraten. Die Folge: Ärzte ziehen sich aus diesem Gebiet der medizinischen Versorgung zurück. Für die Story „Abtreibung in Europa“ begleiten Peter Onneken und Diana Löbl Frauen, Ärzte und Aktivisten in Europa. Und fragen: Wie sehr ist Abtreibung noch immer ein Tabu? Wie sehr wird Abtreibung verachtet, verheimlicht oder verboten? (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 03.11.2021WDR
    ursprünglich für den 29.09.2021 angekündigt

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Sendetermine

Mi 03.11.2021
22:15–23:00
22:15–
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