Folge 348

  • Die Grenzen der Nachhaltigkeit

    Folge 348 (60 Min.)
    Wirtschaftliche Entwicklungen, Ressourcenknappheit und Klimawandel zwingen zum Umdenken. Das neue Ziel heißt Nachhaltigkeit. Doch wie nachhaltig ist eigentlich das Modell der Nachhaltigkeit? Zu Gast sind: Fleurina Schneider, Geschäftsführerin des Instituts für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt am Main, Klaus-Dieter Hupke, Professor für Geographie an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg sowie Wirtschaftsforscher Michael Hüther. Das Prinzip der Nachhaltigkeit ist einfach: Es soll nur eine gewisse Menge von Ressourcen genutzt werden, damit das Gesamtsystem keinen Schaden nimmt.
    Im Zentrum steht die Regenerationsfähigkeit der einzelnen Bestände in den Natur- und Lebensräumen. Nachhaltigkeit ist ein globales Mammutprojekt, das unbestritten in vielen Bereichen der Gesellschaft unverzichtbar geworden ist. Bei genauerem Hinsehen erweist sich Nachhaltigkeit jedoch häufig als ein Mittel des Marketings. Beispielsweise wird in verschiedenen Ökosystemen wie Forstwirtschaft oder Fischfang bereits seit Jahrzehnten das Prinzip der Nachhaltigkeit angestrebt. In begrenzten, kleinen Regionen gelingt es auch zuweilen, Nachhaltigkeit umzusetzen.
    Je umfangreicher und globaler jedoch die Gebiete werden, desto größer werden auch die Probleme. Fanggebiete und Fanquoten sind ein ewiges Streitthema, und gegen die Abholzung des Regenwalds gibt es bislang keine erfolgreiche Strategie. Häufig sind es ökonomische und nationale Interessen, die eine notwendige Wende zur Nachhaltigkeit erschweren. Der Glaube an ein grenzenloses Wachstum und die permanente Verschwendung von Ressourcen stehen im starken Widerspruch zu dringenden, nachhaltigen Veränderungen.
    Auch den individuellen Verzicht auf Wohlstand und Konsum gibt es nur in Einzelfällen. Als Gesamtkonzept ist „Verzicht“ bislang kein akzeptables Vorgehen. Das Konzept der Nachhaltigkeit beruht hauptsächlich auf Fakten und Rationalität. Menschen sind in ihren Entscheidungen und Handlungen aber selten nur rational, sondern verhalten sich emotional, ambivalent oder egoistisch. Dieses subjektive Dilemma kann durch staatliche Maßnahmen, Beschlüsse und Gesetze gesteuert werden, beispielsweise durch eine Verteuerung von
    Energiepreisen.
    Solche Steuerungsmechanismen führen jedoch zu neuen Komplikationen, in vielen Fällen zu einem Anstieg der sozialen Ungleichheit. Wird es in einer komplexen, auf Ausnutzung von Ressourcen beruhenden Gesellschaft in absehbarer Zeit überhaupt eine grenzenlose Nachhaltigkeit geben? Oder verstärken die ökologischen Maßnahmen nur die Widersprüche und Interessengegensätze in der Gesellschaft? Ein weiteres Beispiel sind die Transformationsprozesse der Digitalisierung und die massenhafte Verbreitung der Elektromobilität, die gigantische Stromkapazitäten erfordern.
    Der Anteil der erneuerbaren Energien liegt in Deutschland jedoch unter 50 Prozent. Dies ist im Vergleich zu anderen Staaten zwar hoch, ist aber für die Stahl- und Chemieindustrie oder die Informationstechnologien längst noch nicht ausreichend. In Anbetracht der Lage stufte die EU-Kommission, trotz massiver Kritik, Atomkraft und auch Gas als nachhaltig ein. Allein dieser Beschluss verdeutlicht die Komplexität und Widersprüchlichkeit des Themas. Welche Wege und Verhaltensweisen sind also nötig, um in Zukunft ökologische und soziale Schäden zu begrenzen? Was brauchen wir, um kollektiv nachhaltig handeln zu können? Und wie kann es gelingen, dass in Demokratien Nachhaltigkeit auch nachhaltig gestaltet wird? Diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit folgenden Gästen: Fleurina Schneider studierte Geografie, Botanik und Recht.
    Seit April 2021 ist sie wissenschaftliche Geschäftsführerin des Instituts für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt am Main. Sie beschäftigt sich mit Lernen und Handeln für Nachhaltigkeitstransformationen, Transdisziplinarität und Wissenschaftspolitik.
    Klaus-Dieter Hupke ist seit 2004 Professor für Geographie an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Er studierte Geographie und Germanistik. Seine Interessenschwerpunkte sind Naturschutz, Nachhaltigkeit und Bildung. Michael Hüther ist ein deutscher Wirtschaftsforscher und seit 2004 Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln. Er studierte Wirtschaftswissenschaften sowie Mittlere und Neuere Geschichte. Seine Forschungsgebiete sind unter anderem wirtschaftlicher Strukturwandel und wirtschaftliche Entwicklung sowie der Wandel von Finanzmärkten. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 31.03.20223sat

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Do 31.03.2022
21:00–22:00
21:00–
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