„Westworld“: Showdown in der neuen Folge „Genre“ – Review

Unser Recap zur fünften Episode der dritten Staffel

Rezension von Jana Bärenwaldt – 13.04.2020, 16:01 Uhr

Dolores (Evan Rachel Wood) und Caleb (Aaron Paul) – Bild: HBO
Dolores (Evan Rachel Wood) und Caleb (Aaron Paul)

Nachdem die ersten vier Episoden von „Westworld“ bereits in einem Review unter die Lupe genommen wurden (fernsehserien.de berichtete), wird die zweite Staffelhälfte nun wöchentlich mit ausführlichen Recaps begleitet. Die aktuelle Folge „Genre“ führt den Zuschauer gemäß dem Titel durch die verschiedensten Filmgenres. Liams (John Gallagher Jr.) Entführung durch Dolores (Evan Rachel Wood) und Caleb (Aaron Paul) bleibt nicht lange unbemerkt und es kommt zu einem nervenaufreibenden Katz-und-Maus-Spiel. Aber Dolores’ Plan ist weitaus größer und sorgt für eine überraschende Wendung.

In der Einführungssequenz erfährt man mehr über Seracs (Vincent Cassel) Hintergrund und seine Motivation. Nachdem Paris zerstört worden war und er bis auf seinen Bruder jeden Menschen verloren hatte, den er kannte, begann eine Idee in ihm zu reifen. Er wollte die Welt vor ihren selbstzerstörerischen Tendenzen schützen, damit sich so ein Ereignis nicht wiederholen sollte. Daraus entwickelte sich sein fragwürdiges Projekt, die Menschheit mittels des komplexen Datensystems „Rehoboam“ zu kontrollieren.

Serac und sein Bruder haben Rehoboam gebaut, und die künstliche Intelligenz mit den Daten von Liam Dempsey Sr. (Jefferson Mays), dem damaligen Besitzer von Incite, gespeist. Allerdings funktioniert das System anfangs nicht wie gewünscht und Dempsey reagierte äußerst ungehalten. Seine Haltung änderte sich jedoch, als es ihnen durch Rehoboam gelang, die Entwicklung der Märkte vorherzusagen und somit schwindelerregende Profite zu erwirtschaften. Mit der Zeit wurde Dempsey aber immer gieriger und Seracs Bruder zerbrach an seinem eigenen Genie.

Serac (Vincent Cassel) hält die Fäden in der Hand.HBO

Die Macht von Rehoboam geht aber weit über die Anhäufung von Reichtum hinaus. Mittels der Maschine kann Serac beinahe alle zukünftigen Ereignisse berechnen. So kann er dem brasilianischen Präsident Adrian Filo (Al Coronel) auch von einem aufkeimenden Aufstand der Separatisten in seinem Land berichten, bevor dieser auch nur das Geringste davon ahnt. Schnell wird klar, dass Serac für die Wahl Filos verantwortlich war und den Politiker vollends in seiner Hand hat.

Mit der Ankunft von Dolores wurde Seracs System jedoch überrascht. Sein Assistent Sebastian meldet, dass er von der Fabrik aus, in der Maeve (Thandie Newton) gestoppt wurde, eine Verbindung zwischen verschiedenen Geräten aus Jakarta, Berlin, San Francisco und Los Angeles festgestellt hat. Letzteres konnte er auf Liam Dempsey Jr. zurückführen, der von Dolores und Caleb entführt wurde. Die Verbindung aus San Francisco geht damit wohl auf Martin (Tommy Flanagan) aka eine andere Dolores zurück. Serac ordnet an, sämtliche Maßnahmen zu ergreifen, um Dolores in LA zu stellen.

Dolores weiß, dass ihnen nur wenig Zeit bleibt. Zudem müssen sie ständig in Bewegung bleiben, damit es schwerer wird, sie zu lokalisieren. Mit Hilfe von Liam will sie sich Zugriff zu Rehoboam verschaffen, während sie mit seinem Geld Anteile an Delos erwirbt. Liam zeigt sich aber alles andere als kooperativ und schafft es, Caleb eine Droge namens „Genre“ zu verabreichen. Daraufhin erfährt Caleb einen Trip, der ihn die Realität durch verschiedene Filmgenres sehen lässt.

Calebs (Aaron Paul) Trip beginnt im Film Noir. HBO

Zunächst nimmt er die Umgebung im Stil eines Film Noir wahr. Sie nehmen ein Fahrzeug, werden aber schon bald von Seracs Männern verfolgt. Nach ein wenig Überzeugungsarbeit loggt sich Liam schließlich in das System des Autos ein, dass sie daraufhin manuell steuern können. Calebs Trip verändert sich derweil und er hört Richard Wagners Ritt der Walküren, während ihr Wagen über die Straße rast. Das Stück erinnert vor allem an den Antikriegsfilm „Apocalypse Now“ (1979).

Schließlich halten sie an, um sich Seracs Männern zu stellen. Zu ihrem Glück stellen sich die Maßnahmen von Serac lediglich als ein paar Autos und schlechte Schützen heraus, die ihnen keine größeren Probleme verursachen. Man fragt sich wirklich, ob das alles ist, was Serac als wohl mächtigster Mann der Welt in der Hand hat, um seine Feinde aufzuhalten. Allerdings sind die durchaus eindrucksvollen Explosionen und ständigen Genrewechsel eine gute Ablenkung von solchen Fragen.

