Wenn Franzosen etwas begehren – und das nicht nur geistig im Sinne von „Wünschen“ oder „Streben nach“, sondern auch körperlich im Sinn von Begierde – sprechen sie von „désir“. Wie im damit verwandten Desiderat im Deutschen steckt in „désir“ das lateinische Wort „sidus“ – der Stern. Durch das vorangestellte „dé“ wird klar, dass dieser fehlt, man ihn somit vermisst. Vielleicht möchte man deswegen jemandem, den man sehr begehrt „die Sterne vom Himmel holen“. Diese Redewendung zeigt jedoch, dass das Begehren über das ersehnte Objekt hinausgeht, welches nur vorübergehend befriedigen kann – weil man ja bereit ist, sogar nach den Sternen zu greifen. Auch Platon postuliert in seiner
Schrift „Das Gastmahl“, der Mensch begehre immer gerade das, was ihm fehlt. So ist das Objekt seiner Begierde manchmal auch völlig beliebig. Begierde kann jedoch auch bis zur übermäßigen, bedingungslosen Hingabe gehen, ohne dass ihr ein echtes Bedürfnis zugrunde liegt. In der Sendung wird das Begehren aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchtet: Angefangen in der Antike bei Platon, Spinoza und Epikur über Karl Marx bis hin zu Lacan und Freuds Aufsatz „Über das Unbehagen in der Kultur“. Der philosophische Exkurs zeigt am Ende, dass man zwischen falschen und wahren Begierden unterscheiden muss. Das wahre Begehren ist das, was uns nicht von uns selbst entfremdet, sondern uns zu dem macht, was wir sind. (Text: arte)