Forever – Review

Unsterblicher Gerichtsmediziner unterstützt New Yorker Polizei – von Bernd Krannich

Bernd Krannich
Rezension von Bernd Krannich – 03.02.2015, 13:04 Uhr

Wie in jeder Cop-Serie will Detective Jo Martinez, dass der „Zivilist“ Dr. Morgan schön brav vor der Tür wartet. Was der, wie in jeder Cop-Serie, nur selten tut.


Unsterbliche spielen nicht zum ersten Mal eine Hauptrolle in einer Fernsehserie. In der jungen ABC-Serie „Forever“ jedoch bekommt das Thema den Spin, dass die nicht (endgültig) totzukriegende Hauptfigur Henry Morgan (Ioan Gruffudd) dem eher banal erscheinenden Job eines Gerichtsmediziners nachgeht. Dadurch ergibt sich eine fast schon typische „Ermittlerserie mit einem Twist“, die durchaus mit „The Mentalist“ oder „Castle“ vergleichbar ist.

Die Figuren Im Zentrum von „Forever“ steht der Arzt Henry Morgan. Bei seinem gewaltsamen Tod auf einer Schiffsreise vor knapp 200 Jahren entdeckte er, dass er irgendwie unsterblich ist: Nachdem sein Körper „tot“ ist, kommt Henry jedes mal nackt in einem größeren Gewässer zu sich. Eine Erklärung, warum es ihm so ergeht, hat er nicht. Auch ist er noch nie jemandem begegnet, dem es ebenso ergeht. So hat er über die Jahre wissenschaftliche Untersuchungen über den Tod angestellt. Damit zusammen hängt, dass er sich einen Job als Gerichtsmediziner in einem Leichenschauhaus der größten Stadt der USA ausgesucht hat, New York. Henry führt mit Voice-Overn durch die Handlung der Serie.

Im Serienauftakt passieren zwei Dinge, die Henrys Leben nachhaltig verändern. Er begegnet bei seinem Wirken als Gerichtsmediziner an der Stelle eines verheerenden U-Bahnunglücks – das auch sein Leben gekostet hatte – Detective Jo Martinez (Alana de la Garza). Die hat ebenfalls eine enge Beziehung zum Thema Tod, da ihr Ehemann, ein Anwalt, ein Jahr zuvor einem Herzanfall erlegen ist. Jo hat Schwierigkeiten damit, in ein „normales“ Leben zurückzukehren. Durch Henrys Einsichten zum Thema Trauer, ebenso wie durch seine erstaunliche Expertise im Erkennen kleinster Hinweise auf Todesursachen, werden die beiden bald ein inoffizielles Ermittlerteam.

Daneben erhält Henry einen Anruf vom mysteriösen Adam. Der zeigt sich erfreut, endlich jemanden gefunden zu haben, der wie er selbst unsterblich ist. Wobei Adam mit seinen angeblich 2000 Lebensjahren Henry als Jungspund bezeichnet …

Bei der Arbeit erhält Henry Unterstützung von Lucas Wahl (Joel David Moore), einem Nerd mit ausgezeichnetem Gedächtnis und dem nicht klein zu kriegenden Wunsch, seinen abweisenden Boss besser kennzulernen.

Donnie Keshawarz porträtiert Martinez’ blass bleibenden Kollegen Detective Mike Hanson. Die Vorgesetzte der beiden, Lieutenant Joanna Reece, wird von Lorraine Toussaint gespielt.

Das Ensemble wird abgerundet von Schauspielveteran Judd Hirsch („Taxi“, „Numb3rs“). Sein Charakter Abe war als Waisenkind nach dem Zweiten Weltkrieg von Henry und dessen damaliger Geliebten adoptiert worden. Mittlerweile ist Abe der einzige eingeweihte Vertraute von Henry. Da er für die beiden ein Antiquitätengeschäft betreibt, ist der Arzt für einen Angestellten im (US-amerikanischen) öffentlichen Dienst eher wohlhabend.

Fall der Woche und roter Faden Trotz der Unsterblichkeits-Thematik ist „Forever“ vor allem eine Krimiserie. Gerade in der bisher ausgestrahlten ersten Hälfte der ersten Staffel ist der rote Mystery-Faden, der sich durch das telefonische Auftauchen des angeblichen Unsterblichen Adam ergibt, eher dünn.

Ein ungewöhnliches Vater-und-Sohn-Gespann: Henry (Ioan Gruffudd) und Abe (Judd Hirsch)
Neben den üblichen und routiniert umgesetzten Mordfällen gewährt Henry immer wieder Einblicke in seine Lebensgeschichte, die dank ihrer Länge natürlich diverse Bezüge zu den Hintergründen und Lehren der Mordfälle aufweist.

