2023, Folge 19–36

  • Folge 19 (45 Min.)
    Die Alpen sind nicht nur im Winter ein beliebtes Urlaubsziel, sondern auch im Sommer ein Besuchermagnet. Man kommt zum Wandern, zum Mountainbiken oder um Selfies auf spektakulären Aussichtsplattformen zu schießen. Vor allem der Tagestourismus hat zugenommen. Auf die Zugspitze, Deutschlands höchstem Berg und bestens erschlossen, kommen in Hochzeiten 7.000 Touristen am Tag. Drei Seilbahnen führen hinauf, ihre modernen gläsernen Bergstationen erinnern an Kongresszentren. Die hölzerne Schutzhütte, die früher einmal Bergsteigern nach dem mühsamen Aufstieg Unterkunft bot, ist ein Relikt aus alter Zeit.
    Hansjörg Barth, Pächter in dritter Generation, macht heute vor allem Umsatz mit Tagestouristen, die bei ihm essen und trinken. „Davon kann man sehr, sehr gut leben“, sagt er. Und doch macht die schiere Masse der Menschen ihm Angst: „Ich glaube manchmal, der Berg hält das nicht aus.“ Doch immer größere Attraktionen sollen noch mehr Menschen in diese grandiose Landschaft locken. Am Dachstein in Österreich führt ein Pfad mit gläsernem Boden über einen klaffenden Abgrund, errichtet mit vielen Tonnen Stahl, endend in einer weit hinausragenden „Treppe ins Nichts“.
    Ungezählte Selfies entstehen hier Tag für Tag. War das Gebirge einst ein Abenteuer, die Gipfel erreichbar nur für die zähen Wanderer und Kletterer, ist es nun zum Freizeitpark für jedermann geworden: Die Gipfel mit Draht gesichert, wo sie aufgrund des Klimawandels bröckeln, damit sich niemand in Gefahr begeben und dennoch hoch hinaus gelangen kann.
    Die entlegensten Täler erreicht man mit dem Auto und kann sich von dort mit Seilbahnen auf Betonaussichtsplattformen auf die Gipfel fahren lassen. Und wer dennoch selbst hinauf klettert und nicht mehr hinunter kommt, ruft die Bergwacht und lässt sich abholen. Eine Vollkaskomentalität hat sich ausgebreitet, wo früher einmal andächtiges Staunen angesichts eines wilden Gebirges herrschte. In Südtirol sind sie längst davon überzeugt: Es ist genug. Hier wird der Tourismus mit strengen Regeln belegt: Nur wenn Gäste-Unterkünfte abgebaut werden, dürfen neue errichtet werden.
    Andererseits gibt es in den Alpen auch Dörfer, die nie vom Tourismus entdeckt wurden. Und die sterben, weil vor allem die Jungen abwandern. Tourismus bringt halt Jobs – fehlen die, gehen die Menschen. Denn allein der Sommertourismus beschert den Alpenländern über 12,5 Milliarden Euro Umsatz alljährlich und ist die wichtigste Einnahmequelle. Zurück in die Zeiten der armen Almbauernhöfe kann und will niemand – aber gibt es Alternativen zu diesem jeden Winkel beanspruchenden Alpenboom? (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 16.08.2023WDR
  • Folge 20 (45 Min.)
    Die Mecklenburgische Seenplatte ist eine einzigartige Landschaft mit über 1.000 Seen, die mit breiten Kanälen, schmalen Flussläufen und dünnen Bächen miteinander verbunden sind. 3,7 Millionen Übernachtungen gab es hier im vergangenen Jahr, ein Hotspot für Naturliebhaber aus ganz Deutschland, vor allem in der kurzen Sommersaison. Auch dieses Jahr sind Campingplätze und Hotels ausgebucht, freuen sich vor allem Familien mit Kindern auf einen Urlaub am und auf dem Wasser: Schwimmen und Radfahren, Touren mit dem Kanu oder Kajak, auf einem Floß oder sogar einem Hausboot. Doch den Tourismusbetrieben im Naturparadies fehlt das Personal, um der Nachfrage gerecht zu werden.
    Fachkräftemangel und der demografische Wandel machen Hotels, Campingplätzen und Bootsverleihern zu schaffen. Nach der Wende haben viele Menschen hier ihre Betriebe aufgebaut. Arbeitskräfte gab es damals genug, auch wenn Entlohnung nicht fürstlich und die Unterbringung manchmal im Wohnwagen auf der Wiese gegenüber war. Und jetzt? Restaurants müssen ihre Küchen schon um 20 Uhr schließen oder stellen gleich auf Selbstbedienung um. Gut laufende Betriebe machen dicht, weil sie keine Nachfolger finden.
    Dabei ist der Tourismus die größte Einnahmequelle in der strukturschwachen Region. Gutshauspächterin Simone Rattmann sah Anfang des Jahres keinen Ausweg mehr. Trotz bestätigter Buchungen von über 100.000 Euro muss sie zu Beginn der Saison ihren Betrieb schließen. Selbst gute Bezahlung lockt keine Servicekräfte mehr zu ihr, es fehlt an Nachwuchs, der die harte Saisonarbeit macht. Das kleine schmucke Gutshaus steht jetzt leer – ob sich ein Käufer dafür findet? Campingplatzbesitzer Uwe Fischer aus Blankenförde ist Anfang 60. Er glaubt nicht daran, einen Nachfolger zu finden, der sein „Hexenwäldchen“ einmal weiter führt.
    Die Region, fürchtet er, ist einfach zu unattraktiv für junge Menschen, die Arbeit suchen. Preiswerte Mietwohnungen fehlen, manche Saisonkräfte müssen im Wohnwagen leben, es gibt sehr viel Natur und Ruhe, aber wenig Abwechslung. Angebote, die speziell junge Leute auch über die Saison hinaus ansprechen – darüber denkt Uwe Fischer jetzt nach. Aufgeben will er jedenfalls nicht. Im Vegan Resort in Neukalen versucht sich ein junges Team gerade an einem neuen Konzept für eine eng zugeschnittene Zielgruppe, wirbt mit Blockhütten für Familien, veganer Biokost und tariflicher Bezahlung für die Angestellten.