Die Szenerie ändert sich für Caleb und den Zuschauer vom Kriegs- zum Liebesfilm, untermalt von Francis Lais Titelmusik aus „Love Story“ (1970). Als Caleb seine Freunde Ash (Lena Waithe) und Giggles (Marshawn Lynch) um Hilfe anruft, wird ihr Auftreten von Iggy Pops „Nightclubbing“ unterstützt. Der Song wurde bereits in „Trainspotting – Neue Helden“ (1996) eingesetzt, sodass nun die Atmosphäre eines Crime-Dramas erzeugt wird.

Dolores hat vorgesorgt. HBO

Liam erinnert Dolores daran, dass sein Zugang zu Rehoboam nicht ausreicht, außer es befindet sich noch jemand direkt am Hauptserver. Doch Dolores hat mit ihrer Martin-Form vorgesorgt, die sich bereits gemeinsam mit Bernard (Jeffrey Wright) in der Zentrale in San Francisco befindet. Martin Dolores versucht, Bernard ihr Bestreben deutlich zu machen. Sie will den Menschen die Augen öffnen und ihre Freiheit zurückgeben, die ihnen durch Rehoboam genommen wurde.

Zu diesem Zweck verschafft sich Dolores Zugriff auf das System und schickt jedem Menschen seine persönliche Datenakte, sodass nun alle sehen können, wie sehr ihr Leben nicht nur vorhergesagt, sondern auch manipuliert und fremdbestimmt wurde. Jedoch soll Liam recht behalten, dass es manche Dinge gibt, die die Menschen besser nicht über sich selbst erfahren sollten, denn nicht alle nehmen die Wahrheit gut auf. Caleb zieht jedoch das Chaos als Preis der Freiheit der Kontrolle durch externe Mächte vor.

Zu Ramin Djawadis Version von David Bowies „Space Oddity“ erlebt Caleb das letzte Genre: Realität. Diese erweist sich jedoch schnell als brutal, als Caleb beinahe erschossen wird. Dolores stellt sich im letzten Moment zwischen ihn und die Schützen und fängt die Schüsse ab, was einige Fragen bei Caleb aufwerfen dürfte.

Serac ist außer sich über seine Niederlage. In einem weiteren Rückblick wird enthüllt, dass er tatsächlich für den Mord an Liam Dempsey Sr. verantwortlich war. Serac musste sich Dempsey entledigen, nachdem dieser drohte, die Wahrheit über Rehoboam publik zu machen. Seracs Experimente gehen nämlich weit über das Sammeln und Manipulieren von Daten hinaus. Schon früh hat er angefangen, direkt an den Menschen zu experimentieren, die nicht in sein System passen und diese zu verändern, so auch seinen eigenen Bruder.

Bernard (Jeffrey Wright) muss eine Entscheidung treffen. HBO

Über diese Pläne wird Bernard nun von Martin aufgeklärt und dazu angehalten, sich endlich für eine Seite zu entscheiden. Auf einmal erscheint Stubbs (Luke Hemsworth), aber Martin weist die beiden an, schnell zu verschwinden, da Seracs Leute bereits auf dem Weg sind. Zudem sei Bernard der Einzige, den man nicht ersetzen könne. Serac befragt in Hologrammform denjenigen, der er für Martin hält, und muss entsetzt feststellen, dass er einem fatalen Irrtum aufgesessen ist, bevor Martin sich selbst und Teile des Gebäudes in einer Explosion vernichtet.

Nachdem der erste Teil von Dolores’ Plan verwirklicht ist, brauchen sie Liam nicht länger. Dieser wirft Caleb vor, dass er der Schlimmste von allen sei, da er nicht einmal die Wahrheit darüber kennt, wer er wirklich ist. Ash entscheidet sich kurzerhand, Liam zu erschießen, was eine verdrängte Erinnerung bei Caleb triggert. Im Sterben begriffen kann Liam gegenüber Caleb nur noch hervorstoßen: „Du warst es!“ Caleb gelingt es nicht, die Bedeutung hinter diesen Worten zu verstehen.

Ihnen bleibt aber auch keine Zeit um noch länger zu verweilen. Dolores bringt Caleb zu einem Flugzeug, das bereits auf sie wartet. Caleb kommen langsam Zweifel daran, ob wirklich alle Menschen ihr eigenes Schicksal kennen sollten. Dolores merkt an, dass Caleb seines erfahren wollte, woraufhin er erwidert, dass er vielleicht nicht wie die anderen sei, ebensowenig wie Dolores.

Fazit

Die Episode „Genre“ bringt die Handlung von „Westworld“ ein gutes Stück weiter nach vorn. Der stilistische Einsatz der verschiedenen Filmgenres war dabei zwar nicht unbedingt notwendig, aber visuell überaus eindrucksvoll und lässt kleinere Ungereimtheiten in den Hintergrund treten. Dolores nutzt ihre eigenen Kopien, um Serac und Rehoboam den ersten verheerenden Schlag zu versetzen. Calebs Rolle in dem Ganzen wird derweil immer mysteriöser und könnte womöglich noch für die Überraschung der Staffel sorgen.

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