2022, Folge 355–367

  • Folge 355 (60 Min.)
    Selbstbemächtigung oder Empowerment ist für die, die ausgegrenzt sind, ein guter Weg zu mehr Autonomie, Mitbestimmung und Handlungsoptionen. Wie aber geht das – sich mehr Macht holen? Gert Scobel begrüßt die Diplom-Pädagogin und Diplom-Supervisorin Prof. Gisela Hermes, die Soziologin, Diversity-Trainerin und Journalistin Dr. Nkechi Madubuko sowie die Fachärztin für Psychiatrie & Psychotherapie und Supervisorin Dr. med. Amma Yeboah. Immer mehr Minderheiten vertreten ihre Interessen eigenmächtig und gestalten ihr Leben selbständiger.
    Diese von der Mehrheit diskriminierten Menschen wollen nicht länger um Gleichberechtigung bitten. Sie stellen klare Forderungen – ein Ergebnis des Empowerments. Frauen, Homosexuelle, People of Colour, Menschen mit Einschränkungen und diverse andere Minderheiten wollen nicht länger geduldig sein, um das zu bekommen, was für die Mehrheit der Menschen längst selbstverständlich ist: Sie nehmen sich ihre Rechte selbst. Ursprünglich stammt die Idee des Empowerments aus der US-Bürgerrechtsbewegung.
    Durch den Sozialwissenschaftler Julian Rappaport fand sie den Weg in die Praxis der sozialen Arbeit. Empowerment soll Menschen helfen, ihre Stärken zu spüren, und sie dazu ermutigen, ihr Leben selbst zu kontrollieren und zu gestalten, statt sich von außen helfen oder bestimmen zu lassen. Im Mittelpunkt der Gesprächssendung „scobel“ steht die Rolle des Empowerments in der Erziehung: Welche Folgen hat Diskriminierung in der Kindheit – etwa durch rassistische Beleidigungen? Wie schwächt es das Selbstwertgefühl eines Kindes, wenn es durch sein „Anderssein“ ausgegrenzt wird? Außerdem geht es um die Fragen, was Menschen mit Migrationsgeschichte zu „Anderen“ macht und wie Menschen, die sich ausgegrenzt fühlen, ihre Handlungsfähigkeit und ihre Autonomie eigenmächtig zurückholen können.
    Wie kann Empowerment zu einem stärkeren Selbstwertgefühl führen? Ist Empowerment sichtbarer geworden in Schule, Beruf und im öffentlichen Raum? Wie wird dieser politische Prozess von der Mehrheit wahrgenommen? Welchen Einfluss hat er auf unsere sozialen Strukturen, in denen festgelegte Hierarchien eine wichtige Rolle spielen? Welches Bild von Identitäten steckt dahinter? Wie können privilegierte Menschen den Prozess des Empowerments unterstützen? Gibt es Kritik an den Hauptforderungen des Empowerment-Konzepts und dessen Ziel, bei dem es auch um eine Umverteilung von Macht geht? Wie könnte Empowerment für alle den sozialen Wandel beschleunigen? Mit seinen Gästen diskutiert Gert Scobel gelebtes Empowerment, die Kraft der Resilienz und warum dieser Ansatz zu einer vielfältigeren, gleichberechtigteren Gesamtgesellschaft führen kann.
    Prof. Gisela Hermes ist Diplom-Pädagogin und Diplom-Supervisorin. 1992 gründete sie das Bildungs- und Forschungsinstitut bifos e.V., das zum Empowerment behinderter Menschen forscht. Gisela Hermes ist Mitglied im Expertenpanel einer aktuellen Studie zu „Empowerment/​Peer Counseling“ im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Dr. Nkechi Madubuko ist Soziologin, Diversity-Trainerin und Journalistin.
    Sie veröffentlichte Bücher und zahlreiche Artikel zum Umgang mit Rassismus-Erfahrungen, zu Empowerment für Kinder und Jugendliche sowie zu Diversitätssensibilität im Kontext Schule. Als Dozentin lehrt sie an den Universitäten Kassel und Koblenz. Dr. med. Amma Yeboah ist Fachärztin für Psychiatrie & Psychotherapie und Supervisorin. Ihre Schwerpunkte sind die geschlechtersensible, psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung. Als Dozentin und Lehrbeauftragte unter anderem an der Universität Köln fokussiert sie sich auf intersektionale Perspektiven in der Medizin und Psychotherapie. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 25.08.20223sat
  • Folge 356 (60 Min.)
    Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland könnten 2022 zu dramatischen Energieengpässen und Preissteigerungen führen. Mit Folgen für die Wirtschaft und Endverbraucher. Bisher galt die Energieversorgung von privaten Haushalten als unantastbar. Doch die Industrie macht Druck und meldet ihre Ansprüche an. Wird Deutschland im Winter über genügend Erdgas, Öl und Kohle verfügen, um den Bedarf zu decken? Ist die Energie noch bezahlbar? Als am 24. Februar 2022 Russland eine Militäroffensive gegen die Ukraine startete und der Angriff sehr schnell von den europäischen Staaten und der Nato verurteilt wurde, folgten mehrere Wirtschaftssanktionen gegen den Aggressor.
    Aber zugleich wurde auch deutlich, wie stark Deutschland, und in einem noch höheren Maße auch Österreich, von den Rohstofflieferungen aus Russland abhängig sind.Nun wird auf internationalen Energiemärkten dringend nach Ersatz gesucht. Die große Nachfrage nach Erdgas und Erdöl verursachte einen gewaltigen Anstieg der Preise.
    Werden die Tanks und Depots gegen Ende des Jahres ausreichend gefüllt sein, sodass weder die Wirtschaft noch die Verbraucher mit starken Einschränkungen leben müssen?Was die Gasvorräte betrifft, hat Wirtschaftsminister Robert Habeck im Juni die Warnstufe 2 – die Alarmstufe – ausgerufen. Dieser Schritt war notwendig geworden, weil Russland die Gaslieferungen durch Nord Stream 1 erheblich verringerte. Die nächste und letzte Stufe wäre die Notfallstufe. Sie hätte zur Folge, dass der Staat in den Markt eingreift und die Bundesnetzagentur dann in Deutschland die Verteilung der Gasvorräte übernimmt.
    Die Lage auf den internationalen Märkten ist zurzeit angespannt und die Entwicklung nur schwer zu prognostizieren. Deshalb gibt es schon jetzt zahlreiche Appelle an die Verbraucher: weniger und kürzer duschen, Strom sparen, Raumtemperaturen senken, weniger Auto fahren und dergleichen mehr. Doch werden diese Maßnahmen ausreichen, um die Wirtschaft funktionsfähig zu halten – oder sind sie nur ein Tropfen auf den heißen Stein? Welche Rolle spielen die erneuerbaren Energien? In welchen Bereichen werden sie gebraucht? In welchen Wirtschaftszweigen haben sie nur eine geringe Bedeutung? Die Zeitenwende ist schon längst im Gange, und dazu gehört auch, die Prioritäten unter energie- und geopolitischen Aspekten neu zu bestimmen.
    Was wird in dieser Übergangsphase aus dem Klimaschutz? Gert Scobel diskutiert mit Experten die aktuelle Situation und sucht nach Perspektiven für die Verhinderung des drohenden Notfalls. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 01.09.20223sat
  • Folge 357 (60 Min.)
    Lesen, Schreiben, Rechnen sind elementare Kulturtechniken für die Gestaltung von komplexen Gesellschaften. Werden jetzt auch digitale Kompetenzen für Kommunikation und Teilhabe benötigt? Einige Kulturtechniken sind für Leben und Beruf so grundlegend, dass sie von Generation zu Generation immer wieder neu vermittelt werden. Andere Kulturtechniken, besonders in der Freizeit, unterliegen Moden und unterscheiden sich daher stark in ihrer Verbreitung. Welches Wissen und welche Fähigkeiten sind notwendig, um die Anforderungen und gegenwärtigen Krisen zu bewältigen? Wie nützlich und hilfreich sind dabei traditionelle Fähigkeiten – und wie steht es um digitale Technologien, die mittlerweile für viele Aufgaben zum Einsatz kommen?Bereits in den ersten Hochkulturen wie in Ägypten waren Kulturtechniken unentbehrlich.
    Handwerker nutzten weitergegebenes Erfahrungswissen für die Ausübung ihrer Tätigkeiten. Aufgrund der Arbeitsteilung, des Tauschhandels und der Steuern verwendeten Kaufleute, Verwalter und Beamte für die Erledigung verschiedener Arbeiten die damaligen Bilderschriften und Rechenformeln. Kulturtechniken sind also ein wesentlicher Bestandteil der Zivilisationsgeschichte.