    Seinen Ursprung hat der Betrieb in Berlin, ob das Konzept auch an der Mecklenburgischen Seenplatte aufgeht? Welche Lösungen finden Hotelbetreiber und Kanuverleiher, Campingplatzinhaber und Restaurantchefinnen, um den Erholungssuchenden trotzdem gerecht zu werden? Und haben die Verständnis dafür, wenn sie im Lokal direkt am See in der Schlange an der Selbstbedienungstheke warten müssen? Oder der Campingplatz sie nicht mehr aufnehmen kann, obwohl doch eigentlich noch Platz wäre? Und welche Ideen gibt es für die Zukunft? (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 23.08.2023WDR
  • Folge 21 (45 Min.)
    Das größte Stahlwerk Europas, in Tarent, ist seit Jahrzehnten für Emissionen giftiger Abgase bekannt und trotzdem noch im Betrieb.
    In der süditalienischen Stadt Tarent steht seit den 1960er Jahren eines der größten Stahlwerke Europas. Es ist der Schauplatz eines unglaublichen Umweltskandals, der sich seit langem vor aller Augen abspielt: Hier gelangen, in unmittelbarer Nähe zu dichtbesiedelten Wohnvierteln, bei der Produktion von Stahl nachweislich gesundheitsschädliche Stoffe, wie Dioxin und Benzopyren, in gefährlichen Mengen in die Umwelt. Zahlreiche Studien belegen, dass die Krebsrate in Tarent überdurchschnittlich hoch ist. Das ist vielen Behörden, bis hin zur Regierung in Rom, seit vielen Jahren bekannt.
    Und trotzdem wird das Werk in Tarent nicht geschlossen, nicht einmal vorübergehend für eine grundlegende Sanierung. Es wird immer weiter produziert. Wie kann das sein? Die Auswirkungen des Stahlwerks kennt kaum jemand so gut wie die Kinderärztin Grazia Parisi. Sie behandelt seit Jahrzehnten Kinder aus dem besonders betroffenen Stadtteil Tamburi, die meist unter schweren Erkrankungen der Atemwege leiden. Obwohl längst nachgewiesen ist, wie schädlich die Emissionen des Werks sind, hat sich nie etwas geändert, sagt die Ärztin.
    „Es gab in der Praxis nie einen Rückgang solcher Fälle, es gab keinen Rückgang der nächtlichen Telefonate wegen erstickender Kinder.“ Sie muss jungen Müttern aus Tamburi davon abraten zu stillen, weil die Muttermilch zu belastet ist. Die Situation ist für die Ärztin unerträglich. „In mir ist Angst, um mich selbst, und gleichzeitig um hunderte Familien. Ich bin verzweifelt.“ Auch Alessandro D’Amone, der seit über zwanzig Jahren im Stahlwerk arbeitet, kämpft wie die Kinderärztin seit Jahren um dessen Schließung.
    „Heute gehört diese Anlage, in diesem Zustand, unter diesen Bedingungen und unter dieser Leitung ohne Wenn und Aber geschlossen“, findet er. Videos aus dem Inneren des Hüttenwerks, die Stahlarbeiter für den Film zur Verfügung gestellt haben, zeigen den aktuellen Zustand der Industrieanlage. Die Vereinten Nationen haben 2022 Tarent zur „Opferzone“ erklärt; das Nichtstun angesichts des Umweltskandals sei eine „ungeheuerliche Menschenrechtsverletzung“.
    „Die Story“ geht auf Spurensuche in Tarent, Rom und Brüssel, befragt italienische und europäische Politiker und rekonstruiert, wie es möglich ist, dass einer der größten Umweltskandale Europas immer weitergehen kann, obwohl regionale, nationale und europäische Behörden davon wissen und Gerichte mehrfach eindeutige Urteile dazu gesprochen haben. Es ist die Geschichte eines fast perfekten Umweltverbrechens mit Billigung der staatlichen Institutionen, das sich heute, mitten in Europa abspielt. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 30.08.2023WDRDeutsche Online-PremiereMo 28.08.2023ARD Mediathek
  • Folge 22 (45 Min.)
    Patrick H. sitzt in seiner Zelle in der JVA Berlin-Plötzensee und erzählt von dem Tag, den er wohl nie vergessen wird: Als die Polizei gegen seine Tür hämmert, ihn verhaftet und ins Gefängnis bringt. Dabei wurde Patrick H. nie zu einer Gefängnis-Strafe verurteilt. Er konnte lediglich seine Geldstrafe nicht zahlen. Und der 28-Jährige ist damit nicht allein: Mehrere tausend Menschen in Deutschland erleben jedes Jahr das Gleiche. Viele von ihnen haben nicht einmal vor Gericht gestanden. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind arm. Ist das Zufall? Oder haben es Menschen mit mehr Geld in unserem Justizsystem leichter? Wer kein Geld für einen Anwalt hat, steht im Zweifel ohne Verteidigung vor Gericht.
    Denn Pflichtverteidiger werden schätzungsweise nur in zehn Prozent der Fälle eingesetzt – wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr im Raum steht und in einigen Ausnahmen. Wer genug Geld für seine Verteidigung ausgeben kann, sucht sich Anwälte wie Nikolaos Gazeas. Seine Kanzlei in Köln zählt zu den Top-Adressen für Wirtschaftsstrafrecht in Deutschland. Kanzleien dieser Art verlangen Stundensätze um die 400 Euro. Gazeas hat Beschuldigte in Cum-Ex-Strafverfahren vertreten und die Verteidigung im Schmiergeldprozess um ehemalige Siemens-Manager koordiniert.
