Über drei Jahre haben „Stranger Things“-Fans auf der ganzen Welt auf diesen Moment hingefiebert: In der Nacht vom 26. auf den 27. November wurden die ersten vier Episoden der letzten Staffel auf Netflix veröffentlicht. Etliche Theorien kursieren durch das Netz, regelrechte Panik herrscht in den sozialen Medien. Wer schafft es lebend aus dem finalen Kampf gegen das „Upside Down“ (die Schattenwelt) raus? Und: Wird die finale Staffel den jahrelang geschürten, hohen Erwartungen gerecht? Das und vieles mehr offenbart die Premiere – das letzte erste Kapitel.
Zum letzten ersten Mal flackert das ungewöhnlich schlichte, dafür umso fesselndere Intro über die Bildschirme. Zum letzten ersten Mal leuchten die roten Buchstaben „Stranger Things“ auf. Und zum letzten ersten Mal geht es zurück in die 1980er-Jahre, in eine ganz normale Kleinstadt in Indiana, Hawkins, in der nie etwas passiert.
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Bis auf die Tatsache, dass genau dort zwei Dimensionen aufeinandertreffen und die Welt kurz davor ist, von ihrem düsteren Spiegelbild verschlungen zu werden. Zumindest endete Staffel vier mit dieser Aussicht.
Das ist zuvor geschehen: Während Joyce (Winona Ryder) und Murray (Brett Gelman) in Russland waren, um Hopper (David Harbour) aus dem Gefängnis zu befreien, kehrte Elf zurück zu Dr. Brenner (Matthew Modine), um ihre Fähigkeiten wieder zu erlangen. Dabei kam eine traumatische Erinnerung ans Licht: Als Kind war sie die Einzige, die einen brutalen Angriff von Dr. Brenners Assistenten Henry (Jamie Campbell Bower), alias Eins, überlebte. Infolgedessen verbannte sie ihn in eine andere Dimension, wodurch er zum „Upside Down“ gelangte. Gleichzeitig folgten Nancy (Natalia Dyer), Steve (Joe Keery), Dustin (Gaten Matarazzo), Lucas (Caleb McLaughlin) und Max (Sadie Sink) einer ähnlichen Spur, die sie zum Strippenzieher hinter den brutalen Morden an Teenager in Hawkins führten – Henry (sie nennen ihn Vecna, inspiriert von einem Bösewicht aus dem Pen & Paper-Spiel Dungeons & Dragons). Mike (Finn Wolfhard), Jonathan (Charlie Heaton) und Will (Noah Schnapp) hingegen waren größtenteils mit der Suche nach Elf beschäftigt. Zum Schluss kamen sie alle zusammen, um zu bezeugen, wie die Schattenwelt durch die vier von Vecna erzeugten Tore Hawkins in Stücke zerreißt.
Staffel fünf knüpft, wie üblich, nicht direkt ans Ende der vorherigen Staffel an. Stattdessen geht es zurück ins Jahr 1983, als der junge Will ins „Upside Down“ verschleppt wurde. Die ersten Minuten, die auch schon von Netflix vorab veröffentlicht wurden, zeigen seine dramatische, aber vergebliche Flucht vor einem Monster, das ihn letztlich in die Bibliothek bringt, wo Joyce und Hopper ihn in Staffel eins fanden. Doch bevor sie dies tun, tritt Vecna zum Vorschein und beweist, dass er von Anfang an Will nicht ohne Grund ausgesucht hat – welcher das ist, bleibt noch offen.
Erst dann beginnt die Handlung etwa eineinhalb Jahre nach den Geschehnissen in Staffel vier: November 1987. Was ist mit Hawkins passiert? Wie sieht das Leben der Familien und mittlerweile Teeanger Mike, Will, Lucas, Dustin und Co. aus? Im Wheeler-Haus herrscht morgens Trubel: Wie sich herausstellt, campieren dort wohl die Byers, was für einen chaotisch-humorvollen Einstieg sorgt. Nach dem Frühstück brechen alle auf – doch nicht ohne Radio. Denn „Rockin’ Robin“ (Maya Hawke) moderiert! Im Schnelldurchlauf bringt sie alle – besonders unsereins – auf den aktuellen Stand, was die letzten 500 Tage in Hawkins so passiert ist. Auch Steve, der andere Part des unzertrennlichen Duos, darf natürlich nicht fehlen und untermalt ihren Sarkasmus mit passenden Soundeffekten. Während die beiden also das postapokalyptische, nahezu dystopische Setting beschreiben, werden die Hauptfiguren nach und nach eingeführt.
Darunter auch Dustin. Im Unterschied zu seinen Freunden ist er wie ausgewechselt. Fort sind seine kindliche Naivität, Neugierde und Gutgläubigkeit. Allein seine Mimik und Körpersprache genügen, um sofort zu verstehen, dass dieser junge Mensch innerlich furchtbar leiden muss. Dustin ist wütend, traurig, sogar rachesüchtig, nachdem sein Freund und Vorbild Eddie (Joseph Quinn) in seinen Armen gestorben ist. Heldenhaft opferte sich Eddie für die Gruppe, während er in Hawkins noch immer fälschlicherweise für einen Mörder gehalten wird. Dass der sonst so friedfertige Dustin nun rebellisch und aufmüpfig daherkommt, fühlt sich nicht befremdlich an – im Gegenteil. Ähnlich wie schon Max in Staffel vier hat auch er durch Eddies Tod ein Trauma erlitten, das nicht spurlos an ihm vorbeigeht. Es ist sinnvoll, dass er eine Entwicklung durchmacht und in welche Richtung sie ihn führen wird, sorgt für Spannung.