    Ihre Bedeutungen blieben bis heute erhalten, auch wenn die Anzahl der Techniken wegen der Ausdifferenzierung der Berufe und Freizeitangebote inzwischen stark gestiegen ist. Die Wischbewegungen der Hände auf den Smartphones oder die Emojis auf den sozialen Plattformen sind in der kulturellen Praxis neue Formen und Ausdrucksweisen. Werden diese hypermodernen Kulturtechniken langfristig bestehen oder in einem Jahrzehnt wieder verschwunden sein? Im Gegensatz dazu ist der Wegfall von Computern und Internet geradezu unvorstellbar, beispielsweise wegen der Versendung von E-Mails, elektronischen Steuererklärungen, behördlichen und geschäftlichen Formularen, Buchungen, Informationen und dergleichen mehr.
    Die Digitalisierung stellt einen kulturellen Umbruch dar, wie ihn einst der Buchdruck auslöste. Doch noch weiß niemand ganz genau, wie sich die Technik auf ihre Nutzer auswirken wird und in welchem Umfang die Nutzer die Technik in Anspruch nehmen werden. Die neuen Technologien ermöglichen auch neue Perspektiven: Warum sollen junge Menschen überhaupt noch lesen, schreiben und rechnen? Können sie diese Aufgaben nicht einfach „Siri“ oder „Alexa“ übertragen und die freie Zeit für andere Lerninhalte nutzen? Oder brauchen die nächsten Generationen dieses Wissen, damit sie die Kontrolle über die neuen Informationstechnologien nicht vollständig verlieren?In der Coronapandemie wurden alte Kulturtechniken wie Nähen, Gärtnern und Reparieren wieder neu entdeckt.
    Können sich solche Praktiken auf das Konsumverhalten und die Ressourcenverschwendung auswirken? Wie wichtig sind Kulturtechniken für die Entstehung von Gruppen und Identitäten?Diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 08.09.20223sat
    Deutsche TV-Premiere ursprünglich angekündigt für den 23.06.2022
  • Folge 358 (60 Min.)
    Seit Jahrhunderten treten Menschen in komplexen Spielen wie Schach und Go gegeneinander an. Doch die digitale Konkurrenz, die Künstlicher Intelligenz, ist nahezu unschlagbar geworden. Bisher waren KI-Systeme nur in der Lage, ein bestimmtes Spiel zu beherrschen und darin gegen Menschen zu gewinnen. Neueste Entwicklungen im Bereich der selbstlernenden Künstlichen Intelligenz beherrschen inzwischen mehrere und komplexere Spielfertigkeiten gleichzeitig. Seit Jahrhunderten übt sich der Mensch in den Fertigkeiten, komplexe Brettspiele wie Schach und Go zu beherrschen. Ist der erste Zug auf dem Brett gemacht, potenzieren sich die Zahl der Spielvarianten in unvorstellbare Dimensionen. In Zeiten der Coronapandemie bekam das Schachspiel einen ungeheuren Boom, der bis heute anhält.
    Aber auch das fast noch viel komplexere Brettspiel Go erlebte eine unglaubliche Popularität, zum Beispiel durch das Match: Mensch gegen Künstliche Intelligenz, in der der menschliche Spieler tatsächlich verlor. Eigentlich eine unglaubliche Sache, denn das Go-Spiel wird nicht nur von Logik beherrscht, sondern gerade auch durch intuitive Spielzüge. Die Entwicklungen in den KI-Laboren dieser Welt nehmen gewaltig an Fahrt auf, und die Leistungsfähigkeiten der KI-Systeme werden immer beeindruckender. Verdirbt uns damit die Künstliche Intelligenz den Spaß am Spiel? Über diese und viele andere Aspekte von Brettspielen und Künstlicher Intelligenz diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 15.09.20223sat
  • Folge 359 (60 Min.)
    Alle drei Sekunden erkrankt ein Mensch irgendwo auf der Welt an Demenz. Noch immer gibt die Krankheit Forschern zahlreiche Rätsel auf, aber neue Erkenntnisse machen Hoffnung. Trotzdem die Wissenschaft inzwischen vieles über Alzheimer, Parkinson und andere demenzielle Erkrankungen weiß, gibt es noch keine wirksamen Therapien und damit keine Heilung. Nun gibt es positive Entwicklungen, besonders in Bezug auf Ursachen und Prävention. Die Zeit drängt: Nach aktuellen Angaben der Weltgesundheitsorganisation wird die Zahl der an Demenz erkrankten Menschen dramatisch ansteigen und sich weltweit alle 20 Jahre verdoppeln – von derzeit 55 auf bis zu 139 Millionen im Jahr 2050.In Deutschland ist eine demenzielle Erkrankung wie zum Beispiel Alzheimer bereits die zweithäufigste Todesursache.