    Er schätzt: 80 Prozent seiner Fälle werden entweder eingestellt oder enden mit einem Freispruch. „Mehr Geld gleich bessere Verteidigung gleich bessere Chancen vor Gericht, das ist in vielen Fällen leider zutreffend.“ Die „Story“ hat sich umgesehen in deutschen Gerichtssälen und Gefängnissen, spricht mit Gefangenen, Verurteilten und Beschuldigten, mit Richterinnen, Staatsanwälten und dem Leiter eines Gefängnisses. Und sie konfrontiert Bundesjustizminister Marco Buschmann und fragt, wie er die deutsche Strafjustiz gerechter machen will – und ob seine Reformvorschläge dafür ausreichen. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 06.09.2023WDRDeutsche Online-PremiereDi 05.09.2023ARD Mediathek
  • Folge 23 (45 Min.)
    Die Krankenpflegerinnen Lolita Garchert und Sukhjit Kaur Singh (r) bei der Morgenroutine: Die Patienten werden gleich gepflegt und neu verbunden.
    Wer soll in Zukunft die Alten und Kranken pflegen; Wohnungen bauen oder renovieren? Und wer soll unsere Kinder unterrichten? Schon heute fehlen in NRW über 400.000 Fachkräfte. Und die Prognose ist düster: In den nächsten Jahren – bis 2030 – werden bei uns im Land über eine Million Arbeitskräfte fehlen. Dann wäre jede 10. Stelle unbesetzt. Trotzdem gibt es Handwerksbetriebe, Schulen und Pflegestationen, die sich vor Bewerbern kaum retten können. Was machen sie anders? „Ich liebe meinen Job und finde es schrecklich, wie er ständig mies gemacht wird – ich fühle mich zum Beispiel gut bezahlt.“ Überraschende Sätze von Krankenschwester Lolita G..
    Die 26jährige ist Stationsleiterin in einem Düsseldorfer Krankenhaus. Hier organisiert sie mit ihren jungen Kolleginnen und Kollegen die Station völlig neu. Kein starrer Dienstplan, kein „Das haben wir immer schon so gemacht!“, sondern gemeinsames Frühstück, Wunschzettel für die Dienstpläne und Absprachen mit den Patienten direkt am Bett. Die Liste der Bewerber*innen für diese Station ist lang – ein Modell für das ganze Krankenhaus? „Ich brenne wirklich für meinen Beruf, denn was gibt es Schöneres, als Kindern eine gute Zukunft zu bereiten?“ sagt Lehrer Cornelius von W. und repariert zusammen mit drei Schülern ein Fahrrad.
    Er unterrichtet an einer Gesamtschule in Köln. „Wir verstehen uns als Teamschule.“ Alle duzen sich, Schüler können mit-entscheiden, wann sie was lernen wollen, Nebenfächer werden in Werkstätten und Projekten unterrichtet – so wie z.B. Wirtschaft. Dafür hat Conny, wie er von allen genannt wird, mit den Schülern ein kleines Fahrradreparaturunternehmen gegründet. „Eine Schule fürs Leben“, das sei zwar auch anstrengend, aber total sinnvoll, sagt Conny und freut sich.
    2021 konnten über 60.000 Lehrstellen nicht besetzt werden – das sei der Fachkräftemangel von morgen, sagt Jörg Schmitz, Malermeister aus Düsseldorf. In seinem Betrieb beschäftigt er zehn Azubis. Mehr als er eigentlich braucht – und er hätte noch weitere einstellen können. „Hier bin ich angekommen und glücklich“, sagt Katja, Azubi im ersten Lehrjahr. Eine kaufmännische Lehre hat sie schon absolviert, war aber sehr frustriert. „Als Malerin kann ich meine Kreativität ausleben und das ganze Team ist super.
    Ich werde gesehen“, sagt sie. Im Betrieb hat ihr Chef sogenannte Übungskojen gebaut und alle Lehrlinge zusammen renovieren Klassenzimmer an den Realschulen in der Umgebung. „Wir zeigen den 9.Klässlern, dass Handwerk Spaß macht und Teamwork stark macht!“ Vielen gefällt das. Sie bewerben sich dann für ein Praktikum und später für eine Lehrstelle. In unserer Reportage erleben wir hautnah mit, wie junge Leute ihren Arbeitsalltag (um-)gestalten wollen, warum sie für ihre Arbeit brennen und warum sie sich genau für den Bereich entschieden haben, wo eigentlich niemand mehr hin will. (Text: tagesschau24)
    Deutsche TV-PremiereMi 13.09.2023WDRDeutsche Online-PremiereSo 10.09.2023ARD Mediathek
  • Folge 24 (45 Min.)
    „Es ist wie ein nicht enden wollender Alptraum“, sagt Stefanie aus Dortmund, als sie erzählt, wie sie das Sorgerecht für ihren Sohn verloren hat. Laut Gerichtsurteil hätte sie eine zu enge Bindung zu ihrem Sohn und sei bindungsintolerant. Im Jahr 2021 haben etwa 14.600 Mütter und Väter das Sorgerecht für ihr Kind verloren. So hat es das Statistische Bundesamt ermittelt. Häufig geschieht das, wenn Eltern nach einer Trennung so zerstritten sind, dass eine gemeinsame Sorge nicht mehr möglich ist. Aber wem von beiden entzieht das Familiengericht dann das Sorgerecht und aus welchem Grund? Autorin Justine Rosenkranz macht sich für die WDR-Story auf eine Recherchereise und stößt dabei immer wieder auf die Begriffe Eltern-Kind-Entfremdung und Bindungsintoleranz.
    Und sie trifft Frauen, denen man das Sorgerecht mit genau diesen Begründungen entzogen hat. Eine von ihnen ist Steffi aus Dortmund. 2020 nahm das Gericht ihr den Sohn weg. Er war damals vier Jahre alt. Seitdem kämpft die stellvertretende Leiterin eines Kindergarten darum, ihren Sohn mehr als drei Stunden in zwei Wochen sehen zu dürfen.
    Das Gericht warf ihr vor, die Beziehung zu ihrem Sohn sei zu eng und sie hetze ihn so gegen den Vater auf, dass der Junge sich weigere, mit diesem zu gehen, wenn er ihn an seinen Umgangstagen abhole. Auch Anna, die ihren richtigen Namen nicht nennen möchte, hat das Sorgerecht für ihren Sohn verloren. Die Sozialpädagogin hatte den Verdacht, dass ihr vierjähriger Sohn bei den Umgängen vom Vater sexuell missbraucht wird. Anna geht in eine Klinik, um den Jungen von Fachleuten untersuchen zu lassen. Dort wird der Verdacht des sexuellen Missbrauchs erhärtet und das Jugendamt benachrichtigt, welches den Vater anzeigt.