Das Hauptspannungsmoment kommt durch die Entdeckungsgefahr bezüglich Henrys Unsterblichkeit in die Serie, da er sich bei seinem Tod in Luft aufzulösen scheint. Allerdings sind solche Spannungen in Krimis nicht ganz unüblich, man denke an die auch vor seinem Umfeld vertuschte Sucht von Dr. Gregory House in „Dr. House“.

Von erfolgreichen ähnlichen Serien unterscheidet sich „Forever“ durch zwei größere Problematiken. Einerseits die Tatsache, das gleich beide Hauptfiguren – Henry Morgan und Detective Jo Martinez – eher „Stimmungstöter“ sind. Henry ist wegen seines Lebensalters sehr abgeklärt und eben ein altmodischer britischer Gentleman. Auf Martinez lasten eine schwere Jugend und der Tod des Ehemanns. Für beide Figuren kann der Zuschauer Mitgefühl entwickeln, jedoch fehlt das Schelmische eines Patrick Jane („The Mentalist“) oder die kindische Begeisterung von Richard Castle („Castle“). Kurzum: „Forever“ ist ein bisschen dröge.

Da hilft es nicht, dass die Serie gerade in ihrem Alleinstellungsmerkmal große Logiklücken hat und die Zuschauer darauf auch noch mit der Nase stößt: Henrys „Wiedergeburten“. Denn gleich in der ersten Sequenz sehen wir Henry sterben und zurückkehren. Dabei wird ausführlich auf das Problem eingegangen, dass er meist nackt irgendwo an einem Strand von New York City auftaucht: Ohne Geld und Kleidung muss er nun nach Hause zurückkehren oder zumindest mit Abe Kontakt aufnehmen, um abgeholt zu werden. Natürlich bringt das immer wieder unangenehme Begegnungen des Nackten mit der Polizei mit sich, die auch aktenkundig werden.

Dabei bleibt aber die Frage nach seinem Besitz offen, der jedesmal futsch ist, wenn Henry stirbt: vor allem die nicht einfach ständig zu ersetzenden Ausweispapiere, aber auch die in den USA allgegenwärtigen Kreditkarten. Zudem ist Henry für seine Begleiter eben jedes Mal einfach unerklärlich und spurlos aus einer kritischen Situation verschwunden, während er in Wahrheit starb.

Auch wenn es dann im Umfeld von Henrys Unsterblichkeit den sprichwörtlichen Kohl auch nicht mehr fett macht, ist die Tatsache, dass bei seinem Tod jeweils auch seine Besitztümer verschwinden, nur schwer „logisch“ zu erklären.

Fazit „Forever“ liefert weitgehend eine nette, routinierte Krimiunterhaltung. Während es zumindest mir persönlich eher schwerfällt, mit den unterkühlten Hauptfiguren richtig warm zu werden, bereiten die Nebenfiguren – allem voran Abe und der eigenwillige Lucas Wahl – Sehvergnügen. Daneben versteht die Serie immer mal wieder interessante Ausrufezeichen zu setzen, etwa als Henry einmal selbst in Mordverdacht gerät oder in Gestalt von Gastdarstellerin Hilarie Burton, die eine bemerkenswerte Domina porträtiert und mit der wohl auch in Zukunft als wiederkehrender Figur geplant wird.

Eine große Hürde auf dem Weg zum Serienvergnügen sind die häufigen Logiklöcher und die Tatsache, dass sich die Serie längere Zeit mit dem Mystery-Element um Henrys Unsterblichkeit und seinen Gegenpart Adam zurückgehalten hat. Daran könnte es auch liegen, dass die Einschaltquoten derzeit alles andere als rosig aussehen und damit auch die Zukunftsaussichten über Staffel 1 hinaus.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten zwölf Episoden der Serie.

Meine Wertung: 3,5/​5

Bernd Krannich
© Alle Bilder: ABC Studios

Über den Autor

Bernd Krannich ist Jahrgang 1974 und erhielt die Liebe zu Fernsehserien quasi in die Wiege gelegt. Sein Vater war Fan früher Actionserien und technikbegeistert, Bernd verfiel den Serien spätestens mit Akte X, Das nächste Jahrhundert und Buffy. Mittlerweile verfolgt er das ganzes Serienspektrum von „The Americans“ über „Arrow“ bis „The Big Bang Theory“. Seit 2007 schreibt Bernd beruflich über vornehmlich amerikanische Fernsehserien, seit 2014 in der Newsredaktion von fernsehserien.de.

Lieblingsserien: Buffy – Im Bann der Dämonen, Frasier, Star Trek – Deep Space Nine

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