    Umso wichtiger ist es, mehr über die tatsächlichen Ursachen zu erfahren. Nur so können wirkungsvolle Therapieformen entwickelt werden. Bluttests sollen jetzt die Krankheit frühzeitig erkennen. Besonders interessant ist aber ein ganz neuer Forschungsansatz: Während man lange glaubte, dass bestimmte Eiweißablagerungen im Gehirn die alleinige Ursache von Alzheimer sind, ist man davon heute nicht mehr überzeugt.
    Ins Zentrum wissenschaftlicher Forschung rücken nun das Immunsystem und die Blut-Hirn-Schranke, jene Barriere, die unser Gehirn vor Schädigungen schützt. Was das alles für den Kampf gegen diese Erkrankungen bedeutet und wie man Menschen zukünftig helfen oder vielleicht sogar vor Demenz schützen kann, darüber diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 22.09.20223sat
  • Folge 360 (60 Min.)
    Das menschliche Herz ist ein Hochleistungsorgan. Die Gesundheit des nur rund 300 Gramm schweren Muskels ist untrennbar mit der Psyche verbunden. Zu Gast sind: Dr. Franca Parianen, Neurowissenschaftlerin und Wissenschaftskommunikatorin; Prof. Dr. Reinhard Friedl, Herzchirurg und (Psycho-) Kardiologe sowie Prof. Dr. Karl-Heinz Ladwig, Professor für Psychosomatische Medizin, Schwerpunkt Psychokardiologie. Die häufigste Todesursache in Deutschland ist eine Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems. Etwa 30 Prozent aller Infarkte haben psychische Ursachen.
    Stress, Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen und psychosoziale Probleme können das Herz krank machen. Störungen des Herz-Kreislauf-Systems sind meistens ein Symptom und eher selten die Ursache für Herzerkrankungen. Zahlreiche Studien belegen: Das Herz ist ein psychosomatisches Organ. In Bezug auf seine Gesundheit spielen die Psyche, unser Konsumverhalten und unsere Lebensweise eine entscheidende Rolle. Diese Zusammenhänge sind bereits seit der Antike bekannt.
    Auch die alte indische Lehre des Ayurveda weiß: Wenn sich die Seele beruhigt, beruhigen sich auch Herz und Darm. Das noch relativ junge interdisziplinäre Fach der Psychokardiologie erforscht diese Wechselbeziehungen und konnte in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche biologische und Verhaltensfaktoren dieser Beziehung festmachen. Eine Studie, die 2018 im „European Heart Journal“ veröffentlicht wurde, kommt zum Beispiel zu dem Schluss, dass Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen signifikant häufiger an Depressionen leiden.
    Und umgekehrt ist das Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln, bei Patienten mit Depressionen um 65 Prozent erhöht. Das zeigt, dass eine tiefe wechselseitige Verbindung zwischen Herz und Gehirn beziehungsweise Psyche besteht. Was wissen wir heute über die Funktionsweise unseres Hochleistungsorgans, wie ist es mit unserer Psyche verbunden, wo steht die moderne Herzmedizin, und warum braucht es Chaos als stabilisierenden Faktor? Über diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 29.09.20223sat
  • Folge 361 (60 Min.)
    Nur ein geringer Teil der Ereignisse, die täglich in der Welt passieren, können in den Medien dargestellt werden. Welche Geschehnisse werden wahrgenommen, ausgewählt und präsentiert? Entscheidungen über die Nachrichtenauswahl werden immer wieder neu getroffen. Dabei müssen Prioritäten gesetzt werden, wenn es um relevante Zustände und Sachverhalte geht. Es gibt Themen, die kaum Beachtung finden, über andere Ereignisse wird im Übermaß berichtet. In Deutschland liefert der dpa-Basisdienst täglich zwischen 300 und 500 Meldungen an die Redaktionen. Die Agentur Reuters verschickt etwa 450, die Associated Press etwa 250 Meldungen in die deutschen Redaktionen.