    Der Vater streitet den Vorwurf ab und die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen aus Mangel an Beweisen ein. Ein vom Gericht bestellter Gutachter attestiert Anna später eine psychische Störung und vermutet, sie wolle das Kind vom Vater entfremden. „Als ich dann in die Kita kam, standen zwei Mitarbeiterinnen vom Jugendamt dort und haben mir plötzlich eröffnet, dass mein Sohn jetzt zum Kindesvater gebracht wird und ich bin dann aus dem Raum raus und mein Sohn war weg.
    Einfach weg.“ Das Sorgerecht hat nun das Jugendamt, Anna kämpft vor Gericht darum, es zurückzubekommen. Bei ihrer Spurensuche trifft die Autorin auf Experten und Expertinnen, die sich mit dem Thema Eltern-Kind-Entfremdung und Bindungsintoleranz seit Jahren intensiv beschäftigen. Während die einen Eltern-Kind-Entfremdung als emotionalen Missbrauch am Kind betrachten, gibt es andere, die die Entfremdungstheorie als unwissenschaftlich ablehnen. Wer hat Recht? Und vor allem, was ist beim Streit ums Sorgerecht das Beste für das Kind? (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 20.09.2023WDRDeutsche Online-PremiereDi 19.09.2023ARD Mediathek
  • Folge 25 (45 Min.)
    Dürre, Hitze, Feuer – auch in Frankreich wird das Wetter immer extremer. In bestimmten Regionen hat es seit eineinhalb Jahren quasi gar nicht geregnet. Für die Pflanzen bedeutet das Stress, die Böden trocknen immer weiter aus, Flüsse und Seen haben sich bis heute nicht erholt. Dort bangen Winzer um ihre Zukunft. Der Klimawandel – er bedroht den französischen Weinanbau: Winzerinnen und Winzer haben mit großen Ernteausfällen zu kämpfen. Viele Sorten kommen mit den sich verändernden Bedingungen einfach nicht mehr klar.
    Der 30-jährige Jungwinzer Jean Henric hat vor vier Jahren die Weinberge seines Vaters bei Perpignan übernommen. Auch wenn er seinen Job liebt, ist von der anfänglichen Begeisterung nur noch wenig zu spüren. Für Jean geht es um seine wirtschaftliche Existenz. Durch die Trockenheit sterben die Rebstöcke auf einigen Parzellen einfach ab. Er steht vor einer schwierigen Entscheidung: Die Reben haben nicht genug Energie, um zu überleben und gleichzeitig reife Trauben zu produzieren. Muss er die Ernte dieses Jahres also opfern? „Das ist ein riesiger wirtschaftlicher Verlust, ich stecke in einem Teufelskreis“, sagt er.
    Für Nicolas Mirouze ist weniger mehr. Er hat seine Anbaufläche deutlich reduziert und sich für biodynamische Landwirtschaft entschieden. Ressourcen zu schonen ist sein oberstes Ziel, Bewässerung ist für ihn tabu. „Wir haben einfach nicht genug Wasser“, sagt er. Gleichzeitig muss er mit großem Aufwand seine Trauben vor Wildschweinen schützen, die wegen der Trockenheit nichts zu trinken finden und sich dann über die süßen Früchte hermachen.
    Vincent Pugibet gilt als Revolutionär im Weinberg. Er hat bereits mit neu-gezüchteten Rebsorten experimentiert, als sie noch nicht zugelassen waren. Auf seinen Parzellen wachsen nun bereits im größeren Stil Sorten, die gegenüber extremeren Bedingungen resistenter sind. Sein Ansatz ist, sich auch mit technischen Mitteln zu wappnen. Viele seiner Weinfelder hat er mit Bewässerungsanlagen ausgestattet: „Bewässerung war lange ein Tabu in Frankreich.
    Heutzutage ist Weinbau in meinen Augen anders gar nicht mehr möglich.“ Immer mehr Winzer stehen vor der Frage: Aufgeben oder bewässern? Und das in Zeiten, in denen die Wasserreserven ohnehin immer knapper werden. Wer soll also wieviel Wasser bekommen? Und: Wie kann der französische Wein überleben? Auch Forscher in Laboren arbeiten an Lösungen, denn es steht viel auf dem Spiel. Wein ist in Frankreich nicht nur Kulturgut, sondern ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Rund 500.000 Arbeitsplätze hängen an der Weinwirtschaft und allein im letzten Jahr wurden 12 Milliarden Euro Exportüberschuss mit dem Verkauf von Wein erzielt.
    ARD-Frankreich-Korrespondentin Friederike Hofmann bereist das Land und erlebt, wie die Trockenheit Südfrankreich verändert, wie bei so manchem Winzer einfach kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt, Flammen ganze Landstriche bedrohen – und Existenzen auf dem Spiel stehen. Sie begleitet die Suche nach Lösungen, bei den Winzern vor Ort und in einem Labor, in dem an neuen Sorten geforscht wird – damit der französische Wein eine Zukunft hat. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 27.09.2023WDR
  • Folge 26 (45 Min.)
    Volker Bretz möchte mit Yoga „den Frieden in die Welt bringen“. Mit spirituellem Namen heißt der Betriebswirt Sukadev, Engel der Wonne. Vom ostwestfälischen Bad Meinberg aus hat er es geschafft, mit indischer Philosophie ein Yoga-Imperium zu errichten. Der gemeinnützige Verein Yoga Vidya setzt Millionen im zweistelligen Bereich um, sammelt fleißig Spenden und zieht mit jährlich 100.000 Übernachtungen Yogis und Yoginis aus ganz Deutschland in die vier Ashrams – von der Nordsee bis zum Allgäu. In Deutschland führt der Verein inzwischen den Markt an: Yoga Vidya ist nach eigenen Angaben in 80 Städten präsent, außerdem in mehreren europäischen Ländern.