Obwohl Dustins Freunde genau merken, dass er leidet, haben sie andere Sorgen. Denn kaum schnaufen sie mittags mal durch, moderiert Robin einen ganz besonderen Song an, der mehr als nur doppeldeutig ist. Während „Upside Down“ von Diana Ross im Hintergrund läuft, gibt sie ein paar Fakten durch – natürlich verbirgt sich hinter ihrer Moderation ein geheime Botschaft, die die Gruppe entschlüsselt. Der Moment wirkt wie eine Riesenbelohnung für Fans: Die Figuren nutzen ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu ihren Gunsten (zur Erinnerung: Robin entschlüsselte in Staffel drei einen geheimen, russischen Code). Auch auf der „Meta-Ebene“ sorgt dies für eine weitere, interessante Parallele zum Dungeons-&-Dragons-Spiel, in dem Charaktere mit jedem Level neue Fertigkeiten erlangen, die ihnen für ihre späteren Kämpfe nützlich sein werden.
Ein solcher Kampf steht möglicherweise schon kurz bevor. Denn im Unterschied zu allen anderen Staffeln wissen dieses Mal die Hauptfiguren von Anfang an, gegen wen sie kämpfen – und bereiten sich aktiv darauf vor. Hopper trainiert Elf, damit sie schnell genug ist, um mit ihm in die vom Militär bewachte Zone einzudringen und die Schattenwelt nach Vecna abzusuchen (dies nennen die Figuren den sogenannten (Dungeon) „Crawl“). Der nächste Crawl ist für den Abend geplant, die ganze Gruppe hilft mit und organisiert bis ins letzte Detail die geheimen Missionen. Bislang schienen die Suchen erfolglos gewesen zu sein – Steve erwägt sogar, dass sie Vecna womöglich wirklich besiegt hätten. Doch eine Figur deutet ganz klar auf das Gegenteil hin: Holly Wheeler (Nell Fisher).
Dass Mike und Nancys jüngere Schwester eine wesentliche Rolle in Staffel fünf spielt, ist spätestens seit Veröffentlichung der Episodentitel kein Geheimnis mehr (siehe Titel zu Folge zwei). Auch in Staffel eins wurde Holly bereits als mögliches Opfer angeteasert. Tatsächlich startet sogar die letzte Staffel mit Holly, die ihrem imaginären Freund zuwinkt – doch ist er wirklich erfunden? Spätestens als Will wieder von Gänsehaut am Nacken heimgesucht wird, steht fest: Der nächste Crawl wird alles verändern.
Somit verspricht der Auftakt der fünften Staffel erneut reichlich Emotion, Entwicklung und Konflikt. Wie der Trailer vermuten ließ, könnten Humor und Leichtigkeit dieses Mal eher zu einer Seltenheit werden. Kleine Momente sorgen in Folge eins aber schon für Schmunzeln, beispielsweise der Konkurrenzkampf zwischen Steve und Jonathan oder Mike und Lucas’ Gezanke. Und dafür steht Fans auch die große Enthüllung bevor, wie Vecnas Masterplan lautet und warum Will (und möglicherweise Holly) damit zusammenhängen.
Doch was „Stranger Things“ so besonders macht, sind am Ende nicht die duale Weltordnung, die gruseligen Monster oder gar das nostalgische 80er-Jahre-Setting. Es ist das einzigartige Storytelling um den großen Ensemble-Cast. Konsistent werden seit der ersten Staffel Kernelemente aufgegriffen und weiterentwickelt – vom AV-Club zum Radiosender, vom Pen-&-Paper-Spiel im Keller zu realen Quests und Monsterkämpfen, von nerdigen Kids zu jungen Erwachsenen. Auf ein finales Abenteuer, zum letzten ersten Mal!
Meine Wertung: 5/5
Staffel 5 von „Stranger Things“ wird schrittweise auf Netflix veröffentlicht. Teil 1 umfasst die ersten vier Episoden, die am 27. November zum Streamen bereitgestellt wurden. Teil 2 startet am zweiten Weihnachtsfeiertag, den 26. Dezember mit drei Episoden. Das Finale wird hierzulande am 1. Januar 2026 zu sehen sein. Damit geht die Serie der Brüder Ross Duffer und Matt Duffer, eine der erfolgreichsten Netflix-Titel überhaupt mit großem Einfluss auf die Streamingwelt, zu Ende.
Über die Autorin
Originalität – das macht für R.L. Bonin eine Serie zu einem unvergesslichen Erlebnis. Schon als Kind entdeckte die Autorin ihre Leidenschaft für das Fernsehen. Über die Jahre eroberten unzählige Serien unterschiedlichster Genres Folge für Folge, Staffel für Staffel ihr Herz. Sie würde keine Sekunde zögern, mit Dr. Dr. Sheldon Cooper über den besten Superhelden im MCU zu diskutieren, an der Seite von Barry Allen um die Welt zu rennen oder in Hawkins Monster zu bekämpfen. Das inspirierte sie wohl auch, beruflich den Weg in Richtung Drehbuch und Text einzuschlagen. Seit 2023 unterstützt sie die Redaktion mit der Erstellung von Serienkritiken. Besonders Wert legt sie auf ausgeklügelte Dialoge, zeitgemäße Diversity und unvorhersehbare Charaktere.