    Ergänzt wird dieses Angebot noch von Agence France Press mit durchschnittlich 220 bis 300 Meldungen am Tag, den Meldungen von ddp und kleineren, auf bestimmte Themen spezialisierte Agenturen für Sport, Religion oder Wirtschaft. Hinzu kommen die Recherchen aus den jeweiligen Redaktionen. Die meisten Meldungen sind bereits durch Agenturen, Institutionen und Interessengruppen vorsortiert. Was gesendet und gemeldet wird, kann folglich nur eine Auswahl sein, nicht aber in allen Aspekten ein gerecht werdendes Abbild des Weltgeschehens.
    Aus der reduzierten Fülle des Materials wird das, worüber berichtet wird, noch einmal durch Zeitungs- und Rundfunkredakteure verdichtet. Nach welchen Regeln und Kriterien geschieht dies? Was wird vergessen? Und was geht im Nachrichtenfluss verloren?Bei der Informationsflut unserer Gesellschaft befinden sich Journalisten häufig im Zwiespalt zwischen ihrem öffentlichen Auftrag und den Zwängen ihres Mediums, den zeitlichen Begrenzungen und ökonomischen Möglichkeiten zur intensiven Recherche. Sie sollen zum einen „möglichst sachlich, umfassend und vollständig berichten“, zum anderen ist es aber auch ihre Aufgabe, aufgrund begrenzter Publikumsaufmerksamkeit und Sendekapazität die Nachrichtenvielfalt nach bestimmten Werten zu ordnen.Dabei spielt der professionelle Umgang mit Informationen eine große Rolle.
    Die journalistische Ausbildung und Erfahrungen tragen dazu bei, dass Themen und Inhalte nicht willkürlich ausgewählt und verbreitet werden. Dennoch gibt es unterschiedliche Schwierigkeitsgrade bei der Beschaffung von Informationen. Während Meldungen von Verkehrsunfällen und Sportergebnissen vergleichsweise einfach zu recherchieren sind, muss bei Berichten über Waffen-, Drogen- und Menschenhandel mit Gewalt und großen Gefahren für das eigene Leben gerechnet werden.
    Wie „Reporter ohne Grenzen“ berichtet, wurden im vergangenen Jahr 38 Journalisten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit getötet. Ist dies mit ein Grund dafür, warum manche Nachrichten vernachlässigt oder vergessen werden? Beispiele für vergessene Nachrichten gibt es viele. In Deutschland sind das vor allem soziale Themen. Was kann in Zukunft getan werden, damit vergessene Nachrichten nicht vergessen werden? Darüber diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 06.10.20223sat
  • Folge 362 (60 Min.)
    Die Landwirtschaft steht vor drastischen Veränderungen. Klima- und Biodiversitätskrise erfordern tiefgreifende Reformen. Wie gut sind die bäuerlichen Betriebe vorbereitet? Darüber diskutiert Gert Scobel mit der Geografin und Agrarwissenschaftlerin Dr. Andrea Beste, der Leiterin der Abteilung Technik im Pflanzenbau am Leibniz Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V., Prof. Dr. Cornelia Weltzien sowie dem Landwirt Benedikt Bosel. Der massive Wandel in der Landwirtschaft erfordert neue Landwirte, die in Ausbildung und Praxis den Herausforderungen des Klimawandels gewachsen sind.
    Dürreperioden, Bodenerosion durch Wind und Starkregen sowie steigende Temperaturen erfordern ein schnelles Umdenken und Handeln. Wie gut sind Landwirtschaftsschulen und Universitäten vorbereitet? Kann die industrielle Landwirtschaft der einzige Weg sein, der die Ernährung sichert, indem sie möglichst günstig möglichst hohe Erträge produziert? Wie steht es mit Lehrinhalten, die sich mit nachhaltigen Produktionsabläufen befassen? Was bedeutet das für Landwirte in ihren Betrieben? Landwirte stehen massiv in der Kritik – doch ist diese Kritik auch gerechtfertigt? Die öffentliche Debatte über Tierwohl, Missbrauch von Pestiziden und Düngemitteln, aber auch die steigende Zahl großer Agrarbetriebe hat zu negativen Narrativen geführt.