    Doch um welchen Preis? Zum ersten Mal bekommt eine Redaktion nun detaillierte interne Einblicke in das System von Yoga Vidya. Zu den Schattenseiten des Erfolgs zählt unter anderem der Umgang mit den Menschen, die in den vier Seminarhäusern leben und arbeiten und hierfür deutlich weniger als den Mindestlohn verdienen. Viele von ihnen haben für ein Leben im Ashram alles aufgegeben. Gerade erst haben zwei von ihnen vor dem Bundesarbeitsgericht ihr Recht eingeklagt.
    Der Verein hingegen hat vor allem ein Ziel: Wachstum. Yoga Vidya konnte in den vergangenen Jahren immer neue Immobilien anschaffen und sich auch dadurch die Marktmacht unter den Yogaanbietern sichern. Dabei will Yoga Vidya nicht nur Yoga verbreiten, sondern auch die Religion fördern. Unter anderem wegen der Verfolgung dieser Zwecke ist der Verein bisher als gemeinnützig anerkannt. Doch welche Struktur und welches Weltbild stecken hinter Yoga Vidya? Die Story „Cash & Karma: Ausbeutung beim Yoga?“ gibt ungewohnte Einblicke hinter die Kulissen von Deutschlands größter Yogakette. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 04.10.2023WDR
  • Folge 27 (45 Min.)
    „Wir müssen abschrecken, wir müssen uns verteidigen können, wir haben schon einmal erlebt, dass uns nicht geholfen wurde“, – solche Sätze hört man derzeit oft in Polen. Und so ist es nur folgerichtig, dass das Land Mitte August eine so große Militärparade in Warschau abhält wie seit dem Fall der Mauer nicht mehr. Tausende Menschen warten stundenlang, um die neuesten Errungenschaften ihrer Armee zu bejubeln. Sie heißen Abrams und HIMARS, Krab und K2 – kein NATO-Land gibt derzeit so viel für Verteidigung aus wie Polen. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind es vier Prozent.
    Polen will die größte Landarmee Europas aufbauen. Der Großteil der Menschen findet das gut. Seit Russlands Angriffskrieg ist Polen Frontstaat und übernimmt auch eine neue Rolle in der Welt: Es preschte vor, als es um die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ging, trieb auch Deutschland vor sich her. Für US-Präsident Biden ist Polen mittlerweile der wichtigste NATO-Partner im Osten. Das sorgt für Selbstbewusstsein, auch bei Restaurant-Besitzer Damian Drupka in Rzeszów. Er erlebt, wie seine Stadt sich binnen weniger Monate verändert.
    Denn in der polnischen Provinz Karpatenvorland befindet sich mittlerweile das internationale Logistik-Drehkreuz für Lieferungen an die Ukraine – auch die von Waffen. Soldaten aus mehreren NATO-Ländern sind hier stationiert. Drupka ist stolz, dass Polen, das für seine kritische Haltung gegenüber Russland lange verlacht wurde, nun endlich ernst genommen wird. Doch die Bedrohungen sind für Polen auch sehr spürbar, in diesem Sommer 2023. Im kleinen Dorf Przewodów, wo im November 2022 eine offenbar fehlgeleitete ukrainische Flugabwehrrakete eingeschlagen ist, haben die Menschen immer noch viele Fragen.
    Wie kann es sein, dass ihr Präsident ihnen versichert, dass jeder Zentimeter ihres Landes geschützt ist, und sie noch immer nicht wissen, warum zwei ihrer Nachbarn sterben mussten? Und: Warum liegt eine russische Rakete mehrere Monate unbemerkt in einem Wald in der Nähe der zentralpolnischen Stadt Bydgoszcz? Welche Gefahr geht von den in Belarus stationierten Wagner-Söldnern aus? Und weshalb können belarussische Militärhubschrauber scheinbar unbemerkt auf polnisches Territorium fliegen? Polen befindet sich in einer Art hybridem Krieg, so sieht es der renommierte polnische Sicherheitspolitik-Analyst Marek Świerczyński.
    Und die Regierung findet darauf offenbar nur schwer Antworten. Der russische Präsident Wladimir Putin und sein belarussischer Vasall Victor Lukaschenko drohten Polen zuletzt wiederholt und öffentlich. Die Bedrohung aus Belarus, so sagt Świerczyński, könnte letztlich noch gefährlicher für Polen sein, als der russische Krieg in der Ukraine.
    Und dann befindet sich das Land auch noch im Wahlkampf. Mitte Oktober wählt Polen ein neues Parlament. Bleibt die rechtspopulistische und europakritische Partei PiS an der Macht? Die auch immer wieder kritisch auf Deutschland blickt? Und wie geht Polen in Zukunft mit Drohungen aus Russland und der Flüchtlingssituation an der Grenze zu Belarus um? Für „die Story“ reist Reporterin Susanna Zdrzalek in das Land, in dem sie geboren wurde – und erlebt ein verändertes Polen, das mit neuem Selbstbewusstsein aufrüstet – aber auch vor großen Herausforderungen steht. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 11.10.2023WDRDeutsche Online-PremiereDi 10.10.2023ARD Mediathek
  • Folge 28 (45 Min.)
    Alica und Johannes Henrich profitieren vom Ehegattensplitting – ohne Grund, sagen sie.
    „Wir müssen dafür Sorge tragen, dass Alleinerziehende mit Kindern genauso unterstützt werden vom Staat wie eben die Ehen.“ Katrin Reese ärgert sich über ihren Steuerbescheid. Auf dem steht, dass sie als alleinerziehende Mutter viel mehr Steuern zahlen muss, als wenn sie verheiratet wäre. Und das liegt am Ehegattensplitting. Johannes Henrich ist verheiratet, hat ein Kind und findet: „Wir sind ja eigentlich Profiteure des Systems. Grob geschätzt haben wir durch das Ehegattensplitting einen Steuervorteil von 20 Prozent gegenüber nicht Verheirateten.“ Das Ehegatten- was? Viele wissen nicht einmal, was Ehegattensplitting überhaupt ist, wer es anwenden kann und wer nicht.
