Synchronlücken – Made in Germany

von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Ralf Döbele – 05.04.2011

„Rauchende Colts“ („Gunsmoke“)


 … oder: Wo soll man da anfangen? 20 Jahre lang hielt US-Marshall Matt Dillon (James Arness) die Zügel in Dodge City fest in der Hand. 635 Episoden entstanden von 1955 bis 1975, mehr als bei jeder anderen, wöchentlichen US-Serie. In den ersten sechs Staffeln hatten die Episoden eine Länge von 25 Minuten, später wurde die Länge auf 50 Minuten verdoppelt. Erst ab 1966 wurde „Rauchende Colts“ in Farbe produziert, und erst mit diesem Schritt schien die Serie für die ARD interessant zu werden. So schafften es die ersten elf, schwarz-weißen Staffeln bis heute nicht ins deutsche Fernsehen, erst ab Staffel 12 ging es los.

Doch auch die verbleibenden acht Staffeln wurden nicht komplett ausgestrahlt. Aus dem 15. Jahr fehlt die Episode „Danny“ (493), in der Matt Dillon von einem alten Betrüger mit Herzproblemen gerettet wird, sowie „Albert“ (509), in der ein Bankangestellter Geld unterschlägt. Aus der 17. Staffel fehlen außerdem gleich fünf Episoden. Die Gründe dafür liegen im Dunkeln. Auch bei den Wiederholungen auf Kabel 1 in den 90er Jahren wurden diese von ARD und ZDF hinterlassenen Lücken nicht geschlossen.

Immerhin schafften es alle fünf, in den 90ern gedrehte „Gunsmoke“-Fernsehfilme auch ins deutsche TV. Die ersten vier Staffeln sind außerdem komplett in den USA auf DVD erschienen. So können importwillige Fans Matt Dillon auch in seiner kürzeren Schwarz-Weiß-Version kennen lernen.

Schwarz-Weiße „Gunsmoke“-Episoden wurden in Deutschland noch nie im Fernsehen gezeigt.CBS Paramount Television

„Simon Templar“ („The Saint“)


Noch vor „Die 2“ und lange bevor aus ihm der dritte James Bond 007 wurde, gelang Roger Moore als Privatdetektiv Simon Templar der Durchbruch. Sechs Staffeln mit 118 Episoden entstanden zwischen 1962 und 1969, viele davon wurden nie in Deutschland ausgestrahlt. Vor allem die zweite Staffel traf es hart, lediglich vier Folgen davon zeigte die ARD 1966. Erst ab der fünften Staffel wurde die Anzahl der deutschen Episoden deutlich höher, vermutlich weil die Serie ab dann in Farbe produziert wurde.

In Deutschland sind drei Collector’s Boxen erschienen, die ebenfalls die Episoden ab der fünften Staffel enthalten, sowie einige Schwarz-Weiß-Episoden. Die Folgen ohne deutsche Sprachspur wurden mit Untertiteln versehen. In Großbritannien ist dagegen die komplette Serie in chronologischer Reihenfolge auf DVD erschienen, eine Komplettbox ist ebenfalls erhältlich.

Roger Moore wurde als Simon Templar für die ARD erst in Farbe interessant.CBS Paramount Television

„Solo für O.N.C.E.L.“ („The Man From U.N.C.L.E.“)


Gibt es einen medizinischen Fachbegriff für Redakteure, die eine pathologische Abneigung gegen Zweiteiler haben? Diese Frage muss sich aufdrängen, denn aus irgend einem Grund hat das ZDF ab 1967 sämtliche Zweiteiler der Spionage-Serie „Solo für O.N.C.E.L.“ unterschlagen. Glaubte man nicht an das Existieren einer Aufmerksamkeits-Spanne bei den Fans? Zehn Episoden aus den Staffeln 2 bis 4 schafften es so nie ins deutsche Fernsehen.

Es gab auch einen Zweiteiler in der ersten Staffel, doch was für einen Unterschied macht das schon, wenn das gesamte erste Jahr nicht in Deutschland gezeigt wurde. Möglicherweise wollte man auch hier den Zuschauern die ersten Episoden in Schwarz-Weiß nicht zumuten – nicht dass die meisten Deutschen zur damaligen Zeit den Unterschied bemerkt hätten, schließlich gab es noch gar kein Farbfernsehen in unserer schönen Bundesrepublik! Immerhin ist die komplette Serie als britischer oder als US-Import auf DVD erhältlich. O.N.C.E.L. sei Dank.

Die erste, schwarz-weiße „O.N.C.E.L.“-Staffel wurde nie in Deutschland gezeigt.NBC Universal

„Twilight Zone – Unwahrscheinliche Geschichten“ („Twilight Zone“)


Fast hört es sich an, wie die Handlung einer „Twilight Zone“-Episode. Eine gesamte Staffel, von Geheimnissen umrankt, 45 Minuten lang statt nur 25 Minuten – eine gesamte Staffel der „unwahrscheinlichen Geschichten“ hat es nie auf deutsche Bildschirme geschafft. Für jene vierte Staffel wurde 1963 tatsächlich das Konzept geändert. CBS verlängerte die Serie nur unter Bedingung, dass diese ab sofort doppelt so lang sein sollte. Nach 18 Episoden kam man allerdings zur (nicht wirklich) verblüffenden Einsicht, dass es früher doch besser war. So schrumpfte die Länge der Episoden der fünften Staffel wieder auf 25 Minuten. Diese 18 Episoden mit Überlänge werden selbst in den USA nicht immer mit den anderen Folgen wiederholt und bei Pro 7 schien man 1991 und 1992 ebenfalls kein Interesse daran gehabt zu haben seinen Zuschauern diese Folgen näher zu bringen.

Aber auch andere Episoden wurden unterschlagen: allen voran „Death’s-Hand Revisited“ aus Staffel 3, das erneut der Nazi-Schere zum Opfer fiel. In der Folge besucht ein früherer SS-Offizier die alte Stätte seines grauenhaften Wirkens, das Konzentrationslager Dachau. Dort sieht er sich plötzlich mit den Gespenstern der Männer, Frauen und Kinder konfrontiert, die er einst kaltblütig zu Tode folterte. Die äußerst düstere Folge ist ein Highlight der dritten Staffel, vielleicht der gesamten Serie und die Zurückhaltung ist ebenso, wie bei vielen anderen Episoden mit Nazi-Thematik einfach nur unverständlich. Ebenfalls nie synchronisiert wurden drei Episoden der fünften Staffel, wobei hier die Gründe vollkommen unklar sind.

Während in Deutschland nur vereinzelte Episoden in recht sonderbarer Zusammenstellung auf diversen DVDs erschienen sind, gibt es in Großbritannien alle Folgen in Staffel-Boxsets, in den USA gar bereits auf Blu-Ray. Ein Import lohnt sich allemal!

Eine Szene aus der in Deutschland unterschlagenen Episode „Deaths-Head Revisited“.CBS Paramount Television

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