    Wie zukunftsfähig ist die Landwirtschaft, und wie modern darf sie eigentlich sein angesichts weitreichender Einschränkungen durch Verordnungen, die die Politik diktiert? Wohin geht die Entwicklung – eher zurück zur Tradition oder doch hin zum Hightech-Betrieb, bei dem Roboter die Feldarbeit (mit-)erledigen? Und welche Tendenzen und Trends gibt es, die zu einer Lösung der drängendsten Probleme führen könnten? Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen über die Zukunft der Landwirte zwischen Klimaschutz und Effizienz, städtischer Foodfabrik und regionalem Biobauernhof.
    Mit folgenden Gästen: Dr. Andrea Beste ist Geografin, Agrarwissenschaftlerin und berät als Bodenexpertin Landwirte und Landwirtschaftliche Initiativen.
    Sie ist unter anderem Mitglied der beratenden Expertengruppe zum Ökolandbau der EU-Kommission und gehört als Mitglied dem Europäischen Netzwerk von Wissenschaftlern für soziale und ökologische Verantwortung ENSSER an. Prof. Dr. Cornelia Weltzien leitet seit 2015 die Abteilung Technik im Pflanzenbau am Leibniz Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) und den Lehrstuhl Agromechatronik an der Technischen Universität Berlin. In ihren Forschungsprojekten am ATB konzentriert sie sich auf die Entwicklung neuer Verfahren und technischer Lösungen, die einen effizienten Ressourceneinsatz in der Landwirtschaft ermöglichen.
    Benedikt Boesel ist Landwirt und bewirtschaftet einen Hof in Brandenburg. Der ehemalige Bänker beschäftigt sich mit der Rolle der Landwirtschaft angesichts der globalen Klimakrise. Er arbeitet mit Partnern aus Wissenschaft und regenerativer Landwirtschaft, an neuen Wegen für die Agrarbranche. Benedikt Bösel ist Mitglied des Think Tank 30 der Deutschen Gesellschaft Club of Rome. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 13.10.20223sat
  • Folge 363 (60 Min.)
    Es herrscht wieder Krieg in Europa. Ein Krieg mit Waffen in der Ukraine und ein Wirtschafts- und Nachrichtenkrieg. Stehen wir vor einem neuen Wettrüsten wie in Zeiten des Kalten Krieges? 100 Milliarden Euro will die deutsche Regierung in die Bundeswehr investieren, um verteidigungsfähig zu werden. Der Appell „Frieden schaffen ohne Waffen“, der in den 1980er-Jahren gegen atomare Bedrohungen verfasst wurde, ist verhallt. Stattdessen wird aufgerüstet. Die militärischen Auseinandersetzungen in der Ukraine haben unmittelbare Folgen auf die Energie- und Nahrungsmittelversorgung in Europa und damit auf wirtschaftliche und politische Entscheidungen.
    Die Sanktionen des Westens gegenüber Russland scheinen bisher nicht die erhofften Wirkungen zu zeigen. Russland dreht nach Belieben den Gashahn zu und sucht außenpolitisch neue Absatzmärkte sowie Bündnispartner in Indien und China. Aus dem militärischen Konflikt entwickelt sich zunehmend ein Wirtschaftskrieg, in dem vor allem nationale Interessen im Vordergrund stehen. Dazu zählen auch Spionage und Cyberangriffe auf die Infrastrukturen in Deutschland. In der Phase der Globalisierung scheinen keine internationalen Netzwerke entstanden zu sein.
    Auch die Gefahren eines atomaren Desasters können aufgrund der gegenwärtigen Kampfhandlungen nicht ausgeschlossen werden. Europas größtes Atomkraftwerk Saporischschja wurde offensichtlich sowohl von russischen als auch ukrainischen Einheiten beschossen. Die Weltgemeinschaft ist alarmiert. Vertreter der Internationalen Atombehörde haben die Lage vor Ort inspiziert und fordern weitere Maßnahmen zum Schutz der Anlage. Eine entmilitarisierte Zone könnte die Sicherheit erhöhen, aber wie kann die Diplomatie dieses Ziel erreichen, wo doch internationale Beziehungen und Konferenzen den Krieg nicht verhindern konnten?
    Wie werden sich Deutschland und die Europäische Union in dieser Krise innen- und außenpolitisch positionieren? Mit welchen Einschränkungen und Kosten werden die Bürger rechnen müssen? Wie kann der Frieden wiederhergestellt und ausreichend gesichert werden? Diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 27.10.20223sat
  • Folge 364 (60 Min.)