    Und noch weniger Menschen wissen, dass es dieses Steuergesetz schon seit 1958 gibt und seitdem unverändert auf die finanziellen Möglichkeiten von Familien und vor allen Dingen Frauen einwirkt. Das Splittingverfahren ermöglicht es verheirateten Paaren, und nur verheirateten Paaren, sich steuerlich gemeinsam veranlagen zu lassen und so die Steuerprogression zu umgehen, ganz gleich, ob dieses Paar Kinder hat oder nicht.
    Dabei werden heute ein Drittel aller Kinder außerhalb ehelicher Gemeinschaften geboren. Und die waren eigentlich diejenigen, die die Väter des Grundgesetzes schützen wollten, als sie im Artikel 6 formulierten: Ehe und Familie stehen unter besonderem Schutz der staatlichen Ordnung. Reina Becker kämpft seit Jahren für die Abschaffung des Splittings. Sie ist Steuerberaterin und hilft Frauen wie Katrin Reese, ihre Steuerbescheide anzufechten. Besonders ärgert sie, dass der Splittingvorteil überwiegend bei Gutverdienern, meistens Männern, ankommt und Frauen, die sich um die Kinder kümmern, leer ausgehen.
    Sie will in ihrem Kampf für eine gerechtere Besteuerung sogar bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Doch als in diesem Sommer SPD-Chef Lars Klingbeil plötzlich die Abschaffung des Ehegattensplittings vorschlug, um die Kindergrundsicherung zu finanzieren, gab es sofort massiven Gegenwind. Der Koalitionspartner FDP lief Sturm dagegen und auch der Kanzler winkte ab. Der Streit kreist um die Frage: Ist eigentlich Familie heute noch das, was sie vor 70 Jahren war? Ist es gerecht, Ehepaare finanziell besser zu stellen, auch wenn diese gar keine Kinder haben oder diese längst erwachsen sind? Immerhin lässt sich der Staat dieses Steuergeschenk weit über 20 Milliarden Euro pro Jahr kosten.
    Und ist es fair, Familien ohne Trauschein von dieser Steuersubvention auszuschließen? Die Story zeigt, was es heißt, wenn ein Steuergesetz aus dem Geist der 1950er Jahre auf die Lebenswirklichkeit heutiger Familien trifft. Und geht der Frage nach: Warum schafft es die Politik nicht, die Weichen anders zu stellen? (Text: WDR)
    Deutsche Online-PremiereDo 12.10.2023ARD Mediathek
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 18.10.2023
  • Folge 29 (45 Min.)
    Es ist ein regnerischer Morgen im August, als Fachleute von Deutschlands größtem Rüstungskonzern Stichproben der neuen Gepard-Munition verschießen. Wir sind im Süden der Lüneburger Heide, am Rheinmetall-Standort Unterlüß, hinter Wald, Warnschildern und Stacheldraht. Im Kontrollraum bauen sich zu jeder Salve Datenkurven auf: Austrittsgeschwindigkeit bei Mündungsfeuer, Dauer der Leuchtspur, Schusszahl pro Minute. Es ist die Munition, auf die die Ukraine sehnlichst wartet, um sich weiter gegen russische Luftangriffe zu verteidigen.
    Kurz zuvor hat sich in Unterlüß ein leitender Mitarbeiter nach der Werksschicht bedankt. „Ihr könnt stolz sein“, sagte er seinem Team. Tatsächlich gilt der Aufbau der hochsensiblen Fertigungsstraße binnen weniger Wochen als eine Rekordleistung. Begleitet hat ihn, unter Einhaltung von Geheimhaltungs- und Sicherheitsauflagen, ein TV-Team der „ARD Story“. Auch als Konzernchef Armin Papperger hier jenseits der Öffentlichkeit einen hochrangigen Kunden empfängt, läuft die ARD-Kamera mit. Angereist ist der Verteidigungsminister Ungarns, der bald darauf in fabrikneue, tarngefleckte Panzer steigt, selbst einen Kanonenschuss auslöst und sich schließlich per Nebelwerfer samt Fahrzeug in Tarnwolken hüllt.
    Detailreich erklärt Papperger ihm Bordwaffen und Munition, die vernetzte Kriegführung der Zukunft, Kundenandrang, Lieferfristen. Der Mann, der den Konzern seit mehr als zehn Jahren führt, erscheint als überzeugender Verkäufer. Sechs Monate lang hat Grimme-Preisträger Klaus Scherer für die NDR/​WDR-Produktion diese und weitere einzigartigen Einblicke in den Rheinmetall-Konzern erhalten, dessen Mitarbeiter sich zuvor über Jahrzehnte hin daran gewöhnt hatten, als Waffenbauer öffentlich eher gemieden, wenn nicht gar von Kritikern beschimpft zu werden.
    Wie erleben sie die neue Wertschätzung? Wie prägt die Zeitenwende ihren Alltag? Erstmals geht eine Langzeitreportage, quasi in Nahaufnahme, diesen Fragen nach. Scherer zeigt, wie in Rheinmetall-Fabriken an altem wie neuem Kriegsgerät hantiert wird, lässt sich die Funktionsweisen von Haubitzen und kinetischen Geschossen schildern, beschreibt Engpässe und Schwierigkeiten.
    Als Rheinmetall-Chef Papperger in Berlin den ukrainischen Botschafter trifft, um seine Pläne für direkte Kooperationen mit Kiew weiterzutreiben, ist das ARD-Team ebenfalls dabei. Oder im Kasseler Werk, wo Kunden den Fuchs-Transportpanzer testen, einschließlich Probefahrt in einer Kiesgrube. Auch mit den Kritikern spricht Scherer, darunter organisierte Kleinaktionäre und der Tübinger Anwalt Holger Rothbauer, der Rheinmetall mit Blick auf einen früheren Auftrag der Vereinigten Arabischen Emirate verklagt hat wegen Verstoßes gegen das Völkerstrafrecht.
    Differenziert kommt der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter zu Wort, dessen traditionell rüstungskritische Partei die Zeitenwende ebenfalls verändert hat. „Es geht hier um eine Demokratie, die angegriffen wird, und um eine Diktatur, die Schandtaten begeht“, sagt er nach zwei Ukraine-Reisen und fordert mehr Tempo bei Waffenlieferungen. Zugleich kritisiert auch er Rheinmetall für die noch immer anhängige Entschädigungsklage gegen die Bundesregierung, weil diese nach der Krim-Annexion ein Konzerngeschäft mit Russland gestoppt hatte.
    „Damit der Film möglich wurde, mussten wir nicht nur Geheimhaltungs- und Sicherheitsregeln beachten, sondern auch den Persönlichkeitsschutz von Werksmitarbeitern und Aktionären“, sagt Scherer zu den Drehbedingungen. „Umgekehrt legten wir Wert darauf, überall Fragen stellen zu können, auch spontan.“ Den ersten Beleg dafür liefert im Film der Großkunde aus Ungarn. Als Scherer ihn fragte, warum seine Regierung den Haftbefehl des Internationalen Gerichtshofs gegen Wladimir Putin ignoriere, brach er das Gespräch ab. Die Kamera lief. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 25.10.2023WDR
  • Folge 30 (45 Min.)
    Monheim, eine kleine Stadt am Rhein, kann seinen rund 46.000 Einwohnern kostenlose Kita-Plätze bieten und top sanierte Schulen, kostenlosen öffentlichen Nahverkehr und teure Kunst im öffentlichen Raum. Dabei war Monheim einmal hoch verschuldet – bis die Kommune den Gewerbesteuerhebesatz drastisch senkte. Inzwischen hat sie den niedrigsten in NRW und lockte so hunderte Firmen in die Stadt. Die zahlen jetzt in Monheim ihre Gewerbesteuern. Die Einnahmen sprudeln und die Bürger sprechen vom „Wunder von Monheim“ – symbolisiert durch einen kostspieligen künstlichen Geysir auf einer Verkehrsinsel.
    Doch dieses Wunder geht auf Kosten anderer Nachbargemeinden, sagen Kritiker. Gegenüber von Monheim, auf der anderen Rheinseite, sieht man die Schlote des Dormagener Chemieparks, wo u.a. die Bayer AG Pflanzenschutzmittel produziert. Das Industriegelände ist einer der größten Chemiestandorte in Europa – und die Bayer AG war einst der größte Gewerbesteuerzahler in Dormagen. Bis der Chemiekonzern die Geschäftsführung und den Sitz einiger äußerst profitablen Tochterunternehmen ins benachbarte Monheim verlegte und so die Hälfte der Gewerbesteuern sparte.
    Produziert wird weiterhin in Dormagen. Erik Lierenfeld, der Bürgermeister der 65.000 Einwohner-Kommune, wirft seinem Amtskollegen aus Monheim „Gewerbesteuer-Dumping“ vor. Denn in Dormagen ansässige Unternehmen wie die Bayer AG nutzen zwar, um hier zu produzieren, die Infrastruktur der Stadt. Ihre Gewinne aber versteuern sie lieber in Monheim, der Steueroase nebenan. Während in Dormagen das Geld hinten und vorne nicht mehr reicht, die Schulen sanierungsbedürftig sind und wichtige Investitionen verschoben werden müssen.
    Die Gewerbesteuer stellt für Kommunen die größte Steuereinnahmequelle dar. Und die Höhe der Gewerbesteuerhebesätze können die Gemeinden in Deutschland selbst entscheiden. Monheim und Dormagen sind nur zwei Beispielkommunen. Es ist eine Praxis, die auch in anderen Kommunen in Deutschland zu finden ist, häufig in der Nähe größerer Städte. Inzwischen gibt es Duzende von Steueroasen in Deutschland. Christoph Trautvetter von „Netzwerk Steuergerechtigkeit“ spricht daher von einem „System der Steuervermeidung zu Lasten der Allgemeinheit“.
    Nach Schätzungen von Experten kosten die den Steuerzahler jedes Jahr rund 1 Milliarde Euro. Aber nicht nur große Unternehmen verlagern ihre Gewinne nach Monheim. Wer sich dort umschaut, entdeckt an unscheinbaren Bürogebäuden und Einfamilienhäusern zahlreiche Firmenschilder und Briefkästen. Sogenannte „Virtuelle Büros“ werden hier vermietet mit Postweiterleitung und Festnetzanschluss mit Rufweiterleitung. Viele Firmensitze bestehen hier offenbar nur auf dem Papier, um Gewerbesteuer zu sparen. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 08.11.2023WDR
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 25.10., dann für den 08.11.2023, dann für den 15.11.2023
  • Folge 31 (20 Min.)
    Rechtsextremer Terrorismus gegen Juden ist spätestens seit dem Attentat von Halle 2019 offensichtlich. Daneben gibt es revisionistische Ansätze rechter Vordenker, die NS-Geschichte neu zu interpretieren. In Institutionen und Organen des Staates gibt es immer wieder rechtsextreme Vorfälle. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 08.11.2023WDR
  • Folge 32 (25 Min.)
    Im Alltag manifestieren sich „kryptische Formen“ eines antijüdischen Ressentiments: Ob bei den Querdenkern, in der Kulturszene oder auf Social Media – über Juden wird häufig in Chiffren gesprochen, die dennoch klar und deutlich sind. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 08.11.2023WDR
  • Folge 33 (45 Min.)
    Der Handwerkermangel hat Auswirkungen auf viele private Bauvorhaben, aber auch kommunale Bau- und Sanierungsprojekte verzögern sich oder werden teurer.