    Ohne das Licht der Sonne gäbe es kein Leben auf der Erde. Erst dieser gigantische Kernreaktor im Zentrum unseres Sonnensystems ermöglichte die Entstehung von Pflanzen, Tieren und Menschen. Licht ist Lebensspender, Energielieferant, Taktgeber. Auch ist Licht prägend für die Entwicklung von Zivilisationen – gerade durch die Erfindung von künstlichem Licht. Inzwischen schadet aber die übermäßige Nutzung des künstlichen Lichts durch Lichtverschmutzung. Seit Milliarden von Jahren wird in der Sonne durch den Kernfusionsprozess Wasserstoff in Helium umgewandelt. Dabei wird eine unvorstellbare Menge an Energie frei.
    Diese strömt als Strahlung ins Weltall, wärmt unseren Planeten und setzt viele lebensnotwendige Prozesse in Gang. Wenn man es rein physikalisch betrachtet, ist Licht der Teil der elektromagnetischen Strahlung, der für Menschen sichtbar ist. Natürlich ist Licht – vor allem das Licht, das von unserer Sonne ausgestrahlt wird – sehr viel mehr. Ohne das Sonnenlicht gäbe es kein Leben auf unserer Erde. Der lebensnotwendige Sauerstoff, der durch Photosynthese von Pflanzen generiert wird, wäre ohne das Sonnlicht nicht möglich. Auch die lebensnotwendige Wärme, von der Sonne generiert, ist essenziell für das Leben auf der Erde.
    Licht war und ist prägend für die kulturelle und historische Entwicklung der Zivilisationen, gerade auch durch die Erfindung von künstlichem Licht, das heutzutage jedoch zu Lichtverschmutzung führt. Physiker forschen nach Möglichkeiten, die Sonne auf der Erde nachbilden zu können und damit den immer größer werdenden Bedarf an Energie zu decken. Licht hat auch eine große Symbolkraft in den Religionen dieser Welt und ist wichtiger Bestandteil unserer Sprache. Oder wer kennt nicht das Licht am Ende des Tunnels? Diese und viele andere Aspekte von Licht beleuchtet Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 03.11.20223sat
  • Folge 365 (60 Min.)
    Die Coronapandemie hat Gesellschaften und Wirtschaft weltweit erschüttert. Für künftige Pandemien müssen daraus jetzt die richtigen Schlüsse gezogen werden. Gerade wurden die ersten Fälle von Polioinfektionen in den USA, Großbritannien und Israel gemeldet. Eine große Zahl weiterer heute bereits bekannter Viren könnte in den nächsten Jahren zu einer Gefährdung des Menschen werden. Für Wissenschaftler kam die Coronapandemie keineswegs überraschend. Sie warnen seit Jahren, doch ihre Warnungen blieben lange ohne Konsequenzen. Das muss sich ändern, denn ein vermehrtes Auftreten neuer Pandemien ist nur eine Frage der Zeit. Beispiel Polio: Gerade sind die ersten Fälle bekannt geworden. Dabei galt Kinderlähmung in den meisten Teilen der Welt als ausgerottet.
    Noch in den 1980er-Jahren war die Krankheit in 125 Ländern verbreitet. Erst eine weltweite Impfkampagne konnte die Verbreitung des Polio-Virus stoppen. Eine große Zahl heute bereits bekannter Viren könnten in den nächsten Jahren zu einer Gefährdung des Menschen werden, warnen Wissenschaftler. Die schwindende Biodiversität wird zu einer beträchtlichen Zunahme von Krankheiten und Infektionen zwischen Tieren und Menschen führen. Wie können wir uns besser schützen? Können wir Pandemien heute besser verhindern oder vorhersagen? Sind wir heute in der Lage, Pandemien besser zu managen? Über diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 10.11.20223sat
  • Folge 366 (60 Min.)
    Wenn nachfolgende Generationen eine Zukunft haben sollen, muss unserer Gesellschaft ein radikaler Wandel gelingen. Alle politischen Entscheidungen müssen konsequent ausgerichtet sein. Die Welt verändert sich rasant. Krisen häufen sich, die Unsicherheit wächst. Wer sich fragt, wie wir leben wollen, sollte beantworten können, wie unser gegenwärtiges Leben und Entscheidungen, die wir heute treffen, im Rückblick, aus der Zukunft, erscheinen werden. Um radikal zu prüfen, wie wir leben wollen, erscheint es sinnvoll, das gemeinsame Leben von der Perspektive der Vergänglichkeit aus zu betrachten. Wir produzieren täglich ein Überangebot von Schreckensszenarien, die nahelegen, dass es tiefgreifende Veränderungen geben wird und geben muss.