    „Zwei Kollegen haben sich krank gemeldet“, sagt Robert Solle in der Frühbesprechung. „Wir müssen noch mal alles umplanen für heute.“ Der 55-Jährige leitet einen Dachdecker-Betrieb in Essen mit 15 Beschäftigten. „Aber eigentlich könnten es noch fünf Mitarbeiter mehr sein“, sagt Robert Solle. Das Problem: Er findet niemanden, der den Job gut machen könnte. Vor allem Jüngere fehlen. Zwei Drittel seiner Belegschaft sind über 55 Jahre alt. Und die wenigsten Dachdecker halten bis 65 durch. Die Story „Kollege (m/​w/​d) dringend gesucht!“ begleitet Familie Solle in ihren Betrieb und erlebt mit, was der Fachkräftemangel an der Basis bedeutet.
    Gleichzeitig zeigt der Film anhand von exklusiven Daten, wie gravierend der Handwerkermangel in Nordrhein-Westfalen ist und welche Auswirkungen das hat. Warum interessieren sich so wenig junge Menschen für das Handwerk und was muss passieren, damit sich das ändert? Marleen Solle (25) ist ebenfalls Dachdeckerin im Betrieb ihres Vaters und will den Handwerkermangel für den Familienbetrieb in den Griff kriegen.
    Auf Instagram postet sie Videos, erzählt von ihrer Arbeit und kämpft gegen das verstaubte Image der Branche. „Viele denken, wer im Dachdecker-Handwerk bestehen will, muss hart im Nehmen sein“, sagt sie. Ein Zerrbild das für die gesamte Baubranche gilt und vor allem Frauen abschreckt. Gerade mal 6,7 Prozent der Azubis, die 2022 in NRW die Gesellenprüfung bestanden haben, sind weiblich. Mehr Frauen könnten also eine Lösung für den Betrieb Solle sein, vielleicht ausländische Fachkräfte.
    Auch Technik, die die Arbeit erleichtert, attraktivere Arbeitszeiten oder eine Vier-Tage-Woche könnten neue Mitarbeiter anlocken. Marleen hat viele Ideen, nicht immer ist sie mit ihrem Vater einer Meinung. Bundesweit fehlen mehr als 250.000 Handwerker – Tendenz steigend, denn die Altersstruktur sieht in vielen Betrieben ähnlich aus, wie bei Robert Solle. Darunter leiden private Bauvorhaben, genauso wie Bauten und Sanierungen von Städten und Kommunen. Verzögerungen und Verteuerungen sind die Folge. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 15.11.2023WDR
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 21.06.2023
  • Folge 34 (30 Min.)
    Seitdem die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfallen und Israels Verteidigungskrieg begonnen hat, werden in Deutschland Gräben sichtbar. Muslimische Verbände in Deutschland verurteilen zwar die Gräueltaten der Hamas, doch viele Muslime schauen vor allem auf das Leid der Palästinenser im Gazastreifen und sehen Israel als Aggressor. Gleichzeitig hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland deutlich zugenommen. Die „ARD Story“ dokumentiert, wie der Krieg in Nahost auch Deutschland verändert. Die Autoren erleben, wie Menschen auf Demonstrationen Israel Genozid an den Palästinensern vorwerfen und das Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen mit den Gräueltaten der Nazis vergleichen.
    Sie erleben auch, wie bei diesen Demos die Grenze zwischen Israelkritik und Antisemitismus verschwimmt. Im Gespräch mit Muslimen gehen Katja Garmasch, Hüseyin Topel und Mareike Wilms der Frage nach, woher Hass und Vorurteile kommen. Sie treffen Muslime, die sich klar gegen Antisemitismus aussprechen, erfahren, dass in deren Kindheit aber „Jude“ ein Schimpfwort war. Und auch, dass seit Kriegsbeginn viele Muslime den deutschen Medien einseitige Berichterstattung vorwerfen.
    Die Autoren treffen Juden, die das Vorgehen der Israelis im Gazastreifen als notwendig bezeichnen und Angst vor antisemitischen Attacken gegen ihre Kinder haben. Der Nahostkrieg sorgt für Angst und Wut und er spaltet. Geht ein Riss durch unsere Gesellschaft? Der Film zeigt, wie die Menschenrechtsaktivistin Düzen Tekkal versucht, das zu verhindern. Ihre Bildungsbewegung „GermanDream“ bringt Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichem religiösem und kulturellem Background ins Gespräch über den Nahostkrieg – um damit Ängste und Vorurteile abzubauen. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 22.11.2023WDR
  • Folge 35 (45 Min.)
    Frauen in Kabul warten auf Lebensmittelrationen.
    Dieser Film dokumentiert das Leben und Schicksal von unterschiedlichen Frauen und Mädchen in Afghanistan und zeigt in eindringlicher Weise, wie sehr sich ihre Situation seit der Rückkehr der Taliban an die Macht verändert hat, wie sehr ihre Freiheiten und Rechte eingeschränkt werden. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 06.12.2023WDR
  • Folge 36 (30 Min.)
    Maram Akeel (r) nimmt neue Flüchtlinge in Hünxe auf.
    ‚Wir sind am Limit‘, sagt Dirk Buschmann, Bürgermeister des kleinen Ortes Hünxe am nordwestlichen Rand des Ruhrgebiets. Mit seiner Meinung ist er nicht allein, so sehen es auch viele Bürgerinnen und Bürger und fordern, dass die Politik was tut. Tatsächlich werden 2023 so viele Geflüchtete zu uns kommen, wie seit Jahren nicht mehr. Wie können wir die Menschen aus der Ukraine, aus Afrika oder Syrien unterbringen? Und wie können wir sie integrieren? In Umfragen wünschen sich zwei von drei Deutschen eine Begrenzung des Zuzugs, aber wie kann das in der Praxis funktionieren? Und sind die, die zu uns kommen, nicht vielleicht auch eine Chance in Zeiten von Fachkräftemangel? Ein Reporterteam des WDR hat sich auf die Reise gemacht, ganz in den Westen, nach Hünxe, wo sie sich mehr Hilfe von Bund und Land fordern. Und in den Osten, an die polnische Grenze, wo die Bundespolizei versucht gegen Schleuser zu kämpfen. (Text: tagesschau24)
    Deutsche TV-PremiereDo 14.12.2023WDRDeutsche Online-PremiereSo 10.12.2023ARD Mediathek

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