    Warum können wir diese Transformation nicht als Chance in einem positiven Sinne sehen? Etwa, dass weniger Verkehr und weniger Konsum vielleicht auch neue Möglichkeiten für Gesellschaft und Individuen bedeuten können? Die positiven Chancen transformativer Erfahrungen gilt es viel mehr in den Fokus zu nehmen, intensiver zu bedenken und zu kultivieren. „scobel – Zukunft gestalten“ will dazu anregen, Transformation neu zu sehen und die Option eines ganz anderen Lebens wahrzunehmen. Welche Rolle spielen dabei politische Entscheidungen? Wie kommen wir zu guten, zukunftsorientierten Richtungsänderungen, die eine Mehrheit mittragen würde?
    Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen über drängende Fragen, die unsere Zukunft betreffen: Was macht positive Erfahrungen von Sinnhaftigkeit aus? Welche Werte, welche Fähigkeiten, brauchen wir hier und jetzt, um Zukunft gut und tragfähig zu gestalten? Wie müssen Werte transformiert werden angesichts mächtiger Interessen, die den Status Quo erhalten wollen? Könnte es nicht sein, dass wir, um radikalere Veränderungen zu ermöglichen, uns selbst anders sehen und uns immer wieder auch die eigene Vergänglichkeit vor Augen führen müssen? Was bedeutet das für jeden einzelnen im Sinne der individuellen Verantwortung? Wie müssen wir uns für eine Transformation der Gesellschaft stark machen? Welche Fähigkeiten können wir fördern, damit es gelingt, eine echte, positive Zukunft für all die Menschen zu gestalten, die uns selbst überleben werden? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 17.11.20223sat
  • Folge 367 (60 Min.)
    Die Kirchen verlieren dramatisch an Bedeutung. Erstmals seit Langem liegt der Anteil der Kirchenmitglieder in Deutschland unter 50 Prozent. Forscher sprechen von einer historischen Zäsur. Die Missbrauchsskandale allein erklären die Abkehr von den Kirchen nicht. Eine große Rolle spielen auch die Reformunfähigkeit und die sich verändernden Ansprüche moderner Gesellschaften. Dabei ist das Bedürfnis nach Spiritualität gerade in Krisenzeiten besonders hoch. Mit 360.000 Austritten kehrten nie zuvor so viele Katholiken ihrer Kirche den Rücken wie im Jahr 2021. Viel besser sah es auch für die Evangelische Kirche nicht aus: 280.000 Mitglieder erklärten 2021 ihren Austritt.
    Die dramatische Zahl sexueller Straftaten, das Schweigen und Vertuschen haben unbestritten einen großen Anteil an dieser möglicherweise existenziellen Krise. Doch es spielen viele weitere Faktoren eine Rolle. Ein großes Problem für viele Gläubige ist die anhaltende Reformunwilligkeit, besonders in der katholischen Kirche: Beispielsweise bleiben Frauen noch immer von Weiheämtern ausgeschlossen, Wiederverheiratete dürfen die Kommunion nicht empfangen, Homosexuelle fühlen sich weiterhin diskriminiert, werden weder getraut noch gesegnet.
    Das sind nur einige der Themen, bei denen der Vatikan bis heute keine Reformbereitschaft zeigt. Daneben hat sich unsere Gesellschaft massiv verändert. Sie ist offener, moderner und heterogener geworden. Verschiedene Religionen und Philosophien haben sich mittlerweile vermischt, und neue Ideen entstehen. Ist Religion im traditionellen Sinn nur ein störender Anachronismus, eine Art geduldeter Aberglaube? Für immer mehr Menschen besteht zwischen Glauben und Kirche kein zwingender Zusammenhang mehr. Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Seelsorge waren lange Kernkompetenzen der Kirchen.
    Geht dies alles nun mit ihrer zunehmenden Bedeutungslosigkeit verloren? Das Bedürfnis der Menschen nach Spiritualität, Transzendenz, nach Halt, Orientierung und Trost – gerade in unruhigen Zeiten wie diesen – ist groß. Könnte eine universelle Ethik die Kirchen ablösen? Eine neue Humanität, die weder von einer einzigen Religion noch von einer weltlichen Ideologie dominiert wird, wie es der große Philosoph Charles Taylor durchaus für möglich hält? Über diese und weitere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 15.12.20223sat

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